TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/17 2002/08/0212

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Veröffentlicht am 17.11.2004
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §1297;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33;
ASVG §34 Abs1;
ASVG §34;
ASVG §35 Abs3;
ASVG §67 Abs10;
AVG §45 Abs3;
MSchG 1979 §10 Abs4;
MSchG 1979 §10 Abs6;
MSchG 1979 §15 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dr. H in G, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sporgasse 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 10. Juli 2002, Zl. FA11A-5- s26h121/7-2001, betreffend Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8010 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende unstrittige Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat die G. GmbH ab 1995 als Geschäftsführer und vom 13. Jänner 1999 bis zur Löschung der Firma am 15. Februar 2001 als Liquidator vertreten. Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 5. Oktober 1999 wurde der Antrag auf Eröffnung des Konkurses mangels Vermögens der G. GmbH abgewiesen.

Die seit 24. Oktober 1994 bei der G. GmbH beschäftigt gewesene Dienstnehmerin E. hat am 30. Jänner 1997 eine Tochter geboren und befand sich bis zum 30. Juli 1998 im Karenzurlaub. Am 28. Juli 1998 hat sie dem Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass sie die Arbeit bei der G. GmbH wieder antreten werde. Am 31. Juli 1998 teilte ihr der Beschwerdeführer telefonisch mit, dass sie voraussichtlich wegen einer Betriebsstilllegung gekündigt werde. Am 3. August 1998 erklärte er ihr, dass auf ihre Dienstleistung verzichtet werde; E. erklärte sich arbeitsbereit und arbeitswillig.

Am 3. August 1998 brachte die G. GmbH eine Klage auf Zustimmung zur Kündigung von E. gemäß § 10 Abs. 3 Mutterschutzgesetz (MSchG) ein, die in der Folge abgewiesen worden ist.

Am 2. Februar 1999 erklärte E. den vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis und brachte am 31. März 1999 beim Landesgericht für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht eine Klage auf Zahlung von rückständigem Lohn sowie von Kündigungsentschädigung bis 30. Juni 1999 ein. In einem am 31. März 2000 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich die G. GmbH zur Bezahlung des Klagsbetrages.

Mit Bescheid des Bundessozialamtes Steiermark vom 29. Juni 2000 wurde E. auf Grund der Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung über das Vermögen der G. GmbH Insolvenz-Ausfallgeld in der Höhe von EUR 18.904,20 (S 260.128,--) zuerkannt.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2001 forderte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer auf, die auf dem Beitragskonto der G. GmbH für den Zeitraum vom 31. Juli 1998 bis 13. August 1999 in der Höhe von EUR 9.450,03 (S 130.035,18) aushaftenden Beträge (betreffend die Dienstnehmerin E.) zu entrichten. Der Beschwerdeführer sei während des genannten Zeitraumes Geschäftsführer bzw. Liquidator der G. GmbH gewesen und hafte in dieser Eigenschaft für rückständige Sozialversicherungsbeiträge.

Mit Bescheid vom 23. August 2001 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer als Vertreter der G. GmbH gemäß § 67 Abs. 10 ASVG zur Zahlung von EUR 9.648,36 (S 132.764,30) samt Zinsen. Nach der Begründung schulde die G. GmbH als Dienstgeberin die im Spruch genannten rückständigen Beiträge. Diese seien bei der G. GmbH uneinbringlich. Der Beschwerdeführer habe es aus seinem Verschulden unterlassen, der ihm auferlegten Pflicht zur ordnungsgemäßen Meldung einer Beschäftigung bzw. Begleichung der Sozialversicherungsbeiträge nachzukommen, weshalb er gemäß § 67 Abs. 10 ASVG hafte.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, er wäre nicht verpflichtet gewesen, Meldungen an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu erstatten, weil die von ihm vertretene G. GmbH bereits in einer dermaßen schlechten finanziellen Lage gewesen sei, dass sie keinesfalls zur Bezahlung der Beiträge fähig gewesen wäre. Die G. GmbH sei während des Versicherungszeitraumes vom 31. Juli 1998 bis 13. August 1999 nicht mehr in der Lage gewesen, die Beiträge an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu zahlen, weshalb eine dem Beschwerdeführer allenfalls unterlaufene Nichtmeldung nicht als Verschulden angelastet werden könne. Selbst bei einer Meldung an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hätten keine Zahlungen mehr geleistet werden können.

In einer Stellungnahme im Rahmen des Einspruchsverfahrens ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahin, dass auch bei Beachtung der Meldeverpflichtungen die Beiträge bei der G. GmbH nicht einbringlich gewesen wären. Aus dem (Konkurs-) Akt des Landgerichtes für ZRS Graz ergebe sich, dass die G. GmbH bereits am 31. Juli 1998 vollkommen überschuldet und vermögenslos gewesen sei, sodass auch bei rechtzeitiger Meldung "eine Sicherstellung der Beiträge nicht möglich gewesen wäre". Ein Verschulden am Unterlassen der Meldung liege nicht vor, weil die Zustellung des die Klage abweisenden Urteiles hinsichtlich der Zustimmung zur Kündigung am 21. Jänner 1999 erfolgt sei, zu diesem Zeitpunkt die G. GmbH zahlungsunfähig gewesen sei und den Geschäftsbetrieb längst eingestellt gehabt hätte. Auch am 31. August 1998 sei der Geschäftsbetrieb infolge "vollkommener Vermögenslosigkeit" der G.

GmbH bereits eingestellt gewesen.

     Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem

Einspruch keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

     In der Begründung gab die belangte Behörde den Gang des

Verwaltungsverfahrens wieder und stellte die Rechtslage dar. Sie stellte folgenden Sachverhalt fest:

"Die ehemalige Dienstnehmerin der (G. GmbH) war bei dieser seit dem 24. Oktober 1994 beschäftigt. Ab dem 10. Dezember 1996 befand sie sich im absoluten Beschäftigungsverbot und sodann bis zum 30. Juni 1998 im Karenzurlaub. Nach dem Karenzurlaub gem. § 15 Mutterschutzgesetz hat (die Dienstnehmerin) - die gesamte Nachverrechnung bezieht sich nur auf diese - am 4. August 1998 dem Dienstgeber ausdrücklich die Arbeitsbereitschaft bzw. Arbeitswilligkeit schriftlich erklärt. Nach § 10 des Mutterschutzgesetzes besteht für die Dienstnehmerin ein Kündigungsschutz, der von der Arbeiterkammer auch gefordert wurde. Des weiteren wurde eine Kündigungsfrist gem. § 20 Angestelltengesetz sowie eine Urlaubsentschädigung/- abfindung gem. § 2 Urlaubsgesetz in die Forderung aufgenommen. Aus den vorangeführten Gründen wäre der Einspruchswerber als Vertreter der Gesellschaft zu einer Anmeldung nach dem ASVG verpflichtet gewesen.

Am 3. August 1998 brachte die GmbH eine Klage auf Zustimmung zur Kündigung gemäß § 10 Abs. 3 des Mutterschutzgesetzes ein, welche jedoch vom LG für ZRS Graz abgewiesen wurde.

Am 2. Februar 1999 erklärte (die Dienstnehmerin) schließlich ihren gerechtfertigten vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis und klagte sodann noch ausstehende Gehälter und die Kündigungsentschädigung bis 30. Juni 1999 ein."

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die Frage einer Meldung sozialversicherungsrechtlicher Belange unabhängig von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft zu beurteilen sei, weil das Verschulden des Beschwerdeführers an dem festgestellten Meldevergehen und nicht an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft zu messen sei. Für den Beschwerdeführer sei zweifelsfrei erkennbar gewesen, "dass die Dienstnehmerin ... der Meldepflicht gemäß § 33 Abs. 1 ASVG" unterliege. Da nach Auffassung des Beschwerdeführers die Beitragszahlung auf Grund der schlechten finanziellen Lage der G. GmbH ohnehin unmöglich gewesen wäre, habe er den Meldeverstoß billigend in Kauf genommen, weil nach seiner Auffassung dadurch kein finanzieller Schaden entstanden sei. Der Beschwerdeführer habe trotz Wissens um die Meldepflicht eine Meldung schuldhaft nicht vorgenommen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften (u.a.) die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. Dezember 2000, Zlen. 98/08/0191, 0192 (Slg. Nr. 15528/A) vertritt der Verwaltungsgerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass unter den "den Vertretern auferlegten Pflichten" im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG in Ermangelung weiterer, in den gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich normierter Pflichten des Geschäftsführers, im Wesentlichen die Melde- und Auskunftspflichten, soweit diese in § 111 ASVG iVm § 9 VStG auch gesetzlichen Vertretern gegenüber sanktioniert sind, sowie die in § 114 Abs. 2 ASVG umschriebene Verpflichtung zur Abfuhr einbehaltener Dienstnehmerbeiträge zu verstehen sind. Ein Verstoß gegen diese Pflichten durch einen gesetzlichen Vertreter kann daher, sofern dieser Verstoß verschuldet und für die gänzliche oder teilweise Uneinbringlichkeit der Beitragsforderungen kausal ist, zu einer Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG führen. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Die Meldepflicht bei einem Beginn der Beschäftigung nach einem Karenzurlaub ergibt sich aus § 34 Abs. 1 ASVG, wonach die Dienstgeber während des Bestandes der Pflichtversicherung jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung, insbesondere jede Änderung im Beschäftigungsverhältnis, wie Unterbrechung und Wiedereintritt des Entgeltanspruches, innerhalb von sieben Tagen dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden haben.

Auf Grund des zu unterstellenden Grundwissens eines Meldepflichtigen sowie der Verpflichtung, dass er sich darüber hinaus alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen muss, wenn er diese nicht besitzt, und den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt (§ 1297 ABGB) zu vertreten hat, liegt es beim Meldepflichtigen darzutun, dass er entweder die Verpflichtung im Sinne des § 35 Abs 3 ASVG an Dritte übertragen hat oder aus welchen sonstigen Gründen ihn kein Verschulden an der Unterlassung der Meldung trifft (vgl. das Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 2001/08/0069).

Im vorliegenden Beschwerdefall besteht kein Streit darüber, dass die Beitragsrückstände betreffend die Dienstnehmerin E. für den Zeitraum ab Beendigung des Karenzurlaubes bei der G. GmbH uneinbringlich sind. Nach der dargestellten Rechtslage bestand für den Beschwerdeführer auch eine Meldeverpflichtung. Der Beschwerdeführer bestreitet aber, dass ihm ein Verschulden an der Meldepflichtverletzung zur Last liegt. Einerseits habe er "im Hinblick auf diese Klage (auf Zustimmung zur Kündigung)" keine Anmeldung bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vorgenommen, andererseits sei er dazu nicht verpflichtet gewesen, weil ohnehin keine Beitragszahlungen hätten geleistet werden können.

Mit diesen Argumenten behauptet der Beschwerdeführer aber keine Umstände, die ihn von seiner Meldeverpflichtung hätten entbinden können:

Es kommt bei der Beantwortung der Frage, ob eine Meldung zu erstatten ist, nämlich nicht darauf an, ob in dem Zeitpunkt, in dem eine beitragsrechtlich wesentliche Tatsache zu melden ist, der Beitragsschuldner in der Lage ist, die - in der Regel später fällig werdenden - Beiträge zu entrichten, sondern lediglich darauf, ob eine Meldepflicht besteht. Diese hängt nicht von der Einbringlichkeit der Beiträge ab, sondern ergibt sich ausschließlich aus dem meldepflichtigen Sachverhalt.

Der Beschwerdeführer kann sich aber auch nicht erfolgreich mit dem Argument entschuldigen, auf Grund der Kündigung der Dienstnehmerin habe sich eine Meldung - zumindest bis zur Kenntnisnahme vom Ausgang des Zustimmungsverfahrens - erübrigt:

Der noch vier Wochen nach Beendigung des Karenzurlaubes bestehende Kündigungs- und Entlassungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz (§ 10 Abs. 4 iVm § 15 Abs. 4) hat nämlich zur Folge, dass eine ohne Zustimmung des Gerichtes ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam ist (vgl. § 10 Abs. 6 MSchG). Die Kenntnis dieses Umstandes ist als vom Grundwissen eines Meldepflichtigen umfasst zu unterstellen, weshalb sich der Beschwerdeführer zur Entschuldigung des Meldeverstoßes nicht auf die Ungewissheit über den Ausgang des genannten Verfahrens berufen kann.

Begründet ist hingegen das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Frage der Kausalität der Meldepflichtverletzung. Ein Meldeverstoß ist dann nicht kausal für die Uneinbringlichkeit, wenn die Beiträge auch bei ordnungsgemäßer Meldung nicht hätten einbringlich gemacht werden können. Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer behauptet, die Beiträge seien schon im Zeitpunkt, in dem die Meldepflicht zu erfüllen gewesen wäre, uneinbringlich bzw. die G. GmbH sei vermögenslos gewesen. Mit diesem Vorbringen hätte sich die belangte Behörde aber auseinander setzen müssen:

Hat nämlich der Geschäftsführer im Haftungsverfahren nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, so hat ihn die Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die ihr - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung ermöglicht, ob und in welchem Ausmaß den Geschäftsführer eine Haftung trifft. Die den Vertreter treffende Behauptungs- und Beweislast darf einerseits nicht überspannt, andererseits nicht so aufgefasst werden, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. das Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0043).

Die belangte Behörde hätte demnach den Beschwerdeführer schon wegen seiner mehrfachen Hinweise auf die Leistung von Beitragszahlungen ausschließende Finanz- und Vermögenslage der G. GmbH aufzufordern gehabt, die finanzielle Situation der G. GmbH - jeweils bezogen auf die Beitragszeiträume bzw. Beitragsfälligkeiten - im Einzelnen darzustellen und, anhand konkret einzufordernder Unterlagen, wozu durchaus auch der Akt über den Konkurs der Gesellschaft und ein dort enthaltenes Gutachten gezählt werden können, einen Nachweis über die behauptete Vermögenslosigkeit der Gesellschaft im Zeitraum ab der Meldepflichtverletzung bis zur Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung mangels Vermögens zu erbringen. Bei nachgewiesener Vermögenslosigkeit während des gesamten Zeitraumes stünde das Fehlen der in Rede stehenden Kausalität der Meldepflichtverletzung fest. Unmaßgeblich ist in diesem Zusammenhang die Behauptung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der G. GmbH; es handelt sich dabei um Begriffe, die der Terminologie des Insolvenzrechtes entnommen sind (vgl. §§ 66, 67 KO), die aber nicht notwendiger Weise eine finanzielle Situation beschreiben, in der keinerlei Zahlungen geleistet werden können.

Durch den Verstoß der belangten Behörde gegen ihre Ermittlungspflicht leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Im weiteren Verfahren wird die belangte Behörde zu beachten haben, dass die Haftung für die vom Sozialversicherungsträger geltend gemachten Zinsen den Geschäftsführer nur im Rahmen des § 67 Abs. 10 ASVG träfe, es aber an einer spezifischen sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtung des Geschäftsführers im Sinne des erwähnten Erkenntnisses eines verstärkten Senates fehlt, für die Entrichtung der von der insolventen Gesellschaft geschuldeten Nebengebühren zu sorgen. Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie den Beschwerdeführer auch zur Zahlung von Verzugszinsen für rückständige Beiträge in Anspruch genommen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Juli 2001, Zl. 2001/08/0061, und vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0209).

Zudem ist im erstinstanzlichen und im angefochtenen Bescheid die Rede von "Sozialversicherungsbeiträgen", ohne zwischen Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen zu unterscheiden. Dies ist im vorliegenden Fall aber deswegen von Bedeutung, weil Beiträge für einen Zeitraum gefordert werden, für welchen nach der Aktenlage die Dienstnehmerin vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds Zahlungen erhalten hat. Der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds schuldet die Dienstnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung (§ 13a Abs. 2 IESG), die für gesicherte Ansprüche fällig werden, dem zur Beitragseinhebung zuständigen Sozialversicherungsträger, hier also der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse. Ob diese die Verrechnung mit dem Fonds im Sinne des § 13a IESG vorgenommen hat, blieb jedoch unerörtert.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002080212.X00

Im RIS seit

17.01.2005

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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