TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/21 2001/06/0083

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Veröffentlicht am 21.10.2004
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §22 Abs2 idF 1999/043;
RPG Vlbg 1996 §22 Abs2 lita idF 1999/043;
VwGG §39 Abs2 Z6;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/06/0159

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerden des KB in F, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch 1. vom 28. März 2001, Zl. II - 4151.0002/2001, betreffend Baubewilligung, und 2. vom 8. Oktober 2001, Zl. II - 4151.0002/2001, betreffend Ausnahmebewilligung nach dem Raumplanungsgesetz (in beiden Verfahren mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 712,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom 21. April 1999 begehrte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Überdachung und die Herstellung eines Geräteraumes mit Aufstellung eines Hoftanks auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken Nr. 77/1 und 78 der KG F und schloss diesem Antrag Pläne und weitere Unterlagen an.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. September 2000 wurde die beantragte Baubewilligung gemäß § 31 Abs. 5 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972, versagt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die zur Bebauung vorgesehene Grundfläche nach dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde als Baufläche-Mischgebiet ausgewiesen sei. Bei den beantragten baulichen Maßnahmen der Überdachung und des Geräteraumes handle es sich um Baumaßnahmen im Verband des bestehenden Landwirtschaftsbetriebes des Beschwerdeführers. In dem gegenständlichen "nicht-zonierten" Mischgebiet sei die Errichtung von Gebäuden und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke gemäß § 14 Abs. 4 erster Satz des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes - RPG nicht zulässig. Auch habe der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde für das gegenständliche Vorhaben keine Ausnahmebewilligung gemäß § 22 Abs. 2 RPG erteilt, weil das gegenständliche Bauvorhaben nicht als kleinräumiges Bauwerk im Sinne dieser Gesetzesstelle angesehen werden könne.

Der auf die Erteilung einer derartigen Ausnahmebewilligung gerichtete Antrag des Beschwerdeführers vom 22. Juli 1999 wurde mit Bescheid vom 15. Jänner 2001 auf Grund des Beschlusses des Gemeindevorstandes vom 20. Juni 2000 gemäß § 22 Abs. 2 RPG versagt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass für das - zum Teil bereits durchgeführte - Vorhaben eine bebaute Fläche von 60 m2 vorgesehen sei. Gemäß § 22 Abs. 2 lit. a RPG sei jedoch nur für kleinräumige Vorhaben in der Größenordnung von Transformatorenstationen, Bienenhäusern, Geräteschuppen u.dgl. mit einer Größenordnung von etwa 20 m2 bis 25 m2 eine Ausnahmebewilligung zulässig. Das gegenständliche Bauvorhaben könne nicht als kleinräumiges Bauwerk angesehen werden.

Mit Bescheid vom 16. Jänner 2001 wurde auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. Dezember 2000 der gegen die Versagung der Baubewilligung mit Bescheid vom 13. September 2000 gerichteten Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Errichtung des beantragten Gebäudes infolge seiner Zugehörigkeit zum landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers in dem - nicht für land- und forstwirtschaftliche Zwecke zonierten - Mischgebiet gemäß § 14 Abs. 4 RPG nicht zulässig sei. Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke seien gemäß § 14 Abs. 4 RPG auf die zonierten Gebiete im Mischgebiet beschränkt. Auch habe der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Beschluss vom 20. Juni 2000 die beantragte Ausnahme gemäß § 22 Abs. 2 RPG nicht bewilligt.

Mit dem auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 27. Juni 2001 ergangenen Bescheid vom 11. Juli 2001 wurde der gegen die Versagung der Ausnahmebewilligung durch den Bescheid vom 15. Jänner 2001 gerichteten Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass eine Ausnahmebewilligung gemäß § 22 Abs. 2 lit. a RPG nur erteilt werden könne, wenn auf Grund der Kleinräumigkeit des Vorhabens eine eigene Widmung unzweckmäßig sei. Dies treffe nur auf kleinere Transformatorenstationen, Bienenhäuser und Geräteschuppen mit einer Größenordnung von etwa 20 m2 zu, nicht jedoch auf das gegenständliche Bauvorhaben mit einer bebauten Fläche von 60 m2.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. März 2001 wurde der gegen den Bescheid der Gemeindevertretung vom 16. Jänner 2001 gerichteten Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und zur Begründung nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 14 Abs. 4 RPG unter Mischgebieten solche Gebiete zu verstehen seien, in denen Wohngebäude und sonstige Gebäude und Anlagen zulässig seien, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Im zweiten Satz dieser Bestimmung sei festgelegt, dass in Mischgebieten Zonen festgelegt werden könnten, in denen Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürften. Daraus gehe hervor, dass dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine derartige Zone nicht festgelegt worden sei, die Errichtung eines Gebäudes für land- und forstwirtschaftliche Zwecke nicht zulässig sei.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Oktober 2001 wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen die Versagung der von ihm beantragten Ausnahmebewilligung durch den mit Bescheid vom 11. Juli 2001 ausgefertigten Beschluss der Gemeindevertretung keine Folge gegeben. Dies wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit begründet, dass der Begriff der "Kleinräumigkeit" in § 22 Abs. 2 lit. a RPG im Raumplanungsgesetz nicht definiert sei. Jedoch ergebe sich aus dem Bericht zur Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung, dass unter kleinräumigen Vorhaben im Sinne dieser Bestimmung "kleine Transformatorenstationen, Bienenhäuser, Geräteschuppen" zu verstehen seien. Der Bericht spreche in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich von sehr kleinräumigen Widmungen. Zwar sei ein fixer Schwellen- oder Grenzwert, der bei 20 oder 25 m2 liegen solle, nicht erkennbar. Dieser Wert liege aber ohne Zweifel im Nahebereich der angeführten Schwellenwerte. Eine bebaute Fläche im Ausmaß von 60 m2, wie das gegenständliche Bauvorhaben, liege jedoch im etwa Zwei- bis Dreifachen dieses Bereiches und könne daher keinesfalls mehr als "kleinräumig" i. S.d. § 22 Abs. 2 lit. a RPG angesehen werden. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Vorstellung auf eine relative Betrachtung des Begriffs der Kleinräumigkeit abstelle, so sei dies nicht überzeugend und mit dem Bericht zur Regierungsvorlage nicht in Einklang zu bringen. Auch die Schließung einer Lücke zwischen zwei Gebäuden führe nicht dazu, dass eine widmungsmäßige Ordnung geschaffen werde, besonders dann nicht, wenn eine andere Widmung für die besagte Fläche vorgesehen sei. Eine andere Widmung sei im Flächenwidmungsplan gerade deshalb festgelegt, um eine dieser Widmung entgegen stehende Bebauung zu verhindern. Strebe der Grundeigentümer eine andere Widmung für sein Grundstück an, so habe er vielmehr die Umwidmung des Grundstücks zu beantragen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden. Die gegen den erstangefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde wurde zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhoben, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 20. Juni 2001, B 765/01-3, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. In beiden Beschwerden macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor, erstattete zwei Gegenschriften und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und erwogen:

1. Zum erstangefochtenen Bescheid (Versagung der Baubewilligung):

§ 14 Abs. 4 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG), LGBl. Nr. 39/1996, lautet:

"(4) Mischgebiete sind Gebiete, in denen Wohngebäude und sonstige Gebäude und Anlagen zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören. In Mischgebieten können Zonen festgelegt werden, in denen Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürfen."

Den erstangefochtenen Bescheid hält der Beschwerdeführer zunächst deswegen für rechtswidrig, weil nach einem vom Beschwerdeführer eingeholten Auszug aus dem Vorarlberger Gemeindeinformationssystem (VOGIS) das Grundstück Nr. 77/1 und der bereits bebaute Teil des Grundstücks Nr. 78 tatsächlich als "BML" gewidmet, also sehr wohl einzoniert sei.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides auf, weil die gegenständlichen Grundstücke im Bereich des Vorhabens des Beschwerdeführers - davon konnte sich der Verwaltungsgerichthof im Beschwerdeverfahren überzeugen - nach dem gültigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde seit 1998 ohne die Festlegung einer Zone im Sinne des § 14 Abs. 4 zweiter Satz RPG als "Baufläche-Mischgebiet" gewidmet waren und sind.

Soweit der Beschwerdeführer anregt, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof ein Verordnungsprüfungsverfahren des anzuwendenden Flächenwidmungsplanes im Hinblick darauf einleiten, dass die gegenständlichen Flächen keine Widmung im Sinne des § 14 Abs. 4 zweiter Satz RPG aufwiesen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, diesem Begehren zu folgen. Nicht weil er - wie der Beschwerdeführer fälschlich meint - an die diesbezüglichen Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes in dessen Ablehnungsbeschluss vom 20. Juni 2001, B 765/01-3, gebunden wäre, sondern weil er im vorliegenden Fall die diesbezügliche Erwägung des Verfassungsgerichtshofes angesichts der planerischen Gestaltungsfreiheit der mitbeteiligten Marktgemeinde teilt (vgl. zur planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Dezember 1999, VfSlg. 15.682, m.w.N.). Der Beschwerdeführer hat auch in seinem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Schriftsatz keine substanziierten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplans dargelegt.

Wenn der Beschwerdeführer meint, die Gemeindebehörden und die belangte Behörde hätten vor ihren Entscheidungen betreffend die Abweisung seines Bauansuchens im Hinblick auf § 38 AVG die Entscheidungen über die Gewährung einer Ausnahmebewilligung abwarten müssen, so verkennt er sowohl den Begriff der Vorfrage gemäß § 38 AVG als auch den Inhalt dieser Bestimmung. Zutreffend weist nämlich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hin, dass es sich bei der Erteilung der vom Beschwerdeführer begehrten Ausnahmegenehmigung nach § 22 Abs. 2 RPG im vorliegenden Fall um eine konstitutive Voraussetzung für die Baubewilligung und damit um eine von der Erteilung einer Baubewilligung unabhängig zu lösende Frage handelt, für die eine eigenständige Bewilligung des Gemeindevorstandes erforderlich ist. Es handelt sich um mehrere nach verschiedenen Gesichtspunkten von verschiedenen Behörden zu beurteilende Ansuchen. Auch wenn eine Vorfrage vorläge, hätten die Gemeindebehörden und die belangte Behörde diese im Übrigen im Grunde des § 38 AVG nach ihrer eigenen Anschauung beurteilen dürfen.

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die zutreffende Auffassung der belangten Behörde, dass in Mischgebieten gemäß § 14 Abs. 4 RPG Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke nur dann errichtet werden dürfen, wenn dafür Zonen gemäß § 14 Abs. 4 zweiter Satz RPG festgelegt sind. Dies ist nämlich ungeachtet der Frage der Fall, ob die konkreten Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke das Wohnen im Sinne des § 14 Abs. 4 erster Satz RPG tatsächlich wesentlich stören. Die Entscheidung, ob in Mischgebieten Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürfen, wurde vielmehr dem für die Erlassung des Flächenwidmungsplanes zuständigen Organ nach § 14 Abs. 4 zweiter Satz RPG vorbehalten. Den Baubehörden und der belangten Behörde ist daher kein Vorwurf dahingehend zu machen, wenn sie sich mit der Frage, ob die gegenständlichen Gebäude und Anlagen das Wohnen im Sinne dieser Bestimmung wesentlich stören, nicht befasst haben (vgl. zu § 14 Abs. 4 RPG auch das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 98/06/0028).

2. Zum zweitangefochtenen Bescheid:

§ 22 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG), LGBl. Nr. 39/1996 i.d.F. LGBl. Nr. 43/1999, lautet:

"§ 22

Wirkung, Ausnahmebewilligung

(1) Im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergehende Bescheide auf Grund von Landesgesetzen dürfen dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

(2) Der Gemeindevorstand kann auf Antrag des Grundeigentümers Ausnahmen vom Flächenwidmungsplan bewilligen, wenn

a) auf Grund der Kleinräumigkeit des Vorhabens eine eigene Widmung unzweckmäßig ist,

b) es sich nicht um Betriebsanlagen im Sinne der §§ 14 und 15 oder um Gebäude mit Wohnräumen handelt,

c) sie den im § 2 genannten Raumplanungszielen nicht entgegenstehen und

d) sie einem Landesraumplan oder dem räumlichen Entwicklungskonzept nicht entgegenstehen.

Die Bewilligung liegt im behördlichen Ermessen und kann erforderlichenfalls befristet und unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden.

(3) Entgegen den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 erlassene Bescheide sind mit Nichtigkeit bedroht."

Soweit der Beschwerdeführer gegen den zweitangefochtenen Bescheid Argumente geltend macht, die er bereits gegen den erstangefochtenen Bescheid vorbrachte, wird auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen verwiesen.

Soweit der Beschwerdeführer - wie bereits im Verfahren vor der belangten Behörde - ausführt, dass es sich beim Begriff der Kleinräumigkeit im Sinne des § 22 Abs. 2 lit. a RPG deswegen um einen relativen Begriff handle, weil der Gesetzgeber die Maße nicht ins Raumplanungsgesetz aufgenommen habe, und im vorliegenden Fall darauf abzustellen sei, dass zwischen zwei bereits bestehenden Mauern ein Flugdach errichtet werden solle, zeigt er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zwar trifft es zu, dass bei der Anwendung dieses Begriffes das bauliche Vorhaben, für welches eine Ausnahmebewilligung begehrt wird, in dreidimensionaler Hinsicht und nicht bloß im Hinblick auf das Ausmaß der zu bebauenden Fläche zu beurteilen ist. Im Bericht zur Regierungsvorlage zur Änderung des Raumplanungsgesetzes durch das Landesgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 34/1996 (8. Beilage im Jahre 1996 zu den Sitzungsberichten des XXVI. Vorarlberger Landtages, S. 62), wird ausgeführt:

"Die Planungspraxis hat gezeigt, dass bei kleinräumigen Vorhaben (z.B. kleineren Transformatorenstationen, Bienenhäusern, Geräteschuppen) ein Bedarf nach Ausnahmen besteht, um sehr kleinräumige Widmungen - möglicherweise sogar für einen nur befristeten Bedarf - zu vermeiden. Für die Bewilligung von Ausnahmen soll der Gemeindevorstand zuständig sein."

Diese Formulierung hatte der Vorarlberger Landtag bei der Beschlussfassung über die angeführte Novelle zum Vorarlberger Raumplanungsgesetz vor Augen, er wollte daher auch dem von der Vorarlberger Landesregierung derart erläuterten und zum Gesetzesbeschluss erhobenen § 20 Abs. 2 lit. a RPG einen derartigen Inhalt geben. Den Verwaltungsbehörden obliegt es auch im Grunde des Art. 18 Abs. 1 B-VG, diesem allgemeinen Willen des Gesetzgebers im Einzelfall zum Durchbruch zu verhelfen, und der Verwaltungsgerichtshof kann es nicht als rechtswidrig erkennen, wenn die Baubehörden und diesen folgend die belangte Behörde die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage der Herstellung einer Überdachung, eines Geräteraumes mit Aufstellung eines Hoftankes mit einer Fläche von 60 m2 und einem Volumen von 207,00 m3 nicht als ein kleinräumiges Vorhaben im Sinne des § 22 Abs. 2 lit. a RPG qualifizierten, zumal das Bauvorhaben mit kleineren Transformatorenstationen, Bienenhäusern oder Geräteschuppen nicht vergleichbar ist.

Nach dem Gesagten waren daher beide Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Durchführung der vom Beschwerdeführer begehrten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG angesichts des Umstandes unterbleiben, dass bei der Behandlung beider Beschwerden bloß Rechtsfragen betreffend die Auslegung des § 14 Abs. 4 bzw. des § 22 Abs. 2 lit. a des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes zu behandeln waren, die keine hohe Komplexität aufweisen. Die Rechtsfrage, ob Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke, die das Wohnen im Sinne des § 14 Abs. 4 erster Satz RPG nicht wesentlich stören, im Mischgebiet ohne Zonierung gemäß § 14 Abs. 4 zweiter Satz RPG errichtet werden dürfen, wurde in der Beschwerde gar nicht angesprochen. Soweit der Beschwerdeführer für die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts der Bundesrepublik Deutschland vom 16. Dezember 1999, BVerwG 4 CN 9.98, mit der Äußerung "(D)a passt jeder Satz auf dieses Verfahren" ins Treffen führt, verkennt er, dass der Verwaltungsgerichtshof - anders als die Oberverwaltungsgerichte der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 47 Abs. 5 VwGO - nicht die Befugnis besitzt, einen Flächenwidmungsplan für unwirksam zu erklären, sondern nur beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplans stellen kann. Mit der Frage der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes hat sich der Verfassungsgerichtshof jedoch bei der Behandlung der von ihm abgetretenen Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid bereits befasst, und es bestehen auch für den Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen den Flächenwidmungsplan.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. Oktober 2004

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001060083.X00

Im RIS seit

18.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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