TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/25 2004/11/0069

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Veröffentlicht am 25.05.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §71;
B-VG Art129a Abs1 Z1;
B-VG Art129a Abs1 Z3;
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §123 Abs1;
KFG 1967 §123 Abs4;
VStG §51 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. P in W, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. April 2001, Zl. UVS-03/M/18/5150/2000/2, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 24. Jänner 2000 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft nach § 103 Abs. 2 KFG 1967.

Dieser Antrag wurde vom Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 31. März 2000 gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG abgewiesen.

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien mit Bescheid vom 5. April 2001 gemäß § 66 Abs. 4 AVG - von einer geringfügigen Änderung des Spruches abgesehen - abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das KFG 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 146/1998 maßgeblich.

Die einschlägigen Bestimmungen des KFG 1967 lauten (auszugsweise):

"Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

§ 103.

...

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einen bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen.

... . Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen

Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; ... .

...

Zuständigkeit

§ 123. (1) Für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen ist, sofern darin nichts anderes bestimmt ist, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, und in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig. Bei Bescheiden, mit denen für die Dauer von mindestens fünf Jahren eine Lenkerberechtigung entzogen oder das Recht, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, aberkannt wird, entscheiden über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Entscheidet der Landeshauptmann in erster Instanz, haben über dagegen eingebrachte Berufungen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern zu

entscheiden. ... .

...

(4) Die in § 103 Abs. 2 und § 103a Abs. 2 angeführten Erhebungen sind im Sinne der §§ 39 Abs. 2 letzter Satz AVG, außer bei Gefahr in Verzug, schriftlich oder telefonisch durchzuführen. Liegt einer Erhebung gemäß § 103 Abs. 2 die Begehung einer Verwaltungsübertretung zu Grunde, ist die Erhebung von der für die Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes zuständigen Behörde, sofern diese eine Bezirksverwaltungs- oder Bundespolizeibehörde ist, zu führen. In diesen Fällen ist diese Behörde auch sachlich für die Durchführung eines Strafverfahrens wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 zuständig."

2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Mai 2000, Zl. 2000/11/0100, sowie die hg. Erkenntnisse vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0291, und vom 18. März 2003, Zl. 2002/11/0259, mwN) ist das Verfahren, in dem eine Aufforderung zur Auskunftserteilung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergeht, ein Administrativverfahren. Nichts anderes kann für den im Rahmen eines derartigen Verfahrens gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/11/0109).

Damit scheidet eine Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern nach Art. 129a Abs. 1 Z. 1 B-VG bzw. § 51 Abs. 1 VStG aus. Ihre Zuständigkeit wäre nur unter der Voraussetzung gegeben, dass sie im Sinne des Art. 129a Abs. 1 Z. 3 B-VG zur Entscheidung (auch) über Berufungen gegen Bescheide, mit denen über Wiedereinsetzungsanträge im Rahmen des § 103 Abs. 2 KFG 1967 entschieden wurde, vorgesehen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Der im Beschwerdefall zu Grunde liegenden Erhebung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 lag die Begehung einer Verwaltungsübertretung (der StVO 1960) zu Grunde, weshalb die Erhebung von der für die Ausübung des Verwaltungsstrafrechts zuständigen Behörde, im vorliegenden Fall der Bezirksverwaltungsbehörde, dem Magistrat der Stadt Wien, zu führen war (§ 123 Abs. 4 zweiter Satz KFG 1967). Nach § 123 Abs. 1 erster Satz KFG 1967 war zur Entscheidung über Berufungen gegen in erster Instanz erlassene Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig.

Der angefochtene Bescheid, in dem die belangte Behörde zu Unrecht ihre Zuständigkeit in einem Administrativverfahren bejahte, war aus diesen Erwägungen nach § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Mai 2004

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteOrganisationsrecht Instanzenzug VwRallg5/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004110069.X00

Im RIS seit

30.06.2004

Zuletzt aktualisiert am

15.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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