TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/20 2004/02/0043

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Veröffentlicht am 20.04.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des M K in L, vertreten durch Stenitzer & Stenitzer Rechtsanwälte OEG in Leibnitz, Hauptplatz 32- 34, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 2. Dezember 2002, Zl. UVS 303.2-10/2001-24 UVS 30.2- 127/2001-11, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Dezember 2002 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 9. Dezember 1999 um etwa 17.30 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug an einem näher umschriebenen Ort (Unfallstelle) gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Die Verweigerung sei an diesem Tag um 19.56 Uhr an der angeführten Unfallstelle erfolgt, indem sich der Beschwerdeführer "unerlaubt" von diesem Ort der Amtshandlung entfernt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind u.a. die dort genannten Organe der Straßenaufsicht ermächtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen (erster Satz). Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol

beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben ... auf

Alkoholgehalt zu untersuchen (zweiter Satz). Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen (dritter Satz).

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, dass die belangte Behörde die Verpflichtung entsprechend dem zitierten dritten Satz des § 5 Abs. 2 StVO nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen des zweiten, sondern des ersten Satzes ableitete und dementsprechend eine Klarstellung der Tatumschreibung (gegenüber dem erstinstanzlichen Straferkenntnis) vornahm.

Zu Recht rügt allerdings der Beschwerdeführer, dass die Voraussetzungen dieses ersten Satzes des § 5 Abs. 2 StVO nicht vorlagen:

Es ist zwar richtig, dass es nach dieser Bestimmung "rechtlich irrelevant" ist - so die belangte Behörde -, ob beim "Lenker" Alkoholisierungssymptome vorlagen oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 2000/03/0083). Von einem "Lenken" (oder den anderen dort angeführten Tätigkeiten) im Sinne des ersten Satzes des § 5 Abs. 2 StVO kann allerdings nur dann gesprochen werden, wenn die Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe im Zuge einer Amtshandlung erfolgt, die "unmittelbar" an das Lenken (bzw. an die anderen angeführten Tätigkeiten) anschließt. Dieser zeitliche Zusammenhang erhellt daraus, dass der Gesetzgeber in Hinsicht auf diese Tätigkeiten auf die "Gegenwart" abgestellt hat (vgl. zutreffend Grundtner, Alkoholisierungs- und Suchtgiftbestimmungen nach der 19. StVO-Novelle, ZVR 1995 Sonderheft, Seite 3). Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift in diesem Zusammenhang dem Wort "jederzeit" Bedeutung zumisst, ist auf die - auch hier zutreffende - Ansicht von Grundtner a.a.O. zu verweisen, wonach durch dieses Wort "der Alkomattest auch ohne Vorliegen von Symptomen möglich ist".

Es war daher verfehlt, beim Beschwerdeführer die Lenkereigenschaft entsprechend dem ersten Satz des § 5 Abs. 2 StVO anzunehmen, hat doch der in Rede stehende Unfall, vor dem der Beschwerdeführer das Fahrzeug gelenkt hat, um 17.30 Uhr stattgefunden und sind die einschreitenden Gendarmeriebeamten erst danach - nachdem sie davon 17.31 Uhr in Kenntnis gesetzt worden waren -, nämlich (entsprechend der Anzeige) um 17.42 Uhr dort eingetroffen. Die vorliegende Amtshandlung hat somit nicht unmittelbar an das Lenken durch den Beschwerdeführer angeschlossen.

Dem Beschwerdeführer wäre daher nur dann ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 StVO vorzuwerfen gewesen, wenn die Voraussetzungen des "zweiten" Satzes dieser Bestimmung (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1996, Zl. 95/02/0567) vorgelegen wären, was die belangte Behörde allerdings nicht angenommen hat.

Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. April 2004

Schlagworte

Alkotest VerweigerungBesondere RechtsgebieteAlkotest Zeitpunkt Ort

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004020043.X00

Im RIS seit

13.05.2004

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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