TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/23 2003/07/0093

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.2004
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §69 Abs1 Z2;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §107 Abs2 idF 1990/252;
WRG 1959 §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Franz B und des Mathias S, beide in F, beide vertreten durch Dr. Klaus J. Mitzner und Dr. Michael Krautzer, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Hans-Gasser-Platz 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 26. Juni 2003, Zl. 411.411/7-I6/02, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 331,75 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gerhard B und Peter W sind im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft V (BH) unter den Postzahlen 1697 und 1635 als Wasserberechtigte am Kleinbach zum Betrieb einer Säge bzw. hydroelektrischen Anlage eingetragen. Bestandteil dieser Wasserrechte ist u.a. ein Ausleitungsbauwerk in Form einer Wehranlage am G-bach (Mitterbach) mit anschließendem Überleitungsgerinne in den Kleinbach. Der G-bach (Mitterbach) mündet nach ca. 1 km in den sog. W-bach, an welchem u.a. Georg G ein Ausleitungsbauwerk in den S-bach als Bestandteil seines Wasserbenutzungsrechtes betreibt.

Auf Grund des schlechten Bauzustandes der seit dem Jahre 1920 in Holzbauweise bestehenden Wehranlage errichteten die Wasserberechtigten B und W das Bauwerk anhand von Projektsunterlagen des Zivilingenieurs Dipl. Ing. S in Betonmassivbauweise neu, wobei die Projektsunterlagen nach den Bewilligungsbescheiden aus den Jahren 1921 und 1924 erstellt wurden. Die genaue Lage des alten Holzwehres konnte nicht mehr festgestellt werden, sehr wohl aber die Größe der Einlauföffnung in den Kleinbach.

Im Juli 1987 erhob Georg G Einwendungen gegen die Instandsetzung des Aufteilungsbauwerkes, weil auf der Wehroberkante ein 3 cm hohes Winkeleisen angebracht worden sei, welches die Wasseraufteilung zu seinen Ungunsten verändere und beantragte dessen Beseitigung.

Auf Grund seines Antrages, eines diesbezüglich gestellten Devolutionsantrages und einer gegen den darüber ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (LH) vom 13. April 1988 erhobenen Berufung entschied der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 10. April 1989 dahingehend, dass es sich bei dem Bauwerk um eine bewilligungspflichtige Neuerrichtung und nicht nur um Verbesserungsarbeiten gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 handle, weshalb eine wasserrechtliche Bewilligung für die Instandsetzung notwendig sei.

Am 9. August 1989, am 15. März 1990 sowie am 12. Februar 1992 fanden daraufhin in der Angelegenheit der von Gerhard B und Peter W beantragten wasserrechtlichen Bewilligung des Aufteilungsbauwerkes mündliche Verhandlungen statt. Die Beschwerdeführer waren zu keiner dieser mündlichen Verhandlungen geladen.

Mit Bescheid des LH vom 2. September 1992 wurde unter Spruchpunkt I. Gerhard B und Peter W die wasserrechtliche Bewilligung zur Wiedererrichtung eines Ausleitungsbauwerkes am Gbach in Form einer Wehranlage in Betonbauweise nach Maßgabe der Projektsunterlagen des Dipl. Ing. S vom 12. Jänner 1984 erteilt.

Mit Spruchpunkt II. wies der LH den Antrag dieser Antragsteller um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Abänderung des Ausleitungsbauwerkes am G-bach durch Erhöhung der Wehrkrone durch eine angebrachte Eisenschiene in der Höhe von 5 cm gemäß den §§ 9 und 12 WRG 1959 ab. Dies wurde damit begründet, dass eine solche Eisenschiene im Altbestand nicht vorhanden gewesen sei; ihre Errichtung begründe zudem einen Eingriff in das Wasserrecht von Georg G.

Mit Spruchpunkt III. erteilte der LH den Antragstellern gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 den wasserpolizeilichen Auftrag, die im Bereich des Überlaufes des gegenständlichen Ausleitungsbauwerkes zur Erhöhung der Wehrkrone angebrachte Eisenschiene in der Höhe von 5 cm umgehend, spätestens jedoch bis zum 1. Oktober 1992, zu beseitigen.

Die Antragsteller B und W stellten in weiterer Folge einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist und erhoben Berufung gegen die Punkte II. und III. dieses Bescheides. Im Instanzenzug wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 10. August 1993 keine Folge gegeben.

Georg G erhob seinerseits rechtzeitig gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides Berufung, die Punkte II. und III. dieses Bescheides blieben ausdrücklich unangefochten. Er erklärte, durch das gegenständliche Projekt in seinem Wasserrecht insoweit berührt zu sein, als ihm das Wasserrecht für die Errichtung und den Betrieb eines Kleinkraftwerkes mit einer Ausbauwassermenge von 50 l/s am S-bach zustehe. Er benötige das gegenständliche Wasser des G-baches, wenn der weitere Zubringer, der W-bach, weniger als 50 l/sec. bringe; dieser falle nämlich zeitweise trocken. Er beantragte, den angefochtenen Teil (Spruchpunkt I.) des Bescheides des LH vom 2. September 1992 zu beheben und über seinen gemäß § 138 WRG 1959 gestellten Antrag abzusprechen.

Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1992 traten die nunmehrigen Beschwerdeführer erstmals im vorliegenden Verfahren auf. Sie beantragten mit diesem Schriftsatz die Bescheidzustellung des Bescheides des LH vom 2. September 1992 und begründeten dies damit, sie hätten in Erfahrung gebracht, dass ein Verfahren zur wasserrechtlichen Bewilligung der Rekonstruktion eines Ausleitungsbauwerkes am G-bach abgeführt worden und hierüber ein Bescheid ergangen sei. Ihnen sei von der BH mit Bescheid vom 4. Februar 1982 die Errichtung zweier Kraftanlagen am W-bach genehmigt worden. Das Wasser werde über den Kleinbach, der durch das verfahrensgegenständliche Ausleitungsbauwerk gespeist werde, bezogen. Das Ausleitungsbauwerk, über welches der LH ohne Anhörung der Antragsteller entschieden habe, leite das Wasser des G-baches in den Kleinbach, welcher nach dem Ausleitungsbauwerk G in den Wbach münde und danach (mit dem Wasser des Kleinbaches) die Kraftanlagen der Antragsteller speise. Damit sei klar gestellt, dass die Antragsteller jedenfalls Parteistellung hätten; sie seien im Verfahren aber nicht geladen und ihnen sei der Bescheid nicht zugestellt worden.

In weiterer Folge wurde den Beschwerdeführern am 1. März 1993 der Bescheid des LH vom 2. September 1992 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 11. März 1993 erhoben die Beschwerdeführer Berufung gegen den Bescheid des LH vom 2. September 1992. Sie stützten die Berufung im Wesentlichen darauf, dass sie im gegenständlichen Verfahren nicht geladen worden seien, dass es sich bei ihnen aber um "bekannte Beteiligte" handle und die Präklusionsfolgen des § 42 AVG sie nicht träfen. Sie erhoben Einwendungen dahingehend, dass die von den Antragstellern B und W wieder errichtete Ausleitungsbauwerksanlage nicht der ursprünglichen Anlage entspreche, weil die Wehrkrone zu nieder errichtet worden sei. Diesen Umstand hätten die Antragsteller zwar durch Anbringen einer Eisenschiene auszugleichen versucht. Bei einer allfälligen Entfernung dieser Schiene werde aber gravierend in die Wassernutzungsrechte der Beschwerdeführer eingegriffen, weil diese das für den Betrieb der Wasserkraftanlage am W-bach notwendige Wasser ebenfalls zum größten Teil über den Kleinbach bezögen, der in der Folge in den Wbach münde. Die Beschwerdeführer hätten einen Rechtsanspruch darauf, dass das Ausleitungsbauwerk in Betonbauweise so errichtet werde, dass die Höhe der Wehrkrone dem seinerzeitigen Bauzustand und der dadurch bewirkten Wasserableitungsmenge in den Kleinbach entspreche. Sie beantragten, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der Behörde erster Instanz die neuerliche Verhandlung und Entscheidung unter Beiziehung der Beschwerdeführer als Parteien aufzutragen.

Mit Schriftsatz vom gleichen Tag beantragten die Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG und machten ihre wasserrechtliche Bewilligung hinsichtlich zweier Kraftwerksanlagen am W-bach geltend. Als neue Tatsachen und Beweismittel im Sinn des § 69 Abs. 1 lit. b AVG im Hinblick auf ihre Stellung als gemäß § 107 Abs. 2 WRG 1959 übergangene Partei machten sie geltend, dass sie die negativen Auswirkungen der Entfernung der Eisenschiene, die der Erhöhung der Wehrkrone diene, belegen könnten, und zwar durch Vorlage der Aufzeichnungen über die im Kraftwerk erzeugte Strommenge, durch den Bescheid der BH vom 4. Februar 1982, durch das Gutachten eines wassertechnischen Sachverständigen über den Einfluss der Entfernung der Eisenschiene auf die Wasserzuflussmenge zum Kraftwerk der Antragsteller und durch die Einvernahme der Antragsteller als Partei zur Wahrung des Parteiengehörs. Sie hätten erst nach Abschluss des Verfahrens von diesem Kenntnis erlangt, diese Kenntnisnahme sei durch die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 1. März 1993 erfolgt. Die Beschwerdeführer legten zum Wiederaufnahmeantrag ein Gutachten des DI T. vom 25. Dezember 1995 vor.

Georg G zog seine Berufung gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des LH von Kärnten vom 2. September 1992 am 2. Jänner 1996 zurück.

Der LH von Kärnten wies mit Bescheid vom 3. Oktober 1996 den Antrag der Beschwerdeführer auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung zurück, dass keine Beeinträchtigung ihrer Rechte zu erwarten sei und sie deshalb im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung hätten. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Berufung.

Der Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Oktober 1998 stattgegeben und "gemäß § 66 Abs. 4 AVG" die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die belangte Behörde zurückverwiesen. Dies wurde damit begründet, aus dem vorliegenden Sachverhalt ergebe sich, dass die Rechte der Beschwerdeführer durch das verfahrensgegenständliche Projekt durchaus berührt werden könnten.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2001 stellte der LH mit Spruchpunkt I. fest, dass die Beschwerdeführer im gegenständlichen Wasserrechtsverfahren "Teilungsbauwerk am G-bach in F" gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG Parteistellung haben. Mit Spruchpunkt II. wurde der Antrag der Beschwerdeführer vom 11. März 1993 auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG abgewiesen.

Spruchpunkt I. wurde mit der (überbundenen) Rechtsmeinung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft in seinem Bescheid vom 14. Oktober 1998 begründet; Spruchpunkt II. wurde darauf gestützt, dass aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen klar hervorgehe, dass selbst bei Wiederaufnahme des Verfahrens und neuerlicher Verhandlung kein anderes Ergebnis hervorkommen würde. Dies deshalb, weil die mit Bescheid des LH vom 2. September 1992 verfügten Maßnahmen keinen Einfluss auf das Wasserrecht der Beschwerdeführer hätten.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die sie darauf stützten, dass sie sehr wohl eine Beeinträchtigung ihres Wasserrechtes zu befürchten hätten. Im Verfahren seien neue Tatsachen, Aspekte und Beweismittel aufgetaucht, die potenziell geeignet seien, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Sie beantragten eine Aufhebung des Bescheides des LH vom 31. Juli 2001, allerdings nur in seinem Spruchpunkt II., und eine Abänderung dieses Bescheides dahingehend, dass ihrem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stattgegeben werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. Juni 2003 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge. Dies wurde nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens, des Inhaltes der Berufung und des Gutachtens des beigezogenen wasserbautechnischen Amtssachverständigen sowie der Stellungnahmen der Beteiligten damit begründet, dass den Beschwerdeführern Parteistellung zukomme, die anderen - dem Berufungsverfahren beigezogenen - Parteien aus dem Anlassverfahren genössen in diesem Berufungsverfahren keine Parteistellung. Eine Prüfung des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen für die Wiederaufnahme habe ergeben, dass neu erstellte Gutachten, d.h. nach dem Rechtskräftigwerden des das wieder aufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides, keine neu hervorgekommenen Beweismittel seien, weil es hier am mangelnden Verschulden der Partei fehle. Das Gutachten des Dipl. Ing. T, auf welches sich die Argumente der Beschwerdeführer stützten, sei erst am 25. Dezember 1995, somit über drei Jahre nach Bescheiderlassung durch den LH erstellt worden. Weil es sich aber bei den Beschwerdeführern um übergangene Parteien gehandelt habe, und weil sie im Anlassverfahren keine Möglichkeit gehabt hätten, ihre aus der Parteistellung erwachsenen Rechte zu wahren, sei das Gutachten zu würdigen. Dazu sei auszuführen, dass der Amtssachverständige eindeutig festgestellt habe, dass sich das neu errichtete Aufteilungsbauwerk aus Beton mit dem ursprünglich erteilten Konsens vom 21. September 1921 und vom 20. Dezember 1924 decke. Dass sich auf Grund einer materialbedingten höheren Rauigkeit die Abflussverhältnisse änderten und ein Parabelquerschnitt an Stelle eines Rechteckquerschnittes anzunehmen sei, habe der Amtssachverständige in seiner Stellungnahme entkräften können. Um Wiederholungen zu vermeiden, werde auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen verwiesen; es scheine hiemit klar, dass das neu errichtete Bauwerk mit dem ursprünglich bewilligten und errichteten Bauwerk aus wasserbautechnischer Sicht ident sei. Aus dem Lageplan sei ersichtlich, dass sich im Einzugsgebiet des gegenständlichen Aufteilungsbauwerkes, der Kraftwerke der Beschwerdeführer, der B Säge und der Kraftwerke W und G noch mehrere Zuflüsse befänden. Daraus lasse sich schließen, dass sich nicht jede Änderung der Abflussverhältnisse auf das konsensmäßig errichtete Ausleitungsbauwerk am Kleinbach zurückführen lasse. Es seien sohin keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen, die einen im Hauptinhalt anders lautenden Bescheid herbeiführen hätten können. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Antrag der Beschwerdeführer auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des LH vom 2. September 1992 abgeschlossenen Verfahrens entschieden. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur dann möglich, wenn bereits ein dieses Verfahren rechtskräftig abschließender Bescheid vorliegt.

Die Verfahrensparteien gingen davon aus, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Bescheid des LH vom 2. September 1992 zur Gänze in Rechtskraft erwachsen sei. Diese Ansicht ist zutreffend, bedarf aber einen näheren Begründung.

Der LH erteilte mit Bescheid vom 2. September 1992 eine wasserrechtliche Bewilligung für die Neuerrichtung des Ausleitungsbauwerkes (Spruchpunkt I.), für die Erhöhung durch die Eisenschiene hingegen keine wasserrechtliche Bewilligung (Spruchpunkt II.) und verfügte in Spruchpunkt III. einen wasserpolizeilichen Auftrag zur Entfernung dieser Eisenschiene.

Berufungen der Antragsteller gegen die Spruchpunkte II. und III. des Bescheides des LH vom 2. September 1992 waren verspätet.

Georg G hatte Berufung erhoben, allerdings ausdrücklich nur gegen Spruchpunkt I dieses Bescheides, welche er (erst) am 2. Jänner 1996 zurückzog.

Dies bedeutet, dass die Spruchpunkte II. und III. des Bescheides des LH vom 2. September 1992 bereits mit der Zustellung des Bescheides rechtskräftig wurden (somit im Laufe des September 1992), Spruchpunkt I. hingegen wegen der rechtzeitig erhobenen Berufung des Georg G nicht bereits mit Erlassung des Bescheides rechtskräftig wurde.

Diese rechtliche Situation bestand zu dem Zeitpunkt, in welchem die Beschwerdeführer mit Schriftsätzen vom 11. März 1993 Berufung erhoben sowie die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrten.

Die Beschwerdeführer waren dem Verfahren erster Instanz nicht beigezogen und daher als übergangene Parteien im Sinne des § 107 Abs. 2 WRG 1959 (in der zu diesem Zeitpunkt noch geltenden Fassung) zu betrachten.

§ 107 Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, hatte folgenden Wortlaut:

"(2) Eine Partei (§ 102 Abs. 1), die eine mündliche Verhandlung ohne ihr Verschulden versäumt hat, kann ihre Einwendungen auch nach Abschluss der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, dass ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, die die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden."

§ 26 Abs. 3 WRG 1959, ebenfalls in der Fassung der WRG-Novelle 1990, lautete:

"(3) Der Wasserberechtigte haftet außer dem Falle des Abs. 2 für eine der dort bezeichneten Beschädigungen oder Beeinträchtigungen solchen Parteien, die ohne ihr Verschulden außer Stande waren, ihre Einwendungen rechtzeitig (§ 107 Abs. 2) geltend zu machen."

Die gleichzeitig mit der Berufung vom 11. März 1993 eingebrachten Einwendungen der Beschwerdeführer stellen Einwendungen im Sinne des § 107 Abs. 2 WRG 1959 einer Partei dar, die mündliche Verhandlungen (zuletzt die vom 12. Februar 1992) ohne ihr Verschulden versäumt hat. Diese Einwendungen der Beschwerdeführer wären von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher Einwendungen und damit einen Eintritt von übergangenen Parteien in das Verfahren war aber nach der damals geltenden Rechtslage, dass die "Angelegenheit noch nicht rechtskräftig entschieden ist."

Es war daher vorerst zu prüfen, ob die "Angelegenheit" damals bereits rechtskräftig entschieden war. Dies wirft nun die Frage auf, ob eine Teilung der "Angelegenheit" in die Angelegenheit der wasserrechtlichen Bewilligung für das wiederrichtete Ausleitungsbauwerk einerseits, die Angelegenheit der wasserrechtlichen Bewilligung für die aufgesetzte Eisenschiene andererseits und schließlich die Angelegenheit des wasserpolizeilichen Auftrages zulässig ist oder ob von einem einheitlichen Verfahrensgegenstand auszugehen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof steht auf dem Standpunkt, dass im vorliegenden Fall angesichts des Umstandes, dass über jeden der genannten Teile ein gesonderter wasserrechtlicher Bescheid ergehen könnte, von einer Teilbarkeit ausgegangen werden kann. Die Angelegenheiten "wasserrechtliche Bewilligung der Eisenschiene" (Spruchpunkt II) und "wasserpolizeilicher Auftrag" (Spruchpunkt III) waren im Zeitpunkt der Erstattung der Einwendungen der Beschwerdeführer bereits rechtskräftig entschieden; die Angelegenheit "wasserrechtliche Bewilligung des wiedererrichteten Ausleitungsbauwerkes" (Spruchpunkt I) hingegen wegen der offenen Berufung von Georg G noch nicht.

Vor diesem Hintergrund ist die Zielrichtung der von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung zu betrachten, die sich dem Wortlaut nach uneingeschränkt auch gegen Spruchpunkt I des Bescheides des LH wendet. Allerdings ergibt sich aus dem Inhalt der Berufung der Beschwerdeführer unzweideutig, dass sich diese nicht gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das wiedererrichtete Ausleitungsbauwerk aussprachen - eine solche Bewilligung lag ja auch in ihrem Interesse - , sondern nur gegen die Nichterteilung der Bewilligung für die Eisenschiene und den damit verbundenen wasserpolizeilichen Auftrag (Spruchpunkte II und III). Diese Teile des in Berufung gezogenen Bescheides des LH waren aber im Zeitpunkt der Erhebung der Einwendungen bereits in Rechtskraft erwachsen, sodass die Beschwerdeführer nach der damals geltenden Rechtslage keine zulässige Berufung (samt Einwendungen) mehr erstatten konnten. Die von ihnen erhobene Berufung wäre daher zurückzuweisen gewesen.

Der Umstand, dass über die Berufung der Beschwerdeführer - soweit den vorgelegten Akten zu entnehmen - noch nicht entschieden wurde, hindert daher die Annahme der belangten Behörde, der Bescheid des LH vom 2. September 1992 sei zur Gänze in Rechtskraft erwachsen, nicht. Ergänzend wird bemerkt, dass mit dem Bescheid des LH vom 3. Oktober 1996 nicht über die Berufung der Beschwerdeführer sondern lediglich über ihren Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgesprochen wurde.

Es ist nach dem Vorgesagten nun davon auszugehen, dass die Berufung der Beschwerdeführer die Rechtskraft der Spruchpunkte II und III des Bescheides des LH vom 2. September 1992 nicht mehr durchbrechen konnte, weshalb die Beschwerdeführer auch (zusätzlich) einen Antrag auf Wiederaufnahme des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens stellten. Auch in diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass die Berufungswerber eine Wiederaufnahme des Verfahrensteiles, der zur Nichterteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung der Eisenschiene führte, begehrten; im Falle eines Erfolges ihres Antrages fiele für den Fall der nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung dann auch der wasserpolizeiliche Auftrag, der von Amts wegen erteilt worden war, weg.

Entscheidend für das Schicksal der Beschwerde ist daher, ob für die Wiederaufnahme des zu Spruchpunkt II des Bescheides des LH vom 2. September 1992 führenden Verfahrens die im Gesetz vorgesehenen Gründe vorliegen oder nicht. Dies wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid verneint.

§ 69 AVG lautet:

"§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1.

...

2.

neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

              3.              ..."

Hinsichtlich der Voraussetzung des Nichtvorliegens eines Verschuldens der Beschwerdeführer an der Nichtvorlage von Beweismitteln teilt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, wonach dies bei bis zum Verfahrensabschluss übergangenen Parteien evident erscheint. Die Beschwerdeführer wurden ohne ihr Verschulden dem Ermittlungsverfahren nicht beigezogen; sie waren daher an der rechtzeitigen Vorlage von Beweismitteln gehindert.

Die Beschwerdeführer beriefen sich im Wiederaufnahmeantrag und auch im Verfahren hinsichtlich der Vorlage von "neuen Beweismitteln" (Parteieneinvernahme, Vorlage eines Bescheides, Vorlage eines Gutachtens, Vorlage weiterer Unterlagen) stets auf Beweismittel, die belegen sollten, dass durch die bewilligte Situation (nur) des Ausleitungsbauwerkes ohne Eisenschiene in ihre Wasserrechte eingegriffen werde. Dies im Wesentlichen deshalb, weil die von den Wasserrechtsbehörden als ursprünglich gegeben angesehene Bauweise des Aufteilungsbauwerkes eine andere gewesen wäre und vielmehr die Eisenschiene bzw. die damit erreichte Höhe der Wehrkrone dem Altbestand entsprochen habe und nur so das Wasserdarbot am Kleinbach gewährleistet wäre.

Damit übersehen die Beschwerdeführer aber zwei Aspekte, die - jeder für sich - einer Wiederaufnahme des Verfahrens entgegen stehen.

Den Beschwerdeführern käme in einem Verfahren wie dem vorliegenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren (nur) ein Anspruch darauf zu, dass durch die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung ihre Rechte nicht verletzt würden. Daraus ergibt sich ein Anspruch der Beschwerdeführer auf Nichterteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung, die zu einer Verletzung ihrer Rechte führt. Aus dieser Position der Beschwerdeführer ergibt sich aber kein Anspruch darauf, dass den Konsenswerbern (B und W) eine wasserrechtliche Bewilligung für ein bestimmtes Projekt (hier: die Eisenschiene) erteilt wird. Eine die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung an einen Dritten durchsetzbare Rechtsposition im Bewilligungsverfahren kommt den Beschwerdeführern somit nicht zu.

Das bedeutet für das Wiederaufnahmeverfahren, dass die Beschwerdeführer schon deshalb mit ihrem Antrag scheitern, weil jegliche Einwände, die die Beschwerdeführer hätten erheben können, nicht zur Bewilligung des Antrags der Konsenswerber geführt hätten. Wie dargestellt, käme ihnen eine solche Rechtsposition im Bewilligungsverfahren über die Eisenschiene nicht zu.

Abgesehen davon wäre ein anderer Verfahrensausgang auch nur dann in Frage gekommen, wenn die von den Beschwerdeführern genannten Beweismittel auf die - maßgeblich der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Eisenschiene entgegen gestandene - Verletzung von wasserrechtlich geschützten Rechten des Georg G Bezug genommen und deren Nichtvorliegen wahrscheinlich gemacht hätten. Dies ist aber nicht der Fall; auch unter diesem Aspekt fehlt den von den Beschwerdeführern vorgelegten "neuen Beweismitteln" die Eigenschaft, dass bei ihrer Vorlage während des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruches anders lautender Bescheid ergangen wäre.

Der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG war im vorliegenden Fall aus den aufgezeigten Gründen nicht gegeben.

Der Beschwerde ist es nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. September 2004

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003070093.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten