TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/29 2003/17/0252

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2004
beobachten
merken

Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
L37167 Kanalabgabe Tirol;
L82307 Abwasser Kanalisation Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §62 Abs1;
BAO §198;
BAO §4;
BAO §78 Abs1;
BAO §78 Abs3;
BAO §92;
BAO §97;
KanalgebührenO Kramsach 1981 §2 Z4;
KanalgebührenO Kramsach 1981 §4 Z3;
KanalO Kramsach 1981 §8 Z2;
LAO Tir 1984 §148;
LAO Tir 1984 §3 Abs1;
LAO Tir 1984 §3;
LAO Tir 1984 §4 Abs1;
LAO Tir 1984 §58 Abs1;
LAO Tir 1984 §58 Abs3;
LAO Tir 1984 §72;
LAO Tir 1984 §77;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der CR in B, vertreten durch Hausberger Moritz Schmidt, Rechtsanwälte in 6300 Wörgl, Poststraße 3, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Juni 2003, Zl. Ib- 17119/5, betreffend Vorschreibung einer Kanalanschlussgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Kramsach, 6230 Kramsach, Zentrum 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000 wurde dem HPS (im Folgenden: S) gemäß § 8 der Kanalordnung der Gemeinde Kramsach, Beschluss des Gemeinderates vom 17. Juli 1981 (im Folgenden: KanalO), und gemäß §§ 2 und 3 der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Kramsach, Beschluss des Gemeinderates vom gleichen Tage (im Folgenden: KanalGebO), für den Anschluss einer Logistikhalle mit Büroteil (zweiter Bauabschnitt) an die Kanalanlage der mitbeteiligten Gemeinde eine Kanalanschlussgebühr von insgesamt S 88.559,95 vorgeschrieben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. September 2001 wurde der Beschwerdeführerin auf Grund derselben Verordnungsbestimmungen für den Anschluss eben dieser Logistikhalle mit Büroteil (zweiter Bauabschnitt) gleichfalls eine Kanalanschlussgebühr von S 88.559,95 vorgeschrieben.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, Adressat des Bescheides vom 13. März 2000 sei S gewesen. Eigentümerin der Liegenschaft, auf dem das in Rede stehende Bauwerk errichtet worden sei, sei jedoch die Beschwerdeführerin. Gemäß § 3 Z 4 KanalGebO sei der oder die Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft zur Bezahlung der Anschlussgebühren verpflichtet. Die Vorschreibung sei daher an die Beschwerdeführerin zu richten gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin vertrat sie u.a. die Rechtsauffassung, bei der Kanalanschlussgebühr handle es sich um eine einmalige Gebühr. Es sei daher ausgeschlossen, die Beschwerdeführerin für eine Gebühr in Anspruch zu nehmen, welche bereits dem S vorgeschrieben worden sei.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Jänner 2002 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die Berufungsbehörde insbesondere aus, gemäß § 6 KanalGebO seien die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet. Die Nutznießer, Mieter und Pächter hafteten gemeinsam mit den Grundstückseigentümern. Es sei zwar richtig, dass die Anschlussgebühr zunächst dem S als Nutznießer vorgeschrieben worden sei; dieser habe die Abgabe jedoch nicht entrichtet, weshalb sie auch der Beschwerdeführerin als Grundstückseigentümerin vorzuschreiben gewesen sei.

Dem weiteren Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin, wonach eine Abgabenvorschreibung an die R OEG (im Folgenden: R-OEG) schon mit Bescheid vom 2. September 1997 erfolgt sei, entgegnete die Berufungsbehörde, dass diese Vorschreibung den ersten Bauabschnitt betroffen habe, welcher die Errichtung der Logistikhalle noch nicht umfasst habe. Die vorliegende Vorschreibung gründe sich auf § 2 Z 3 KanalGebO, in welchem festgehalten werde, dass bei Zu- und Umbauten die Gebührenpflicht insoweit entstehe, als die neue Bemessungsgrundlage den früheren Umfang übersteige.

In diesem Zusammenhang wies die Berufungsbehörde noch darauf hin, dass die Beschwerdeführerin bei der Bauverhandlung für die Logistikhalle am 12. November 1998 als Vertreterin des Nachlasses nach WR anwesend gewesen sei und sich vor der Protokollierung mit dem Bemerken entfernt habe, dass gegen das geplante Bauvorhaben von Seiten des Grundstückseigentümers bei plan- und bescheidgemäßer Ausführung keinerlei Einwände bestünden.

Weiters enthält der Berufungsbescheid Darlegungen hinsichtlich der Berechnung der Abgabe der Höhe nach.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde, in welcher sie u.a. ihre bereits im Berufungsverfahren vertretene Rechtsauffassung aufrecht erhielt, wonach auf Grund der rechtskräftigen Abgabenvorschreibung gegenüber S dessen Gebührenschuld rechtskräftig feststehe, sodass eine Vorschreibung ihr gegenüber nicht in Betracht komme. Insbesondere sei § 8 Z 2 zweiter Satz KanalO im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, zumal sich diese Bestimmung ausschließlich auf die Benützungsgebühr, nicht aber auf die Anschlussgebühr beziehe. Schließlich komme eine Abgabenvorschreibung an die Beschwerdeführerin auch deshalb nicht in Betracht, weil nach § 8 Z 2 erster Satz KanalO der Eigentümer des angeschlossenen Gebäudes abgabepflichtig sei. Demgegenüber ordne § 2 Z 4 KanalGebO eine Abgabenpflicht des Eigentümers des Grundstückes an. Die Beschwerdeführerin sei jedenfalls nicht Eigentümerin des Gebäudes, zumal auf der Liegenschaft ein Baurecht der R-OEG eingetragen sei. Auch deshalb sei eine Vorschreibung an die Beschwerdeführerin nicht statthaft.

Schließlich meinte die Beschwerdeführerin, eine Überbindung einer Kanalanschlussgebühr auf sie als Rechtsnachfolgerin nach ihrem verstorbenen Vater dürfe aus verfassungsrechtlichen Gründen nur im Rahmen des Zumutbaren erfolgen.

Auf Grund eines Erhebungsersuchens der belangten Behörde teilte die mitbeteiligte Gemeinde mit einem am 15. Mai 2002 eingelangten Schreiben mit, für den zweiten Bauabschnitt sei kein eigener Kanalanschluss erfolgt bzw. sei kein eigener Kanalstrang errichtet. Es sei daher bloß eine einfache Erweiterung zum ersten Bauabschnitt vorgenommen worden. Vorschreibungsgegenständlich sei eine Kubaturerhöhung gegenüber dem ursprünglichen Projekt. Die Baufertigstellung des Zubaues (zweiter Bauabschnitt) sei im August 1999 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beschwerdeführerin auf Grund einer Einantwortungsurkunde vom 30. August 1999 Eigentümerin der Liegenschaft gewesen, auf dem das in Rede stehende Bauwerk errichtet worden sei.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Mai 2002 wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin Folge gegeben und der Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Jänner 2002 behoben.

In der Begründung dieses Vorstellungsbescheides heißt es:

"Gemäß § 3 Z. 4 der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Kramsach sind der oder die Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft zur Bezahlung der Anschlussgebühren verpflichtet. Gemäß § 2 Abs. 3 der Kanalgebührenordnung wird festgelegt, dass bei Zu- und Umbauten die Gebührenpflicht insoweit entsteht, als die neue Bemessungsgrundlage den früheren Umfang übersteigt. Eine eigene Bestimmung, wann der Gebührenanspruch im Falle einer Kubaturerhöhung entsteht, ist in der Gebührenordnung nicht vorgesehen. Es ist daher davon auszugehen, dass zumindest bei Baufertigstellung des Zubaues der Abgabenanspruch entsteht, da ab diesem Zeitpunkt ein Leistungsaustausch stattfindet. Wie seitens der Behörde festgestellt wurde, erfolgte die Baufertigstellung des Zubaues im August 1999. Weiters konnte erhoben werden, dass lt. Einantwortungsurkunde vom 30. August 1999 die Beschwerdeführerin Eigentümerin dieses Grundstückes ist.

Daraus ergibt sich, dass die Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr an S im Jahr 2000 auf alle Fälle falsch war, da er niemals Eigentümer des gegenständlichen Grundstückes war. Wenn seitens der Vorstellungswerberin argumentiert wird, dass gemäß § 8 Abs. 2 der Kanalordnung der Eigentümer der angeschlossenen Gebäude gebührenpflichtig sei, so ist darauf hinzuweisen, dass seitens der Abgabenbehörde im gegenständlichen Fall nicht die Kanalordnung, sondern die Kanalgebührenordnung zu vollziehen war und nach dieser, der Eigentümer des Grundstückes Abgabenschuldner ist, nicht derjenige des Gebäudes. Eine Vereinheitlichung der beiden Verordnungen wäre jedoch iS der Rechtssicherheit wünschenswert.

Die Vorstellungswerberin wurde durch den angefochtenen Bescheid jedoch insofern in ihren Rechten verletzt, als bereits rechtskräftig über die Abgabenfestsetzung abgesprochen worden war. Solange der Bescheid vom 13. März 2000, 851-3/997/2000, Rechtsbestand hat, ist eine weitere Vorschreibung der selben Abgabenschuld an eine andere Person nicht möglich."

Daraufhin erließ der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde am 8. April 2003 einen Bescheid, nach dessen Spruch der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000, mit dem dem S eine Kanalanschlussgebühr vorgeschrieben worden war, gemäß § 222 Abs. 1 lit. b der Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984 (im Folgenden: TLAO), zur Gänze aufgehoben wurde. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, gemäß § 2 Z 4 KanalGebO seien zur Entrichtung der Gebühren der Eigentümer oder die Eigentümer der an die Kanalanlage angeschlossenen Liegenschaften verpflichtet. S sei jedoch niemals Eigentümer der in Rede stehenden Liegenschaft gewesen, weshalb die Vorschreibung zu Unrecht erfolgt sei. Der dem Bescheid vom 13. März 2000 zu Grunde liegende Sachverhalt sei in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt bzw. aktenwidrig angenommen worden. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung durch die Oberbehörde gemäß § 222 Abs. 1 lit. b TLAO seien daher gegeben. Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde verfügte die Zustellung dieses Bescheides an S. Der Bescheid wurde am 14. April 2003 vom Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des S übernommen.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. April 2003 wurde sodann die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. September 2001 neuerlich als unbegründet abgewiesen.

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges führte die Berufungsbehörde aus, nach Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2000 erweise sich nunmehr die Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr gemäß § 2 Z 4 KanalGebO an die Beschwerdeführerin als Liegenschaftseigentümerin unter Bindung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde als rechtmäßig. Es stehe außer Zweifel, dass die Vorschreibung den zweiten Bauabschnitt betreffe, durch welchen der Umfang der Bemessungsgrundlage gemäß § 2 Z 3 KanalGebO auf Grund des Zubaues erhöht worden sei und daher eine weitere eigene Gebührenpflicht der Grundeigentümerin entstanden sei. Sodann enthält der Bescheid nähere Erwägungen zur Berechnung der Gebühr der Höhe nach.

Auch gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde.

Dort vertrat sie u.a. die Auffassung, sie sei dem Verfahren zur Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000 zu Unrecht nicht beigezogen worden, obwohl § 58 Abs. 3 TLAO bestimme, dass jene Personen die Rechtsstellung einer Partei hätten, auf die sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde beziehe. Im Übrigen sei der Aufhebungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. April 2003 deshalb rechtswidrig, weil die in Rede stehende Maßnahme aus dem Grunde des § 225 TLAO nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des aufzuhebenden Bescheides zulässig gewesen wäre. Diese Jahresfrist sei bei Erlassung des Aufhebungsbescheides vom 8. April 2003 längst abgelaufen gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juni 2003 wurde dieser Vorstellung keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, schon im Bescheid vom 21. Mai 2002 sei festgestellt worden, dass gemäß § 2 Z 4 KanalGebO der oder die Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft zur Bezahlung der Anschlussgebühr verpflichtet seien. Da die Gebührenordnung nicht exakt regle, wann der Gebührenanspruch im Falle einer Kubaturerhöhung entstehe, sei davon auszugehen, dass der Anspruch zumindest bei Fertigstellung des Zubaues entstehe, weil ab diesem Zeitpunkt ein Leistungsaustausch stattfinde. Die Fertigstellung des Zubaues sei, wie die Behörde schon damals festgestellt habe, im August 1999 erfolgt; die Beschwerdeführerin sei auf Grund einer Einantwortungsurkunde vom 30. August 1999 Eigentümerin des Grundstückes, auf welchem der in Rede stehende Zubau errichtet worden sei, geworden. An die im Bescheid vom 21. Mai 2002 geäußerte Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde seien die Parteien des Abgabenverfahrens in der Folge gebunden gewesen. Daraus folge aber, dass die Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr an die Beschwerdeführerin nunmehr zu Recht erfolgt sei, zumal der an S adressierte Abgabenbescheid mittlerweile behoben worden sei. Der Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. April 2003 sei durch Zustellung an den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des S in Rechtskraft erwachsen.

Der weiters in der Vorstellung erhobene Vorwurf, die Berufungsbehörde habe gegen den Grundsatz "ne bis in idem"" verstoßen, treffe nicht zu, zumal der im ersten Rechtsgang ergangene Berufungsbescheid vom 15. Jänner 2002 mit dem im ersten Rechtsgang ergangenen Vorstellungsbescheid vom 21. Mai 2002 aufgehoben worden sei.

Gegen den Bescheid vom 30. Juni 2003 richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf gesetzmäßige Ausübung der Gemeindeaufsicht durch die Tiroler Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches verletzt. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 8, § 9 und § 11 der auf § 28 der Tiroler Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 4/1966, gestützten KanalO der Gemeinde Kramsach lauten:

"§ 8

Benützungsgebühren

     1.        Für den Anschluss von Gebäuden an die Kanalanlage

und für die laufende Benützung derselben erhebt die Gemeinde

Benützungsgebühren.

     2.        Gebührenpflichtig ist der Eigentümer der

angeschlossenen Gebäude. Bei einem Wechsel im Eigentum geht die

Gebührenpflicht mit Beginn des folgenden Monats auf den Erwerber

über.

     3.        Die Art, Fälligkeit und Höhe der Gebühren regelt

die Gebührenordnung.

...

§ 9

Berechtigte und Verpflichtete

Die in dieser Satzung festgelegten Rechte und Pflichten der Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke (Gebäude) gelten sinngemäß auch für die Nutznießer, Mieter und Pächter. Für die Entrichtung der Benützungsgebühren haften sie gemeinsam mit dem Grundstückseigentümer (Gebäude) nach dem Anteil der Nutzung.

...

§ 11

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit Ablauf der Kundmachung in Kraft."

§ 1, § 2, § 4, § 6 und § 9 KanalGebO der Gemeinde Kramsach

lauten auszugsweise:

"§ 1

Einteilung der Gebühren

Zur Deckung der Kosten des Aufwandes an der öffentlichen Kanalanlage erhebt die Gemeinde für den Anschluss eines bebauten Grundstückes Benützungsgebühren in Form einer Anschluss- und einer laufenden Benützungsgebühr sowie für die leihweise Beistellung des Wasserzählers.

§ 2

Anschlussgebühren

1. Die Gebührenpflicht entsteht für die in den einzelnen Bauabschnitten liegenden und in den festgelegten Anschlussbereich fallenden bebauten Grundstücke sowie bei freiwilligem Anschluss nicht anschlusspflichtiger Gebäude und Grundstücke mit dem Zeitpunkt des tatsächlichen Anschlusses am Kanalstrang. Die Bauabschnitte sowie der Beginn der Kanalisationsarbeiten in diesen Bauabschnitten werden von der Gemeinde bekannt gegeben.

...

     3.        Bei Zu- und Umbauten und bei Wiederaufbau von

abgerissenen oder zerstörten Bauten entsteht die Gebührenpflicht

nur insoweit, als die neue Bemessungsgrundlage den Umfang der

früheren übersteigt.

     4.        Zur Entrichtung der Gebühren sind der Eigentümer

oder die Eigentümer der an die Kanalanlage angeschlossenen Liegenschaften verpflichtet.

...

§ 4

Kanalgebühr

Die Gemeinde hebt zur Deckung der Kosten des Betriebes und der Instandhaltung der Kanalanlagen für die laufende Benützung eine jährliche Gebühr ein. Die Pflicht zur Entrichtung der Kanalbenützungsgebühr entsteht mit der erstmaligen Einleitung der Abwässer in die Kanalisationsanlage.

...

§ 6

Gebührenschulden

Zur Entrichtung der Kanalgebühren sind die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke verpflichtet. Die Nutznießer, Mieter und Pächter haften gemeinsam mit den Grundstückseigentümern für die richtige und rechtzeitige Entrichtung der Gebühren, nach dem Anteil der Nutzung.

...

§ 9

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit Ablauf der Kundmachung in Kraft."

Die Kundmachung der KanalO und der KanalGebO erfolgte durch gemeinsamen Anschlag an der Gemeindetafel der mitbeteiligten Gemeinde in der Zeit vom 22. Juli 1981 bis 6. August 1981.

§ 4 Abs. 1, § 58 Abs. 1 und 3, § 222 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 und Abs. 4 sowie § 225 Abs. 1 TLAO lauten (auszugsweise):

"§ 4

(1) Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).

...

§ 58

(1) Partei im Abgabenverfahren ist der Abgabepflichtige, im Berufungsverfahren auch jeder, der eine Berufung einbringt (Berufungswerber) oder einem Berufungsverfahren beigetreten ist (§§ 193 und 202) oder, ohne Berufungswerber zu sein, einen Antrag auf Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 207 Abs. 3 gestellt hat.

...

(3) Andere als die genannten Personen haben die Rechtsstellung einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.

...

§ 222

(1) Ein Bescheid kann von der Oberbehörde aufgehoben werden, wenn

...

b) der dem Bescheid zu Grunde liegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde oder

...

(3) Durch die Aufhebung eines Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hat.

(4) Oberbehörde im Sinne der Abs. 1 und 2 ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

...

§ 225

(1) Abgesehen von den Fällen des § 157 Abs. 2 sind Maßnahmen nach den §§ 217 bis 221 und nach § 222 Abs. 2 wegen eines Widerspruches des Bescheides zu zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen nur bis zum Ablauf der Verjährungsfrist und Maßnahmen nach § 222 Abs. 1 und nach § 222 Abs. 2 wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides zulässig. ..."

Gemäß § 4 Z 3 KanalGebO löst der Zu- und Umbau eines Gebäudes eine Gebührenpflicht in Ansehung der Anschlussgebühren insoweit aus, als die neue Bemessungsgrundlage den Umfang der früheren übersteigt. Der belangten Behörde ist dahingehend beizupflichten, dass Abgabentatbestand in diesem Falle die Fertigstellung des Zu- oder Umbaues ist, weil ab diesem Zeitpunkt die Kanalanlage auch zur Entsorgung jener Abwässer gebraucht werden kann, welche durch die als Folge des errichteten Zu- bzw. Umbaues ermöglichte intensivere Nutzung des Gebäudes verursacht werden.

Nach § 8 Z 1 und 2 KanalO ist in Ansehung der Anschlussgebühr der Eigentümer der angeschlossenen Gebäude abgabenpflichtig. § 2 Z 4 KanalGebO legt demgegenüber fest, dass zur Entrichtung der Anschlussgebühren der Eigentümer oder die Eigentümer der an die Kanalanlage angeschlossenen Liegenschaften verpflichtet sind. Daneben sieht § 9 KanalO und § 6 KanalGebO eine Haftung der Nutznießer, Mieter und Pächter für die richtige und rechtzeitige Entrichtung der Gebühren nach dem Anteil der Nutzung vor.

Auch im Falle des Auseinanderfallens der Eigenschaft als Grundeigentümer und jener als Liegenschaftseigentümer stehen § 8 Z 2 erster Satz KanalO und § 2 Z 4 KanalGebO nicht in einem normativen Widerspruch. Vielmehr legen diese Abgabenvorschriften mehrere Personen fest, welche dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden. Solche sind daher gemäß § 4 Abs. 1 TLAO Gesamtschuldner.

Ungeachtet der Frage, ob aus dem Bescheid vom 13. März 2000 mit hinreichender Deutlichkeit hervorgeht, dass S überhaupt als Liegenschaftseigentümer (und nicht etwa in einer anderen Eigenschaft) zur Zahlung der Abgabe in Anspruch genommen wurde, erweist sich die Auffassung der belangten Behörde im Vorstellungsbescheid vom 21. Mai 2002, wonach schon die rechtskräftige Vorschreibung der Abgabe gegenüber dem S einer Abgabenfestsetzung gegenüber der Beschwerdeführerin - auch bei Vorliegen der sonstigen materiellen Voraussetzungen hiefür - entgegen stünde, jedenfalls als unzutreffend:

Selbst die Rechtskraft einer zu Unrecht erfolgten Abgabenfestsetzung gegenüber einer Person bewirkt nämlich nicht, dass die Abgabenbehörde sodann an der Festsetzung derselben Abgabe gegenüber dem wahren Abgabenschuldner gehindert wäre. Die in einer Abgabenbemessung zu erblickende Feststellung des Entstehens eines Abgabenanspruches gegenüber einem bestimmten Abgabenschuldner beinhaltet nämlich nicht gleichzeitig die (negative) Feststellung, dass keine andere Rechtsperson als Abgabenschuldner in Betracht komme. Deshalb bezog sich das mit S geführte Abgabenverfahren auch nicht im Verständnis des § 58 Abs. 3 TLAO auf die Beschwerdeführerin etwa dergestalt, dass durch die Abgabenfestsetzung gegenüber dem S auch festgestellt worden wäre, erstere sei nicht abgabepflichtig.

Jedoch waren die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde im fortgesetzten Verfahren an die im Bescheid vom 21. Mai 2002 vertretene unrichtige Rechtsauffassung der Vorstellungsbehörde gebunden, wonach eine weitere Vorschreibung der gegenständlichen Abgabe an die Beschwerdeführerin nicht möglich sei, solange der Bescheid vom 13. März 2000 Rechtsbestand habe. Bei diesem Begründungselement handelte es sich nämlich um die ausdrücklich geäußerte tragende Begründung eines kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheides (vgl. zur Bindungswirkung einer solchen etwa das hg. Erkenntnis vom 9. März 1990, Zl. 88/17/0060).

Der inhaltlich unrichtige, die Gemeindebehörden jedoch bindende Vorstellungsbescheid vom 21. Mai 2002 hat der Beschwerdeführerin also die sonst im objektiven Recht nicht verankerte Rechtsposition verschafft, wonach ihr die in Rede stehende Abgabe insolange nicht vorgeschrieben werden dürfe, solange der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000 dem Rechtsbestand angehörte.

Diesen Bescheid hat nun der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 8. April 2003 in Anwendung des § 222 Abs. 1 lit. b TLAO aufgehoben. Eine Zustellung des Aufhebungsbescheides an die Beschwerdeführerin ist jedoch nicht erfolgt. Zu Recht rügt diese vor dem Verwaltungsgerichtshof, dass sie am Aufhebungsverfahren nicht beteiligt wurde.

Gemäß § 58 Abs. 3 TLAO haben auch andere als die in Abs. 1 und 2 leg. cit. genannten Personen die Rechtsstellung einer Partei dann und insoweit, als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht. Dies war bei der Beschwerdeführerin in Ansehung des mit Bescheid vom 8. April 2003 abgeschlossenen Verfahrens zur Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000 deshalb der Fall, weil ihr die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 21. Mai 2002 die Rechtsposition verschafft hatte, die Abgabe nicht vorgeschrieben zu erhalten, insolange der vorzitierte erstinstanzliche Abgabenbescheid dem Rechtsbestand angehört. Die mit Bescheid vom 8. April 2003 verfügte Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2000 berührte daher - und zwar ausschließlich auf Grund der Bindungswirkung der inhaltlich unrichtigen Vorstellungsentscheidung vom 21. Mai 2002 - unmittelbar die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin. Solcherart bezog sich die Tätigkeit des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde bei Ausübung seiner in § 222 TLAO umschriebenen Befugnis auf die Beschwerdeführerin im Verständnis des § 58 Abs. 3 leg. cit. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz wäre daher gehalten gewesen, die Beschwerdeführerin dem Verfahren zur Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000 als Partei beizuziehen und ihr diesen Bescheid auch zuzustellen. Der Beschwerdeführerin ist daher dahingehend beizupflichten, dass sie im Verfahren zur Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000 als übergangene Partei anzusehen ist.

Wird ein Bescheid gegenüber einer Person nicht erlassen, so ist er für sie ohne jede Wirkung. In Mehrparteienverfahren ist anzunehmen, dass ein Bescheid bereits mit der Erlassung gegenüber einer Partei rechtlich Existenz erlangt, auch wenn er gegenüber den anderen Parteien - solange er ihnen gegenüber nicht erlassen wurde - keine rechtliche Wirkungen äußert (vgl. zum ähnlichen Verfahrensrecht nach dem AVG Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 431, sowie das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2001, Zl. 98/08/0405). Diese Grundsätze gelten insbesondere auch für rechtsgestaltende Bescheide (vgl. Walter/Mayer, a.a.O., Rz 478). Aus dem Vorgesagten folgt, dass der Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. April 2003 mangels Zustellung an die Beschwerdeführerin ihr gegenüber nicht wirksam wurde. Die Berufungsbehörde durfte daher bei Erlassung des Berufungsbescheides vom 28. April 2003 in dem die Beschwerdeführerin betreffenden Abgabenbemessungsverfahren nicht davon ausgehen, dass der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000 auch mit Wirkung für die Beschwerdeführerin aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sei.

Davon ausgehend verstieß aber der Berufungsbescheid vom 28. April 2003 gegen die von der Vorstellungsbehörde in ihrem Bescheid vom 21. Mai 2002 zum Ausdruck gebrachte bindende Rechtsansicht, wonach eine Abgabenvorschreibung an die Beschwerdeführerin nicht zu erfolgen habe, insolange der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. März 2000 nicht aufgehoben ist.

Diese Rechtswidrigkeit hätte die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde aufzugreifen gehabt. Indem sie dies unterließ und dessen ungeachtet die Vorstellung der Beschwerdeführerin abwies, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 29. März 2004

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003170252.X00

Im RIS seit

21.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten