TE Vwgh Erkenntnis 2004/8/4 2004/08/0054

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Veröffentlicht am 04.08.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §5 Abs1 Z14;
B-VG Art131;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde 1. der Dr. H in W, 2. des Dr. F in K, beide vertreten durch W Rechtsanwälte GmbH in W, 3. der W Rechtsanwälte GmbH in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 27. Oktober 2003, Zl. 124.235/4-3/03, in der Fassung des Berichtigungsbescheides der belangten Behörde vom 13. November 2003, Zl. 124.235/6-3/03, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65, 2. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 3. Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30,

4. Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 55-57), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 und der drittmitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Dezember 1999 wurde festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer als angestellte Rechtsanwälte gemäß § 5 Abs. 1 Z. 8 ASVG von der Vollversicherungspflicht nach § 4 ASVG ausgenommen und auf Grund dieser Beschäftigung bei der Rechtsvorgängerin der Drittbeschwerdeführerin ab 1. September 1999 gemäß § 7 Z. 1 lit. e ASVG in der Kranken- und Unfallversicherung und gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG in der Arbeitslosenversicherung versichert seien. Über Berufung der drittmitbeteiligten Gebietskrankenkasse bestätigte der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen mit Bescheid vom 6. April 2000, Zl. 124.235/2-7/00, diesen Bescheid und stellte darüber hinaus fest, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung nach dem ASVG bestehe. Über Beschwerde der drittmitbeteiligten Gebietskrankenkasse hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, Zl. 2000/08/0069, diesen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG auf.

Im fortgesetzten Verfahren behob die belangte Behörde mit Ersatzbescheid vom 17. März 2003, Zl. 124.235/2-6/03, den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Dezember 1999; in der Folge stellte der Landeshauptmann von Wien mit Ersatzbescheiden vom 26. März 2003 fest, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer ab 1. September 1999 auf Grund ihrer Tätigkeit als angestellte Rechtsanwälte bei der Rechtsvorgängerin der Drittbeschwerdeführerin in einem die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis standen. Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde i.V.m. dem Berichtigungsbescheid vom 13. November 2003 teilweise Folge gegeben und festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin im Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Juli 2001 und der Zweitbeschwerdeführer im Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Jänner 2000 als angestellte Rechtsanwälte bei der Rechtsvorgängerin der Drittbeschwerdeführerin der Vollversicherung nach dem ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG unterlegen seien. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass angestellte Rechtsanwälte "zumindest ab Inkrafttreten der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Z. 14 ASVG am 1. August 2001" von der Vollversicherung ausgenommen seien.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 4. März 2004, B 1730/03, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und stellen den Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die drittmitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die zweitmitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt brachte einen Schriftsatz mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde ein. Die erst- und viertmitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In seinem Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, Zl. 2000/08/0069, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung für angestellte Rechtsanwälte im ASVG keine planwidrige Unvollständigkeit darstelle. Es sei im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers gelegen, ob er die angestellten Rechtsanwälte von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG ausnehme - wie er es mittlerweile (durch den am 1. August 2001 in Kraft getretenen § 5 Abs. 1 Z. 14 ASVG) ohnehin getan habe - oder ob er dies nicht vorsehe. Es fehle daher jede Rechtsgrundlage für die Annahme einer teleologischen Lücke und daher für die analoge Anwendung einer Ausnahmebestimmung, die für einen ganz anderen Personenkreis gelte.

Die belangte Behörde hat dieser Rechtsansicht im fortgesetzten Verfahren Rechnung getragen und im nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid das Bestehen der Vollversicherungspflicht hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin im Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Juli 2001 und hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers im Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Jänner 2000 festgestellt.

Die Beschwerdeführer stützen ihre Beschwerde ausschließlich darauf, dass die bis zum 31. Juli 2001 fehlende ausdrückliche Ausnahme von der Vollversicherung für angestellte Rechtsanwälte im ASVG eine planwidrige Lücke darstelle, die durch Gesetzesanalogie zu schließen sei. Sie machen damit lediglich Gründe geltend, die sich gegen die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem ersten Erkenntnis niedergelegte Rechtsansicht richten.

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind alle Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Da der angefochtene (Ersatz-)Bescheid der belangten Behörde der vom Verwaltungsgerichtshof im vorangegangenen aufhebenden Erkenntnis geäußerten Rechtsanschauung entspricht und sich auch die Sach- und Rechtslage für den maßgeblichen Zeitraum seit Erlassung des mit dem vorausgegangenen Erkenntnis aufgehobenen Bescheides nicht geändert hat, war die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 4. August 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004080054.X00

Im RIS seit

06.09.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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