TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/19 2003/03/0291

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Veröffentlicht am 19.10.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

GütbefG 1995 §23 Abs1 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z3 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §23 Abs4 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §7 Abs1 idF 2002/I/032;
VStG §51e Abs1 idF 2002/I/065;
VStG §51e Abs3 idF 2002/I/065;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des FM jun. in F, Deutschland, vertreten durch Dr. Walter Hasibeder und Dr. Josef Strasser, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Roßmarkt 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 28. Oktober 2003, Zl. VwSen-110488/2/KI/Pe, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5. September 2003 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der M. GmbH (Unternehmer) mit dem näher angeführten Sitz in F., Deutschland, am 30. Jänner 2003 gegen 14.30 Uhr auf der Innkreisautobahn A8 bei Strkm. 75.200, Gemeindegebiet Suben, mit den nach den Kennzeichen bestimmten Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen habe, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Sammelgut: Werkzeuge, Kfz-Teile, Stahlteile) von Tulln bzw. Steyr durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchgeführt.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 3 und § 7 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz 1995 i. d.F. BGBl. I Nr. 32/2002 begangen, weswegen über ihn gemäß § 23 Abs. 1 Einleitungssatz i.V.m. Abs. 4 Güterbeförderungsgesetz 1995 in der angeführten Fassung eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 67 Stunden) verhängt wurde.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zur Frage der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aus, eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 und 2 VStG habe unterbleiben können, weil der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich in der Berufung beantragt, nur unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und die Höhe der Strafe angefochten habe. Sie schenke den Ausführungen (betreffend die vom Beschwerdeführer mit dem weiteren Geschäftsführer kurz vor seinem Urlaub getroffenen Vereinbarung bzw. Aufteilung der Aufgaben in Bezug auf die Beantragung einer weiteren Gemeinschaftslizenz) Glauben, weshalb eine entsprechende Beweisaufnahme nicht erforderlich gewesen sei. Ob allein mit dieser Arbeitsaufteilung allerdings eine Entlastung des Beschwerdeführers eingetreten sei, sei eine Rechtsfrage. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (es wird auf das Erkenntnis vom 11. Oktober 1978, Zl. 1876/77, verwiesen) sei das Verwaltungsstrafverfahren von dem Grundsatz beherrscht, dass derjenige, der sich bei der Erfüllung einer ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtung der Hilfe eines Dritten bedient, soweit ihn ein Verschulden treffe, strafrechtlich verantwortlich bleibe. Es könne der dem Beschuldigten gemäß § 5 VStG obliegende Entlastungsbeweis nicht allein durch den Nachweis erbracht werden, dass die ihn treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person (die kein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 4 VStG sei) übertragen worden sei. Es bedürfe des weiteren Nachweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung der Aufgaben betrauten Person gesorgt worden sei. In dieser Hinsicht habe der Beschwerdeführer nichts vorgetragen, vielmehr gemeint, er könne während des Urlaubes nicht verpflichtet sein, zu überprüfen, ob der zuständige Geschäftsführer die Arbeiten tatsächlich abwickle.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt unter anderem, die belangte Behörde habe zu Unrecht ausgeführt, in der Berufung sei nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet worden und habe daher von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden können. In einem Fall aber, in dem auch eine Tatsachenrüge erfolgt sei und entsprechende Beweise angeboten worden seien, somit auch Zeugeneinvernahmen erfolgen hätten müssen, fehle eine Voraussetzung für das Absehen von einer Berufungsverhandlung. Bei Durchführung einer Verhandlung hätte der Sachverhalt näher aufgeklärt werden und sich durch das Beweisverfahren eine andere Beurteilungsgrundlage ergeben können, sodass es nicht von der Hand zu weisen sei, dass bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002 hat der unabhängige Verwaltungssenat eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung entfällt die Verhandlung, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist oder

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung kann der unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen,

"1. wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2.

sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3.

im angefochtenen Bescheid eine EUR 500,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

              4.              sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat."

Der Beschwerdeführer hat zwar in seiner Berufung zu Unrecht unrichtige Tatsachenfeststellungen der erstinstanzlichen Behörde behauptet, da die erstinstanzliche Behörde von dem vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Sachverhalt seines Urlaubes zur Tatzeit ausgegangen ist. Der Beschwerdeführer hat in der Berufung aber diesen Sachverhalt dahin ergänzt, dass er kurz vor seinem Urlaub mit dem anderen Geschäftsführer die Beantragung einer Gemeinschaftslizenz besprochen hätte, um die sich der andere Geschäftsführer noch in der Zeit vor seinem Urlaub kümmern wollte und auch die diesbezüglichen Unterlagen bereits vorgelegen seien. Er hat im Zusammenhag mit diesem neuen Tatsachenvorbringen auch Beweisanträge gestellt.

Im vorliegenden Fall ist keine der Voraussetzungen des § 51e Abs. 3 VStG für ein Absehen von der Verhandlung vorgelegen. Die Berufung enthält ein ergänzendes Tatsachenvorbringen. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift nicht zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, insbesondere da die von der belangten Behörde zur Beantwortung der hinter diesem Tatsachenvorbringen sich stellenden Rechtsfrage herangezogene Judikatur betreffend die Erfordernisse für die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung durch Dritte nicht ohne weiteres zu der hier zu beantwortenden Frage des absprachewidrigen Nicht-Tätigwerdens eines weiteren Geschäftsführers im Betrieb während der Zeit des Urlaubes des anderen Geschäftsführers, gegen den das Verwaltungsstrafverfahren geführt wird, angewendet werden kann.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Kostenbegehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Oktober 2004

Schlagworte

"zu einem anderen Bescheid" Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030291.X00

Im RIS seit

18.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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