TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/5 99/14/0309

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Veröffentlicht am 05.07.2004
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §303;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des F T in L, vertreten durch SKP Schüßling, Kofler und Partner Gesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 6020 Innsbruck, Adamgasse 23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 21. September 1999, Zl. RV-164.97/1-T7/97, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 1990 sowie Einkommensteuer 1990 und 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Abspruches betreffend Einkommensteuer 1993 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine Berufung des Beschwerdeführers gegen den Wiederaufnahme- und neuen Sachbescheid hinsichtlich Einkommensteuer 1990 und gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 abgewiesen.

Sachverhaltsbezogen wies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hin, dass der Beschwerdeführer bis 1988 ein Speditionsunternehmen betrieben habe. Mit Kaufvertrag vom 30. Dezember 1987 habe er die Kraftfahrzeuge, Anhänger und Tanksattelauflieger an eine GmbH veräußert. Unter Punkt 4 des Kaufvertrages sei nachstehende Vereinbarung getroffen worden:

"Der Verkäufer wird sich bemühen, dass seine Dienstnehmer ihr Dienstverhältnis unter den bisherigen Bedingungen mit der Käuferin fortsetzen und zwar unter Anrechnung der Vordienstzeiten beim Verkäufer.

Die Käuferin erklärt sich bereit, die Dienstnehmer unter Anrechnung dieser Vordienstzeiten zu übernehmen.

Festgestellt wird, dass per 31.12.1987 Abfertigungsansprüche der Dienstnehmer im Betrag von ca. S 2,260.000,-- bestehen, welche noch genau ermittelt werden. Hinsichtlich dieser Abfertigungsansprüche wird vereinbart, dass für den Fall, dass Dienstnehmer nicht bereit sind, von der Käuferin übernommen zu werden, diese vom Verkäufer abzufertigen sind. Werden diese Dienstnehmer jedoch von der Käuferin übernommen, so haftet der Verkäufer für jeden Fall einer abfertigungspflichtigen Beendigung von Dienstverhältnissen, der im Laufe der nächsten fünf (5) Jahre nach Übernahme, also bis zum 31. Dezember 1992, eintritt, mit jenem Betrag, der für den 31.12.1987 als Abfertigungsanspruch des jeweiligen Dienstnehmers in der Liste aufscheint.

..."

Unter Punkt 8 des Kaufvertrages sei vereinbart worden, dass die Wirksamkeit dieses Kaufvertrages "und damit auch der Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes" am 1.1.1988 eintritt. Die Bilanz zum 31. Dezember 1988 weise unter sonstige Rückstellungen unter anderem Rechts- und Beratungskosten 1988 Dr. F. in Höhe von S 400.000,-- sowie "Klagebetrag und Prozesskosten" K. in Höhe von S 2.000.000,-- aus.

Weiters seien in der Bilanz zum 31. Dezember 1988 unter den sonstigen Verbindlichkeiten (zunächst) die Rückstellungen für Abfertigungszahlungen gemäß Punkt 4 des Kaufvertrages vom 30. Dezember 1987 mit S 2,060.599,-- ausgewiesen worden. Anlässlich einer am 7. Mai 1992 abgeschlossenen, die Veranlagungsjahr 1987 bis 1989 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung habe der Prüfer unter anderem festgestellt, dass die ursprünglich mit S 2,060.599,-- passivierten Abfertigungsansprüche laut Punkt 4 des Kaufvertrages einvernehmlich mit S 1,648.479,-- festgesetzt würden. Der Prüfer habe auch die im Jahr 1987 gebildete Rückstellung "Klagebetrag und Prozesskosten" K. im Betrag von S 2,000.000,-- nicht anerkannt.

Das Finanzamt sei den Feststellungen des Prüfers gefolgt und habe entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1987 und 1988 erlassen.

Mit Bescheid vom 14. August 1992 wurde der Beschwerdeführer zur Einkommensteuer 1990 veranlagt.

Am 27. Juli 1994 teilte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf einen mündlichen Vorhalt betreffend Rechts- und Beratungskosten und "unsere Besprechung vom 19. Juli 1994" mit, dass er aus den Unterlagen, soweit feststellbar ermittelt habe, dass die "die Beratungskosten betreffenden Prozesse etwa 1990 ausgelaufen bzw. beendet" worden seien. Nach wie vor sei er der Meinung, dass keine nachträglichen Einkünfte gemäß § 32 EStG vorlägen.

Mit Bescheid vom 1. September 1994 erließ das Finanzamt nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1990. Abweichend vom ursprünglichen Einkommensteuerbescheid wurde darin der (erklärte) Gewinn aus Gewerbebetrieb um S 400.000,-- erhöht. In der gesondert ergangenen Bescheidbegründung wurde darauf hingewiesen, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt sei, weil erst jetzt bekannt geworden sei, dass die Rechtsanwaltskosten für Dr. F. (siehe Rückstellung zum 31.12.1988) tatsächlich nicht anfallen würden. Gemäß § 32 Z. 2 EStG 1988 seien solche Einkünfte, die zwar erst nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit anfielen, aber einen engen Zusammenhang zum Betrieb aufwiesen, noch der betrieblichen Sphäre zuzuweisen. Einen engen betrieblichen Zusammenhang wiesen Wertveränderungen an all jenen Wirtschaftsgütern auf, die außerhalb des beendeten Betriebes praktisch nicht mehr eigenständig privat nutzbar seien, sondern nur mehr abgewickelt werden könnten (z.B. Forderungen, Verbindlichkeiten, etc.). Wertveränderungen an derartigen Wirtschaftsgütern würden zu positiven oder negativen Einkünften im Sinne des § 32 Z. 2 EStG führen. Die Verbindlichkeit Dr. F. sei nach den Angaben des Abgabepflichtigen im Jahr 1990 endgültig weggefallen.

In einer dagegen erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens, weil keine neuen Tatsachen oder Beweismittel im Sinne der BAO hervorgekommen seien. Entscheidungen von Gerichten oder einer Verwaltungsbehörde seien keine neuen Tatsachen im Sinne des § 303 BAO, sodass sich aus den ausgelaufenen Prozessen 1990 kein Wiederaufnahmegrund ableiten lasse. Im Übrigen sei der Ansatz von nachträglichen Einkünften im Sinne des § 32 Z. 2 EStG 1988 im Jahr 1992 unrichtig. Nach Lehre und Rechtsprechung könne im Anwendungsbereich des § 32 Z. 2 EStG 1988 eine Korrektur der Ermittlung von früheren laufenden betrieblichen Gewinnen bzw. des Veräußerungsgewinnes nicht über § 32 Z. 2 EStG 1988 "nachgeholt" werden. Beim "Rechtskostenbetrag" von S 400.000,-- habe es sich um eine seinerzeitig zutreffende Schätzung von Kosten für Prozesse gehandelt, deren Ausgang bei Rückstellungsbildung völlig ungewiss gewesen sei. Für einen solchen Fall müsse eine Rückstellung gebildet werden, widrigenfalls eine spätere Betriebsausgabe aus diesem Zusammenhang nicht geltend gemacht werden könne. Im umgekehrten Fall sei daher ebenfalls keine Wiederaufnahme möglich, sondern die an sich betriebliche Ausgabe bleibe ohne Auswirkung und sei nicht abzugsfähig, falls bei einem nachträglich verlorenen Prozess keine oder eine zu geringe Rückstellung gebildet worden sei. Damit leite sich die Richtigkeit der Rückstellung und deren endgültige Anerkennung ab. § 32 Z. 2 EStG könne und dürfe hier nicht eingreifen.

Mit Bescheid vom 2. Mai 1995 wurde der Beschwerdeführer zur Einkommensteuer für das Jahr 1993 veranlagt. Im Rahmen dieser Veranlagung wurden - nach Durchführung entsprechender Erhebungen - die nicht bezahlten Abfertigungsansprüche in Höhe von S 1,328.082,-

- als nachträgliche Betriebseinnahmen erfasst. In der gesondert ergangenen Bescheidbegründung wurde ausgeführt, der endgültige Wegfall der Abfertigungsansprüche führe zu nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 32 EStG 1988.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, dass bei Ermittlung des Veräußerungsgewinnes 1988 die Schuldpost "Abfertigungsverpflichtungen" durch die mit dem Prüfer einvernehmlich vorgenommene Schätzung des Schuldbetrages (mit 80 % des Nominalbetrages) festgesetzt und fixiert worden sei. Infolge Festsetzung durch die Schätzung sei die Ungewissheit 1988 endgültig beseitigt worden. Es gehe nicht an, nach fünf Jahren eine Schätzung zu korrigieren, weshalb für die nachträgliche Korrektur eines schlüssig ermittelten Veräußerungsgewinnes kein Raum bleibe. Die schlüssig ermittelten Bemessungsgrundlagen bei der Veräußerung 1988 könnten nicht 1993 durch Aufrollung "nachgeholt" werden.

In der über Antrag des Beschwerdeführers durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde ein ergänzender Schriftsatz vorgelegt, in welchem die Auffassung vertreten wurde, dass die nicht angefallenen Abfertigungszahlungen wenn überhaupt, dann bereits im Jahr 1992 zu erfassen gewesen wären. Dies deshalb, weil die Haftung des Abgabepflichtigen gemäß Punkt 4 des Vertrages vom 30. Dezember 1987 zeitlich ausdrücklich bis 31. Dezember 1992 begrenzt gewesen sei und jene Beträge umfasst habe, die für den 31. Dezember 1987 als Abfertigungsansprüche des jeweiligen Dienstnehmers in der bezüglichen Liste aufgeschienen seien.

Die Abweisung der Berufung hinsichtlich Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1990 begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass dem zur Durchführung des Einkommensteuerverfahrens 1990 zuständigen Veranlagungsreferat zum Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides nicht bekannt gewesen sei, dass das Risiko für die Rückstellungsbildung in Sachen Rechts- und Beratungskosten Dr. F. im Jahr 1990 weggefallen sei. Erst im Jahr 1994 sei dem Veranlagungsreferat bekannt geworden, dass der Grund für die (im Jahr 1988 erfolgte) Rückstellungsbildung infolge des Auslaufens von Prozessen im Jahr 1990 weggefallen sei. Aus der Sicht des mit Bescheid vom 14. August 1992 abgeschlossenen Einkommensteuerverfahrens 1990 seien daher Tatsachen neu hervorgekommen, die zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigt hätten. Außer Streit stehe, dass die Rückstellung im Betrag von S 400.000,-- zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1988 zu Recht ausgewiesen worden sei.

In seinem Erkenntnis vom 24. Mai 1993, 92/15/0041, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, der Erlass von betrieblichen Verbindlichkeiten führe - so wie jeder Wegfall von Betriebsschulden, der nicht auf einem außerbetrieblichen Vorgang beruhe - zu einer gewinnerhöhenden Betriebsvermögensvermehrung; die aus dem Erlass ehemals betrieblicher Verbindlichkeiten resultierende Betriebsvermögensvermehrung sei somit grundsätzlich im Sinne des § 32 Z. 2 EStG 1972 als positive nachträgliche Einkünfte steuerpflichtig. Nichts anderes könne bei Rückstellungen gelten.

Hinsichtlich der Einkommensteuer 1993 begründete die belangte Behörde die zeitliche Erfassung des Differenzbetrages gemäß Punkt 4 des Kaufvertrages vom 30. Dezember 1987 im Ausmaß von S 1,328.082,-- als nachträgliche Betriebseinnahme im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 1993 damit, dass die Wirksamkeit des Vertrages und damit auch die Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes unbestritten am 1. Jänner 1988 eingetreten sei. Unter Punkt 6 hätten die Parteien vereinbart, dass die Übergabe und Übernahme der kaufgegenständlichen Fahrnisse und Rechte so zu bewerkstelligen sei, dass die Betriebsfortführung für den Käufer ab 1. Jänner 1988 möglich sei. Der Veräußerungsgewinn sei ebenfalls zum 1. Jänner 1988 erklärt und im Veranlagungsjahr 1988 (steuerlich) erfasst worden. Die Haftung des Beschwerdeführers für Abfertigungszahlungen sei mit einer Fünfjahresfrist beginnend mit dem Tag der Übernahme begrenzt worden. Nach Ansicht der belangten Behörde könne die Bestimmung des Punktes 4 des Kaufvertrages vom 30. Dezember 1987 nicht isoliert betrachtet und innerhalb dieser Bestimmung nur auf den 31. Dezember 1992 abgestellt werden. Die Parteien hätten die Haftung des Beschwerdeführers für Abfertigungsansprüche nicht einfach mit dem 31. Dezember 1992 begrenzt, sondern auch vereinbart, dass der Beschwerdeführer die Abfertigungsansprüche, die im Laufe der nächsten fünf Jahre ab Übergabe entstünden, zu übernehmen habe. Der Beginn der Frist sei zweifelsfrei mit dem Tag der Übernahme, also dem 1. Jänner 1988 bestimmt worden. Die Frist selbst sei mit fünf Jahren bemessen worden. Nach Ansicht der belangten Behörde könne dem Inhalt der wiedergegebenen Vertragsbestimmungen nur jenes Verständnis beigemessen werden, dass die Haftung des Beschwerdeführers für Abfertigungszahlungen nach Ablauf des 31. Dezember 1992, sohin mit 1. Jänner 1993 erloschen sei. Die Erfassung des Differenzbetrages in Höhe von S 1,328.082,-- sei daher nach Ansicht der belangten Behörde zu Recht im Jahr 1993 erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Unter dem Titel "Wiederaufnahme des Verfahrens und Einkommensteuer 1990" rügt der Beschwerdeführer ausschließlich, dass seiner Ansicht nach keine "neuen Tatsachen" hervorgekommen seien, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen könnten. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Rückstellungen für Prozessrisken und - kosten im Zuge der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung nachweislich überprüft worden seien. Wenn sich die belangte Behörde auf einen Aktenvermerk vom 7. Mai 1992 beziehe, werde dadurch klar zum Ausdruck gebracht, dass der Sachverhalt - nämlich die Rückstellung für Beratungskosten und die ihr immanente Unsicherheit hinsichtlich der Betragshöhe - dem zuständigen Veranlagungsreferenten im Zeitpunkt der Veranlagung bekannt gewesen sei bzw. hätte bekannt gewesen sein müssen. Dem Finanzamt seien zu diesem Zeitpunkt alle verfahrensrechtlichen Instrumente zur Verfügung gestanden, um diese Unsicherheit zu berücksichtigen, insbesondere die Möglichkeit der vorläufigen Veranlagung. Der "bloße Abschluss des Verfahrens" stelle aber, auch wenn letztlich dadurch keine Kosten angefallen seien, keine "neue Tatsache mehr dar, die zu einer Wiederaufnahme führen" könne.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1990 nicht auf:

Zutreffend hat die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach das Hervorkommen von Tatsachen stets aus der Sicht jenes Verfahrens zu beurteilen ist, das wieder aufgenommen werden soll (vgl. das bereits im angefochtenen Bescheid zitierte Erkenntnis vom 26. Mai 1993, 89/13/0082). Der Beschwerdeführer meint zwar, dass dem zuständigen Veranlagungsreferenten im Zeitpunkt der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer 1990 die "Unsicherheit hinsichtlich der Betragshöhe" bekannt gewesen sei bzw. sein hätte müssen, er behauptet aber selbst nicht, dass dem zuständigen Veranlagungsreferenten zum Zeitpunkt der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer 1990 der Umstand bekannt gewesen wäre, dass sich im Jahr 1990 herausgestellt hat, dass Rechts- und Beratungskosten, wie sie im Ausmaß von S 400.000,-- in der Bilanz zum 31. Dezember 1988 rückgestellt worden waren, nicht mehr anzufallen drohten. Das Beschwerdevorbringen, dem Finanzamt seien im Zeitpunkt der Veranlagung zur Einkommensteuer 1990 "alle verfahrensrechtlichen Instrumente" zur Verfügung gestanden, um die der Rückstellung für Beratungskosten "immanente Unsicherheit hinsichtlich der Betragshöhe" zu berücksichtigen, ist vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 1990 zur Vermeidung einer Wiederaufnahme des Verfahrens nicht eine Unsicherheit hinsichtlich entsprechender Aufwendungen, sondern die Sicherheit, dass entsprechende Aufwendungen nicht mehr anfallen werden, hätte bekannt sein müssen, unverständlich.

Nicht gefolgt werden kann der belangten Behörde bei der Beurteilung, in welchem Veranlagungszeitraum die Gewissheit nicht mehr bestehender Abfertigungsverpflichtungen zu berücksichtigen gewesen wäre. Die entsprechende diesbezügliche Vereinbarung lautet dahin, dass der Verkäufer für "jeden Fall einer abfertigungspflichtigen Beendigung" von Dienstverhältnissen, der im Laufe der nächsten fünf Jahre nach Übernahme, also bis zum 31. Dezember 1992, eintritt, mit jenem Betrag haftet, der für den 31.12.1987 als Abfertigungsanspruch des jeweiligen Dienstnehmers in der Liste aufscheint. Nun trifft es zwar zu, dass als Tag der Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes der 1. Jänner 1988 angeführt wurde. Dies bedeutet aber noch nicht, dass der vereinbarte Zeitraum von fünf Jahren nach Übernahme jedenfalls erst am 1. Jänner 1993 abliefe. Geht man nämlich davon aus, dass die vereinbarte Übergabe und Übernahme am 1. Jänner 1988, 0 Uhr, erfolgte, so endeten die "nächsten fünf" Jahre am 31. Dezember 1992, 24 Uhr (und nicht am 1. Jänner 1993). Im Übrigen wurde aber nach der wiedergegebenen Vereinbarung als Tag, bis zu welchem eine Haftung bestehen sollte, ausdrücklich der 31. Dezember 1992 angeführt. Dem Beschwerdeführer ist daher zuzustimmen, dass der Wegfall der Möglichkeit für Abfertigungen in Anspruch genommen zu werden bereits zum 31. Dezember 1992, somit im Rahmen der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer 1992 zu erfassen gewesen wären. Die Erfassung bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1993 erfolgte daher zu Unrecht.

Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich seines Abspruches über Einkommensteuer 1993 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 5. Juli 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:1999140309.X00

Im RIS seit

28.07.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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