TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/17 2002/03/0018

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Veröffentlicht am 17.06.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VStG §24;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H R in B, vertreten durch Dr. Josef Raffl, Rechtsanwalt in 4820 Bad Ischl, Wiesingerstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 18. Oktober 2001, Zl. UVS-3/12069/11-2001, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Oktober 2001 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 19. Mai 2000 um 14.30 Uhr an einer näher bezeichneten Örtlichkeit im Gemeindegebiet von Strobl ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,945 mg/l) gelenkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 iVm § 5 Abs. 1 leg. cit. begangen und es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 25.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe am Tattag um

14.30 Uhr auf der Wolfgangsee-Bundesstraße einen LKW zur Avanti-Tankstelle in Strobl gelenkt, dort das Fahrzeug abgestellt und sich beim dort befindlichen Grillbuffet ein halbes "Grillhendl" und "eine halbe Bier" bestellt und konsumiert. Danach habe er "eine weitere halbe Bier" bestellt, diese jedoch nur zur Hälfte ausgetrunken, weil er sodann eingeschlafen sei. Nach längerem Schlaf sei er erwacht, habe den Rest des Bieres ausgetrunken und sodann noch zwei Viertel gespritzten Weißwein konsumiert. Als der Beschwerdeführer daraufhin habe wegfahren wollen, sei er vom Tankwart daran gehindert worden, weil er erheblich alkoholisiert gewesen sei. Der Tankwart habe ihm die Fahrzeugschlüssel abgenommen, hierauf sei es zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen, sodass die Gendarmerie gerufen worden sei. Der Beschwerdeführer sei von den Gendarmeriebeamten einvernommen und um 20.48 Uhr zur Ablegung des Alkomattests aufgefordert worden. Er habe schließlich angegeben, dass er gegen 14.30 Uhr bei der Avanti-Tankstelle angekommen sei und er habe dann bis 20.00 Uhr zwei "halbe Bier" und zwei Viertel "weiße Spritzer" getrunken. Dieser Sachverhalt sei auf Grund der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben der beiden Gendarmeriebeamten, welche sich mit ihren Angaben in der ausführlichen Anzeige decken würden, sowie der Beschwerdeführerverantwortung unmittelbar bei der ersten niederschriftlichen Einvernahme am Gendarmerieposten sowie der Aussage der Zeugin D. als erwiesen anzunehmen. Der Beschwerdeführer habe zu seinem Alkoholkonsum im Verfahren widersprechende Angaben gemacht: So habe er abweichend von seinen Angaben unmittelbar nach der Tat in einem Schriftsatz vom 2. Oktober 2000 behauptet, er habe vier "halbe Bier" und drei "Gespritzte" getrunken; am 6. Dezember 2000 habe er ausgeführt, dass er "mehrere Bier und Gespritzte sowie Jägermeister getrunken" habe. Im Berufungsschriftsatz, der vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers verfasst wurde, habe er wiederum auf zwei "halbe Bier", zwei weiße "Gespritzte" und sechs "Jägermeister" verwiesen. Seine spätere Nachtrunkverantwortung sei daher unglaubwürdig. Dass er tatsächlich bloß zwei "halbe Bier" und zwei "Gespritzte" zwischen 14.30 Uhr und dem Zeitpunkt der Alkomatmessung getrunken habe, nehme der erkennende Senat insbesondere auch als erwiesen an, weil ihm genau diese Mengen alkoholischer Getränke von der Zeugin D. (der Serviererin), die ihn mehr oder weniger ständig im Blickfeld gehabt habe, serviert worden seien. Die nachträglichen variierenden Angaben zum Alkoholkonsum seien als Schutzbehauptungen zu verwerfen. Der medizinische Sachverständige habe unter Zugrundelegung des um 20:49 Uhr erzielten Wertes der Atemluftalkoholkonzentration (1,16 mg/l) eine Alkoholisierung des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt, 14:30 Uhr, von 1,89 Promille Blutalkoholgehalt errechnet. Er sei dabei von der - vom Beschwerdeführer bei seiner ersten Einvernahme angegebenen - Nachtrunkmenge von zwei "halben Bier" und zwei weißen "Gespritzten" (1 l Bier und 1/4 l Weißwein) ausgegangen und habe eine mittlere Abbaurate von 0,15 Promille pro Stunde angenommen. Es sei daher davon auszugehen, der Beschwerdeführer habe den LKW bereits in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zur Tankstelle gelenkt; dass der Beschwerdeführer auf die Zeugin D. bei seinem Eintreffen am Grillbuffet keinen alkoholisierten Eindruck erweckt habe, sei hiebei unerheblich.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft unter anderem die Beweiswürdigung der belangten Behörde hinsichtlich des von ihm behaupteten Nachtrunkes. Es ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass die Beweiswürdigung nur insoweit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, das heißt mit den Denkgesetzen in Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinn ist, dass z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Auf dem Boden dieser Rechtslage begegnet die vom Beschwerdeführer bekämpfte Beweiswürdigung der belangten Behörde keinen Bedenken. Der Beschwerdeführer vermag gegen die Argumente der belangten Behörde, die insbesondere der ersten Verantwortung des Beschwerdeführers und den Angaben der Kellnerin zum Alkoholkonsum des Beschwerdeführers hinsichtlich der nach dem Lenken konsumierten Alkoholmenge folgte, nichts Stichhältiges einzuwenden. Nach der herrschenden Rechtsprechung hat derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des so konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1996, Zl. 95/02/0289). Wenn die belangte Behörde der im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens weiteren Verantwortung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Nachtrunkes im Hinblick auf dessen unterschiedliche Angaben über die Menge des Alkoholkonsums sowie auf die divergierenden, in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellten Angaben betreffend die vom Beschwerdeführer angeblich ausgetrunkenen "Jägermeister" - diesbezüglich wird sogar in der Beschwerde erneut die Verantwortung dahin geändert, es habe sich um Fläschchen zu 4 cl Inhalt und nicht mit 2 cl Inhalt gehandelt - in freier Beweiswürdigung den Glauben versagte, kann ihr vom Verwaltungsgerichtshof nicht entgegengetreten werden.

Der Beschwerdeführer wendet unter anderem ein, dass seine Verantwortung bei der Ersteinvernahme der Gendarmerie erfahrungsgemäß nicht vollständig gewesen sei, er jedoch bald der Behörde die tatsächliche Alkoholmenge bekannt gegeben habe. Dem ist zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof den Standpunkt vertritt, dass im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen sei, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt habe; in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes sei davon auszugehen, dass auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit - von sich aus - hingewiesen werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 1996, Zl. 96/03/0168). Hievon abzugehen bieten die Beschwerdebehauptungen keinen Anlass.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer anlässlich seines ersten Gesprächs mit den Gendarmen angegeben hat, dass er zwei "halbe Bier" und zwei Viertel "weiße Spritzer" konsumiert hat. Wenn die belangte Behörde dieser Verantwortung gefolgt ist, begegnet dies keinen Bedenken. Der Einwand des Beschwerdeführers, es hätte das Sachverständigengutachten nicht übernommen werden dürfen, wird nicht durch überzeugende Argumente untermauert. Es ist auf die hg. ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach es dem Beschwerdeführer freigestanden wäre, von sich aus das amtsärztliche Sachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu entkräften (vgl. das Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 93/07/0005), was er jedoch unterlassen hat. Eine Unschlüssigkeit des von der Behörde verwerteten, vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erläuterten und präzisierten Gutachtens ist nicht zu erkennen.

Der Beschwerdeführer führt ferner aus, es liege eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, weil kein Anlass bestanden habe, bei ihm die Alkoholprobe vorzunehmen, "da zwischen Trinkbeginn und Trinkende eine erhebliche Zeit verstrichen sei", er "in dieser Zeit das Fahrzeug nicht gelenkt habe und daher die rechtlichen Voraussetzungen für die Vornahme einer Atemalkoholüberprüfung nicht gegeben gewesen seien". Damit verkennt er jedoch, dass eine Untersuchung der Atemluft solange vorgenommen werden darf, als noch mit einem verwertbaren Ergebnis gerechnet werden kann (vgl das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1990, Zl. 89/03/0070). Dass diese Voraussetzung nicht gegeben gewesen sei, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf.

Die unbegründete Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Juni 2004

Schlagworte

Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Ermittlungsverfahren Allgemein Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkomat Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Nachtrunk Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002030018.X00

Im RIS seit

14.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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