TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/19 2004/18/0117

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Veröffentlicht am 19.05.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §179a Abs1;
AsylG 1997 §8;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §49 Abs1;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des J in W, geboren 1983, vertreten durch Dr. Erwin Dick, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Hilschergasse 25/15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. März 2004, Zl. SD 420/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. März 2004 wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 2. Juli 2003 illegal nach Österreich gelangt und habe beim Bundesasylamt am 10. Juli 2003 einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates nach dem Asylgesetz 1997 - AsylG abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe ab 24. September 2003 bis zum rechtskräftigen negativen Abschluss seines Asylverfahrens (am 20. November 2003) über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfügt.

Der Beschwerdeführer, der unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei, sei weder im Besitz eines Aufenthaltstitels, noch auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt und sei nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens im Bundesgebiet geblieben. Er halte sich daher unrechtmäßig in Österreich auf, sodass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG vorlägen.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit etwa einem Dreivierteljahr in Österreich. Wie aus seiner Stellungnahme vom 3. Februar 2004 hervorgehe, wolle er deshalb in Österreich bleiben, weil hier sein Bruder, der mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, lebe. Der Beschwerdeführer sei vom 2. Juli bis 7. Oktober 2003 an der Adresse seines Bruders aufrecht gemeldet gewesen und habe mit diesem im gemeinsamen Haushalt gelebt. Weiters verweise er darauf, dass er laut Vertrag vom 19. September bzw. 22. September 2003 von einem Verwandten, nämlich dem Cousin seiner Mutter, adoptiert worden sei. Diesbezüglich wäre beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien ein Verfahren zur Bewilligung der Annahme an Kindes statt anhängig. Die Familie seines österreichischen Wahlvaters hätte ihm in ihrer Hauptmietwohnung in Wien Unterkunft gewährt und unterstützte ihn auch finanziell.

Es sei daher davon auszugehen, dass mit der vorliegenden Maßnahme ein Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Dieser Eingriff erweise sich jedoch als dringend geboten. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer angesichts der Tatsache, dass er nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens im Bundesgebiet geblieben sei, in gravierender Weise missachtet worden. Daran könne der Umstand, dass sein Adoptionsverfahren bei Gericht anhängig sei, nichts ändern. Die Wirksamkeit einer Annahme an Kindes statt setze nämlich nach § 179a zweiter Satz ABGB die gerichtliche Bewilligung des Vertrages zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind voraus. Eine solche Bewilligung sei im vorliegenden Fall (noch) nicht erteilt worden. Der Beschwerdeführer könne daher nicht als Angehöriger eines Österreichers im Sinn des § 49 Abs. 1 FrG, dem Niederlassungsfreiheit zukommen könne, angesehen werden. Die durch das Verhalten des Beschwerdeführers bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei daher von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Auch sei die Behörde nicht verpflichtet, von fremdenpolizeilichen Maßnahmen Abstand zu nehmen und damit den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden zu dulden, bis dieser durch die vor Abschluss des diesbezüglichen Verfahrens jedenfalls noch immer ungewisse Adoption durch einen österreichischen Staatsbürger Niederlassungsfreiheit und die damit verbundene Möglichkeit der Beantragung einer Niederlassungsbewilligung vom Inland aus erlange.

Da keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können. Das anhängige Adoptionsverfahren stelle einen solchen besonderen Grund nicht dar, sei es doch mit einem geregelten Fremdenwesen unvereinbar, einem unrechtmäßig in Österreich aufhältigen Fremden den Weiterverbleib im Bundesgebiet zu ermöglichen, bis dieser zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft möglicherweise adoptiert werde und dadurch vielleicht die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen erhalte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund der unstrittigen Sachverhaltsannahmen im angefochtenen Bescheid bestehen gegen die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keine Bedenken.

2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde die Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem hier aufhältigen Bruder und einem Cousin seiner Mutter, mit dem er einen Adoptionsvertrag geschlossen hat, berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff im Sinn dieser Gesetzesbestimmung angenommen.

Diesen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die erhebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, durch den jedenfalls seit dem rechtskräftigen negativen Abschluss des Asylverfahrens am 20. November 2003 unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist ist und sich für seinen weiteren Aufenthalt in Österreich auf Asylgründe berufen hat, die sich - wie der rechtskräftige negative Abschluss des Asylverfahrens gezeigt hat - als unberechtigt herausgestellt haben. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und demnach im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Der in der Beschwerde ins Treffen geführte Umstand, dass beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien das Verfahren zur Bewilligung der Annahme an Kindes statt anhängig sei und der Beschwerdeführer nach einer Bewilligung der Adoption begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 49 Abs. 1 FrG sein werde, führt zu keinem anderen Ergebnis, weil die Wirksamkeit der Adoption, worauf bereits im angefochtenen Bescheid hingewiesen wurde, gemäß § 179a Abs. 1 zweiter Satz ABGB die gerichtliche Genehmigung des Vertrages voraussetzt und eine solche Genehmigung (noch) nicht vorliegt, wobei die Möglichkeit einer Versagung der Genehmigung nicht ausgeschlossen werden kann.

Ferner ist auch das weitere Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Familie im Kosovo verfolgt zu werden befürchte, nicht zielführend, wird doch mit der Erlassung einer Ausweisung nicht ausgesprochen, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde. Im Übrigen ist das Vorliegen von Gründen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, sondern in einem gesonderten Verfahren - so nach § 75 FrG oder § 56 Abs. 2 leg. cit. bzw. im Fall der Abweisung eines vom Beschwerdeführer gestellten (neuerlichen) Asylantrages von der Asylbehörde gemäß § 8 AsylG - zu prüfen.

3. Schließlich bestand für die belangte Behörde auch keine Veranlassung, von ihrem Ermessen im Grund des § 33 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, gehen doch besondere Umstände, die für eine derartige Ermessensübung sprächen, weder aus dem angefochtenen Bescheid noch der Beschwerde hervor. Zutreffend wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass es sich bei dem anhängigen Adoptionsverfahren um keinen solchen besonderen - über die private oder familiäre Beziehung zum Vertragspartner hinausgehenden - Umstand handelt, zumal Dauer und Ausgang des Adoptionsverfahrens nicht feststehen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2003, Zl. 2003/18/0161).

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 19. Mai 2004

Schlagworte

Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180117.X00

Im RIS seit

16.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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