TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/22 2004/07/0033

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Veröffentlicht am 22.04.2004
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §8 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des P in O, vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Grazer Straße 21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 7. Jänner 2004, Zl. FA13A-

30.40 - 664 - 2003/1, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Bezirkshauptmannschaft J (BH) als Wasserrechtsbehörde erster Instanz wurde bekannt, dass sich auf den Grundstücken des Beschwerdeführers Nr. 815, 811/2 und 873, alle KG O, eine Fischteichanlage mit gleichzeitiger Entnahme bzw. Ableitung des Wassers aus dem bzw. in das öffentliche Wassergut des Grundstückes Nr. 873/2 KG O (B-Bach) befinde. Am 12. August 2003 fand eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm. Der Sachverständige für Wasserbau stellte damals fest, dass sich die gegenständliche Teichanlage im Hochwasserabflussgebiet des G-Baches befinde; die Wasserentnahme aus dem B-Bach wurde mit ca. 1 l/sec geschätzt.

Mit Bescheid der BH vom 22. September 2003 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, auf eigene Kosten bis zum 31. Dezember 2003 entweder nachträglich planbelegt um die wasserrechtliche Bewilligung der gegenständlichen Teichanlage anzusuchen oder bestimmte Maßnahmen zu setzen (Entfernen der Entnahme aus dem B-Bach und Entfernen des Staubretts sowie Auffüllen der Teichanlage mit inertem, für Gewässer unbedenklichen Material bis zur ursprünglichen Geländeoberkante). Rechtsgrundlage dieses Auftrages war § 138 Abs. 2 WRG 1959.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör und der Manuduktionspflicht durch die BH rügte, die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens bezweifelte und die Ansicht vertrat, dass die gegenständliche Anlage keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe, weil die Errichtung bzw. die Aufrechterhaltung einer derartigen Anlage noch als Gemeingebrauch in § 8 WRG 1959 Deckung finde. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, er habe selbst keinerlei Tätigkeiten gesetzt, den von ihm vorgefundenen Naturzustand zu verändern und habe daher keine Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übertreten, weshalb er auch nicht von der Wasserrechtsbehörde verhalten werden könne, auf seine Kosten Leistungen zu erbringen. Zudem seien öffentliche Interessen nicht betroffen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Jänner 2004 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und verlängerte die bescheidmäßig festgesetzte Erfüllungsfrist bis zum 1. März 2004.

Aus der Begründung des Bescheides geht hervor, dass der aus der Verhandlungsschrift der BH vom 12. August 2003 ersichtliche Verhandlungsablauf die belangte Behörde nicht am rechtmäßigen Hergang dieser Verhandlung zweifeln lasse, zumal die Verhandlungsschrift auch vom Beschwerdeführer unterschrieben und ihm eine Ausfertigung überreicht worden sei. Die Manuduktionspflicht des § 13a AVG beziehe sich auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten und nicht auf eine Belehrung in der Sache selbst. Eine ordnungsgemäß zu einer mündlichen Verhandlung geladene Partei müsse unter diesem Aspekt vom Verhandlungsleiter nicht ausdrücklich zur Erhebung von Einwendungen und zu deren inhaltlicher Ausgestaltung angeleitet werden.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die gegenständliche Anlage schon seit mehr als 100 Jahren bestehe und daher nicht von ihm selbst errichtet worden sei, sei entgegen zu halten, dass unter einer "eigenmächtigen Neuerung" im Sinne des § 138 WRG 1959 nicht nur allein das bewilligungslose Setzen einer der wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen Maßnahme sondern auch die Aufrechterhaltung und Nutzung eines solcherart konsenslos geschaffenen Zustandes verstanden werde. Derjenige, der eine eigenmächtige Neuerung aufrecht erhalte, sei daher auch für die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 WRG 1959 passiv legitimiert. Die Behörde erster Instanz habe daher zu Recht einen wasserbehördlichen Alternativauftrag erlassen und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, nachträglich um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung anzusuchen.

Zur Auffassung des Beschwerdeführers, die gegenständliche Anlage finde noch Deckung im Gemeingebrauch an öffentlichen Gewässern, sei festzuhalten, dass schon dem Wortlaut des § 8 WRG 1959 zu entnehmen sei, dass die Errichtung von zwei in Serie geschalteten Teichen keinen Gemeingebrauch an einem öffentlichen Gewässer mehr darstelle, weil sich § 8 WRG 1959 nur auf bestimmte Tätigkeiten, für die keine besonderen Vorrichtungen notwendig seien, beziehe. Die Errichtung von Fisch- oder auch Löschteichen, mit einer Speisung aus einem öffentlichen Gewässer bzw. einer Einbringung in ein öffentliches Gewässer, bedürfe auf jeden Fall einer wasserrechtlichen Bewilligung, gleichgültig wie hoch das Maß der Wasserentnahme bzw. der Einleitung sei. Angesichts dessen sei auf die vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen getroffene Feststellung, dass sich die gegenständliche Teichanlage im Hochwasserabflussgebiet des G-Baches befinde, nicht näher einzugehen, weil die Notwendigkeit einer wasserrechtlichen Bewilligung auch ohne Anwendung des § 38 WRG 1959 zweifelsfrei feststehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eingangs der Beschwerde macht der Beschwerdeführer Verfahrensverletzungen, vor allem hinsichtlich der Manuduktionspflicht anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 12. August 2003 geltend und meint, bei deren Vermeidung hätte er die vom Sachverständigen aus dem Wasserbau getroffene Feststellung der Situierung der Teichanlage im Hochwasserabflussgebiet des G-Baches hinterfragt. Dieses Vorbringen und die damit im Zusammenhang stehenden verfahrensrechtlichen Rügen führen die Beschwerde aber schon deshalb nicht zum Erfolg, weil sich der angefochtene Bescheid gar nicht auf diesen Aspekt der Bewilligungspflicht der gegenständlichen Anlage stützt.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er hätte bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den damaligen Verhandlungsleiter durch eine Messung der Wasserentnahme beweisen können, dass tatsächlich eine Wasserentnahme von höchstens 0,1 l/sec vorliege.

Dem Beschwerdevorbringen ist nun zu entnehmen, dass die Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung am 12. August 2003 die vom Sachverständigen getroffene Einschätzung der Entnahmemenge mit 1 l/sec beinhaltet. Es wäre dem im Berufungsverfahren bereits anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer, dem unbestritten eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift ausgefolgt worden war, frei gestanden, während des Verfahrens vor der belangten Behörde den Beweis für die von ihm nunmehr behauptete Entnahmemenge zu erbringen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Abgesehen davon hätte ein Beweis dieser Art das vom Beschwerdeführer damit verbundene Ziel, nämlich den Nachweis des Vorliegens des Gemeingebrauchs nach § 8 WRG 1959, auch aus nachstehenden rechtlichen Gründen nicht erreicht:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des WRG 1959 lauten:

"§ 8. (1) In öffentlichen Gewässern ist der gewöhnliche, ohne besondere Vorrichtungen vorgenommene, die gleiche Benutzung durch andere nicht ausschließende Gebrauch des Wassers, wie insbesondere zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen, Schöpfen, dann die Gewinnung von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Schotter, Steinen und Eis, schließlich die Benutzung der Eisdecke überhaupt, soweit dadurch weder der Wasserlauf, die Beschaffenheit des Wassers oder die Ufer gefährdet noch ein Recht verletzt oder ein öffentliches Interesse beeinträchtigt noch jemandem ein Schaden zugefügt wird, ohne besondere Bewilligung der Wasserrechtsbehörde unentgeltlich erlaubt.

(2) ..

§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jeder über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. Auf Antrag hat die Behörde festzustellen, ob eine bestimmte Benutzung eines öffentlichen Gewässers über den Gemeingebrauch hinausgeht.

(2) ...

§ 138. (1) ...

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb der entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist."

Eine Maßnahme ist dann als eigenmächtige Neuerung im Sinn des § 138 WRG 1959 zu beurteilen, wenn für sie eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist, diese aber nicht erwirkt wurde (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 13. November 1997, 97/07/0096).

Nach den vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Fischteichanlage, die mit Wasser aus dem B-Bach gespeist wird. Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, es liege Gemeingebrauch im Sinn des § 8 WRG 1959 und damit Bewilligungsfreiheit vor.

Nach § 8 Abs. 1 WRG 1959 ist es ein Merkmal des Gemeingebrauches, dass er ohne besondere Vorrichtungen vorgenommen werden kann. Gemeingebrauch am öffentlichen Gewässer B-Bach liegt daher im vorliegenden Fall einer Nutzung von Wasser für Fischteiche schon deshalb nicht vor, weil die Ableitung des Wassers bzw. die Errichtung des Staubrettes gerade eine solche besondere Vorkehrung darstellt (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, 93/07/0144, die Errichtung eines Holzsteges und Anlagen zur Uferbefestigung betreffend). Es ist hier vielmehr davon auszugehen, dass für die über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer eine wasserrechtliche Bewilligung nach § 9 Abs. 1 WRG 1959 zu erwirken gewesen wäre.

Auch der unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vorgebrachte Gedanke des Beschwerdeführers, es liege deshalb keine wasserrechtlich relevante Nutzung des Teiches durch den Beschwerdeführer vor, weil der Wasserzufluss aus dem B-Bach wieder zur Gänze in diesen abgeleitet werde und der Wasserverlauf weder Rechte Dritter noch öffentliche Interessen beeinträchtige oder jemandem schade, ändert nichts an der Beurteilung, dass darin eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung eines öffentlichen Gewässers liegt.

Es liegt also Bewilligungspflicht der gegenständlichen Teichanlage vor; über eine wasserrechtliche Bewilligung verfügt der Beschwerdeführer unstrittig nicht.

Auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer geltend, dass er diese wasserrechtliche Neuerung nicht errichtet sondern sie vielmehr "als Naturzustand" vorgefunden habe und zieht damit seine Passivlegitimation als Bescheidadressat des wasserpolizeilichen Auftrages in Zweifel. Er zeigt aber auch mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 nicht allein das bewilligungslose Setzen einer der wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen punktuellen Maßnahme, sondern auch das Fortdauern des durch die betreffende Maßnahme herbeigeführten Zustandes zu verstehen, weshalb auch die weitere Aufrechterhaltung eines solchen konsenslos geschaffenen Zustandes eine Übertretung des WRG im Sinn des § 138 Abs. 1 leg. cit. darstellt. Als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages kommt daher auch derjenige in Betracht, der den von einem Dritten konsenslos geschaffenen Zustand aufrecht erhält und nutzt (vgl. unter vielen die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1995, 95/07/0059, vom 26. Juni 1996, 96/07/0010, und vom 26. Mai 1998, 97/07/0060).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. April 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004070033.X00

Im RIS seit

12.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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