TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/30 2001/21/0052

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Veröffentlicht am 30.03.2004
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z8;
FrG 1997 §37 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/21/0053 2001/21/0054 2001/21/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde 1. des BA, 2. der DA, 3. des HA, und 4. der MA, sämtliche in Lustenau, sämtliche vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen die Bescheide jeweils der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 28. Juli 2000, Zl. Fr-4250a-20/00 (betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Erstbeschwerdeführer), und vom 2. August 2000, Zlen. Fr-4250b-24/00, Fr-4250b-25/00, Fr- 4250b-26/00 (betreffend Ausweisungen der Zweitbeschwerdeführerin, des Drittbeschwerdeführers und der Viertbeschwerdeführerin), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden erließ die belangte Behörde gegen den Erstbeschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 8 iVm den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf neun Jahre befristetes Aufenthaltsverbot und wies die Zweitbeschwerdeführerin (Ehefrau des Erstbeschwerdeführers) und deren gemeinsame Kinder, nämlich den Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 37 (Abs. 1) FrG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.

Sämtliche Beschwerdeführer, türkische Staatsangehörige, seien im September 1998 nach Österreich eingereist und verfügten weder über gültige Reisepässe noch über Einreise- oder Aufenthaltstitel für die Republik Österreich. Die bereits aus der Bundesrepublik Deutschland, wo sich die Familie von 1992 bis 1998 aufgehalten habe, eingereichten Anträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen seien letztinstanzlich mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Oktober 1999 abgewiesen worden. (Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 2000, Zlen. 2000/19/0107 bis 0110, als unbegründet abgewiesen.)

Das Aufenthaltsverbot gegen den Erstbeschwerdeführer begründete die belangte Behörde damit, dass dieser von Ende Juli 1999 bis 30. November 1999 ohne Berechtigung eine unselbständige Beschäftigung ausgeübt habe. Bei dieser Beschäftigung sei er betreten worden. Seiner Verantwortung, er hätte in der Firma ausgeholfen, weil sein Bruder, der Geschäftsführer dieser Firma, krank geworden wäre, und er bekäme dafür kein Geld, könne nicht gefolgt werden, weil die dem Erstbeschwerdeführer unbestrittener Weise zugekommenen Naturalleistungen auch als Entgelt zu werten seien und deshalb von einem dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegenden Beschäftigungsverhältnis gesprochen werden müsse. "Durch das Ausüben von Schwarzarbeit hat der Fremde die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Ziff. 8 FrG erfüllt" und es sei die Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt. Der Erstbeschwerdeführer sei unter Missachtung der Einreisebestimmungen eingereist und halte sich seit nahezu zwei Jahren unrechtmäßig in Österreich auf. Durch die monatelange Schwarzarbeit habe er schwer gegen die Regelungen eines geordneten Arbeitsmarktes verstoßen. Es sei davon auszugehen, dass er sich auch künftig nicht an die fremden- und beschäftigungsrechtlichen Vorgaben halten werde.

Da sich der Erstbeschwerdeführer erst seit September 1998 im Bundesgebiet aufhalte, nicht über Einreise- oder Aufenthaltstitel verfüge und in den Arbeitsmarkt nicht integriert sei, sei mit dem Aufenthaltsverbot nur ein geringfügiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse und es komme den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Wegen des großen öffentlichen Interesses an der Unterbindung von "Schwarzarbeit" sei das Aufenthaltsverbot gegen den Erstbeschwerdeführer nach § 37 Abs. 1 FrG zulässig, auch wenn die Beschwerdeführer beim Bruder des Erstbeschwerdeführers leben könnten.

Seine Familienangehörigen seien auch unrechtmäßig eingereist, verfügten über keine Aufenthaltsberechtigung und würden ausgewiesen. Die Familieneinheit könne durch die gemeinsame Ausreise auch in ein anderes Land als die Türkei (angesichts der "Kurdenproblematik") gewahrt bleiben. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen gesamthaft betrachtet schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden.

Aus denselben - abgesehen von den die "Schwarzarbeit" betreffenden - Erwägungen erachtete die belangte Behörde die Ausweisungen der übrigen Beschwerdeführer als zulässig und im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG als dringend geboten.

Die gegen diese Bescheide an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerden trat dieser nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 26. Februar 2001, B 1566-1569/00, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen behördlichen Feststellungen werden nicht bestritten. Die Beschwerde bekämpft auch nicht die Ansicht der belangten Behörde, dass der Erstbeschwerdeführer den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG verwirklicht habe und die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Gefährlichkeitsprognose zu treffen sei. Hinsichtlich sämtlicher Beschwerdeführer bringt die Beschwerde vor, dass die belangte Behörde "keine richtige Abwägung der privaten Interessen einerseits und der öffentlichen Interessen andererseits" vorgenommen habe.

Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde nicht, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen. Zum einen wies nämlich die belangte Behörde zutreffend darauf hin, dass den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht der Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zukomme (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 2002, Zl. 2002/21/0126); auch das öffentliche Interesse an der Unterbindung von "Schwarzarbeit" ist beträchtlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2002, Zl. 2002/21/0058). Zum anderen kann wegen des noch kurzen inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführer von einer ausgeprägten Integration in Österreich keine Rede sein, zumal weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin beruflich (legal) in Österreich integriert ist. Der mit den angefochtenen Bescheiden verbundene Eingriff in ihr Familienleben ist weiters deshalb als gemindert anzusehen, weil sich sämtliche Familienmitglieder unrechtmäßig in Österreich aufhalten und gemeinsam mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bedacht wurden. Soweit sie - ohne nähere Begründung - darauf verweisen, dass eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar sei, ist ihnen zu entgegnen, dass weder mit einem Aufenthaltsverbot noch mit einer Ausweisung ausgesprochen wird, dass die Fremden in einen bestimmten Staat auszureisen haben oder (dorthin) abgeschoben werden (vgl. die hg. Erkenntnisse jeweils vom 27. Jänner 2004, Zl. 2003/21/0221 und Zl. 2003/21/0204). Die angesprochene "Notsituation" bei der Einreise nach Österreich ist nicht von entscheidender Bedeutung, weil ein Aufenthaltsverbot kein schuldhaftes Verhalten der Fremden voraussetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 98/21/0380) und es für eine Ausweisung nicht darauf ankommt, aus welchem Grund der Fremde über keine Aufenthaltsberechtigung verfügt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 99/18/0106). Weiters kommt es wegen der gegen sämtliche Familienmitglieder ergangenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen auch nicht entscheidend darauf an, dass der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin noch minderjährig sind. Entgegen der Beschwerdeansicht wird das öffentliche Interesse an der Herstellung eines fremdenrechtskonformen Zustandes nicht dadurch verringert, dass sich die Beschwerdeführer "nichts Strafbares" (gemeint wohl: gerichtlich Strafbares) zu Schulden kommen ließen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 99/18/0106).

Letztlich irren die Beschwerdeführer, wenn sie meinen, dass sämtliche Voraussetzungen für einen (zu bewilligenden) ordnungsgemäßen Aufenthalt in Österreich vorlägen. Abgesehen von der angesprochenen Frage eines gesicherten Unterhalts und der vorhandenen Unterkunft sowie der bereits erfolgten - oben erwähnten - rechtskräftigen Abweisung ihrer Anträge sind nämlich gemäß § 14 Abs. 2 FrG Erstniederlassungsbewilligungsanträge grundsätzlich vom Ausland aus zu stellen und es ist auch die Erledigung dieser Anträge vom Ausland aus abzuwarten. Durch ihre Einreise nach Österreich vor einer Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen haben die Beschwerdeführer die letztgenannte Erfolgsvoraussetzung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zlen. 2002/21/0138 bis 140) nicht erfüllt. Es ist auch sonst kein Umstand ersichtlich, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von ihrem Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführer Gebrauch zu machen.

Da somit den angefochtenen Bescheiden die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wegen des Fehlens eines Kostenverzeichnisses waren der belangten Behörde keine Kosten zuzusprechen.

Wien, am 30. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001210052.X00

Im RIS seit

12.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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