TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/26 2001/08/0153

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Veröffentlicht am 26.05.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §111;
ASVG §33;
VStG §44a;
VStG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 7. März 2001, Zl. UVS- 06/10/304/1999/29, betreffend Übertretung des § 111 ASVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den zweiten Bezirk, vom 15. März 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M. GmbH zu verantworten zu haben, dass diese Gesellschaft es als Dienstgeberin insofern unterlassen habe, der ihr auf Grund des ASVG obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen, nämlich der bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich vorzunehmenden Anmeldung des von der Gesellschaft beschäftigten und in der Krankenversicherung nach dem ASVG Pflichtversicherten (Vollversicherte und Teilversicherte) nachzukommen, "als die Ges.m.b.H. Herrn J. N., ...am 07.12.1998 auf der Baustelle (Adresse) mit Spachtelarbeiten beschäftigt, jedoch von 7.12.1998 bis 13.1.1999 nicht als versichert gemeldet hat". Er habe dadurch "§ 111 in Verbindung mit § 33 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes-ASVG ... in Verbindung mit § 9 VStG 1991" verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 13.000,-- , für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Stunden und drei Tagen verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt wurde. Begründend hob die erstinstanzliche Behörde hervor, dass die Behauptung, J. N. sei Arbeiter einer Subfirma gewesen, die ihn hätte anmelden müssen, auch deswegen als Schutzbehauptung zu werten sei, weil der Genannte "weder bei einer Firma zur Sozialversicherung angemeldet war noch eine Bewilligung nach dem AuslBG vorlag".

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens gab die Wiener Gebietskrankenkasse über Aufforderung der belangten Behörde bekannt, dass der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte J. N. am 26. Jänner 1987 bei der B. GmbH und am 7. Dezember 1998 bei der M. GmbH Versicherungszeiten erworben habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In der Begründung gab sie zunächst den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wieder und hob aus dem erstinstanzlichen Verfahren die eben erwähnte Mitteilung der Wiener Gebietskrankenkasse hervor, wonach J. N. am 26. Jänner 1987 und am 7. Dezember 1998 "zur Versicherung angemeldet war". Nach Wiedergabe des Ganges des Berufungsverfahrens und - überwiegend wörtlich - der Protokolle über die Einvernahme der Zeugen stellte die belangte Behörde fest, "dass die Firma M. GmbH auf der Baustelle in (Adresse) Trockenausbauarbeiten durchzuführen hatte

und in Terminschwierigkeiten kam ... Zu diesem Zweck hat die Firma

M. GmbH am 7.12.1998, ein Samstag, Herr J. N. auf der Baustelle mit Spachtelarbeiten beschäftigt. Die Arbeitgeberin, die M. GmbH, hätte daher Herrn J. N. zu Beginn der Pflichtversicherung bei der Wiener Gebietskrankenkasse anmelden müssen. Dies ist nicht geschehen und hat dafür der (Beschwerdeführer), der handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin das nach außen hin vertretungsbefugte Organ der M. GmbH ist, dafür einzustehen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dies hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch Angabe von Tatort, Tatzeit sowie des wesentlichen Inhaltes des Tatgeschehens zu erfolgen. Der Spruch eines Straferkenntnisses muss so gefasst sein, dass die Subsumtion einer als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung zugleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, zitierten E 1 ff, 10a, zu § 44a VStG).

Tatbildlich im Sinne des § 111 iVm § 33 ASVG ist unter anderem die Unterlassung der bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich vorzunehmenden Anmeldung eines Beschäftigten durch den Dienstgeber.

Der Beschwerdeführer verweist in seiner Beschwerde auf die Feststellung einer Beschäftigung lediglich am 7. Dezember 1998 und auf die damit unvereinbare Feststellung eines "Tatzeitraumes" vom 7. Dezember 1998 bis 13. Jänner 1991.

Tatsächlich lässt die belangte Behörde offen, was es mit dem Zeitraum vom 7. Dezember 1998 bis 13. Jänner 1999 auf sich hat. Der Wortlaut des Spruches lässt darauf schließen, dass sich - nach einer Beschäftigung von J. N. lediglich am 7. Dezember 1998 - die Tathandlung über den gesamten erwähnten Zeitraum erstreckt hätte; für dieses Verständnis finden sich aber in der Bescheidbegründung ebenso wenig Anhaltspunkte wie für eine Beschäftigung des J. N. durch die M. GmbH nach dem 7. Dezember 1998. Der dazu von der belangten Behörde in der Gegenschrift nachgeholte Erklärungsversuch ersetzt eine schlüssige Bescheidbegründung nicht.

Insoweit sich somit weder aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides allein noch in Verbindung mit der Begründung ergibt, was die erstinstanzliche und mit ihr die belangte Behörde mit dem in Frage stehenden Zeitraum meinte, somit Tatzeit und Tatgeschehen nicht deutlich gemacht wurde, ist der Spruch nicht näher begründet. Die belangte Behörde hat auch nicht ausgeführt, auf welchen Tatbestand des § 111 ASVG sie ihren Bescheid stützt; dabei reicht auch die Verbindung mit § 33 ASVG nicht aus, weil auch diese Bestimmung mehrere Verpflichtungen des Dienstgebers enthält (vgl. das Erkenntnis vom 7. August 2002, Zl. 99/08/0061).

Schließlich weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass der Inhalt des von der belangten Behörde wiedergegebenen Schreibens der Wiener Gebietskrankenkasse, wonach J. N. am 7. Dezember 1998 "zur Versicherung angemeldet war", nicht im Einklang mit der dem Beschwerdeführer angelasteten Unterlassung der Anmeldung steht.

Dies alles belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenmehrbegehren auf Ersatz der Mehrwertsteuer war abzuweisen, weil diese bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Wien, am 26. Mai 2004

Schlagworte

Mängel im Spruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001080153.X00

Im RIS seit

02.07.2004

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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