TE Vwgh Beschluss 2004/9/23 2004/07/0121

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.2004
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
80/01 Land- und forstwirtschaftliches Organisationsrecht;

Norm

AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z4;
VwGG §46 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über den Antrag des Franz und der Lore S in B, vertreten durch Dr. Axel Zaglits, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Schmidtorstraße 8, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. November 2003, Zlen. FA10A - LAS 16 Ste 3/11 - 03 und FA10A - LAS 16 Ste 4/11 - 03, betreffend die Zurückweisung von Anträgen auf Ablöse von Nutzungsrechten, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Mit Eingabe vom 29. August 2002 beantragten die Wiedereinsetzungswerber bei der belangten Behörde den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über ihren Antrag vom 9. Jänner 2001 auf Ablöse ihres mit der Liegenschaft EZ 74 KG M verbundenen Heimweiderechtes in Grund und Boden sowie über ihren Antrag vom 25. Juli 2001 auf Ablöse ihres mit der Liegenschaft EZ 74 KG M verbundenen Holzbezugsrechtes in Grund und Boden auf die belangte Behörde.

Mit Beschlüssen vom 27. November 2002 gab die belangte Behörde diesen Devolutionsanträgen statt und stellte fest, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über diese Anträge auf sie übergegangen sei. In weiterer Folge wurden Befund und Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen hinsichtlich der Ablöse der Weiderechte und eines forstwirtschaftlichen Amtssachverständigen hinsichtlich der Ablöse der Holzbezugsrechte eingeholt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 5. November 2003 fasste die belangte Behörde in Spruchpunkt I die genannten Anträge der Wiedereinsetzungswerber zur gemeinsamen Verhandlung zusammen und wies diese Anträge unter Spruchpunkt II gemäß § 13 Abs. 1 lit. b des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983, LGBl. Nr. 1/1983 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/2001 (ELG) mangels Antragslegitimation zurück. Dies wurde damit begründet, dass die zuletzt genannte Bestimmung ein Quorum für eine Antragstellung vorsehe, und zwar bei mehr als zwei Berechtigten ein solches von mindestens einem Drittel der Eigentümer. Dieses Quorum sei in den vorliegenden Fällen aber nicht gegeben, weshalb den Antragstellern keine Antragslegitimation zukomme.

Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Wiedereinsetzungswerber - der Rechtsmittelbelehrung des Erkenntnisses der belangten Behörde folgend - eine Berufung an den Obersten Agrarsenat.

Der Oberste Agrarsenat wies mit Erkenntnis vom 30. Juni 2004 die Berufung der Wiedereinsetzungswerber als unzulässig zurück und begründete dies damit, dass nach § 7 Abs. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 (AgrBehG) die Berufung an ihn nur in bestimmten, in den Z. 1 bis 5 näher bezeichneten Fällen gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates zulässig sei. Eine solche Zuständigkeit des Obersten Agrarsenates bestehe nach § 7 Abs. 2 Z. 4 AgrBehG hinsichtlich der Frage des Bestandes von Wald- und Weidungsnutzungsrechten, hinsichtlich der Frage, welche Liegenschaften berechtigt oder verpflichtet seien sowie hinsichtlich der "Frage der Gesetzmäßigkeit der Ablösung und Regulierung (Neu-, Ergänzungsregulierung) von Wald- und Weidenutzungsrechten. In Fällen, in denen der Landesagrarsenat als im Devolutionsweg zuständig gewordene, sachlich in Betracht kommende Oberbehörde in erster Instanz über einen Antrag betreffend eine in § 7 Abs. 2 leg. cit. geregelte Angelegenheit abgesprochen habe, sei der Instanzenzug noch nicht erschöpft sondern der Rechtszug an den Obersten Agrarsenat möglich. Ob im vorliegenden Fall eine Berufung an diesen zulässig sei, hänge daher davon ab, ob die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung eine Materie des § 7 Abs. 2 Z. 4 AgrBehG betreffe. In Betracht komme nur der Tatbestand "Frage der Gesetzmäßigkeit der Ablösung oder Regulierung (Neu-, Ergänzungsregulierung) von Wald- und Weidenutzungsrechten."

Unter Berufung auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes führte der Oberste Agrarsenat weiter aus, dass dieser Tatbestand nur Fälle erfasse, in denen eine Ablösung oder Regulierung vorgenommen worden sei, weil nur dann, wenn bereits eine Ablösung vorliege, deren Gesetzmäßigkeit beurteilt werden könne. Im Berufungsfall sei jedoch keine Ablöse vorgenommen sondern die Einleitung eines Servitutenregulierungsverfahrens vielmehr abgelehnt worden. Im Zusammenhang mit Fragen der Einleitung eines Servitutenregulierungsverfahrens stehe jedoch die Anrufung des Obersten Agrarsenates keinesfalls offen; eine solche Entscheidung falle nicht unter § 7 Abs. 2 Z. 4 AgrBehG. Die belangte Behörde habe daher im vorliegenden Fall eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt.

Dieses Erkenntnis des Obersten Agrarsenates wurde den Wiedereinsetzungswerbern am 8. Juli 2004 zugestellt.

Mit Antrag vom 16. Juli 2004 stellten die Antragsteller unter Berufung auf § 46 Abs. 2 VwGG einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und erhoben gleichzeitig Beschwerde gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. November 2003. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde mit dem Vorliegen einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung begründet.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist gerechtfertigt.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

Nach § 46 Abs. 2 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat.

Der Bescheid des LAS vom 5. November 2003 sprach über die Zulässigkeit der Antragstellung über die Einleitung eines Einforstungsverfahrens (über die Ablöse der Nutzungsrechte der Antragsteller in Grund und Boden) ab.

Nach § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950 ist die Berufung an den Obersten Agrarsenat nur gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates in bestimmten, im Gesetz aufgezählten Fällen zulässig.

Im vorliegenden Fall könnte nur der Tatbestand "Frage der Gesetzmäßigkeit der Ablösung oder Neuregulierung von Wald- und Weidenutzungsrechten" des § 7 Abs. 2 Z. 4 AgrBehG in Frage kommen. Die Gesetzmäßigkeit der Ablösung ist im vorliegenden Fall aber nicht Verfahrensgegenstand, geht es doch (erst) um die Einleitung eines Servitutenregulierungsverfahrens. Dabei kann es noch nicht um die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der Ablösung gehen, weshalb die Anrufung des Obersten Agrarsenates nicht offen steht, weil eine solche Entscheidung nicht unter § 7 Abs. 2 Z. 4 AgrBehG fällt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Oktober 1981, Zl. 81/07/0129, und vom 16. Dezember 1999, Zl. 99/07/0147).

Die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid des LAS vom 5. November 2003, wonach gegen diesen Bescheid eine Berufung zulässig sei, war daher unrichtig.

Da die Antragsteller auf Grund dieser unrichtigen Rechtsmittelbelehrung die Beschwerdefrist zur Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof versäumt haben, liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung nach § 46 Abs. 2 VwGG vor.

Wien, am 23. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004070121.X00

Im RIS seit

03.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten