TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/17 2003/09/0113

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.11.2004
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs2 idF 2001/I/137;
AVG §18 Abs4 idF 2001/I/137;
AVG §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des M in Z, vertreten durch Dr. Manfred Moser und Mag. Michael Wild, Rechtsanwälte in 7033 Pöttsching, Wiener Neustädter-Straße 57, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 23. Juni 2003, Zl. E 019/05/2003.010/004, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der dem Beschwerdeführer am 24. Juni 2002 zugestellten Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 13. Juni 2002 wurde er aufgefordert, sich zu der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung in vier Fällen zu äußern, er habe vom 15. Oktober 2001 bis 19. Oktober 2001, mithin für eine Dauer von weniger als vier Monaten, auf einer näher bezeichneten Baustelle die Arbeitsleistung betriebsentsandter Ausländer, nämlich im folgenden namentlich bezeichneter ungarischer Staatsangehöriger, in Anspruch genommen, indem diese für den von ihm beauftragten, in Ungarn ansässigen Maurer K Verputzarbeiten an seinem Haus vorgenommen hätten, obwohl ihnen keine Entsendebewilligungen ausgestellt worden seien; er habe dadurch die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b in Verbindung mit § 18 Abs. 1 letzter Satz AuslBG verletzt.

In seiner am 25. Juni 2002 zu Protokoll gegebenen Stellungnahme führte der Beschwerdeführer lediglich aus, die Fassade seines Hauses habe noch vor dem Winter verputzt werden müssen, keine Baufirma im Bezirk habe hiefür Zeit gehabt. Daher sei er mit K ins Gespräch gekommen, der dann die Durchführung der Arbeiten übernommen habe.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 29. Januar 2003 wurde der Beschwerdeführer im Sinne des schon in der Aufforderung zur Rechtfertigung enthaltenen Strafvorwurfs in vier Fällen schuldig erkannt; über ihn wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils zwei Tagen) verhängt.

Innerhalb der Rechtsmittelfrist gab der Beschwerdeführer am 17. Februar 2003 eine Berufung bei der Erstbehörde zu Protokoll, die sich ausschließlich gegen die verhängte Strafhöhe richtete.

Am 6. März 2003 wurde dem Beschwerdeführer eine Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 26. Februar 2003 zugestellt, welche mit "Berufungsvorentscheidung" übertitelt war, in ihrem Spruch gemäß § 64a Abs. 1 AVG das ergangene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 10. Dezember 2002 (Anmerkung: infolge einer Datumskorrektur richtig: 29. Jänner 2003) aufhob und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung gemäß § 31 VStG gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 des VStG für eingestellt erklärte.

In einer Niederschrift vor der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 10. März 2003 wurde der Beschwerdeführer jedoch dahingehend informiert, dass die mit "Berufungsvorentscheidung" titulierte Erledigung vom Bezirkshauptmann "weder eingesehen noch unterfertigt" und lediglich irrtümlich abgefertigt worden sei. Damit liege aber keine gültige Entscheidung der Behörde erster Instanz vor, sodass die Berufung der belangten Behörde vorzulegen sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 23. Juni 2003 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG keine Folge.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde (lediglich zur Strafbemessung) begründend aus, die der Bestrafung zu Grunde liegenden Handlungen schädigten in nicht unerheblichem Maße das in einem geordneten inländischen Arbeitsmarkt unter Vermeidung jeder Wettbewerbsverzerrung bestehende Interesse, dem die Strafdrohung diene. Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen, weshalb das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als geringfügig angesehen werden könne. Insofern dieser behauptet habe, die Fassade des Hauses hätte noch vor dem Winter verputzt werden müssen, wozu keine Baufirma im Bezirk bereit gewesen sei, weshalb er die Leistungen der Ausländer in Anspruch genommen habe, sei ihm entgegen zu halten, dass er damit keinen Schuldausschließungsgrund habe dartun können, weil dieses Vorbringen unkonkretisiert und eine bloße Behauptung geblieben sei und er nicht einmal behauptet habe, dass ihm auch sonst ein Vermögensschaden erwachsen wäre. Bei der Strafbemessung sei die bisherige strafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd, als erschwerend jedoch das mehrtägige Ausmaß der unberechtigten Beschäftigung zu werten gewesen. Gleichzeitig sei auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers (Einkommen von 500 EUR netto und einer Sorgepflicht monatlich sowie als Vermögen lediglich die Landwirtschaft im Ausmaß von 7 ha) Bedacht genommen worden. Hinsichtlich des zu Grunde gelegten Einkommens sei die Behörde von einer Schätzung in Höhe des so genannten Existenzminimums ausgegangen, weil dem Beschwerdeführer offenbar die Bestreitung seiner elementaren finanziellen Lebensbedürfnisse möglich und deshalb seine Behauptung, lediglich 14.000 S brutto im Jahr ins Verdienen zu bringen, unglaubwürdig sei. Ungünstige Einkommensverhältnisse allein würden eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auch gar nicht zu begründen vermögen, da ohnedies jeweils die Mindeststrafe verhängt worden sei. Da auch nicht zu erkennen gewesen sei, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwögen, sei auch für eine außerordentliche Strafmilderung im Sinn des § 20 VStG kein Raum gewesen. Auch ein Absehen von der Strafe nach § 21 VStG wäre unzulässig gewesen, weil nicht hervorgekommen sei, dass das Verschulden des Beschwerdeführers als geringfügig und die Folgen der Übertretungen unbedeutend gewesen seien. Vielmehr seien die Folgen der angelasteten Verwaltungsübertretungen wegen der mit ihnen verbundenen Verkürzungen von Lohnsteuer-, Sozialversicherungs- und sonstiger Abgaben beträchtlich. Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden des Beschwerdeführers und den Erschwerungsgrund seien die verhängten Strafen als angemessen anzusehen, die im Übrigen auch geeignet sein müssten, den Beschwerdeführer von einer Wiederholung ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Durchführung eines mangelfreien Verwaltungsverfahrens, entgegen einer rechtskräftig vorliegenden Berufungsvorentscheidung und damit einer res iudicata sowie nach Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht bestraft zu werden, verletzt.

In der Beschwerde macht er lediglich geltend, die Ausführungen der Behörde erster Instanz, wonach die "Berufungsvorentscheidung" weder eingesehen noch unterfertigt, sondern irrtümlich abgefertigt worden sei und daher keine gültige Entscheidung der Behörde darstelle, sei nicht nachvollziehbar. Tatsache sei vielmehr, dass die "Berufungsvorentscheidung in gesetzmäßiger Weise formell und materiell richtig erlassen worden sei". Insbesondere sei die Berufungsvorentscheidung mit der zutreffenden Begründung erfolgt, dass im Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung am 13. Juni 2002 die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen bereits verjährt gewesen seien. Die "Berufungsvorentscheidung" sei auch in Rechtskraft erwachsen. Da keinerlei Änderung des Sachverhaltes vorliege, sei infolge Identität der Sache eine neuerliche Entscheidung hierüber rechtswidrig.

Gemäß § 18 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 137/2001 - AVG, erfolgt die Genehmigung einer Erledigung durch die Unterschrift des Genehmigenden. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, dass derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann.

Nach § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Erledigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, haben schriftliche Erledigungen auch die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten. An die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Erledigung mit dem Erledigungstext des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die Genehmigung im Sinne des Abs. 2 aufweist; das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Werden schriftliche Erledigungen vervielfältigt, so bedarf nur das Original der Unterschrift oder der Beglaubigung. Schriftliche Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden sind oder die telegraphisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise übermittelt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.

Im Beschwerdefall wurde auf Grund der im Sinn des § 51 Abs. 3 VStG mündlich zu Protokoll gegebenen Berufung eine Berufungsvorentscheidung der Behörde erster Instanz konzipiert, die nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten jedoch im Sinne des § 18 Abs. 2 AVG mit der Genehmigung eines approbationsbefugten Organs nicht versehen ist. Eine behördliche Erledigung muss jedoch, um als Bescheid qualifiziert werden zu können, jedenfalls im Sinne des § 18 Abs. 2 zweiter Satz AVG genehmigt worden sein (vgl. den hg. Beschluss vom 12. Dezember 2001, Zl. 2000/03/0135). Wenn daher ein nicht zustande gekommener behördlicher Akt - wie etwa im Beschwerdefall ein nicht genehmigter Entwurf eines Bescheides - ausgefertigt wird, liegt kein Bescheid vor.

Bei der dem Beschwerdeführer zugestellten Erledigung vom 26. Februar 2003 handelt es sich somit in Ermangelung einer Unterschrift eines approbationsbefugten Organs der Behörde auf der Urschrift dieses Schriftstückes oder einer sonst erkennbaren Genehmigung der vorgesehenen Erledigung offenbar um ein bloßes Bescheidkonzept und nicht um einen gemäß § 18 Abs. 2 AVG genehmigten behördlichen Akt. Es lag mit dieser Erledigung daher kein Bescheid vor, der hätte in Rechtskraft erwachsen können. Somit war aber die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung nach wie vor unerledigt, so dass die belangte Behörde nach Vorlage der Berufung durch die Behörde erster Instanz zur Entscheidung hierüber zuständig war. Das Entscheidungshindernis der entschiedenen Sache lag im Beschwerdefall daher nicht vor. Der angefochtene Bescheid ist im Sinne der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzung nicht rechtswidrig.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass diese Erledigung auch materiell insofern unrichtig gewesen wäre, als gemäß § 28 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes die Verjährungsfrist für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 ein Jahr beträgt und diese Frist - wie sich aus obiger Darstellung des Verfahrensablaufes ergibt - auch eingehalten worden war.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. November 2004

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Unterschrift des Genehmigenden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003090113.X00

Im RIS seit

10.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten