TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/28 2004/14/0014

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Veröffentlicht am 28.09.2004
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §136;
FinStrG §137 litd;
FinStrG §139;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §8 Abs1;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §82;
FinStrG §83;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des FW in W, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 9. Dezember 2003, Zl. FSRV/0098-L/02, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde ergibt sich im Zusammenhang mit dem angefochtenen Bescheid folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 9. August 2002 leitete das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz ein Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer ein, weil der Verdacht bestehe, dass er vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht Einnahmen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1,007.131 S nicht erklärt und dadurch eine Verkürzung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer der Jahre 1993 bis 1998 in Höhe von insgesamt ca. 472.000 S bewirkt bzw. zu bewirken versucht und damit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1, teilweise iVm § 13 FinStrG begangen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Administrativbeschwerde nur insofern stattgegeben, als der Verkürzungsbetrag auf 446.457 S reduziert wurde. Die Prüfungsabteilung Strafsachen des Finanzamtes habe im Jahr 1998 bei einer Brauerei Ermittlungen durchgeführt und dabei festgestellt, dass diese verschiedenen Gastwirten, u.a. dem Beschwerdeführer, den Schwarzein- und -verkauf von Getränken ermöglicht habe. Dies sei in der Weise erfolgt, dass ein Teil der Ware offiziell geliefert worden sei, ein anderer mit einer an "diverse Letztverbraucher, Gemeinden ..." adressierten Rechnung, welche in der Folge keinen Niederschlag in der Buchhaltung des jeweiligen Gastwirtes gefunden habe. Zwischen den Lieferscheinen über die offiziellen Lieferungen und jenen, welche an diverse Letztverbraucher adressiert seien, habe sich anhand der Kundenkartei ein Zusammenhang herstellen lassen. Daraus habe sich ergeben, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1993 bis 1998 neben den offiziellen Lieferungen lt. Kundenkartei und Lieferscheinen noch weitere inoffizielle Warenlieferungen bezogen habe. Eine daraufhin vom Finanzamt durchgeführte Betriebsprüfung habe ergeben, dass der Beschwerdeführer über den im Prüfungszeitraum im steuerlichen Rechenwerk erfassten Warenein- und -verkauf hinaus noch weitere Getränkelieferungen im Ausmaß von 456.690 S (Einkaufswert) bezogen und - mit einem Verkaufswert von 1,209.279,60 S - verkauft habe. Diese abgabenbehördlichen Feststellungen und die Nachkalkulationen hätten zu einer Gesamt-Umsatzzuschätzung von 15 % geführt.

Gegen die in diesem Sinne ergangenen Abgabenbescheide habe der Beschwerdeführer Berufungen mit der Begründung erhoben, die Schwarzeinkäufe bei der Brauerei seien zu hoch angenommen worden. Einem mit den Berufungen eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO habe das Finanzamt entsprochen. Mit Berufungsvorentscheidung sei den Berufungen teilweise stattgegeben worden. Die Abgabenbeträge seien unter Zugrundelegung einer reduzierten Gesamt-Umsatzzuschätzung von 13,05 % neu festgesetzt worden.

Der Bescheid betreffend Einleitung des Finanzstrafverfahrens gehe nicht vom Mehrbetrag lt. den erstinstanzlichen Abgabenfestsetzungen aus, sondern habe lediglich die im Zuge der Erhebungen der Prüfungsabteilung Strafsachen bei der Brauerei bzw. der abgabenbehördlichen Prüfung beim Beschwerdeführer betragsmäßig exakt festgestellten und vom Beschwerdeführer im Abgabenverfahren auch ausdrücklich zugestandenen Schwarzein- und -verkäufe zum Gegenstand.

Für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens reiche es aus, wenn der Finanzstrafbehörde Tatsachen zur Kenntnis gelangten, aus denen nach allgemeiner Lebenserfahrung auf die Begehung eines Finanzvergehens durch eine bestimmte Person geschlossen werden könne. Insbesondere Prüfberichte der Abgabenbehörde bzw. diverse Feststellungen der Prüfungsabteilung Strafsachen könnten qualifizierte Wahrnehmungen der Prüfungsorgane über bestimmte Vorgangsweisen des Abgabepflichtigen enthalten, die schon ob ihres objektiven Gehaltes allein den Verdacht einer vorsätzlichen, unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bewirkten oder zumindest versuchten Abgabenverkürzung begründeten.

Im gegenständlichen Fall sei durch die Auswertung von dem durch Ermittlungen bei der Brauerei gewonnenen Kontrollmaterial im Zusammenhang mit den hinsichtlich des Umstandes der Nichtaufnahme von betragsmäßig feststehenden Schwarzein- bzw. -verkäufen in das steuerliche Rechenwerk des Beschwerdeführers ausdrücklich zugestandenen Feststellungen der Abgabenbehörde mit der für den Bereich des Finanzstrafrechtes erforderlichen Gewissheit gleichsam bereits der Nachweis erbracht, dass der Beschwerdeführer über mehrere Jahre einen nicht unerheblichen Teil der von der Brauerei bezogenen Waren, nämlich zwischen 8,25 und 17,62 % des offiziellen Warenerlöses, pflichtwidrig nicht in die Buchhaltung aufgenommen bzw. der Abgabenbehörde gegenüber verschwiegen habe. Dass eine derartige Vorgangsweise nicht bloß, wie vom Beschwerdeführer behauptet, eine strafrechtlich nicht weiter zu relevierende divergierende Rechtsauslegung, sondern vielmehr einen zumindest bedingten Vorsatz im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG erkennen lasse bzw. dass einer solchen Vorgangsweise eine auf das Bewirken einer Abgabenverkürzung gerichtete Einstellung des Beschwerdeführers zu Grunde liege, bedürfe ob der festgestellten Art und Dimension der Tat und der Tatumstände keiner weiteren Erörterung. Die Tatumstände würden ein anderes als ein vorsätzliches Verhalten geradezu ausschließen.

Aus der Aktenlage ergebe sich allerdings, dass die Gewinnerhöhungen für das Jahr 1998 lediglich zu einer entsprechenden Verringerung der negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb führten, sodass sich für 1998 keine Verkürzung an Einkommensteuer ergebe. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Verkürzungen an Gewerbesteuer 1993 lediglich 10.622 S und nicht, wie im erstinstanzlichen Bescheid angegeben, 22.215 S betrage.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Der Verdacht muss sich dabei sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. In der Begründung des Einleitungsbescheides ist dazulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Aus der Begründung muss sich ergeben, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2002, 99/15/0217).

Der Beschwerdeführer bringt vor, ein ausreichender Verdacht, dass er ein Finanzvergehen begangen habe, liege nicht vor. Es müsse zwischen dem Abgaben- und dem Finanzstrafverfahren unterschieden werden. Der Behörde sei es versagt, auf reine Vermutungen hin tätig zu werden oder, wie es gegenständlich offenkundig der Fall gewesen sei, schlicht und einfach Erhebungsergebnisse des Finanzamtes bei der Brauerei unkritisch zu übernehmen und daraus ein Zugeständnis von "Schwarzein- und - verkäufen" abzuleiten.

Mit diesem Vorbringen, soweit es die objektive Tatseite betrifft, entfernt sich der Beschwerdeführer von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach bereits der erstinstanzliche Einleitungsbescheid bei Ermittlung des Hinterziehungsbetrages im Sinne des § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG nicht von dem Mehrbetrag lt. der Abgabenfestsetzung ausgegangen ist, sondern die vom Beschwerdeführer "im Abgabenverfahren (vgl. Berufung gegen Abgabenbescheide) auch ausdrücklich zugestandenen Schwarzein- und -verkäufe bei der (Brauerei) zum Gegenstand hat". Dieser Feststellung wird mit dem bloßen Beschwerdevorbringen, die Schwarzverkäufe seien nicht in dieser Art und mit diesen Worten zugestanden worden, nicht konkret entgegen getreten, zumal es im Bereich der objektiven Tatseite lediglich darauf ankommt, dass Einnahmen nicht erfasst waren.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ergänzt der Beschwerdeführer sein Vorbringen, indem er ausführt, selbst wenn die Einkäufe und Verkäufe nicht in sein steuerliches Rechenwerk aufgenommen gewesen sein sollten, indiziere dies keinesfalls zwingend den von der Behörde gezogenen Schluss, dass er mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Auch wenn es für die Behörde feststehe, dass Einkäufe bzw. Verkäufe nicht in das Rechenwerk des Beschwerdeführers aufgenommen worden seien, hätte sie sich damit auseinander setzen müssen, aus welchen Gründen dies nicht geschehen sei bzw. wer für die Sicherung des Zahlenmaterials und die Vorbereitung der Grundlagen für die Abgabenbescheide zuständig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich damit verantwortet, dass es sich um Auffassungsunterschiede im Sinne einer ungeklärten Rechtsfrage handle und dass er gegen die Abgabenbescheide Berufung erhoben habe. Für vorsätzliches Handeln müsse der Täter positiv gewillt sein, den Erfolg hinzunehmen bzw. herbeizuführen. Leichtsinn oder ein unbedachtes Vorgehen sowie eine Verkürzung von Kontroll- und Aufsichtspflichten im eigenen Betrieb könnten nicht zur Annahme vorsätzlichen Handelns führen.

Auch mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Wenn der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von sechs Jahren laufend von einer Brauerei Getränke bezogen hat, für welche er sich Lieferscheine bzw. Rechnungen, die auf diverse Letztverbraucher lauteten, ausstellen ließ, und wenn diese Getränke in das für die Gastwirtschaft des Beschwerdeführers geführte Rechenwerk keinen Eingang gefunden haben, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einem Verdacht auf vorsätzliches Handeln ausgegangen ist. Der Beschwerdeführer zeigt in keiner Weise konkret auf, welche Rechtsfragen betreffend die steuerliche Behandlung von Ein- und Verkäufen von Getränken im Rahmen von Gastronomiebetrieben strittig gewesen wären. Er behauptet auch in keiner Weise, dass die geschilderte langjährige Praxis ohne sein Mitwirken von anderen Personen vorgenommen worden wäre.

Während die Behörde im Straferkenntnis zu begründen hat, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat, muss im Einleitungsbescheid lediglich begründet werden, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Der belangten Behörde kann nicht entgegen getreten werden, wenn sie auf den Umstand der Nichtaufnahme von Getränkeein- und Verkäufen in das steuerliche Rechenwerk des Beschwerdeführers den Verdacht gestützt hat, dass der Beschwerdeführer vorsätzlich Abgaben verkürzt hat. Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde ergibt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004140014.X00

Im RIS seit

05.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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