TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/17 2003/08/0044

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Veröffentlicht am 17.11.2004
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §136 Abs5;
ASVG §292 Abs3;
ASVG §292;
ASVG §31 Abs5 Z16;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs4;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §3;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §4 Abs1 Z2;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §4 Abs1 Z3;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §4 Abs4;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §4;
Richtlinien Befreiung Rezeptgebühr 1997 §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Claudio Arturo, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Eschenbachgasse 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Dezember 2002, Zl. MA 15-II-H 62/2002, betreffend Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 136 ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 2. November 2000 auf Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 136 Abs. 5 ASVG i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 3 und § 5 der Richtlinien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Befreiung von der Rezeptgebühr (im Folgenden: Richtlinien) als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass er krankheitsbedingt einen monatlichen Mehraufwand für Diabetikerschonkost in der Höhe von S 500,-- und Bekleidung in der Höhe von S 1.200,-- habe. An Medikamentenbedarf gab er mindestens 12 Verschreibungen (monatlich) mit S 660,-- an. Abzüglich Strom/Gas und Miete betrage sein monatliches Einkommen nur S 5.961,--. Laut ärztlichem Entlassungsbericht der Sonderkrankenanstalt A. vom 4. September 1999 leide der Beschwerdeführer an

"Diabetes mellitus Typ IIb, Adipositas, Hypertriglyceridämie, Hyperuricämie, arterielle Hypertonie, persistierende Tachycardes (brachycardes Vorhofflimmern), coronare Herzerkrankung, reduzierte Linksventrikelfunktion, cardialer Dekompensation, Mitralklappenprolaps, Antikoagulatientherapie, renale Insuffizienz im Stadium der kompensierten Retention und beginnende diabetische Reinopathie."

Der Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Antragstellung "nach Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter" eine Nettopension in Höhe von S 11.243,40 (EUR 817,09) monatlich bezogen. Der um 15 % erhöhte Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a ASVG für allein stehende Personen habe im Jahr 2000 S 9.559,-- (EUR 694,68) betragen. Der erhöhte Richtsatz werde demnach um S 1.684,40 (EUR 122,41) monatlich überschritten. Eine Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 der Richtlinien sei daher nicht möglich gewesen. Zu der vom Beschwerdeführer eingewandten besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 5 der Richtlinien werde bemerkt, dass der Richtsatz die Maßgröße für die soziale Schutzbedürftigkeit sei. Personen, die ein höheres Einkommen beziehen, würden grundsätzlich als befähigt erachtet, die Rezeptgebühr selbst zu tragen. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 der Richtlinien erhöhe sich der für die Befreiung maßgebliche Richtsatz im Jahr 2000 um den Betrag von S 1.684,40 (EUR 122,41), wenn ein Versicherter an Krankheiten oder Gebrechen leide, durch die erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstehen. Dieser Betrag sei dabei als Abgeltung für die erwähnten besonderen Aufwendungen gedacht. Bei einem Versicherten, der im Jahr 2000 ein um mehr als S 1.684,40 (EUR 122,41) den Richtsatz übersteigendes Einkommen beziehe, werde jedoch wiederum davon ausgegangen, dass es diesem grundsätzlich zumutbar sei, die erfahrungsgemäß mit der betreffenden Krankheit oder dem Gebrechen verbundenen besonderen Aufwendungen zuzüglich der Rezeptgebühr zu tragen.

§ 5 der Richtlinien ermögliche es jedoch, im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen auch dann eine Befreiung zu gewähren, wenn nach den §§ 3 und 4 der Richtlinien ein Fall der Selbsttragung der Rezeptgebühr vorliege. Dabei hebe der zweite Satz des § 5 der Richtlinien einen besonderen Fall beispielsweise heraus und stelle bei notwendiger länger dauernder medikamentöser Behandlung auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Belastung des Versicherten mit Rezeptgebühren ab. Neben krankheitsbedingten Aufwendungen seien in § 5 der Richtlinien somit auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten zu berücksichtigen. Diese könnten so beschaffen sein, dass trotz eines im Jahr 2000 den Richtsatz um mehr als S 1.684,40 (EUR 122,41) übersteigenden Einkommens bei krankheitsbedingten Aufwendungen von mindestens derselben Höhe soziale Schutzwürdigkeit gegeben sei. Im vorliegenden Fall sei nach Prüfung der Umstände im Einzelfall zu beurteilen, ob der den Richtsatz übersteigende Betrag von mindestens S 1.684,40 (EUR 122,41) durch krankheitsbedingte Aufwendungen und etwaige andere Belastungen des Einspruchswerbers derart verringert werde, dass wiederum die soziale Schutzwürdigkeit von Richtsatzbeziehern erreicht werde. Dabei sei allerdings zu beachten, dass nicht jede dem Bereich der Lebensführung zuzuordnende Ausgabe bzw. eine ohne zwingende Notwendigkeit eingegangene finanzielle Verpflichtung im Hinblick auf die den Richtlinien zu Grunde liegende soziale Komponente bereits zu einem Abzug führen könne.

Die Diätversorgung bestehe im Falle des Beschwerdeführers nach den vorgelegten Unterlagen lediglich in einer Reduktionsdiät; selbst unter Berücksichtigung monatlicher Diätkosten in der vom Beschwerdeführer angegebenen Höhe von S 500,-- betrügen diese zusammen mit den Rezeptgebühren in der angegebenen Höhe von monatlich S 660,-- nur S 1.160,-- und überschritten daher 115 % des Richtsatzes nicht. Obwohl auf Grund der Herzkrankheit und des Diabetes von einer länger dauernden medikamentösen Behandlung ausgegangen werden könne, liege demnach eine Unzumutbarkeit der Belastung mit Rezeptgebühren nicht vor und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers bzw. die von ihm geltend gemachten Ausgaben für Gas/Strom, Miete und Bekleidung seien nicht näher zu prüfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 136 Abs. 5 ASVG hat der Versicherungsträger bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen.

Gemäß § 31 Abs. 5 Z. 16 ASVG hat der Hauptverband für die Befreiung von der Rezeptgebühr (Herabsetzung der Rezeptgebühr) sowie für die Befreiung von der Krankenscheingebühr bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des (der) Versicherten Richtlinien aufzustellen; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung (Herabsetzung) in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs-(Herabsetzungs-)Möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des (der) Versicherten sowie der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Richtlinien über die Befreiung von der Rezeptgebühr, kundgemacht in der "Sozialen Sicherheit" Nr. 114/1996, Seite 1065, ist auf Antrag eine Befreiung von der Rezeptgebühr wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit auch zu bewilligen, wenn ein Versicherter an Krankheiten oder Gebrechen leidet, durch die ihm erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstehen, sofern das Einkommen des Versicherten 115 % des nach § 4 Abs. 1 Z. 2 der Richtlinien in Betracht kommenden Richtsatzes nicht übersteigt. Der in § 4 Abs. 1 Z. 2 der Richtlinien genannte Richtsatz bezieht sich auf § 293 Abs. 1 lit. a ASVG ("Ausgleichszulagenrichtsatz"). Dieser betrug für Personen, die nicht mit ihrem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt leben, im Jahr 2001 S 8.437,-- (EUR 613,14), im Jahr 2002 EUR 630,92.

§ 5 der Richtlinien lautet:

"Befreiung in besonderen Fällen

§ 5. In anderen als den in den §§ 3 und 4 genannten Fällen ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr zu bewilligen, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine länger dauernde medikamentöse Behandlung notwendig ist, die im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten eine nicht zumutbare Belastung mit Rezeptgebühren zur Folge hätte."

Gemäß § 4 Abs. 4 der Richtlinien gilt als Einkommen das Nettoeinkommen nach Maßgabe des § 292 ASVG (§ 149 GSVG, § 140 BSVG), ausgenommen gemäß § 292 Abs. 8 ASVG (§ 149 Abs. 7 GSVG, § 140 Abs. 7 BSVG) anzurechnende Beträge. Hiebei sind Unterhaltsansprüche in der Höhe des gebührenden Unterhalts zu berücksichtigen. Ist der tatsächlich geleistete Unterhalt höher als der gebührende, so ist der tatsächlich geleistete Unterhalt heranzuziehen.

Gemäß § 292 Abs. 3 ASVG ist das Nettoeinkommen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 98/08/0422, ausgesprochen hat, knüpft das Gesetz damit zwar nicht im Wege einer ausdrücklichen Verweisung, aber dem Wortlaut nach am Begriff der Einkünfte des § 2 Abs. 2 EStG 1988 an.

In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass "das tatsächliche Einkommen des Beschwerdeführers im beschwerdegegenständlichen Zeitraum" auf Grund einer Pfändung nur S 9.177,-- betragen habe. Das Einkommen, welches dem "115 %igen Richtsatz" gegenüberzustellen sei, um die soziale Schutzbedürftigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 der Richtlinien festzustellen, sei das Einkommen, das dem Beschwerdeführer tatsächlich zur Verfügung stehe; Beträge, die im Zuge einer Pfändung vom ursprünglichen Nettoeinkommen abgezogen werden, seien daher zu berücksichtigen.

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Das vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Standpunktes angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 2002, Zl. 2001/11/0168, bezieht sich nicht auf einen Fall der Rezeptgebührenbefreiung gemäß § 136 Abs. 5 ASVG, sondern auf den Anspruch auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG). Während nach dem soeben zitierten Erkenntnis bei der Hilfegewährung nach dem WSHG auf die aktuelle Notlage abzustellen ist und daher in der Vergangenheit begründete Schulden insoweit zu berücksichtigen sind, als sie sich zur Zeit der Entscheidung über die Hilfegewährung noch im Sinne einer aktuellen oder unmittelbar drohenden Notlage auswirken, ist für die Entscheidung über die Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 4 der Richtlinien das Nettoeinkommen im Sinne des § 292 ASVG heranzuziehen. Beträge, die dem Beschwerdeführer auf Grund einer Pfändung seines Pensionsbezuges nicht ausbezahlt werden, sind daher, da sie die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG nicht mindern, nicht in Abzug zu bringen. Dass die von der belangten Behörde festgestellte Höhe des Nettobezuges unzutreffend wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 der Richtlinien kommt daher auf Grund seines den um 115 % erhöhten Ausgleichszulagenrichtsatz übersteigenden Pensionsbezuges nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, dass jedenfalls eine Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 5 der Richtlinien hätte erfolgen müssen, da die für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung notwendige länger dauernde medikamentöse Behandlung auch nach den Feststellungen der belangten Behörde unzweifelhaft vorliege. Eine Befreiung nach § 5 der Richtlinien sei jedenfalls dann indiziert, wenn diese länger andauernde medikamentöse Behandlung im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers eine nicht zumutbare Belastung mit Rezeptgebühren zur Folge hätte. Die belangte Behörde gehe bei ihrer Anwendung des § 5 der Richtlinien davon aus, dass es diesbezüglich ausreichend sei, den 115 %igen Erhöhungsbetrag für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum mit den von der belangten Behörde angesetzten Kosten, die durch die länger dauernde medikamentöse Behandlung notwendig seien, zu vergleichen. Da diese nach Ansicht der belangten Behörde den 115 %igen Erhöhungsbetrag nicht überstiegen, sei die besondere soziale Schutzbedürftigkeit zu verneinen und wären die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers bzw. die von ihm geltend gemachten Ausgaben nicht näher zu prüfen. Eine derartige Auslegung des § 5 der Richtlinien indiziere eine an die Grenze der Willkür herankommende Rechtsauffassung, da der Wortlaut des § 5 explizit anordne, dass bei der Abwägung auf die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten einzugehen sei. Gerade weil der Verordnungsgeber im konkreten Fall eine genaue Einzelfallbetrachtung anordne, wohl um besondere Härtefälle zu vermeiden, gebiete es die Ausübung des gebundenen Ermessens, welches diese Regelung einräume, die konkrete wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers heranzuziehen und auch die von ihm vorgebrachten besonderen Diät-, Bekleidungs-, Medikamenten-, aber auch konkrete Miet-, Strom- und Gaskosten zu berücksichtigen und ins Verhältnis zu seinem realen Einkommen zu setzen und hier wiederum ein Verhältnis zu den durch die länger dauernde medizinische Behandlung entstehenden Rezeptgebühren herzustellen.

Im konkreten Fall hätte eine derartige Überprüfung zum Ergebnis führen müssen, "dass die Rezeptgebühr zu einer nicht zumutbaren Belastung des Beschwerdeführers im Verhältnis zu seinen konkreten wirtschaftlichen Verhältnissen" führe.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Richtlinien entsprechend der gesetzlichen Anordnung in § 31 Abs. 5 Z. 16 ASVG zunächst den für die Befreiung von der Rezeptgebühr in Betracht kommenden Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen umschreiben. Bei Erfüllung dieser allgemeinen Merkmale, wie sie in den §§ 3 und 4 der Richtlinien normiert sind, liegt besondere soziale Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 136 Abs. 5 ASVG unwiderleglich vor. Für die Befreiung in besonderen Fällen, welche auf Grund des § 31 Abs. 5 Z. 16 letzter Halbsatz ASVG in § 5 der Richtlinien vorgesehen ist, ist es erforderlich, dass eine der nach allgemeinen Kriterien umschriebenen besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit im Sinne der §§ 3 und 4 der Richtlinien vergleichbare Situation vorliegt, ohne dass die Tatbestandsmerkmale der §§ 3 und 4 der Richtlinie verwirklicht werden. Dies wird etwa dann der Fall sein, wenn trotz eines den Richtsatz um mehr als 15 % übersteigenden Einkommens gerade auf Grund der durch eine länger dauernde medikamentöse Behandlung zu entrichtenden Rezeptgebühren eine soziale Situation eintritt, die jener vergleichbar ist, die auch bei Personen besteht, die die allgemeinen Kriterien der §§ 3 und 4 der Richtlinien erfüllen.

In diesem Sinn kann nicht davon ausgegangen werden, dass Belastungen aus der allgemeinen Lebensführung - wie etwa im vorliegenden Fall Leasingraten und Ausgaben für Gas, Strom, Miete und Bekleidung, aber auch Pensionsabzüge auf Grund laufender Exekutionen - für den Versicherten eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 136 Abs. 5 ASVG bzw. des § 5 der Richtlinien, die einen Sachzusammenhang mit Angelegenheiten der gesetzlichen Sozialversicherung aufweist und daher nicht mit einer Notlage im Sinne des Sozialhilferechts gleichgesetzt werden kann (vgl. dazu das den selben Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 26. November 2002, Zl. 2001/11/0168), begründen. Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die vom Beschwerdeführer angegebenen krankheitsbedingten monatlichen Mehraufwendungen in der Höhe von S 500,-- für Diätkosten und S 660,-- für Rezeptgebühren im Hinblick auf das Einkommen des Beschwerdeführers nicht als Umstände bewertet hat, die zu einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 136 Abs. 5 ASVG i.V.m. § 5 der Richtlinien führen.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Soweit sich dieses Vorbringen darauf bezieht, dass dem Beschwerdeführer nur ein tatsächliches Einkommen von ATS 9.177,-- zur Verfügung gestanden sei, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wonach für die Beurteilung des Einkommens im Sinne des § 292 ASVG nicht auf das dem Beschwerdeführer tatsächlich zukommende Einkommen abzustellen ist, sondern - mit Ausnahme von hier nicht einschlägigen Abweichungen, wie sie in § 292 Abs. 3 bis 13 ASVG vorgesehen sind - die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG relevant sind (vgl. dazu näher das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 98/08/0422). Feststellungen über pfändungsbedingte Abzüge vom Pensionsbezug des Beschwerdeführers waren daher zur Beurteilung seines Antrages auf Befreiung von der Rezeptgebühr nicht erforderlich.

Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, dass Feststellungen über seinen Aufwand für medizinische Diabetikerschonkost in der Höhe von ATS 500,-- sowie für Medikamentenbedarf in der Höhe von ATS 660,-- pro Monat nicht getroffen worden seien, ist ihm entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde diese Umstände zwar nicht ausdrücklich festgestellt, jedoch der rechtlichen Beurteilung entsprechend den Angaben des Beschwerdeführers zu Grunde gelegt hat, sodass ein relevanter Verfahrensmangel diesbezüglich nicht vorliegt.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass die belangte Behörde eine nähere Prüfung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unterlassen habe; er kann jedoch auch durch seinen Hinweis auf die monatlichen Mietkosten in der Höhe von ATS 1.938,48 sowie Strom- und Gaskosten in der Höhe von monatlich ATS 500,-- und Bekleidungsmehrbedarf in der Höhe von ATS 1.200,-- nicht aufzeigen, dass dies eine wirtschaftliche Situation begründe, in der die ihn treffenden Aufwendungen für Rezeptgebühren zu einer für ihn nicht mehr zumutbaren Belastung und damit zu besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 136 Abs. 5 ASVG führen würden.

Wenn der Beschwerdeführer vermeint, dass die belangte Behörde bezüglich des Mehraufwandes für medizinische Diabetikerschonkost davon ausgehe, dass die Diätversorgung "lediglich in einer Reduktionsdiät" bestehe, während der Beschwerdeführer tatsächlich eine "generelle ständige Diät" benötige, so wird damit kein wesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt; die belangte Behörde hat in ihrer rechtlichen Begründung auch den vom Beschwerdeführer selbst geltend gemachten Mehraufwand für Diätkost in der Höhe von ATS 500,-- monatlich berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer macht schließlich geltend, dass ihm zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens kein Parteiengehör gewährt worden sei. Die belangte Behörde sei nicht weiter auf sein Vorbringen eingegangen, wonach seine monatliche Pension zur Bestreitung seines Lebensbedarfes zum Zeitpunkt der Antragstellung tatsächlich nur ATS 9.177,-- betragen habe. Sie stelle dem eine Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter gegenüber, die eine monatliche Nettopension in der Höhe von ATS 11.243,40 angegeben habe. Die belangte Behörde verschweige aber, dass von der Pensionsversicherungsanstalt lediglich ein Pensionsbetrag in der Höhe von ATS 9.177,-- an den Beschwerdeführer tatsächlich zur Auszahlung gelangt sei und dies auch aus der Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter hervorgehe.

Auch damit kann der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel aufzeigen, da - wie bereits ausgeführt - die von der Pensionsversicherungsanstalt auf Grund einer Pfändung einbehaltenen Beiträge das Einkommen des Beschwerdeführers im Sinne des § 292 ASVG nicht vermindern und daher bei der Beurteilung, ob das Einkommen des Versicherten den Richtsatz gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 der Richtlinien übersteigt, nicht zu berücksichtigen sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich (hinsichtlich der mitbeteiligten Partei im Rahmen des gestellten Begehrens) auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003080044.X00

Im RIS seit

17.01.2005

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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