TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/14 2004/11/0113

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.2004
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §23 Abs3 Z1;
FSG 1997 §5 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der L in K, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/VII, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 11. März 2004, Zl. KUVS-1970/6/2003, betreffend Erteilung (Umschreibung) einer Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. März 2004 wies der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten (UVS) die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 11. November 2003, mit dem ein Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. Mai 2003 auf Erteilung (Umschreibung) einer Lenkberechtigung gemäß § 23 Abs. 3 Z. 1 des Führerscheingesetzes (FSG) abgewiesen wurde, ab. In der Begründung führte der UVS aus, die Beschwerdeführerin sei österreichische Staatsbürgerin. Sie habe ihren Hauptwohnsitz, den sie nie aufgegeben habe, von Geburt an in Klagenfurt. In den vergangenen Jahren sei die Beschwerdeführerin mehrfach in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) gewesen. Ihre Mutter sei dort berufstätig gewesen, die Familie besitze seit Jahren an einer näher bezeichneten Adresse in Florida ein Haus. Im Jahre 2002 habe die Beschwerdeführerin in Florida eine High School besucht. Diesbezüglich habe sie Zeugnisse vorgelegt. Die Beschwerdeführerin habe sich in den Jahren 1999, 2000 und 2001 jeweils etwa ein halbes Jahr lang in den USA aufgehalten. Ein durchgehender Aufenthalt von sechs Monaten sei in diesen Jahren nicht vorgelegen. Die Beschwerdeführerin habe sich laut eigenen Angaben im Jahr 1999 in der Zeit vom 30. Jänner bis 1. März (31 Tage), vom 27. März bis 25. April (30 Tage), vom 1. Juli bis 18. September (80 Tage) und vom 30. Oktober bis 15. Dezember (46 Tage), somit insgesamt 187 Tage in Florida aufgehalten. Im Jahre 2000 sei sie in der Zeit vom 5. Februar bis 4. März (21 Tage), vom 14. April bis 12. Mai (28 Tage), vom 29. Juni bis 29. September (93 Tage) und vom 21. Oktober bis 12. Dezember (53 Tage), d.h. insgesamt 195 Tage dort gewesen. In dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Reisepass, ausgestellt am 12. Mai 1997, seien auf den für Sichtvermerke vorgesehenen Seiten u.a. die Einreisedaten in die USA für die Jahre 1999 und 2000 vermerkt. Die Beschwerdeführerin habe ein Visum für die USA, das vom 23. Mai 1997 bis zum 23. Mai 2007 gültig sei. Am 18. April 2000 sei der Beschwerdeführerin in den USA (in Florida) ein "Drivers Permit" nach Ablegung einer theoretischen Prüfung, bestehend aus einem vierstündigen Kurs, ausgestellt worden. Das "Drivers Permit" sei durch die Lizenz, ausgestellt am 19. April 2001, ersetzt worden. Diese Lizenz berechtige zum Lenken der Klasse E, d.h. PKW, ohne Beschränkungen und Auflagen. Vor dem Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung habe sich die Beschwerdeführerin nicht während sechs Monaten in den USA aufgehalten. Diese Feststellungen stützten sich auf das Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens, die Ausführungen der Beschwerdeführerin und die von ihr vorgelegten Unterlagen, die Zeugenaussage der Mutter der Beschwerdeführerin sowie den Gesamtakt. Die Angaben der Beschwerdeführerin seien von ihrer Mutter als Zeugin glaubhaft gestützt worden. Bezüglich der vorgelegten Unterlagen ergäben sich keinerlei Bedenken im Hinblick auf deren Echtheit und Richtigkeit.

§ 23 Abs. 3 FSG lege die Voraussetzungen für die "Umschreibung" von Führerscheinen aus einem Nicht-EWR-Staat fest. Voraussetzung sei, dass der Hauptwohnsitz oder Aufenthalt im betreffenden Staat zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung sechs Monate betrage. Gefordert seien auch noch die Verkehrszuverlässigkeit und die gesundheitliche Eignung. Durch

§ 23 Abs. 3 Z. 1 FSG solle der so genannte "Führerscheintourismus" vermieden werden. Die Beschwerdeführerin, die österreichische Staatsbürgerin sei und ihren Hauptwohnsitz in Österreich nie aufgegeben habe, habe sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung (am 18. April 2000) nicht während sechs Monaten in den USA aufgehalten. Aus den vorgelegten Aufstellungen über ihren Aufenthalt in den Jahren 1999 und 2000 gehe hervor, dass sie vor dem "Erteilungszeitraum" nicht durchgehend sechs Monate dort aufhältig gewesen sei, sondern der Aufenthalt mehrfach unterbrochen worden sei. Die Regelung des § 23 Abs. 3 FSG solle jenen Personen zu Gute kommen, die sich über einen längeren Zeitraum - während sechs Monaten - in einem anderen Staat etwa zu Studienzwecken oder aus beruflichen Gründen aufhielten und dort die ausländische Lenkberechtigung erlangten. Intention des Gesetzgebers sei offenbar gewesen, kurze oder unterbrochene Aufenthalte in anderen Staaten zum Zweck des Erwerbs der Lenkberechtigung auszuschließen. § 23 Abs. 3 FSG könne somit sinnvoll nur in die Richtung ausgelegt werden, dass ein durchgehender Aufenthalt von sechs Monaten gegeben sein müsse. Da diese Voraussetzung bei der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung in den USA nicht gegeben gewesen sei, habe ihr Antrag abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen § 5 Abs. 2 und § 23 Abs. 3 FSG lauten (auszugsweise):

"Verfahren bei der Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 5. ...

(2) ... Ein Antragsteller, der seinen Hauptwohnsitz nach Österreich verlegt hat, muss sich nachweislich innerhalb der letzten zwölf Monate während mindestens 185 Tagen in Österreich aufgehalten haben oder glaubhaft machen, dass er beabsichtigt, sich für mindestens 185 Tage in Österreich aufzuhalten. ...

...

Ausländische Lenkberechtigungen

§ 23. ...

...

(3) Dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung ist ab Vollendung des 18. Lebensjahres auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn:

1. der Antragsteller nachweist, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Hauptwohnsitz (§ 5 Abs. 2 dritter Satz) hatte; dieser Nachweis entfällt, wenn der Antragsteller die Staatsbürgerschaft des Ausstellungsstaates des Führerscheines besitzt und bei Begründung des Hauptwohnsitzes (§ 5 Abs. 2 dritter Satz) in Österreich die ausländische Lenkberechtigung bereits besessen hat und die Behörde keine Zweifel am tatsächlichen Vorliegen des Hauptwohnsitzes (§ 5 Abs. 2 dritter Satz) oder sechsmonatigen Aufenthaltes in dem betreffenden Staat zum Zeitpunkt des Erwerbes der Lenkberechtigung hat.

..."

2. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

2.1. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bekämpft die Beschwerdeführerin die Rechtsauffassung der belangten Behörde, unter dem in § 23 Abs. 3 Z. 1 (erster Halbsatz) FSG genannten Aufenthalt "während mindestens sechs Monaten" sei ein durchgehender sechsmonatiger Aufenthalt zu verstehen. Eine solche restriktive Auslegung sei jedoch nicht geboten. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, dass der erwähnte sechsmonatige Aufenthalt nicht auch durch "Komprimierung" (gemeint offenbar: Zusammenzählung) der Aufenthalte während eines Kalender- oder davon abweichenden Jahres Genüge getan werden könne. Dieser Auffassung der Beschwerdeführerin kann jedoch nicht gefolgt werden.

Zunächst ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass der Wortlaut des § 23 Abs. 3 Z. 1 (erster Halbsatz), insbesondere die in Rede stehende Wendung "während mindestens sechs Monaten aufhielt", allein nicht explizit zum Ausdruck bringt, dass es sich - betrachtet vom Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung - um einen durchgehenden sechsmonatigen Aufenthalt handeln müsse. Damit ist jedoch für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen.

Dass die in Rede stehende Wendung das Erfordernis eines durchgehenden sechsmonatigen Aufenthaltes zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung umschreibt, ergibt sich zwar nicht aus einer Auslegung nach dem Wortsinn, wohl aber nach der Systematik der Bestimmung. Hielte man die Auffassung der belangten Behörde, es sei ein durchgehender Aufenthalt im Ausland von sechs Monaten erforderlich, für falsch, so käme man zu dem von der Beschwerdeführerin präferierten Auslegungsergebnis, wonach zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung bereits zurückliegende, nicht notwendigerweise zusammenhängende Aufenthalte, dann ausreichend wären, wenn die Summe der Dauer dieser Aufenthalte wenigstens sechs Monate beträgt. Das von der Beschwerdeführerin angebotene Auslegungsergebnis hätte - lege non distinguente - zur Konsequenz, dass auch beliebig weit zurückreichende Aufenthalte zusammengezählt werden dürften. Eine solche Auslegung stünde mit der aus den Gesetzesmaterialien zu § 23 Abs. 3 Z. 1 der Stammfassung des FSG, auf den die in Rede stehende Wendung zurückgeht, hervorleuchtenden Absicht in einem Widerspruch, wonach mit dieser Regelung der so genannte "Führerscheintourismus" verhindert werden solle (vgl. die RV 714 BlgNR 20. GP, 42 f). Gegen die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin spricht weiters, dass die in Rede stehende Wendung, anders als etwa der in § 23 Abs. 3 Z. 1 FSG mehrfach bezogene § 5 Abs. 2 dritter Satz FSG, keine Dauer eines Aufenthalts während eines bestimmten Zeitraumes (wie z.B. eines Jahres in § 5 Abs. 2 dritter Satz FSG) erfordert. Schließlich spricht auch die einen Sonderfall erfassende Regelung des § 23 Abs. 3 Z. 1 zweiter Halbsatz FSG, in der von einem "sechsmonatigen Aufenthalt" in dem betreffenden Staat zum Zeitpunkt des Erwerbs der Lenkberechtigung die Rede ist, gegen die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Auffassung vertreten, dass die Beschwerdeführerin die in § 23 Abs. 3 Z. 1 (erster Halbsatz) FSG umschriebene Voraussetzung des sechsmonatigen Aufenthalts zum Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung in den USA nicht erfüllt hat. Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob jeder noch so kurze Aufenthalt außerhalb des Staates, in dem die Lenkberechtigung erteilt wurde, geeignet ist, das Vorliegen eines "durchgehenden" sechsmonatigen Aufenthalts in § 23 Abs. 3 Z. 1 (erster Halbsatz) FSG zu verhindern, weil nach den unbestrittenen Bescheidfeststellungen die Aufenthalte der Beschwerdeführerin (im maßgeblichen Zeitraum) außerhalb der USA keinesfalls als bloß kurze Abwesenheiten qualifiziert werden können.

2.2. Auf einen sechsmonatigen Aufenthalt in den USA käme es allerdings dann nicht an, wenn die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung ihren Hauptwohnsitz in den USA gehabt hätte. Die belangte Behörde legt dem angefochtenen Bescheid die Feststellung zu Grunde, die Beschwerdeführerin habe von Geburt an ihren Hauptwohnsitz in Klagenfurt. Dieser Feststellung tritt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde mit sachverhaltsbezogenem Vorbringen nicht entgegen. Zwar rügt sie unter dem Blickwinkel der Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass es die belangte Behörde unterlassen habe zu prüfen, ob sie in der Zeit, als sie die amerikanische Lenkberechtigung erworben habe, in den USA ihren Hauptwohnsitz gehabt habe, ihr Vorbringen, wonach sie analog zur Definition des Hauptwohnsitzes in § 1 Abs. 7 des Meldegesetzes "dort den Hauptwohnsitz" gehabt habe "bzw. konnte diesen als solchen bezeichnen" stellt jedoch bloß eine unsubstanziierte und überdies nicht eindeutige Rechtsbehauptung dar. Damit gelingt es nicht, die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels darzutun.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung nach § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. September 2004

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004110113.X00

Im RIS seit

25.10.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten