TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/24 2002/09/0090

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Veröffentlicht am 24.03.2004
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §1 Abs2 litl idF 1994/314;
AuslBG §15 Abs1 Z5 idF 2001/I/115;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger und Mag. August Schulz, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Westbahnstraße 5A, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 20. März 2002, Zl. 10/13115/101 651, betreffend Nichterteilung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der (im Jahr 1966 geborene) Beschwerdeführer, ein tunesischer Staatsangehöriger, stellte mit Eingabe vom 14. Dezember 1999, eingelangt bei der Behörde erster Instanz am 15. Dezember 1999, den Antrag auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 5 AuslBG.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2000 lehnte die Behörde erster Instanz diesen Antrag mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer sei bisher nicht von den Bestimmungen des AuslBG ausgenommen gewesen, habe im Zeitpunkt der (am 10. Mai 1994) erfolgten Adoption bereits das 21. Lebensjahr überschritten und weder Unterhaltszahlungen noch einen gemeinsamen Wohnsitz mit dem Wahlvater nachgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid vom 26. Mai 1997 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 5 AuslBG ab.

Infolge der dagegen gerichteten Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 22. Januar 2002, Zl. 2000/09/0114, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. März 2002 wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung erneut gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 5 AuslBG ab. Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens begründete sie ihre Entscheidung damit, weder im Zeitpunkt der Antragstellung noch im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung habe der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel verfügt, weshalb er der Ausnahmestimmung des § 1 Abs. 2 lit. 1 AuslBG nicht unterfallen sei und damit eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Z. 5 leg. cit. nicht erfüllt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 5 des AuslBG, BGBl. Nr. 218/75, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 314/1994, lautet (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Einem Ausländer ist auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer das 21. Lebensjahr vollendet hat und bis zur Erreichung des 21. Lebensjahres oder darüber hinaus bis zur Beendingung der Unterhaltsgewährung wegen der Staatsbürgerschaft eines Elternteiles nicht dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterlegen ist, wenn er sich während der letzten fünf Jahre mindestens zweieinhalb Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat."

Die belangte Behörde hatte bei Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers im 2. Rechtsgang jene Sach- und Rechtslage anzuwenden, wie sie im Zeitpunkt ihrer neuerlichen Entscheidung sich darstellte (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), § 66 AVG, ENr. 310). Das Tatbestandsmerkmal der Ausnahme vom Geltungsbereich des AuslBG "wegen der Staatsbürgerschaft eines Elternteils" bezieht sich - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - auf die Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. 1 dieses Gesetzes, allerdings nicht in der mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 2001, G 5/01-6 u.a., als verfassungswidrig aufgehobenen Fassung BGBl. I Nr. 78/1997, sondern in der von der belangten Behörde nunmehr anzuwendenden (mit Kundmachung des oben zitierten Verfassungsgerichtshofs-Erkenntnis am 24. August 2001 in Kraft getretenen) Fassung BGBl. I Nr. 115/2001, wonach die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht auf Ausländer anzuwenden sind, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt.

Nach dieser Bestimmung kommt es nur noch darauf an, ob es sich bei dem Antragsteller um einen Ehegatten oder Kind eines österreichischen Staatsbürgers handelt, der entweder unter 21 Jahre alt ist oder dem Unterhalt gewährt wird.

Nach der Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 5 AuslBG tritt zu diesen Erfordernissen lediglich die Erfüllung der zeitlichen Voraussetzungen letzterer Bestimmung.

Da - ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde betreffend die von ihr anzuwendende Rechtslage - diese Voraussetzungen (Unterhaltsgewährung und Aufenthaltsdauer) wiederum ungeprüft blieben, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002090090.X00

Im RIS seit

22.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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