TE Vwgh Beschluss 2004/9/7 2004/12/0057

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Veröffentlicht am 07.09.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verfassungsgerichtshof;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

BDG 1979 §4 Abs1;
BDG 1979 §4 Abs3;
BDG 1979 Anl1 Z19.1;
B-VG Art7 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
UOG 1993 §23;
VerfGG 1953 §87 Abs2;
VerfGG 1953 §87 Abs3;
VwGG §13 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. P in G, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91/1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 19. Juni 2002, Zl. 23.207/1-VII/A/3/2002, betreffend Ernennung zum Universitätsprofessor (mitbeteiligte Partei: Univ.-Prof. Dipl.- Ing. Dr. techn. D in S), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Am 9. März 2000 wurde die Ausschreibung der am 1. Oktober 2000 frei werdenden Planstelle eines Universitätsprofessors für Grundlagen und Theorie der Elektrotechnik an der Technischen Universität Graz kundgemacht. Die gemäß § 23 des Universitäts-Organisationsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 805 (im Folgenden: UOG 1993), eingesetzte Berufungskommission, deren konstituierende Sitzung am 29. Februar 2000 stattgefunden hat, erstattete am 6. Oktober 2000 einen Dreiervorschlag, in welchem der Mitbeteiligte an erster Stelle, der Beschwerdeführer an zweiter Stelle gereiht wurde.

Die belangte Behörde monierte am 5. September 2001, dass der von der Berufungskommission beschlossene Vorschlag keine Begründung enthalte.

In einer weiteren Sitzung der Berufungskommission vom 15. November 2001 wurde der beschlossene Dreiervorschlag neuerlich debattiert. Ein Antrag auf Aufhebung dieses Beschlusses fand jedoch nicht die dafür erforderliche Mehrheit. Sodann wurde die Begründung der Reihungsentscheidung nachgetragen, welche mit Stimmenmehrheit angenommen wurde.

Der Rektor der Technischen Universität Graz hat sich letztlich dieser Beurteilung angeschlossen und - nach positivem Abschluss der Berufungsverhandlungen mit dem Mitbeteiligten - diesen zur Ernennung vorgeschlagen. Diesem Vorschlag ist die belangte Behörde gefolgt. Mit Entschließung vom 11. Juni 2002 hat der Bundespräsident den Mitbeteiligten auf die ausgeschriebene Planstelle ernannt. Der hierüber von der belangten Behörde ausgestellte Intimationsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 24. Juni 2002 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 24. Februar 2004, B 1226/02-10, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung dieses Beschlusses vertrat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, die in Rede stehende Angelegenheit sei von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen.

In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in dem seiner Meinung nach bestehenden gesetzlich gewährleisteten Recht, als am besten qualifizierter Kandidat zum Universitätsprofessor ernannt zu werden, hilfsweise auf gesetzmäßige Ausübung des Auswahlermessens, auf Wahrung des Parteiengehörs und auf ordnungsgemäße Bescheidbegründung bzw. auf Erstreihung im Besetzungsvorschlag als bestqualifizierter Bewerber, verletzt. In der Beschwerdebegründung macht er Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

1. Zur Rechtslage:

Vorab ist festzuhalten, dass für die Technische Universität Graz das UOG 1993 am 25. Oktober 1996 (effektiv) wirksam geworden ist, d.h. ab diesem Zeitpunkt des "Kippens" die Bestimmungen des UOG 1975 gemäß § 89 Abs. 3 UOG 1993 außer Kraft getreten sind (Kundmachung über das effektive Wirksamwerden des UOG 1993 an der Technischen Universität Graz, publiziert im am 28. Oktober 1996 ausgegebenen Stück 4a des Mitteilungsblattes dieser Universität im Studienjahr 1996/97).

§ 23 UOG 1993 in der Stammfassung BGBl. Nr. 805 lautet

(auszugsweise):

"Berufungsverfahren für

Universitätsprofessoren/Universitätsprofessorinnen

§ 23. (1) Der Dekan hat eine Berufungskommission einzusetzen.

...

...

(3) Der Dekan hat nach Anhörung der Berufungskommission die Planstelle für einen Universitätsprofessor öffentlich auszuschreiben.

(4) Die Berufungskommission hat einen begründeten Vorschlag mit den drei am besten für die Besetzung geeigneten Kandidaten zu beschließen und diesen gemeinsam mit einem Protokoll über die Debatte in der Berufungskommission und der vollständigen Liste der Bewerber samt deren Beurteilung durch die Berufungskommission an den Dekan weiterzuleiten. Enthält der Vorschlag weniger als drei Kandidaten, so ist dies zu begründen.

(5) Der Dekan hat zunächst dem Fakultätskollegium Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen und hat sodann den Berufungsvorschlag mit allen Unterlagen samt einer allfälligen Stellungnahme des Fakultätskollegiums und einer eigenen Stellungnahme an den Rektor weiterzuleiten.

(6) Der Rektor hat zu entscheiden, ob und mit welchem der im Berufungsvorschlag enthaltenen Kandidaten Berufungsverhandlungen aufzunehmen sind. Die Aufnahme von Berufungsverhandlungen mit einer Person, die nach Erlangung ihres Doktorats noch keine einschlägige, mindestens einjährige ununterbrochene hauptberufliche Tätigkeit außerhalb der Universität, an welche sie berufen werden soll, ausgeübt hat (Hausberufung), ist nur nach Abgabe eines positiven Gutachtens des Universitätenkuratoriums zulässig. Die Berufungsverhandlungen hat der Rektor gemeinsam mit dem Dekan zu führen. ...

(7) Ist der Rektor der Ansicht, dass der Berufungsvorschlag im Hinblick auf die im Ausschreibungstext enthaltenen Kriterien nicht die am besten für die Besetzung geeigneten Kandidaten enthält, so hat er den Berufungsvorschlag unter Angabe der dafür maßgeblichen Gründe an die Berufungskommission zur neuerlichen Beratung und Beschlussfassung zurückzuweisen. Im Falle eines Beharrungsbeschlusses der Berufungskommission hat der Senat auf Antrag des Rektors eine besondere Berufungskommission einzusetzen. ... Für die weitere Vorgangsweise sind die Bestimmungen der Abs. 4 bis 6 anzuwenden.

...

(9) Zum Abschluss eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses für einen Universitätsprofessor ist der Rektor zuständig. Die Ernennung in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis als Universitätsprofessor erfolgt nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen."

§ 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979; § 4 Abs. 1 und 1a idF BGBl. Nr. 389/1994, Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 127/1999, Abs. 3 in der Stammfassung), lautet:

     "§ 4. (1) Allgemeine Ernennungserfordernisse sind

     1. a) bei Verwendung gemäß § 42a die

österreichische Staatsbürgerschaft,

     b)        bei sonstigen Verwendungen die österreichische

Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit eines Landes,

dessen Angehörigen Österreich auf Grund eines Staatsvertrages im

Rahmen der europäischen Integration dieselben Rechte für den

Berufszugang zu gewähren hat wie österreichischen Staatsbürgern

(Inländern),

     2.        die volle Handlungsfähigkeit,

     3.        die persönliche und fachliche Eignung für die

Erfüllung der Aufgaben, die mit der vorgesehenen Verwendung verbunden sind, und

4. ein Lebensalter von mindestens 18 Jahren und von höchstens 40 Jahren beim Eintritt in den Bundesdienst.

(1a) Das Erfordernis der fachlichen Eignung gemäß Abs. 1 Z 3 umfasst auch die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift. Bei Verwendungen, für deren Ausübung die Beherrschung der deutschen Sprache in geringerem Umfang genügt, ist ihre Beherrschung in dem für diese Verwendung erforderlichen Ausmaß nachzuweisen.

(2) Die besonderen Ernennungserfordernisse werden im Besonderen Teil und durch die Anlage 1 geregelt. Die allgemeinen und besonderen Ernennungserfordernisse sind nicht nur für die Ernennung, sondern auch für die Verleihung einer Planstelle gemäß § 2 Abs. 2 zu erbringen.

(3) Von mehreren Bewerbern, die die Ernennungserfordernisse erfüllen, darf nur der ernannt werden, von dem auf Grund seiner persönlichen und fachlichen Eignung anzunehmen ist, dass er die mit der Verwendung auf der Planstelle verbundenen Aufgaben in bestmöglicher Weise erfüllt."

Z. 19.1. der Anlage 1 zum BDG 1979 im Wesentlichen in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 109/1997 (modifiziert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 127/1999) lautet:

"19. Universitäts(Hochschul)professoren Ernennungserfordernisse:

     19.1        Für Universitätsprofessoren an Universitäten

(§ 154 Z 1 lit. a):

     a)        eine der Verwendung entsprechende abgeschlossene

inländische oder gleichwertige ausländische Hochschulbildung,

     b)        eine an einer österreichischen Universität

erworbene oder gleichwertige ausländische Lehrbefugnis (venia

docendi) oder eine der Lehrbefugnis als Universitätsdozent

gleichzuwertende wissenschaftliche Befähigung für das Fach, das

der zu besetzenden Planstelle entspricht,

     c)        die pädagogische und didaktische Eignung,

     d)        die Eignung zur Führung einer Universitätseinrichtung,

     e)        der Nachweis der Einbindung in die internationale

Forschung,

     f)        der Nachweis einer facheinschlägigen

außeruniversitären Praxis, soweit diese in dem zu besetzenden Fach möglich und sinnvoll ist."

              2.              Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Unbeschadet der vom Verfassungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 24. Februar 2004 vertretenen Ansicht, dass die vorliegende Sache nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sei, ist im Beschwerdefall vorab zu prüfen, ob die - von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes verschiedene - Prozessvoraussetzung der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde nach § 34 Abs. 1 VwGG vorliegt (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 21. April 2004, Zl. 2003/12/0074, mwH).

Die Berechtigung zur Beschwerdeerhebung setzte vorliegendenfalls die Parteistellung des Beschwerdeführers im Ernennungsverfahren voraus.

Im Zusammenhang mit der Ableitung der Parteistellung aus besonderen Rechtsvorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Ernennungen die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass dem in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis befindlichen Beamten bei einer bestimmten "rechtlichen Verdichtung" ein Rechtsanspruch auf Überprüfung eines Ernennungsaktes zukomme. Eine solche rechtliche Verdichtung ist aber nur dann gegeben, wenn die für die Entscheidung maßgebenden Aspekte normativ gefasst sind, es sich hiebei nicht bloß um Selbstbindungsnormen handelt und - andererseits - wenn ein Rechtsanspruch (rechtliches Interesse) nicht ausdrücklich gesetzlich verneint wird (vgl. den hg. Beschluss vom 24. März 2004, Zl. 2003/12/0143, mwH).

Wie der Beschwerdeführer selbst erkennt, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Beschluss, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass eine solche rechtliche Verdichtung in Ansehung der für die Ernennung von Universitätsprofessoren an einer Universität nach dem UOG 1993 geltenden Bestimmungen nicht vorliegt. Ein aus der Aufnahme in den Ternavorschlag ableitbares Recht des Beschwerdeführers besteht demnach allenfalls darin, dass nur einer der in den Dreiervorschlag aufgenommenen Bewerber ernannt wird. Dies ist vorliegendenfalls unstrittig geschehen.

Der Anregung des Beschwerdeführers, von der zitierten Rechtsprechung - allenfalls im Wege der Entscheidung eines verstärkten Senates nach § 13 Abs. 1 VwGG - abzugehen, folgt der Verwaltungsgerichtshof nicht:

Insoweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zunächst auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes verweist, wo die Auffassung vertreten wurde, die Rechtssache sei von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen, sind ihm die bereits oben erstatteten Ausführungen entgegen zu halten, wonach damit keine den Verwaltungsgerichtshof bindende Entscheidung über die Beschwerdelegitimation und die Parteistellung des Beschwerdeführers getroffen wurde.

Insofern unterscheidet sich der hier vorliegende Fall auch grundlegend von jenem, welcher dem hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2003, Zl. 2002/12/0285, zu Grunde lag, wo der belangten Behörde mit einem in einem vorangegangen Rechtsgang ergangenen aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes für das fortgesetzte Verfahren die Rechtsauffassung überbunden worden war, der dortige Beschwerdeführer genieße im Ernennungsverfahren Parteistellung. An die Rechtskraft dieser (auf Basis der hier vertretenen Rechtsansicht freilich unrichtigen) Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes war aus dem Grunde des § 87 Abs. 2 VfGG in der Folge die belangte Behörde und bei Überprüfung ihrer (im fortgesetzten Verfahren getroffenen) Entscheidung auf deren Rechtmäßigkeit insoweit auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden. Eine Unsachlichkeit der Differenzierung zwischen diesen grundlegend verschiedenen Fallkonstellationen ist nicht erkennbar.

Wenn der Beschwerdeführer eine "inhaltliche Rechtsschutzverweigerung" beklagt, ist ihm zu entgegnen, dass die Gewährung von Rechtsschutz nur dort in Frage kommt, wo die Rechtsordnung der Partei eine rechtliche geschützte Position einräumt.

Dies ist nach dem Vorgesagten in Ansehung der in einen Dreiervorschlag aufgenommenen Bewerber nur insoweit der Fall, als sie allenfalls die Ernennung eines nicht in den Dreiervorschlag aufgenommenen Bewerbers bekämpfen könnten.

Auch liegt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keine Entscheidung der belangten Behörde über "civil rights and obligations" im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 MRK vor. Dies folgt bereits daraus, dass die österreichische Rechtsordnung nach dem Vorgesagten dem Bewerber im Ernennungsverfahren - von der bereits aufgezeigten allenfalls bestehenden Ausnahme abgesehen - überhaupt keine subjektiven Rechte einräumt.

Da der Beschwerde nach dem Vorgesagten der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegen steht, war sie ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 7. September 2004

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Verwaltungsverfahrensgemeinschaft VwRallg13

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004120057.X00

Im RIS seit

22.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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