TE Vwgh Erkenntnis 2004/6/17 2002/03/0267

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Veröffentlicht am 17.06.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;

Norm

GGBG 1998 §7 Abs2 Z7;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z8;
VStG §22 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des J S in A, vertreten durch Dr. Hermann Spatt, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Lasserstraße 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 20. August 2002, Zlen. UVS-5/11113/11-2002, UVS-5/11114/12- 2002, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchteilen 1) und

4) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen (Spruchteil 3) des angefochtenen Bescheides) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung wurde der Beschwerdeführer - soweit hier noch relevant - wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben - wie anlässlich einer Kontrolle am 22.08.2000 um 10:17 Uhr im Gemeindegebiet von Wals-Siezenheim auf der A 1 Westautobahn Richtungsfahrbahn BRD am Walserberg, ehem. Zollamtsplatz festgestellt wurde - als Beförderer mit dem Kraftwagenzug Kennzeichen S und S 125 Flaschen mit insges. 5.314,5 kg - UN 1072 Sauerstoff, verdichtet Gefahrgut der Klasse 2 Ziff. 1 O ADR, 57 Flaschen mit insges. 7.250 kg - UN 1956 verdichtetes Gas n.a.g., Gefahrgut der Klasse 2 Ziff. 1 A ADR, 2 Flaschen mit inges. 103 kg - UN 1001 Acetylen, gelöst, Gefahrgut der Klasse 2 Ziff. 4 F ADR, 1 Flasche mit 40 kg - UN 1006 Argon, verdichtet, Gefahrgut der Klasse 2 Ziff. 1 A ADR, 9 Flaschen mit insges. 512 kg - UN 1046 Helium, verdichtet, Gefahrgut der Klasse 2 Ziff. 1 A ADR und 44 Flaschen mit inges. 1.564 kg - UN 1013 Kohlendioxid, Gefahrgut der Klasse 2 Ziff. 2 A ADR befördert, obwohl

1. dem Lenker die in den § 2 GGBG in Betracht kommenden Begleitpapiere, nämlich die schriftlichen Weisungen nicht der Rn 10385 Abs. 4 ADR gemäß übergeben worden sind bzw. von diesem nicht mitgeführt worden sind: Jene schriftlichen Weisungen, welche auf die beförderten Gefahrgüter zutrafen, wurden nicht getrennt von anderen schriftlichen Weisungen, welche auf die Beförderung nicht zutrafen aufbewahrt, ...

3. die Verwendung des Fahrzeuges gemäß § 6 GGBG nicht zulässig war, weil das hintere Kennzeichen des Anhängers durch das Anbringen von Vorrichtungen, nämlich durch den am Heck montierten Hubstapler verdeckt und somit unlesbar wurde,

4. die Verwendung des Fahrzeuges gemäß § 6 GGBG nicht zulässig war, weil auf dem am Heck des Anhängers montierten Hubstapler eine weitere, nicht amtliche Kennzeichentafel angebracht war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)

§§ 27 (1) Z. 1 und 7 (2) Z. 7 und 8 iVm § 2 Z. 1 lit. a) GGBG

3)

§§ 27 (1) Z. 1 und 7 (2) Z. 5 iVm § 2 Z. 1 lit. a) GGBG

4)

§§ 27 (1) Z. 1 und 7 (2) Z. 5 iVm § 2 Z. 1 lit. a) GGBG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

1) Geldstrafe gemäß § 27 (1) Z. 1

Ersatzfreiheitsstrafe: 144 Stunden

ATS 15.000,--

3) Geldstrafe gemäß § 27 (1) Z. 1

Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden

ATS 10.000,--

4) Geldstrafe gemäß § 27 (1) Z. 1

Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden

ATS 10.000,--

 

..."

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. August 2002 wurde die zu Spruchteil 1) verhängte Geldstrafe auf EUR 726,-- herabgesetzt, im Übrigen wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den Spruchteilen 3) und 4) des angefochtenen Bescheides:

Die diesbezüglichen Rechtsfälle gleichen jenen, die den - ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden - Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 2003, Zl. 2001/03/0322, bzw. vom 27. Mai 2004, Zl. 2002/03/0268, zu Grunde lagen. Es genügt daher, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf diese Entscheidungen zu verweisen.

Die Beschwerde war daher, was den Spruchteil 3) des angefochtenen Bescheides anlangt, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen; hinsichtlich des Spruchteiles 4) war der angefochtene Bescheid jedoch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Zu Spruchteil 1 des angefochtenen Bescheides:

Der von der belangten Behörde zu diesem Spruchteil insbesondere herangezogene § 7 Abs. 2 hat folgenden Wortlaut:

"Pflichten von Beteiligten

§ 7. ...

(2) Gefährliche Güter dürfen nur befördert werden, wenn

1. dies nach den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften zulässig oder eine Ausnahmebewilligung gemäß § 9 erteilt worden ist,

2. bei gefährlichen Gütern, die nur auf Grund einer Beförderungsgenehmigung gemäß § 8 befördert werden dürfen, diese Genehmigung erteilt ist,

3. die Verwendung der Verpackung einschließlich Großpackmittel (IBC) als Versandstück oder die Verwendung des Containers oder Tanks gemäß § 4 zulässig ist,

4. die Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften über die Beförderungsart, die Höchstmengen, das Zusammenladen, die Handhabung und Verstauung sowie das Reinigen oder Entgiften oder anders Dekontaminieren erfüllt sind,

5.

die Verwendung der Fahrzeuge gemäß § 6 zulässig ist,

6.

das zuständige bei der Beförderung tätige Personal entsprechend den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften über seine Pflichten und über die Besonderheiten der Beförderung und über das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen ausreichend in Kenntnis gesetzt und unterwiesen worden ist,

              7.              dem zuständigen bei der Beförderung tätigen Personal die in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände sowie gegebenenfalls der Bescheid über die Ausnahmebewilligung gemäß § 9 übergeben worden sind, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere ist, und

              8.              die Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände (Z. 7) den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften entsprechend mitgeführt werden."

Rn 10.385 Abs. 4 ADR idF. BGBl. III Nr. 211/1998 lautet wie folgt:

"(4) Die Weisungen sind im Führerhaus so aufzubewahren, dass sie leicht auffindbar sind."

Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG begeht, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 2 befördert, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 600.000,-- zu bestrafen.

Die belangte Behörde führte in der Begründung zu diesem Spruchpunkt im Wesentlichen aus, nach Rn 10.385 der hier anzuwendenden "ADR 1999" sei vorgesehen, dass schriftliche Weisungen, die auf die im Fahrzeug befindlichen Güter nicht zuträfen, zur Vermeidung von Verwechslungen von den zutreffenden Dokumenten getrennt aufzubewahren seien. Es sei erwiesen, dass zum Tatzeitpunkt die auf die zu diesem Zeitpunkt beförderten gefährlichen Güter zutreffenden schriftlichen Weisungen nicht getrennt von einer weiteren - sich auf ungereinigte, leere Gefäße beziehenden - in der Beförderungseinheit mitgeführten schriftlichen Weisung aufbewahrt worden seien, was der zitierten Bestimmung widerspreche. Der Beschwerdeführer als Beförderer hätte bei dem vorliegenden Ungehorsamsdelikt dartun müssen, dass er ein wirksames Kontrollsystem zur Vermeidung derartiger Delikte eingerichtet habe, was ihm nicht gelungen sei.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde Rn

10.385 in der im Hinblick auf den Tatzeitpunkt (22. August 2000) Fassung der "anzuwendenden ADR 1999" herangezogen hat. BGBl. III Nr. 133/1999 bezieht sich jedoch nicht auf die Rn

10.385. Rn 10.385 Abs. 4 ADR in der vorangegangenen Fassung BGBl. III Nr. 211/1998 hat aber - anders als von der belangten Behörde angeführt - den eingangs dargestellten Wortlaut.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer mit dem hier in Rede stehenden Spruchteil den Verstoß gegen zwei gesetzlicher Anordnungen angelastet, und zwar § 7 Abs. 2 Z. 7 und § 7 Abs. 2 Z. 8 GGBG. Erstere sieht vor, dass gefährliche Güter nur befördert werden dürfen, wenn dem bei der Beförderung tätigen Personal die vorgeschriebenen Begleitpapiere übergeben wurden, zweitere sieht vor, dass die Beförderung nur zulässig ist, wenn die Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände mitgeführt werden. Damit stehen hier zwei voneinander verschiedene Delikte mit unterschiedlichem Unrechtsgehalt in Rede, sodass es rechtswidrig war, für beide Delikte eine Gesamtstrafe zu verhängen, wie es die belangte Behörde getan hat.

Im Übrigen jedoch ist nicht hinreichend deutlich, welche Tat die belangte Behörde mit diesem Spruchpunkt dem Beschwerdeführer tatsächlich anlastet; denn die von der belangten Behörde herangezogene Rn 10.385 ADR schreibt eine andere Verhaltensweise vor, als in den beiden vorgenannten Bestimmungen normiert wird, sodass der Spruch insoferne dem Erfordernis des § 44a Z. 1 und 2 VStG nicht entspricht.

Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich seines Spruchteiles 1) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Juni 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002030267.X00

Im RIS seit

09.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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