TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/19 2001/21/0191

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Veröffentlicht am 19.10.2004
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
StGB §201 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Michael Maurer, Rechtsanwalt in 8160 Weiz, Europa-Allee 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 10. September 2001, Zl. Fr 398/1999, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Urteil vom 7. April 1999 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, rechtskräftig wegen des Deliktes der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt nachgesehen, verurteilt. Er hat am 27. Jänner 1999 Anita K mit Gewalt und durch Entziehung ihrer persönlichen Freiheit, nämlich durch das Blockieren der Zimmereingangstür mit einem Kasten - auf näher beschriebene Weise - zur Duldung des Beischlafs und auch zur Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlungen genötigt.

Im Hinblick darauf erließ die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und 2 und Abs. 2 Z. 1 sowie den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Die belangte Behörde schloss sich der rechtlichen Beurteilung der Behörde erster Instanz an. Diese hatte den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG als verwirklicht angesehen und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als besonders gefährlicher Rechtsbrecher anzusehen sei und angesichts der durch sein Verhalten gegebenen Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sein Aufenthalt nicht weiter toleriert werden könne. Er halte sich im Bundesgebiet nur auf, um den Ausgang seines Asylverfahrens abzuwarten, weshalb das gesetzlich eingeräumte Ermessen zu seinem Nachteil zu üben gewesen sei.

Im Blick auf § 37 FrG führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung mit Gültigkeit vom 2. Mai 2000 bis 31. August 2003 für die Tätigkeit als Kochlehrling erteilt bekommen habe. Dabei sei verschwiegen worden, dass gegen ihn bereits von der Behörde erster Instanz ein Aufenthaltsverbot erlassen worden sei. Dieser Ansatz einer beruflichen Integration könne nicht "sehr" zu seinen Gunsten gewertet werden, weil er wegen des erlassenen Aufenthaltsverbotes nicht habe davon ausgehen können, dass er seine Lehre in Österreich zum Abschluss bringen könne. Dies sei ihm außerhalb Österreichs möglich. Unter der Annahme eines mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriffs (offensichtlich in sein Privatleben) könne es keinem Zweifel unterliegen, dass das Aufenthaltsverbot (im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG) dringend geboten sei. Zudem habe sich der Beschwerdeführer bei der Einreise eines Schleppers bedient und es lasse die Art und Weise der von ihm begangenen gerichtlichen Straftat ein Charakterbild erkennen, das zweifelsohne den Schluss rechtfertige, dass er gegenüber den zum Schutz und der körperlichen Integrität anderer Personen erlassenen Vorschriften negativ eingestellt sei. Es wögen somit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation, weshalb das Aufenthaltsverbot auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 1 FrG ist die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen (die nationale Sicherheit, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) erheblich gefährdet. Daraus folgt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 36 Abs. 1 FrG nur dann in Betracht kommt, wenn ein solches erforderlich ist, um die festgestellte, vom Fremden ausgehende Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden. In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zl. 99/21/0349).

Der Beschwerdeführer tritt den behördlichen Feststellungen nicht entgegen und auch nicht der - zutreffenden - Beurteilung der belangten Behörde, dass durch seine Verurteilung der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 (zweiter Fall) FrG erfüllt sei. Weiters hegt der Gerichtshof keine Bedenken gegen die behördliche Ansicht, dass durch das beschriebene Fehlverhalten die in § 36 Abs. 1 FrG genannte Gefährlichkeitsprognose zu Lasten des Beschwerdeführers zu erstellen sei, woran das anschließende Wohlverhalten - anders als der Beschwerdeführer meint - wegen der relativen Kürze nichts ändert.

Es kann entgegen der Beschwerdeansicht auch die Beurteilung nach § 37 FrG nicht als rechtswidrig gesehen werden. Wenn auch der Beschwerdeführer angesichts seiner Lehrlingsausbildung in Österreich beruflich integriert ist, steht dem daraus erfließenden privaten Interesse an einem Verbleib in Österreich sein gravierendes strafbares Verhalten gegenüber. Das öffentliche Interesse am Schutz der körperlichen und der sexuellen Integrität anderer Personen - vor allem Jugendlicher (nach den Urteilsfeststellungen war das Tatopfer des Beschwerdeführers noch nicht 17 Jahre alt) - ist so hoch zu veranschlagen, dass das Aufenthaltsverbot sowohl nach § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten ist und auch als Ergebnis der Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Inland zurückzutreten hat, zumal sich der Beschwerdeführer nach den erstinstanzlichen Feststellungen erst seit September 1998 im Inland aufgehalten hat.

Bei dieser Beurteilung kann dahinstehen, ob der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, das in erster Instanz erlassene Aufenthaltsverbot gegenüber dem Arbeitsmarktservice anzugeben und ob er wegen der behaupteten Verfolgung in seinem Heimatland die Dienste eines Schleppers in Anspruch nehmen musste. Weiters rügt die Beschwerde, dass die belangte Behörde "entsprechende Erhebungen" hätte pflegen müssen, führt jedoch nicht aus, zu welchen konkreten Feststellungen sie dadurch hätte gelangen können. Das angesprochene rechtliche Gehör ist dem Beschwerdeführer anlässlich der Erhebung der Berufung offen gestanden.

Letztlich vermag die Beschwerde auch keine Umstände aufzuzeigen, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers zu treffen.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 19. Oktober 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001210191.X00

Im RIS seit

03.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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