TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/15 2001/09/0119

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Veröffentlicht am 15.09.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs3;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §48;
VStG §51g Abs3 Z1;
VStG §51i;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des M in G, vertreten durch Dr. Rolf Philipp, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 23. April 2001, Zl. 1- 0040/00/E5, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 17. Dezember 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 28. August 1998 in L in der Y-Bar als Arbeitgeber drei namentlich genannte Ausländerinnen als Tänzerinnen beschäftigt, obwohl hiefür weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung, Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Wegen der Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG drei Geldstrafen in der Höhe von je S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen) verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Übertretungsnormen jeweils mit "§ 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz" präzisiert würden und die Tatbildumschreibung wie folgt zu lauten habe: "(Der Beschwerdeführer) hat am 27. August 1998 in der Y-Bar in L., als Arbeitgeber die drei Ausländerinnen ... beschäftigt, obwohl für diese drei Ausländerinnen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung, Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden ist."

Der angefochtene Bescheid wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrens und Hinweis auf die durchgeführte mündliche öffentliche Berufungsverhandlung am 28. September 2000 im Wesentlichen damit begründet, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer die drei Ausländerinnen am 27. August 1998 als Arbeitgeber (Arbeitskräfteüberlasser) beschäftigt habe, wobei die drei Ausländerinnen im Betrieb des Z in der Y-Bar in L. als Table-Tänzerinnen eingesetzt gewesen seien, für die drei Ausländerinnen hiefür jedoch weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis, ein Befreiungsschein oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei.

Dieser Sachverhalt sei auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der glaubwürdigen Zeugenaussage des Z als erwiesen angenommen worden. Der Zeuge Z., Betreiber der Y-Bar, habe ausgeführt, der Beschwerdeführer hätte ihn überredet, ein Tabledancelokal zu machen und er hätte ihm erklärt, sich um alles zu kümmern. Er (Z.) hätte mit der Agentur nichts zu tun gehabt, vielmehr wäre er nur mit dem Beschwerdeführer in Kontakt gewesen. Der Beschwerdeführer hätte die Reise und Unterkunft organisiert. Die Tänzerinnen wären teilweise vom Beschwerdeführer ins Lokal gebracht und von dort wieder abgeholt worden. Sämtliche Anordnungen an die Tänzerinnen wären durch den Beschwerdeführer erfolgt. Dieser wäre immer ins Lokal gekommen. Z. hätte mit den Tänzerinnen nichts zu tun gehabt. Er hätte den Betrag für die Tänzerinnen täglich an den Beschwerdeführer übergeben; wenn dieser nicht oder nicht mehr da gewesen wäre, hätte er den Betrag an eine der Tänzerinnen übergeben.

Die belangte Behörde folge dieser glaubwürdigen Zeugenaussage und sei zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der drei Tänzerinnen als Arbeitgeber iS des AuslBG anzusehen sei. Zwar habe der Zeuge Z. in der mündlichen Verhandlung nicht mehr mit hundert-prozentiger Bestimmtheit angegeben, ob er die Bezahlung an die Tänzerinnen auch an den Beschwerdeführer vorgenommen hätte, zu einem früheren Zeitpunkt habe er jedoch ausgeführt, der Beschwerdeführer hätte tagtäglich sein Geld geholt, wobei eine der Tänzerinnen kassiert hätte, wenn er einmal nicht anwesend gewesen wäre.

Für die Richtigkeit der Zeugenaussage des Z. spreche auch insbesondere eine im Akt einliegende Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und Z. vom 16. August 1998, wonach ab der Neueröffnung der Y-Bar als Table-Dance-Bar am 19. August 1998 bis auf Weiteres eine Zusammenarbeit beschlossen worden sei, wobei "(der Beschwerdeführer) für das gesamte 'Know-How' sowie die regelmäßige Beschickung der Tänzerinnen zuständig" gewesen sei und der Beschwerdeführer für diese Tätigkeit "eine Aufwandsentschädigung von S 833,30 pro Tag bzw. S 5.000 pro Woche" erhalte. Auch aus dieser Vereinbarung habe sich zweifelsfrei ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht lediglich für die Kontaktherstellung zwischen der Agentur F. und Z. zuständig gewesen sei.

Die Zeugenaussage des Z. habe auch in den Angaben einer der drei Ausländerinnen, der E vor dem Gendarmerieposten Lustenau am 28. August 1999 eine Stütze gefunden, worin diese u.a. angegeben habe, sie kenne den Beschwerdeführer seit ca. zwei bis drei Jahren und hätte zu diesem gesagt, sie hätte Interesse, als Tänzerin zu arbeiten. Der Beschwerdeführer hätte ihr damals gesagt, dass er Kontakt zu einer deutschen Agentur hätte und dass es möglich wäre, als Tänzerin in Österreich zu arbeiten. Da ihre Freundinnen ebenfalls Interesse gehabt hätten, als Tänzerin zu arbeiten, wären sie nach Österreich gekommen. Der Beschwerdeführer hätte dies alles mit der Agentur organisiert.

Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten dem Schutzzweck der übertretenen Strafnorm in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt. Mildernd sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten gewesen, Erschwerungsgründe seien keine hervorgekommen. Als Verschulden sei Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren ihn wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, i. d.F. BGBl. I Nr. 78/1997, lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. ...

     (2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

     a)        in einem Arbeitsverhältnis,

     b)        in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern

die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger

Vorschriften ausgeübt wird,

     c)        in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der

Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,

c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und

d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 bis 16 auszustellen ist.

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. ... Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

Strafbestimmungen

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, ...

...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S;

...

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid zusammengefasst deswegen für rechtswidrig, weil er die Ausländerinnen nicht beschäftigt habe. Die Aussagen des Z., auf welche die belangte Behörde ihren Bescheid gründe, seien unschlüssig, und die belangte Behörde habe es auch verabsäumt, die drei Ausländerinnen einzuvernehmen, obwohl der Beschwerdeführer deren ladungsfähige Adressen bekannt gegeben habe.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine wesentliche, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Ausländerinnen, um deren behauptete Beschäftigung es im vorliegenden Fall geht, haben vor der belangten Behörde tatsächliche keine Zeugenaussage erstattet und der Beschwerdeführer hatte keine Möglichkeit, in einer mündlichen Verhandlung an sie allenfalls Fragen hinsichtlich des gegen ihn gerichteten Vorwurfs eines Beschäftigungsverhältnisses zu ihm zu stellen.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung die Ladung dieser Zeuginnen und deren Einvernahme beantragt und der belangten Behörde auch Adressen der Ausländerinnen in Deutschland und Tschechien bekannt gegeben.

Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde zumindest den Versuch machen müssen, auf geeignete Weise mit den beantragten Zeuginnen im Ausland in Kontakt zu treten, um ihre grundsätzlich gemäß § 51i VStG gebotenen unmittelbaren Aussagen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zum relevanten Beweisthema ihrer Beschäftigungsverhältnisse zum Beschwerdeführer zu ermöglichen oder zumindest schriftliche Erklärungen der Zeuginnen zu erwirken (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1992, Zl. 92/09/0189, vom 27. Juni 2002, Zl. 2002/09/0027, vom 21. Mai 2003, Zl. 2000/09/0010, und vom 29. April 2004, Zl. 2001/09/0174, und die von Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 2. Auflage 1998, zu § 48 AVG unter E 53 ff dargestellte hg. Rechtsprechung). Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, dass die beantragten Zeuginnen - ungeachtet ihres Aufenthaltes im Ausland - nicht in der Lage oder nicht bereit gewesen wären, vor der belangten Behörde zu erscheinen oder zumindest schriftliche Äußerungen abzugeben. Erst im Fall des Fehlschlagens derartiger Bemühungen wäre die Verlesung der Aussagen der Zeuginnen vor dem Gendarmerieposten B durch die belangte Behörde zulässig gewesen. Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des angeführten Verfahrensfehlers zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen wäre, leidet dieser unter Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 15. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001090119.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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