TE Vwgh Erkenntnis 2004/5/26 99/14/0209

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Veröffentlicht am 26.05.2004
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §22 Abs1;
BAO §22 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des FW in M, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in 1016 Wien, Volksgartenstraße 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 20. Mai 1999, Zl. RV-047.94/1-7/1994, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass eine im Alleineigentum des Beschwerdeführers und zu 45 % im Betriebsvermögen der protokollierten Einzelfirma des Beschwerdeführers befindliche Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 4. Jänner 1990 an die Ehefrau des Beschwerdeführers um einen Kaufpreis von (nach einem Schätzgutachten) S 1,400.000,-- zuzüglich einer weiterverrechneten Umsatzsteuer in Höhe von S 49.895,-- veräußert worden war. Hinsichtlich der Entrichtung des Kaufpreises sei eine Zahlung von S 120.000,-- binnen drei Monaten sowie eine solche von S 400.000,-- binnen fünf Jahren ab Vertragsunterfertigung und die Abstattung des Restkaufpreises in monatlichen Raten von S 14.000,-- ab Jänner 1990 vereinbart worden. Die Zahlungen seien vereinbarungsgemäß geleistet worden. Das Rechtsgeschäft sei "bis dato" aus privaten Gründen nicht verbüchert worden, weil die Liegenschaft zu einem späteren Zeitpunkt an die Tochter übertragen werden sollte. In einem zwischen den Ehepartnern abgeschlossenen "Ehevertrag mit wechselseitigem Testament" vom 17. April 1967 sei zwischen den Ehepartnern die Verpflichtung vereinbart worden, die Liegenschaft dereinst einem Kind aus ihrer Ehe zu einem beliebigen Zeitpunkt zu angemessenen ortsüblichen Bedingungen zu übergeben oder von Todes wegen zu hinterlassen. Steuerlich sei die Transaktion so behandelt worden, dass der anteilige Verkaufserlös in Höhe von S 630.000,-- (45 % von S 1,400.000,--) im Zuge der Um- und Nachbuchungen eingebucht worden sei. Eine Forderung sei nicht bilanziert worden. Die stillen Reserven (anteiliger Verkaufserlös S 630.000,-- abzüglich Restbuchwert S 20.757,--) seien auf die Anschaffungskosten einer auf dem Konto "in Bau befindliche Anlagen" verbuchten Arbeitnehmerwohnstätte übertragen worden.

Der Prüfer vertrat die Ansicht, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse davon ausgegangen werden könne, dass der Kaufvertrag in dieser Form zwischen fremden Personen nicht abgeschlossen worden wäre. Auch erscheine es wenig sinnvoll, eine Liegenschaft vom Ehepartner zu kaufen, um sie dann sobald als möglich ohnehin an die Tochter zu übertragen. Das Rechtsgeschäft sei in erster Linie abgeschlossen worden, um eine möglichst steuerschonende Entnahme der Liegenschaft aus dem Betriebsvermögen zu erreichen. Andere beachtliche außersteuerliche Gründe seien nicht vorgebracht worden. Der Kaufvertrag werde daher als Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten steuerlich nicht anerkannt und der ganze Vorgang als Entnahme gewertet. Eine Übertragung der dabei aufgedeckten stillen Rücklagen sei daher nicht möglich.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ für das Jahr 1990 entsprechende Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide.

In einer dagegen erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Vereinbarung des Ehevertrages und wechselseitigen Testamentes vom 17. Mai 1967 und die darin enthaltene Vereinbarung, er habe die entsprechende Liegenschaft zu einem beliebigen Zeitpunkt zu angemessenen und ortsüblichen Bedingungen an eines seiner Kinder aus der Ehe mit seiner Ehefrau zu übergeben oder von Todes wegen zu hinterlassen, ein, anlässlich der Regelung der betrieblichen Nachfolge seien die Ehepartner übereingekommen, die entsprechende Liegenschaft an ihre Tochter Sabrina zu verkaufen. Knapp vor Unterzeichnung des Kaufvertrages sei jedoch die Tochter aus ausschließlich privaten Gründen in ein finanzielles Debakel geschlittert, auf Grund dessen ein Liegenschaftskauf zu diesem Zeitpunkt völlig unmöglich geworden sei. Da aber die Betriebsnachfolge zur Regelung angestanden und die Liegenschaft aus dem Betriebsvermögen habe ausscheiden sollen, sei mit Kaufvertrag vom 4. Jänner 1990 die Liegenschaft von der Ehefrau des Beschwerdeführers erworben worden. Es stehe jedermann frei, seine Rechtsverhältnisse so zu gestalten, dass die geringste gesetzlich vorgesehene Abgabenbelastung erreicht werde. Der Gebrauch der verschiedenen Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes in der Absicht der Abgabenersparnis sei somit zulässig.

Da im Zuge der Regelung des Nachlasses alle drei Kinder annähernd gleichmäßig beteilt hätten werden sollen und der berufungsgegenständliche Liegenschaftsanteil seit Jahren nicht mehr betriebsnotwendig gewesen sei, hätte dieser auch aus dem Betriebsvermögen ausscheiden und auf lange Sicht gesehen, der Tochter zukommen sollen. Zur Erreichung dieses Zieles sei deshalb der Verkauf der Liegenschaft in einer nach Ehevertrag und wechselseitigem Testament zulässigen Art durchgeführt worden. Die Feststellung des Prüfers, andere beachtliche außersteuerliche Gründe seien nicht vorgebracht worden, sei somit unrichtig. Hauptgrund sei die Regelung des Nachlasses gewesen, wobei es nicht sinnvoll erschienen sei, eine nicht betriebsnotwendige Liegenschaft zu 45 % im Betriebsvermögen zu belassen, welches auf lange Sicht an den Sohn habe gehen sollen, die restlichen 55 % aber der Tochter zu übertragen. Der gewählte Weg des Kaufvertrages sei sicherlich nicht ungewöhnlich, ungebräuchlich oder unangemessen. Er wäre sicherlich auch gewählt worden, hätte es keine Möglichkeit der Übertragung stiller Reserven gegeben.

In einer Stellungnahme des Prüfers zur Berufung wurde darauf hingewiesen, dass es nach wie vor nicht einsichtig sei, warum die Tochter im Zuge einer Regelung des Nachlasses die Liegenschaft käuflich (um einen angeblich durchaus unter Fremden üblichen Kaufpreis von S 1,400.000,--) habe erwerben sollen. Das Wesen einer Regelung des Nachlasses unter Lebenden liege in der unentgeltlichen Zuwendung von Vermögensteilen an die erbberechtigten Nachkommen oder den Ehepartner. Neben der Frage nach dem Sinn einer Regelung des Nachlasses, bei welcher die Tochter die Liegenschaft käuflich erwerben müsse, dränge sich auch die Frage auf, wie bei der geplanten Vorgangsweise die Regelung im Hinblick auf die anderen Geschwister und auf das übrige Vermögen (insbesondere den Gewerbebetrieb und das Privathaus) aussähe. Dazu habe der Beschwerdeführer ausgeführt, auch der im Betrieb nachfolgende Sohn werde die Betriebsgrundstücke sicherlich nicht ohne Gegenleistung erhalten. Die Ehepartner hätten nicht beabsichtigt, bereits zu Lebzeiten das gesamte Vermögen zu verschenken, sondern seien bestrebt gewesen, die Verhältnisse so zu gestalten, dass später eine reibungslose Teilung desselben ermöglicht werde. Bei unterschiedlichen Verhältnissen im Besitz und Zurechnung einer Liegenschaft sei dies sicherlich nicht möglich.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Gestaltungsmissbrauch sei grundsätzlich der Steuerpflichtige nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts so einzusetzen, dass er die geringste Steuerbelastung erzielt. Dies gelte auch dann, wenn er bestimmte rechtliche Wege ausschließlich zum Zwecke der Steuerersparnis einschlage. Zum Missbrauch im Sinne des § 22 Abs. 1 BAO bedürfe es einer rechtlichen Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen sei und ihre Erklärung nur in der Absicht finde, Steuern zu vermeiden. Es sei zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheine, wenn der abgabensparende Effekt weggedacht werde oder ohne das Ergebnis der Steuerminderung unverständlich wäre. Könnten beachtliche Gründe für eine - auch ungewöhnliche - Gestaltung angeführt werden, sei ein Missbrauch auszuschließen. Als wirtschaftlicher Zweck des Kaufvertrages zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau sei in der Berufungsschrift dargelegt worden, dass die Liegenschaft, welche für betriebliche Zwecke schon seit Jahren nicht mehr benötigt worden sei und eher einen Fremdkörper im Betriebsvermögen dargestellt habe, anlässlich der Regelung der betrieblichen Nachfolge mit ihrem betrieblichen Anteil aus dem Betriebsvermögen habe ausscheiden und im Zuge der Regelung des Nachlasses auf lange Sicht der Tochter Sabrina zukommen sollen. Dieses Ziel habe auch in einer nach dem Ehevertrag und wechselseitigem Testament vom 17. April 1967 zulässigen Art durchgeführt werden sollen. Wie bereits der Prüfer in seiner Stellungnahme zur Berufung ausgeführt habe, liege das Wesen einer Regelung des Nachlasses unter Lebenden in der unentgeltlichen Zuwendung von Vermögensteilen an die erbberechtigten Nachkommen oder den Ehepartner. Welchen Sinn es daher im Zuge einer Regelung des Nachlasses hätte haben sollen, dass die Tochter die Liegenschaft um einen Kaufpreis von S 1,400.000,-- hätte übernehmen und dann wegen deren damaliger finanzieller Schwierigkeiten die Gattin des Beschwerdeführers die Liegenschaft käuflich hätte erwerben sollen, sei dem Prüfer nicht einsichtig gewesen und sei auch für die belangte Behörde nicht einsichtig. Mit Gesellschaftsvertrag vom 15. Februar 1991, mit welchem das bisherige Einzelunternehmen in eine neu gegründete Kommanditgesellschaft mit Wirksamkeit 1. März 1991 eingebracht worden sei, wobei der Sohn Franz Klaus als persönlich haftender Gesellschafter in diese Kommanditgesellschaft eingetreten und der Beschwerdeführer als Kommanditist verblieben sei, sei noch keine (endgültige) Regelung der Betriebsnachfolge erfolgt. Diese Regelung der betrieblichen Nachfolge im Zusammenhang mit dem Sohn Franz Klaus sei erst mit dem Übergabsvertrag vom 21. Mai 1996 erfolgt, auf dessen Inhalt verwiesen werde. Mit gleichem Datum sei auch der Notariatsakt betreffend den Schenkungsvertrag zwischen der Ehefrau des Beschwerdeführers und der Tochter Sabrina hinsichtlich des berufungsgegenständlichen Grundstückes abgeschlossen worden, welches sich im außerbücherlichen Eigentum der Ehefrau des Beschwerdeführers befunden habe. Zum Zeitpunkt des Kaufvertrages über das berufungsgegenständliche Grundstück am 4. Jänner 1990 habe keine unmittelbare Veranlassung bestanden, auf Grund der späteren Nachfolgeregelung für den Betrieb, das für den Betrieb nicht mehr benötigte Grundstück mit seinem betrieblichen Anteil aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen und durch Kaufvertrag an die Gattin zu übertragen. Auch aus dem Ehevertrag mit wechselseitigem Testament vom 17. April 1967 könne für den Abschluss des Kaufvertrages mit der Ehefrau nichts gewonnen werden. Bei einer Übergabe an ein Kind des Beschwerdeführers zu angemessenen und ortsüblichen Bedingungen in Vorwegnahme einer Nachlassregelung könne wohl sicherlich davon ausgegangen werden, dass damit nicht eine Übergabe durch Kaufvertrag, sondern eine Übergabe durch einen im Wesentlichen unentgeltlichen Übergabsvertrag gewollt gewesen sei. Es seien daher keine beachtenswerten, außersteuerlichen Gründe ersichtlich, die den Beschwerdeführer veranlasst haben könnten, die Liegenschaft an die Ehefrau zu verkaufen. Durch die eingeschlagene Gestaltung sollten vielmehr die bei einer bloßen Entnahme des betrieblichen Anteils der Liegenschaft nicht mögliche Übertragung der realisierten stillen Reserven im Wege einer Veräußerung an die Ehefrau gesetzeskonform gewahrt und gleichzeitig die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Abgabenbegünstigung des § 12 EStG geschaffen werden.

Mit dem durch Abschluss des Kaufvertrages mit der Ehefrau erstrebten Ziel der Erreichung des Veräußerungstatbestandes nach § 12 EStG sei ein rechtlicher Weg gewählt und damit verbunden ein abgabenrechtlicher Erfolg erstrebt worden, der bei normaler und üblicher Rechtsgestaltung (Entnahmevorgang) nicht eingetreten wäre. Der beschrittene Weg stelle sich demnach ohne das Motiv der Abgabenersparnis als völlig unverständlich dar. Die Abgaben seien daher so zu erheben gewesen, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben gewesen wären, nämlich ohne Annahme eines Veräußerungstatbestandes nach § 12 EStG 1988.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 22 Abs. 1 BAO kann die Abgabepflicht durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes nicht umgangen oder gemindert werden. Liegt ein Missbrauch vor, so sind gemäß § 22 Abs. 2 BAO die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 22 BAO ist der Steuerpflichtige grundsätzlich nicht gehindert, Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes so einzusetzen, dass er die geringste Steuerbelastung erzielt. Das gilt auch dann, wenn er bestimmte rechtliche Wege ausschließlich zum Zweck der Steuerersparnis einschlägt. Zum Missbrauch bedarf es einer rechtlichen Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und ihre Erklärung nur in der Absicht findet, Steuer zu vermeiden. Es ist zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn der abgabenersparende Effekt weggedacht wird, oder ob er ohne das Ergebnis der Steuerminderung unverständlich wäre (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 2003, 97/13/0130).

Im Beschwerdefall wurde im Verwaltungsverfahren vorgebracht, da im Zuge der Regelung des Nachlasses alle (drei) Kinder des Beschwerdeführers annähernd gleichmäßig hätten behandelt werden sollen und der berufungsgegenständliche Liegenschaftsanteil seit Jahren nicht mehr betriebsnotwendig gewesen sei, hätte dieser aus dem Betriebsvermögen ausscheiden und auf lange Sicht der Tochter zukommen sollen. Zur Erreichung dieses Zieles sei deshalb der Verkauf der Liegenschaft in einer nach dem Ehevertrag und wechselseitigem Testament zulässigen Art durchgeführt worden. Der gewählte Weg des Kaufvertrages sei sicherlich nicht ungewöhnlich, ungebräuchlich oder unangemessen gewesen.

In Verkennung der Rechtslage zeigt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auf, aus welchen Gründen der gewählte Weg zur Erreichung des im Verwaltungsverfahren aufgezeigten wirtschaftlichen Erfolges ungewöhnlich oder unangemessen gewesen sein soll. Die Ansicht des Prüfers, dass der Kaufvertrag in dieser Form zwischen fremden Personen nicht abgeschlossen worden wäre, vertrat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht mehr. Allein der Hinweis der belangten Behörde, dass das Grundstück im Jahr 1996 tatsächlich (von der Ehefrau des Beschwerdeführers) der Tochter geschenkt wurde, rechtfertigt aber noch nicht die Beurteilung des Verkaufes der Liegenschaft im Jahr 1990 an die Ehefrau des Beschwerdeführers als Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten, zumal im Verwaltungsverfahren ausdrücklich vorgebracht (und von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen) worden war, es sei seitens des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau ursprünglich nicht vorgesehen gewesen, bereits zu Lebzeiten das gesamte Vermögen zu verschenken.

Selbst wenn man aber mit der belangten Behörde von einem Missbrauch ausginge, erweist sich der angefochtene Bescheid vor der Norm des § 22 Abs. 2 BAO auch aus einem anderen Grund als rechtswidrig: Es mag - wie im angefochtenen Bescheid dargetan wird - zutreffen, dass im Zeitpunkt des Kaufvertrages hinsichtlich der entsprechenden Liegenschaft auf Grund der späteren Nachfolgeregelung für den Betrieb keinerlei Grund bestanden hat, das "für den Betrieb nicht mehr benötigte Grundstück mit seinem betrieblichen Anteil aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen und durch Kaufvertrag an die Gattin zu übertragen". Damit räumt die belangte Behörde aber neben der Beurteilung, es habe im angeführten Zeitpunkt kein Grund zum Verkauf des Grundstückes bestanden, gleichzeitig ein, dass zum betreffenden Zeitpunkt auch kein unmittelbarer Anlass zur Entnahme des Grundstückes bestanden hat. Daraus ergibt sich aber - wie oben ausgeführt unter der Annahme eines Missbrauches im Sinne des § 22 Abs. 1 BAO - die Unrichtigkeit der in Anwendung des § 22 Abs. 2 BAO erfolgten Beurteilung, dass die den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessene Gestaltung in einer Entnahme des Liegenschaftsanteiles im Jahr 1990 bestanden hätte. Unter den gegebenen Umständen hätte sich bei "angemessener Gestaltung" zwar allenfalls die Vernachlässigung des Veräußerungsvorganges, aber unter gleichzeitiger Belassung des Liegenschaftsanteiles im Betriebsvermögen angeboten, bis (unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren dargestellten finanziellen Schwierigkeiten der Tochter) eine endgültige Regelung hätte getroffen werden können.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, wobei von der beantragten Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Mai 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:1999140209.X00

Im RIS seit

26.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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