TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/20 2001/05/1126

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Veröffentlicht am 20.07.2004
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
BauO Wr §13 Abs2;
BauO Wr §58 Abs2 litd;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der

1. Helga Ginzler und des 2. Dr. Otto Deibner, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Meidlinger Hauptstraße 28, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 25. April 2001, Zl. MD-VfR-B XIX-77/2000, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Wiener Magistrats - Besonderes Stadtamt II vom 17. Oktober 1938 wurde der damaligen Grundeigentümerin B die Abteilung der Grundstücke Nr 605/1 in EZ 965 und Nr 606/1 in EZ 220 des Grundbuches der KG Unter-Sievering im XIX. Bezirk nach den Abteilungsplänen des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Ing. K vom 6. September 1938, GZ 830, auf einen Bauplatz, auf Verkehrsflächen und auf einen Restgrund gemäß § 13 Abs 2 lit a der Bauordnung für Wien genehmigt.

Nach dem bewilligten Abteilungsplan war folgender neuer Stand vorgesehen (die neuen Grundstücknummern waren im Abteilungsplan noch nicht enthalten):

Bezeichnung

Grundstück Nr neu

Figur

Fläche

Bauplatz

605/1

abcdsvnopqr(a)

2145,56 m2

öffentliches Gut Trautenauplatz

605/4

stxv(s)

347,10 m2

restl. Platzgrund

605/5

vxum(v)

48,32 m2

künft. Platzgrund

605/3

tefhklu(t)

995,26 m2

Punkt 1 der Vorschreibungen dieses Bescheides bestimmte, dass die in den Abteilungsplänen mit den Buchstaben s t x v (s) bezeichnete Grundfläche (jetzt Grundstück Nr 605/4, 347,10 m2) gemäß § 17 Abs 1 und Abs 4 lit a der Bauordnung für Wien gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung dieser Abteilung unentgeltlich und lastenfrei in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes zu übertragen und über Auftrag der Baubehörde in der festgesetzten Höhenlage in den physischen Besitz der Stadt Wien zu übergeben ist.

Punkt 2 der Vorschreibungen bestimmte, dass die in den Abteilungsplänen mit den Buchstaben v x u m (v) bezeichnete Grundfläche (jetzt Grundstück Nr 605/5, 48,32 m2) gemäß § 17 Absatz 2 der Bauordnung für Wien über Auftrag der Behörde gegen die nach § 17 Absatz 5 der Bauordnung für Wien gewährleistete Schadloshaltung gebühren- und lastenfrei in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes zu übertragen und in der bestehenden Höhenlage in den physischen Besitz der Stadt Wien zu übergeben ist.

Punkt 4 B) a) dieser Vorschreibungen bestimmte, dass gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung dieser Abteilung gemäß § 130 der Bauordnung für Wien im Grundbuch das Bestehen der Verpflichtung zur Herstellung der Höhenlage nach Punkt 1 dieses Bescheides und zur Übergabe auf der Einlage des Bauplatzes ersichtlich zu machen ist.

Frau B veräußerte den so geschaffenen Bauplatz am 8. Dezember 1938; im Kaufvertrag wurde auf den Bescheid vom 17. Oktober 1938 Bezug genommen und der Kaufgegenstand durch die Punkte a b c d s v n o p q r (a) umschrieben. Der Käufer nahm im Kaufvertrag die Verpflichtung nach Punkt 1 der Vorschreibungen in der Abteilungsbewilligung zur Kenntnis.

Dem im Akt erliegenden Grundbuchauszug zur Liegenschaft EZ 965 ist eine Eintragung am 25. Jänner 1939 zu entnehmen, wonach auf Grund des Abteilungsplanes und des Bescheides vom 17. Oktober 1938 das Grundstück Nr 605/1 in die Grundstücke 605/3, 605/4, 605/5 und 605/1 abgeteilt wurde. Gleichzeitig wurde das Grundstück Nr 605/1 (neu) abgeschrieben und hiefür die EZ 1194 eröffnet, das Grundstück Nr 605/4 wurde abgeschrieben und in EZ 1346 in das öffentliche Gut übertragen, sodass die Grundstücke Nr 605/3 und 605/5 in der EZ 965 verblieben.

Im aktuellen Gutsbestandsblatt (A2) der EZ 1194 (die jetzt Wohnungseigentümern gehört) findet sich die Eintragung "Verpflichtung zur Herstellung der Höhenlage gem Pkt 1 Bescheid 1938-10-17 und zur Übergabe". Im aktuellen Gutsbestandsblatt (A2) der EZ 965 findet sich demgegenüber die Eintragung "Verpflichtung zur Abtretung und Übergabe gem Pkt 2 Bescheid 1938-10-17".

Die Beschwerdeführer erwarben mit Kaufvertrag vom 23. Juli 1991 von der Alleinerbin nach Frau B die Liegenschaft EZ 965, KG Unter-Sievering, bestehend aus den Grundstücken Nr 605/3 und 605/5.

Mit Schreiben vom 7. November 1999 an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64 (MA 64), ersuchten die Beschwerdeführer um Rückführung des Grundstückes Nr 605/4 in ihr Eigentum, da es nicht mehr als öffentliches Gut gewidmet sei. Das Grundstück werde physisch von der Miteigentümergemeinschaft benützt.

In einer Mitteilung vom 12. November 1999 an die MA 64 führte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35 (MA 35) aus, dass die Liegenschaft EZ 1194 der KG Unter-Sievering, bestehend aus dem Grundstück Nr 605/1, im Zuge der Parzellierung vom 17. Oktober 1938 das Grundstück Nr 605/4 unentgeltlich abtreten habe müssen und so auch diese Liegenschaft rückstellungsberechtigt sei. Dies teilte die MA 64 der Erstbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 27. März 2000 mit.

Am 31. Oktober 2000 stellten die Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag. Sie seien Rechtsnachfolger der Voreigentümerin B, die das Grundstück Nr 605/4 entschädigungslos in das öffentliche Gut der Stadt Wien abgetreten habe. Rechtsgrund sei der 1938 geltende Flächenwidmungs- und Bebauungsplan gewesen, der eine Verkehrsfläche vorgesehen habe, die zu einem Teil aus den Grundstücken Nr 605/4 und 605/5 gebildet werden sollte. Seither sei der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan mehrfach geändert worden. Nach dem aktuellen Stand sei im Bereich der Grundstücke Nr 605/4 und 605/5 keine Verkehrsfläche mehr vorgesehen. Die Verpflichtung zur Grundabtretung habe Frau B als Eigentümerin der EZ 965 getroffen, nicht jedoch den Käufer der EZ 1194. Das Recht zur Rückübereignung sei daher Frau B als Eigentümerin der belasteten EZ 965 zugestanden und sei auf die Beschwerdeführer übergegangen. Sie beantragen daher die Rückübereignung des Grundstückes Nr 605/4.

Mit Schreiben vom 22. Jänner 2001 teilte die belangte Behörde den Beschwerdeführern unter anderem mit, dass die Auszeichnung des Grundstückes Nr 605/4 als Verkehrsfläche aufgegeben worden sei. Diese Fläche sei nun als Grünland-Erholungsgebiet-Parkanlage (Epk) gewidmet.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 25. April 2001 den Antrag der Beschwerdeführer, das Grundstück Nr 605/4, inneliegend in der EZ 1346 der KG Untersievering, an sie als Eigentümer der Liegenschaft EZ 965 der KG Untersievering zurückzustellen, als unzulässig zurück. Da Punkt 4 B des Grundabteilungsbescheides vom 17. Oktober 1938 die Vorschreibung enthalte, die Verpflichtung zur Herstellung der Höhenlage nach Punkt 1 dieses Bescheides und zur Übergabe auf der Einlage des Bauplatzes gemäß § 130 Wr BO im Grundbuch ersichtlich zu machen, sei die für den Ausbau der betreffenden Verkehrsfläche vorgesehene, antragsgegenständliche Grundfläche vom Bauplatz auf dem Grundstück Nr 605/1, inneliegend in der EZ 1194 der KG Untersievering, unentgeltlich abgetreten worden. Auf der in EZ 965 der KG Untersievering inneliegenden Grundstücken Nr 605/3 und 605/5 der Beschwerdeführer sei kein Bauplatz angemerkt. Nach dem vorliegenden Sachverhalt seien daher nur die Eigentümer der Liegenschaft EZ 1194 der KG Untersievering, bestehend aus dem Grundstück Nr 605/1, nicht jedoch die Antragsteller als Eigentümer der EZ 965 der KG Untersievering berechtigt, die Rückstellung des Grundstückes Nr 605/4 zu begehren. Es komme darauf an, wer derzeitiger Eigentümer jenes Bauplatzes sei, von dem seinerzeit die Abtretung des Grundstückes Nr 605/4 erfolgte.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 24. September 2001, B 948/01, die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Rückübereignung der entschädigungslos in das öffentliche Gut der Stadt Wien abgetretenen Flächen verletzt und beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung der Bauordnung für Wien LGBl Nr 11/1930 idF LGBl Nr 7/1990 (Wr BO) lautet auszugsweise:

"Besondere Bestimmungen bei Änderung des Bebauungsplanes durch Verschmälerung, Verbreiterung, Auflassung oder Änderung der Verkehrsflächen

§ 58. (2) Sind anlässlich einer Abteilungsbewilligung Grundflächen zu Verkehrsflächen unentgeltlich abgetreten worden, treten bei Änderung des Bebauungsplanes folgende Rechtswirkungen ein: ...

d) Der Eigentümer eines Bauplatzes oder Bauloses hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Anspruch auf Entschädigung für die Mehrleistung, die dadurch entstanden ist, dass das Ausmaß der zu Verkehrsflächen unentgeltlich abgetretenen Grundflächen nach dem zur Zeit der Abtretung in Geltung gestandenen Bebauungsplan größer war, als es sich nach dem neuen Bebauungsplan ergeben würde. Müssen für Verkehrsflächen seinerzeit unentgeltlich abgetretene Grundflächen nach der neuen Baulinie als Baugrund einbezogen werden, sind diese Flächen im Ausmaß der seinerzeitigen Mehrleistung unentgeltlich und geräumt zurückzustellen. Für die über dieses Ausmaß zum Bauplatz oder Baulos einzubeziehenden Grundflächen hat der Eigentümer dieses Bauplatzes bzw. Bauloses Entschädigung in der Höhe des vollen Grundwertes zu leisten. Fällt die seinerzeit gegenüber der neuen Verpflichtung zu viel abgetretene Grundfläche nicht in den Bauplatz oder in das Baulos, hat die Gemeinde an den Eigentümer des Bauplatzes oder Bauloses, von dem die Grundflächen seinerzeit unentgeltlich abgetreten worden sind, Geldentschädigung in der Höhe des vollen Grundwertes zu leisten. Diese Ansprüche stehen jedoch nur zu, wenn zur Zeit der Beschlussfassung über die Änderung des Bebauungsplanes dreißig Jahre seit der Abschreibung und Übergabe des Straßengrundes noch nicht verstrichen sind. "

Die Beschwerdeführer machen in ihrer Beschwerde geltend, sie seien Rechtsnachfolger im Eigentum des Grundstückes 605/1, im Jahr 1938 einliegend in EZ 965 des Grundbuches der KG Untersievering. Die Eigentümer des neu geschaffenen Bauplatzes 605/1 seien nie mit einer Grundabtretung belastet gewesen und hätten die neu geschaffene EZ 1194 völlig unbelastet erworben. Belastet sei ausschließlich die B als damalige Eigentümerin der EZ 965 und des ursprünglichen Grundstückes Nr 605/1 gewesen. Rechtsnachfolger der B und der ihr verbliebenen EZ 965 seien die Beschwerdeführer. Sie seien daher nunmehr die Antragsberechtigten.

Aus der Bestimmung des § 58 Abs 2 lit d Wr BO in Verbindung mit der Bestimmung des § 13 Abs 2 Wr BO ergibt sich, dass das im Hinblick auf die Auflassung der Verkehrsfläche wieder zurückzustellende Grundstück nur dem Eigentümer jenes nunmehrigen Bauplatzes zurückzustellen ist, dessen Liegenschaft seinerzeit anlässlich der Schaffung dieses Bauplatzes mit der Grundabtretungsverpflichtung belastet war. Dies deshalb, weil sich nach Wortlaut und Sinn der Bestimmungen des § 58 Wr BO der dort gewährleistete Rückstellungsanspruch auf Grundflächen beschränkt, die seinerzeit zwecks Baureifmachung von Bauplätzen abgetreten wurden, wobei festzustellen ist, dass es sich hiebei um einen sachbezogenen, öffentlich-rechtlichen, durch zivilrechtliche Vereinbarungen nicht veränderbaren und nicht um einen personenbezogenen Anspruch handelt (hg Erkenntnis vom 16. Jänner 1978, Zl 2205/75).

Der Anspruch auf Rückstellung der Grundfläche oder auf Entschädigung ist somit mit dem Eigentum an dem Bauplatz oder Baulos verbunden, anlässlich dessen Schaffung seinerzeit die Abtretung erfolgte. Es ist daher die Frage wesentlich, welches Grundstück seinerzeit mit jener Grundabtretungsverpflichtung belastet war, die sich im Zusammenhang mit der damals geplanten Verkehrsfläche ergeben hat (hg Erkenntnis vom 19. Jänner 1993, Zl 92/05/0165).

Unbestritten ist, dass die im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Grundbuchseinlage EZ 965 vor Erlassung des Grundabteilungsbescheides vom 17. Oktober 1938 das gesamte Grundstück Nr 605/1 (alt) umfasste. Aus diesem Grundstück Nr 605/1 (alt) wurden die neuen Grundstücke, darunter die Grundstücke Nr 605/1 (neu) und 605/4 geschaffen.

Das Grundstück Nr 605/4 wurde sodann als Ganzes abgetreten. Gleichzeitig wurde die damit verbundene Belastung auf Grund des Grundabteilungsbescheides vom 17. Oktober 1938 und dessen Punkt 4 B) a) dem Bauplatz, Grundstück Nr 605/1, EZ 1194, (somit jenem Bauplatz, der mit dem Bescheid vom 17. Oktober 1938 geschaffen worden war) zugeordnet. Dies entspricht dem Grundabteilungsbescheid und ist auch im Grundbuchsauszug zur EZ 1194 im Gutsbestandsblatt (A2) ersichtlich. Antragsberechtigt im Sinne der oben genannten gesetzlichen Bestimmungen ist somit der Eigentümer des in EZ 1194 inneliegenden Bauplatzes, nicht aber sind es die Beschwerdeführer als Eigentümer der EZ 965.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erwies, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs 2.

Wien, am 20. Juli 2004

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001051126.X00

Im RIS seit

13.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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