TE Vfgh Beschluss 2000/11/27 B506/00

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Veröffentlicht am 27.11.2000
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

GewO 1994 §78 Abs1
VfGG §86
VfGG §88

Leitsatz

Einstellung des Verfahrens aufgrund materieller Klaglosstellung; kein Kostenzuspruch

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

1. Mit Schriftsätzen vom 22. November 1996, 21. Jänner 1997 und 27. März 1997 beantragte die im hg. Verfahren beteiligte Partei die Genehmigung zur Änderung der von ihr betriebenen Sägewerksbetriebsanlage. In diesem Genehmigungsverfahren erlangte die Beschwerdeführerin durch die Erhebung von Einwendungen in der mündlichen Verhandlung am 30. April 1997 Parteistellung.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 28. Mai 1998 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Melk der beteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Sägewerksbetriebsanlage. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 8. Juni 1998 Berufung.

Mit Schriftsatz vom 3. November 1998 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag an den Landeshauptmann von Niederösterreich, dieser möge mit gesondertem, verfahrensrechtlichen Bescheid gemäß §78 Abs1 GewO 1994 dieser Berufung aufschiebende Wirkung zuerkennen. Da der Landeshauptmann von Niederösterreich über diesen Antrag mehr als 6 Monate keinen Bescheid erlassen hatte, stellte die Beschwerdeführerin am 1. Juni 1999 einen Devolutionsantrag an den (damaligen) Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Mit Bescheid vom 20. Jänner 2000 wies der (damalige) Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. November 1998 im wesentlichen deshalb als unzulässig zurück, weil gem. §78 Abs1 GewO 1994 Anlagen oder Teile von Anlagen vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet und betrieben werden dürften, wenn dessen Auflagen bei der Errichtung und beim Betrieb der Anlage eingehalten würden. Dieses Recht ende mit der Erlassung des Bescheides über die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid, spätestens jedoch drei Jahre nach der Zustellung des Genehmigungsbescheides an den Genehmigungswerber. Die zur Entscheidung berufene Behörde habe die Inanspruchnahme dieses Rechtes auszuschließen, wenn das Arbeitsinspektorat gegen den Genehmigungsbescheid berufen habe und der Begründung der Berufung des Arbeitsinspektorates zu entnehmen sei, daß aufgrund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Arbeitnehmern zu erwarten sei. Wie aus der Regelung des §78 Abs1, zweiter Satz, leg.cit. hervorgehe, habe die Behörde die Inanspruchnahme des Betriebsrechtes des Genehmigungsbewerbers nur dann auszuschließen, wenn das Arbeitsinspektorat gegen den Genehmigungsbescheid berufen habe, weshalb der Antrag der Beschwerdeführerin (als Anrainerin der gewerbebehördlichen Betriebsanlage) als unzulässig zurückzuweisen war.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

II. 1. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2000 teilte die beteiligte Partei dem Verfassungsgerichtshof mit, daß der Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 28. Mai 1998 in Rechtskraft erwachsen sei, weil im Rahmen eines Mediationsverfahrens eine Einigung erzielt worden sei; sämtliche dieses Verfahren betreffenden Rechtsmittel - dies gelte auch für die Berufung der Beschwerdeführerin - seien zurückgezogen worden.

2. Über Aufforderung durch den Verfassungsgerichtshof teilte die Beschwerdeführerin mit, daß sie sich im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren klaglos gestellt erachte.

3. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren wurde zwar nicht der beim Verfassungsgerichtshof bekämpfte Bescheid behoben, die Beschwerdeführerin ist aber durch den bekämpften Bescheid, mit dem ihr Antrag, dieser - nunmehr zurückgezogenen - Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zurückgewiesen wurde, nicht mehr beschwert. Infolge der dadurch bewirkten (materiellen) Klaglosstellung war die Beschwerde gemäß §86 VerfGG als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

4. Verfahrenskosten waren nicht zuzusprechen, weil der beim Verfassungsgerichtshof angefochtene Bescheid nicht aufgehoben wurde, eine formelle Klaglosstellung somit nicht erfolgt ist. Für die Anwendung des §88 VerfGG reicht jedoch eine Klaglosstellung im bloß materiellen Sinn nicht aus (vgl. VfSlg. 11.119/1986, 14.662/1996 mwN).

III. Dieser Beschluß wurde gemäß §19 Abs3 Z3 VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.

Schlagworte

Gewerberecht, Betriebsanlagen, Wirkung aufschiebende, VfGH / Klaglosstellung, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B506.2000

Dokumentnummer

JFT_09998873_00B00506_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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