TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/20 2003/05/0075

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Veröffentlicht am 20.07.2004
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L82000 Bauordnung;
L82001 Bauordnung Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
AVG §82 Abs1 idF 1998/I/158;
BauG Bgld 1997 §21 Abs6;
BauG Bgld 1997 §35 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Eleonora Unger in Moschendorf, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/1, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 21. März 2003, Zl. 5-G-B236/4-2002, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligten Parteien: 1. Maria Laki und

2. Gerhard Laki, beide in Moschendorf, beide vertreten durch Dax, Klepeisz & Partner, Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in 7540 Güssing, Europastraße 1, 3. Gemeinde Moschendorf, 7540 Moschendorf Nr. 95), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der erst- und zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 991,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der (damaligen) Gemeinde Strem vom 24. November 1986 wurde den Rechtsvorgängern der erst- und zweitmitbeteiligten Partei über das Ansuchen vom 20. November 1986 und auf Grund des Ergebnisses der Bauverhandlung vom 22. November 1986 die baubehördliche Bewilligung für einen "Zubau und Dachgeschossausbau beim bestehenden Wohnhaus" auf dem Grundstück in Strem, Gst. Nr. 69, EZ. 125, KG Moschendorf, erteilt.

Das Ansuchen vom 20. November 1986 bezog sich auf einen "Zubau u. Dachgeschoßausbau beim best. Wohnhaus". Nach der Verhandlungsschrift vom 22. November 1986 war ein Zubau ans bestehende Wohnhaus im Ausmaß von 4,40 m x 10,20 m sowie ein Dachgeschossausbau über diesem nicht unterkellerten Zubau geplant. Aus dem Bauplan ergibt sich die Situierung dieses Zubaues an der von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin abgewandten Seite des bestehenden Wohnhauses.

Mit Schreiben vom 2. Jänner 2001 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 24. November 1986. Darin führte sie aus, sie sei Eigentümerin der Liegenschaft Moschendorf 38, die an die von der Bauführung betroffene Liegenschaft angrenze. Im seinerzeitigen Baubewilligungsverfahren sei sie nicht zur Bauverhandlung geladen worden, und auch der Bescheid sei ihr nicht zugestellt worden.

Gegen den ihr in der Folge zugestellten Bescheid vom 24. November 1986 erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass im Nordbereich des Gebäudes, auf das sich die Baubewilligung beziehe, Fensteröffnungen geplant gewesen und auch ausgeführt worden seien. Die Außenmauern lägen aber an der Grundstücksgrenze und seien demgemäß fensterlos auszuführen. Derartige Öffnungen seien auf Grund der Brandschutzbestimmungen nicht zulässig. Außerdem sei die Nutzung des Hofes der Beschwerdeführerin eingeschränkt, weil durch die Fenster eine Einsichtmöglichkeit gegeben sei.

Mit Bescheid vom 3. November 2001 wies der Gemeinderat der Gemeinde Moschendorf die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. In der Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, dass der umstrittene Zubau sowohl Gegenstand des Bescheides vom 22. April 1985 als auch des Bescheides vom 24. November 1986 gewesen sei, wobei die jeweils zu Grunde liegenden Pläne insbesondere im Bereich der "Wohnküche" nicht ident seien. Es seien somit mit zwei Bescheiden zwei verschiedene Projekte genehmigt worden, die zwar in Teilbereichen, aber keineswegs völlig ident seien. Verfahrensgegenstand auch des mit Bescheid vom 24. November 1986 abgeschlossenen Bauverfahrens sei ausschließlich ein aus Wohnküche, Bad, WC, Garderobe und Vorraum bestehender Zubau im Ausmaß von 4,40 m x 10,20 m an der von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin abgewandten Seite des Hauses gewesen, ebenso ein Dachgeschossausbau über diesem Zubau, gleichfalls an der von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin abgewandten Seite des Altbestandes, bestehend aus Schlafzimmer, Garderobe, zwei Kinderzimmern sowie Dusche/WC und Vorraum. Die in der Berufung bemängelten Fenster seien keinesfalls Verfahrensgegenstand gewesen und seien weder in der Verhandlungsschrift vom 22. November 1986 noch in der dem Verfahren zu Grunde liegenden Baubeschreibung und auch nicht im Bescheid vom 24. November 1986 angeführt worden. Aus dem bloßen Umstand, dass die zum Grundstück der Beschwerdeführerin weisenden Fenster in der Feuermauer in den dem Verfahren zu Grunde gelegten (als "Auswechslungsplan" bezeichneten) Plänen beim Altbestand (und zwar bei den bereits bestehenden Räumen Speis, Kochnische und Bad/WC) eingezeichnet gewesen seien, könne noch keine - allenfalls nachträglich erteilte - Bewilligung für diese Fensteröffnungen abgeleitet werden. Der Vollständigkeit halber werde angemerkt, dass die gegenständlichen Fenster in jenem Plan, der dem Bescheid vom 22. April 1985 zu Grunde gelegen sei, noch nicht eingezeichnet gewesen seien. Da die Beschwerdeführerin durch den geplanten Zubau und den Dachgeschossausbau, beides an der von ihrer Liegenschaft abgewandten Seite, keinesfalls in ihren Rechten verletzt werden könne, sei die Berufung als unbegründet abzuweisen gewesen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass sie als Partei des Verfahrens zu einer mündlichen Bauverhandlung zu laden gewesen wäre, um dort entsprechende Einwendungen erheben zu können. Bezüglich der Fensteröffnungen sei davon auszugehen, dass diese, da erstmals in den Auswechslungsplänen eingezeichnet, Gegenstand des Verfahrens gewesen seien. In der Feuermauer seien sie aber jedenfalls unzulässig und zu beseitigen. Der Dachgeschossausbau betreffe nicht nur die von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin abgewandte Seite des Hauses. Durch den Dachgeschossausbau seien ebenso wie durch die Fensteröffnungen unzulässige Immissionen zu erwarten. Außerdem bestünde durch die Fensteröffnungen eine Einsichtsmöglichkeit in den Hofbereich der Beschwerdeführerin.

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen, angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Begründend legte die belangte Behörde dar, die bemängelten Fenster seien nicht Verfahrensgegenstand gewesen, und wiederholte dazu im Wesentlichen die Ausführungen der Berufungsbehörde. Angemerkt werde ferner, dass unabhängig vom derzeitigen Verfahren die Baubehörde erster Instanz durch entsprechende Erhebungen die drei Fensteröffnungen auf ihre Konsensmäßigkeit hin zu überprüfen und erforderlichenfalls den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen haben werde. Grundsätzlich habe ein übergangener Nachbar kein Recht auf Durchführung einer (neuen) mündlichen Verhandlung. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Berufung sei die Beschwerdeführerin in Kenntnis des vollen Inhaltes des Bescheides vom 24. November 1986 gewesen. Die Beschwerdeführerin habe keine Umstände genannt und solche seien auch nicht amtswegig bekannt geworden, die die Notwendigkeit einer neuerlichen mündlichen Verhandlung bewirkt hätten. Die Berufungsbehörde sei im Übrigen inhaltlich auf die gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführerin eingegangen. Überdies sei geprüft und verneint worden, dass die Beschwerdeführerin als übergangene Partei durch den Bescheid in ihren subjektiven öffentlichen Rechten sonstwie verletzt worden wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die erst- und zweitmitbeteiligte Partei erstatteten eine gemeinsame Gegenschrift, in der sie beantragten, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin gab sowohl zur Gegenschrift der belangten Behörde als auch zur Gegenschrift der erst- und zweitmitbeteiligten Partei je eine schriftliche Äußerung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie hätte jedenfalls zur Bauverhandlung am 22. November 1986 geladen werden müssen. In dem angefochtenen Bescheid gehe die belangte Behörde inhaltlich auf ihre Einwendungen nicht ein. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sei davon auszugehen, dass die Fensteröffnungen Gegenstand des Verfahrens gewesen seien. Schließlich sei der mit dem Bewilligungsvermerk versehene Bauplan Gegenstand und Inhalt der Baubewilligung. Außerdem hätte die Behörde einen Beseitigungsauftrag erlassen müssen. Zumindest hätte es Erhebungen bedurft, wann die Fensteröffnungen in die Feuermauer eingebaut worden seien. Die Fensteröffnungen seien schon deshalb rechtswidrig, weil sich die gegenständliche Außenmauer jedenfalls in einem Abstand von weniger als einem Meter zur Grundstücksgrenze der Liegenschaft der Beschwerdeführerin befinde. Durch die Fensteröffnungen sei nicht nur die Nutzung des Hofes der Beschwerdeführerin auf Grund der Einsichtsmöglichkeit beeinträchtigt, sondern es bestehe auch die Gefahr unzulässiger Immissionen. Die Behörde gehe selbst davon aus, dass auch ein Dachgeschossausbau bewilligt worden sei, der aber nicht nur die vom Grundstück der Beschwerdeführerin abgewandte Seite des Hauses betreffe. Auch auf Grund des Dachgeschossausbaues seien unzulässige Immissionen zu befürchten.

Das gegenständliche Bauvorhaben wurde mit dem Ansuchen vom 20. November 1986 anhängig gemacht. Der Berufungsbescheid vom 3. November 2001 wurde nach den im Akt befindlichen Rückscheinen der Beschwerdeführerin und der erst- und zweitmitbeteiligten Partei am 9. November 2001 zugestellt. Das Verfahren war damit jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt anhängig. Das Burgenländische Baugesetz 1997 (BauG), LGBl. Nr. 10/1998, ist gemäß seinem § 35 Abs. 1 mit 1. Februar 1998 in Kraft getreten. Mangels anderslautender, im vorliegenden Fall in Frage kommender Übergangsbestimmungen war dieses Gesetz daher auch auf das vorliegende, bereits vor seinem Inkrafttreten anhängige Bauvorhaben anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1999, Zl. 98/05/0222).

§ 21 Abs. 6 BauG sieht zwar vor, dass im Bauverfahren übergangene Parteien ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen können. Diese Bestimmung kann in verfassungskonformer Auslegung aber nur so verstanden werden, dass sie sich lediglich auf Fälle bezieht, in denen der Baubeginn nach dem Inkrafttreten des BauG erfolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/05/0046).

Auch auf Grund der AVG-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 158/1998, hat die Beschwerdeführerin ihre Parteistellung nicht verloren, da diese Novelle nur auf solche Tatbestände anzuwenden ist, die nach ihrem Inkrafttreten, also nach dem 1. Jänner 1999, verwirklicht worden sind. Fand eine Bauverhandlung vor diesem Zeitpunkt statt, kommen die Regelungen dieser Novelle über den Verlust der Parteistellung bei nicht zeitgerechten Einwendungen nicht zum Tragen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000).

Hinsichtlich der gegenständlichen Fensteröffnungen trifft es zwar zu, dass diese in den mit der Baubewilligung vom 24. November 1986 bewilligten Plänen eingezeichnet sind. Sie werden aber weder im Bauansuchen, noch in der Verhandlungsschrift und auch nicht im Spruch des Bescheides vom 24. November 1986 genannt; die Baubewilligung bezieht sich vielmehr auf eine Bauführung an der der Liegenschaft der Beschwerdeführerin abwandten Seite des Baubestandes. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie diese Fensteröffnungen als nicht von der Baubewilligung umfasst angesehen hat.

An diesem Ergebnis vermag es auch nichts zu ändern, dass die geplanten Baumaßnahmen im bewilligten Bauplan vom Altbestand nicht besonders unterschiedlich, etwa durch eine Farbgebung, dargestellt werden, weil die Situierung des Projektes eindeutig erkennbar ist.

Auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Erforderlichkeit eines Beseitigungsauftrages ist nicht einzugehen, da ein Abspruch darüber nicht Gegenstand des in Beschwerde gezogenen Bescheides war.

Zum Dachgeschossausbau ist festzuhalten, dass sich auch dieser nach den Plandarstellungen nur auf die von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin abgewandte Seite des Gebäudes bezieht. Die Beschwerdeführerin legt im Übrigen nicht näher dar, durch welche Immissionen sie auf Grund des Dachgeschossausbaues betroffen sei.

Zum Beschwerdevorbringen betreffend die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung bzw. der Ladung der Beschwerdeführerin zu einer solchen ist darauf hinzuweisen, dass ein übergangener Nachbar grundsätzlich kein Recht auf Durchführung einer neuerlichen Verhandlung besitzt (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, S. 331 mwN). Abgesehen davon zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, welches andere Verfahrensergebnis die Durchführung einer solchen Verhandlung bewirkt hätte. Damit wird aber die Relevanz des Verfahrensmangels in der Beschwerde nicht dargelegt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Juli 2004

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Baurecht Nachbar übergangener Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2 Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003050075.X00

Im RIS seit

17.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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