TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/18 2002/07/0083

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Veröffentlicht am 18.11.2004
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Index

L82407 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AWG Tir 1990 §27 Abs1 litb;
VStG §21;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Harald H in R, vertreten durch Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 17/P, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 23. November 2000, Zl. uvs- 2000/10/063-3, betreffend Übertretung des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) erließ gegen den Beschwerdeführer das Straferkenntnis vom 24. Juli 2000 mit folgendem Spruch:

"Sie (der Beschwerdeführer( haben es als gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz verantwortliches Organ der Firma H GmbH & Co KG zu verantworten, dass über einen längeren Zeitraum, zumindest vom 04.01.1999 bis 26.02.1999, der bei der Sortierung in P angefallene Restmüll entgegen den Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftskonzeptes zur Deponie R-Berg und nicht zur Deponie G verbracht wurde.

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Verwaltungsstrafgesetz i.V.m. § 27 (1) lit. b Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz 1990, LGBl. Nr. 30/1990, begangen.

Gemäß § 27 (2) Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von S 40.000,-- (EUR 2906,91) verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von zwei Wochen.

Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens S 4.000,-- (EUR 290,69) zu bezahlen."

Begründend führte die BH aus, dass ihr mit Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 5. März 1999 mitgeteilt worden sei, dass der bei der Sortierung anfallende Restmüll auf die Deponie R-Berg verbracht werde, obwohl dieser nach den Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftskonzeptes zur Deponie G hätte verbracht werden sollen. Dies sei nach Ansicht der Behörde aus Kostengründen geschehen. Der zur Rechtfertigung aufgeforderte Beschuldigte habe am 29. März 1999 zu Protokoll gegeben, den Tatvorwurf zu bestreiten und dies wie folgt zu begründen:

"Ich verbringe den in meinem Betrieb anfallenden Haushaltsmüll aus dem Bereich der Region T (westlicher Bereich des Bezirkes Innsbruck-Land) unsortiert in die Deponie G. Dabei handelt es sich um eine Menge von ca. 300 t pro Monat.

Die im Bereich der Kunststoffsortierung anfallenden Reststoffe (Kunststoffabfälle) werden seit Beginn dieser Anlage in die Deponie R-Berg verbracht. Dabei handelt es sich um eine Menge von ca. 100 t pro Monat. Die Verbringung nach R-Berg erfolgt aus zweierlei Gründen:

1. Meiner Meinung nach handelt es sich dabei nicht um betriebliche Abfälle, sondern um produktionsspezifische Abfälle, welche vom Tiroler Abfallwirtschaftskonzept nicht betroffen sind. Daher kann auch eine Verpflichtung zur Verbringung nach G nicht vorliegen.

2. Vor ca. 2 Jahren wurde von mir auch dieser Müll nach G angeliefert. Damals wurde mir von Dr. E jedoch mitgeteilt, dass ein derartiger Abfall in dieser Zusammensetzung von der Deponie G nicht übernommen werden kann. Aus diesem Grund musste ich eine andere Entsorgungsmöglichkeit suchen.

Weiters fallen im Bereich der Anlage Siebreste aus der Kompostieranlage an. Diese Siebreste werden einerseits in die Deponie A-Tal (vertragliche Bestimmung mit der Stadt Innsbruck hinsichtlich Rücknahme von 5 % der aus Innsbruck angelieferten Menge an Kompostabfällen) und andererseits ebenfalls in die Deponie R-Berg verbracht. Auch bei diesen Abfällen erhielt ich von Dr. E die Auskunft, dass diese Abfälle auf Grund des hohen kompostierfähigen Anteiles ebenfalls in G nicht übernommen werden können."

Nach Wiedergabe der Aussagen der in weiterer Folge vernommenen Zeugen, nämlich des Geschäftsführers der Abfallwirtschaft T M GmbH (ATM) - laut Aussage des Zeugen E (in der im weiteren Verfahren durchgeführten Berufungsverhandlung vom 23. November 2000) die Betreiberin der Deponie G - Dr. E vom 27. Jänner 2000, des bei der "Firma H" als Fahrer beschäftigten L. vom 16. Mai 2000 und des (früheren) weiteren Arbeitnehmers der "Firma H", K., vom 5. Juni 2000, traf die BH folgenden Feststellungen:

"Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 26.05.1999 (....( wurde festgestellt, dass es sich bei den gegenständlichen Abfällen um betriebliche Abfälle handelt. Diese Entscheidung wurde durch die Tiroler Landesregierung mit Berufungserkenntnis vom 13.06.2000 (....( bestätigt.

Durch die Firma H GmbH & Co KG wurde durch einen unbekannten Zeitraum, zumindest jedoch von 04.01.1999 bis 26.02.1999, der angefallene Restmüll zur Deponie R-Berg anstatt zur Deponie G verbracht. Die Annahme der gegenständlichen Abfälle bei der Deponie G wurde entgegen den Angaben des Beschuldigten nicht verweigert."

Zur Beweiswürdigung führte die BH aus, dass sich diese Feststellungen aus den Aussagen der Zeugen L. und K., welche übereinstimmend ausgesagt hätten, dass die Annahme der Abfälle nicht verweigert worden sei, aus dem Schreiben der Firma L (U GmbH) - laut Aussage des Zeugen Dr. E (in der Berufungsverhandlung vom 23. November 2000) die Betreiberin der Deponie R-Berg (vgl. in diesem Zusammenhang auch die mit Fax-Message der H GmbH & Co KG vom 27. April 1999 an die BH übermittelten Rechnungen der L U GmbH für Lieferungen von Sortierabfällen, Belege Nr. 3855 und 3857) - vom 11. Mai 1999 und weiters aus diesen beiden Rechnungen ergäben. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, er habe die Abfälle deshalb zur Deponie R-Berg verbracht, weil diese Art von Abfällen auf der Deponie G nicht erwünscht gewesen sei, gehe deshalb ins Leere, weil die "Firma H" durch das Tiroler Abfallwirtschaftskonzept verpflichtet gewesen sei, diesen Müll nach G zu verbringen. Ob dieser Müll dort "erwünscht" gewesen sei oder nicht, sei irrelevant; der Müll sei auf der Deponie G angenommen und nicht zurückgewiesen worden.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die BH die Auffassung, dass nicht verwertbare betriebliche Abfälle, mit Ausnahme von Inertabfällen und Baurestmassen, zu jener öffentlichen Behandlungsanlage oder öffentlichen Deponie abzuführen seien, in deren Entsorgungsbereich der Betrieb liege. Durch die gegenständliche Verbringung von Abfällen auf eine weiter entfernte Deponie, welche einen anderen Entsorgungsbereich abdecke, werde gegen die Grundsätze der Abfallwirtschaft (Abfallvermeidung vor Abfallverwertung vor Abfallbehandlung vor Abfalldeponierung) verstoßen, sodass die Ziele der Abfallwirtschaft (insbesondere keine Gefährdung von Leben und Gesundheit, möglichst geringe Gefährdung von Boden, Wasser, Luft, Tieren und Pflanzen) nicht wirksam eingehalten werden könnten. Als Verschuldensausmaß habe Vorsatz angenommen werden müssen. Es dürfe vorausgesetzt werden, dass dem Beschuldigten als Betreiber einer Abfallsortier- und Kompostieranlage das Tiroler Abfallwirtschaftskonzept bekannt sei, trotzdem seien die Abfälle mit dem Vorsatz, durch die günstigere Deponierung in G einen höheren Gewinn zu erzielen, nicht zur korrekten Deponie verbracht worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol (die belangte Behörde) führte am 23. November 2000 eine mündliche Verhandlung durch, an der (u.a.) der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers teilnahm und in der die obgenannten Zeugen Dr. E, L. und K. sowie der Zeuge E, ein Fachtechniker für Umweltschutz und Angestellter der ATM, vernommen wurden. Der hiezu geladene Beschwerdeführer ist zur Verhandlung nicht gekommen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. November 2000 wurden gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs. 1 VStG der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe in Höhe von S 40.000,-- (EUR 2906,91) auf S 25.000,-- (EUR 1816,82), bei Uneinbringlichkeit 7 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wurde, und folgender weiterer Abspruch getroffen:

"Im Hinblick auf § 44a Ziff. 1 VStG wird die als erwiesen angenommene Tat dahingehend präzisiert, dass sie zu lauten hat wie folgt:

'Harald H hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der H GmbH, welche Komplementär der H GmbH & Co KG ist, zu verantworten, dass über einen längeren Zeitraum, zumindest von 04.01.1999 bis 26.02.1999, die bei der Sortierung in P angefallenen nicht verwertbaren betrieblichen Abfälle, wobei es sich nicht um Inertabfälle und Baurestmassen gehandelt hat, entgegen den Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftskonzeptes zur Deponie R-Berg und nicht zur Deponie G verbracht wurden.'

Im Hinblick auf § 44a Ziff. 2 VStG hat die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu lauten wie folgt:

§ 27 Abs. 1 lit. b Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz 1990, LGBl. Nr. 30/1990 i.d.g.F. i.V.m. §§ 7 lit. d und 8 lit. d Tiroler Abfallwirtschaftskonzept, LGBl. Nr. 1/1993 i.d.g.F."

Nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde aus, dass jener Sachverhalt als erwiesen feststehe, den die BH ihrem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde gelegt und im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides - unter Berücksichtigung der durch den angefochtenen Bescheid vorgenommenen Präzisierungen - umschrieben habe. Dieser Sachverhalt ergebe sich auf Grund der - im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen - Aussagen der (in der Berufungsverhandlung am 23. November 2000) vernommenen Zeugen und sei von niemandem bestritten worden. Wenn in der Berufung ausgeführt worden sei, dass trotz des rechtskräftigen Feststellungsbescheides vom 26. Mai 1999 nicht mit erforderlicher Sicherheit festgestellt worden sei, dass die in Frage stehenden Stoffe von der Deponie G angenommen worden wären, so sei dies durch die dezidierten Aussagen der Zeugen Dr. E und E erwiesen. Der Zeuge L. habe sogar angegeben, dass er in der Zeit, in der er gefahren sei, niemals in die Situation gekommen sei, dass Abfälle, die er nach G geliefert habe, nicht angenommen worden seien. Der Aussage des Zeugen K. könne nicht gefolgt werden, er müsse - so wie der Zeuge E ausgeführt habe - verschiedene Fakten verwechselt haben. Es sei nämlich überzeugend dargetan worden, dass die Deponie in G eine Übernahmeverpflichtung gehabt habe und außerdem an der Übernahme der Abfälle auf Grund von Gebühren interessiert gewesen sei. Vielmehr sei im ganzen Verfahren unbestritten geblieben, dass die Anlieferung der Abfälle in die Deponie R-Berg ausschließlich auf Grund finanzieller Überlegungen erfolgt sei.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde (u.a.) aus, dass der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Imst zwar nicht einschlägig, aber anderweitig strafvorgemerkt sei, sodass der von der BH angenommene Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht vorliege. Nicht nachvollzogen werden könne, warum die Tat unter Umständen begangen worden sein solle, die einem Schuldausschließung- oder Rechtfertigungsgrund nahe kämen; die nähere Begründung sei nicht gegeben worden, ebenso habe das Verfahren nichts Diesbezügliches hervorgebracht. Auch sei nicht hervorgekommen, dass die Tat in einem die Schuld ausschließenden Rechtsirrtum begangen worden sei, insbesondere wenn eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Begehung erfolge. Auch eine irrige Gesetzesauslegung sei ein Rechtsirrtum, der den Beschwerdeführer nicht zu entschuldigen vermöge, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden könne, dass die irrige Gesetzesauslegung unverschuldet gewesen sei. Da es sich im gegenständlichen Fall um ein Ungehorsamsdelikt handle, komme auch der Nichteintritt des Schadens nicht als Milderungsgrund in Betracht. Weiters sei der BH zuzustimmen, dass vom Vorsatz ausgegangen werden müsse. Die günstigere Deponierung sei nicht in G, sondern in R-Berg erfolgt, dies in der Absicht, einen höheren Gewinn zu erzielen. Die vorsätzliche Begehungsweise sei als erschwerend zu werten gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 11. Juni 2002, B 139/01-13).

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Bestimmungen der §§ 10, 12 und 27 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 50/1990, in der hier maßgeblichen (vgl. § 1 Abs. 2 VStG) Fassung, LGBl. Nr. 76/1998 (TAWG), haben folgenden Wortlaut:

"§ 10

Allgemeine Pflichten

(1) Unbeschadet der bundesrechtlichen Vorschriften müssen alle Abfälle nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen gesammelt und abgeführt werden, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 gilt nicht:

a) für Abfälle, die auf einem Grundstück des Inhabers der Abfälle kompostiert werden,

b) für betriebliche Abfälle, die einer Verwertung zugeführt oder in einer Anlage des Betriebsinhabers zulässigerweise behandelt oder abgelagert werden.

§ 12

Sammlung und Abfuhr von betrieblichen Abfällen

(1) Die Betriebsinhaber haben die betrieblichen Abfälle, die nach § 10 Abs. 1 der Abfuhrpflicht unterliegen, so zu sammeln und so rechtzeitig zu einer für die betreffende Art von Abfällen geeigneten Behandlungsanlage oder Deponie abzuführen, dass Beeinträchtigungen im Sinne des § 4 Abs. 2 vermieden werden. Nicht verwertbare betriebliche Abfälle, mit Ausnahme von Inertabfällen und Baurestmassen, sind zu jener öffentlichen Behandlungsanlage oder öffentlichen Deponie abzuführen, in deren Entsorgungsbereich der Betrieb liegt.

(2) Die Betriebsinhaber haben dafür zu sorgen, dass jene Abfälle, zum Zweck ihrer Verwertung oder ihrer gesonderten Behandlung oder Ablagerung getrennt zu sammeln sind, getrennt gesammelt und einer entsprechenden Verwertung zugeführt oder zu einer entsprechenden Behandlungsanlage oder Deponie abgeführt werden.

§ 27

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

....

b) als Betriebsinhaber den Verpflichtungen nach § 12 nicht nachkommt,

....

(2) Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde zu ahnden, und zwar jene nach den lit. a, b, c, d, e, f und i mit Geldstrafen bis zu 50.000 Schilling und jene nach den lit. g, h, und j mit Geldstrafen bis zu 500.000 Schilling.

...."

In § 4 leg. cit. sind die Grundsätze für die Abfallwirtschaft festgelegt. Gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz leg. cit. hat die Landesregierung für das ganze Land ein Raumordnungsprogramm nach § 7 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl. Nr. 10, in der jeweils geltenden Fassung zu erlassen, in dem die zur Verwirklichung der Grundsätze für die Abfallwirtschaft nach § 4 erforderlichen Maßnahmen festzulegen sind (Abfallwirtschaftskonzept).

Das von der Tiroler Landesregierung auf Grund des § 5 leg. cit. verordnete Abfallwirtschaftskonzept in seiner zur Zeit der bescheidgegenständlichen Verbringung der Abfälle geltenden Stammfassung, LGBl. Nr. 1/1993, legte als Deponiestandort in dem das Gebiet sämtlicher Gemeinden der Bezirke Innsbruck-Land und Schwaz umfassenden Entsorgungsbereich 4 (Mitte) als Standort von Deponien für Hausmüll und betriebliche Abfälle näher angeführte Grundstücke mit der Deponie G fest. In dem das Gebiet sämtlicher Gemeinden der Bezirke Kitzbühel und Kufstein umfassenden Entsorgungsbereich 5 (Ost) wurden von dieser Verordnung als Deponiestandort Grundstücke mit der Mülldeponie R-Berg festgelegt (vgl. §§ 7 und 8 dieser Verordnung).

Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer (bereits) in dem dem vorliegenden Bescheid zu Grunde gelegten Tatzeitraum vom 4. Jänner 1999 bis 26. Februar 1999 handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GmbH und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese GmbH als Komplementär der H GmbH & Co KG verantwortlich gewesen ist und diese KG in dem genannten Zeitraum nicht verwertbare betriebliche Abfälle, wobei es sich nicht um Inertabfälle und Baurestmassen gehandelt hat, - entgegen dem vorzitierten Abfallwirtschaftskonzept - zur Deponie R-Berg an Stelle (wie verordnet) zur Deponie G verbracht hat. Sie bestreitet jedoch die im erstinstanzlichen Bescheid getroffene, von der belangten Behörde übernommene Feststellung, dass die Annahme der gegenständlichen Abfälle bei der Deponie G entgegen den Angaben des Beschwerdeführers nicht verweigert worden sei, und bringt vor, dass der Beschwerdeführer immer die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen penibel eingehalten habe und dies auch im vorliegenden Fall getan hätte, wäre er nicht auf Grund des gegenteiligen "Bescheides" des Deponieleiters (gemeint: der Deponie G) gezwungen gewesen, den Müll zur Deponie R-Berg zu bringen. Die belangte Behörde habe wesentliche Ergebnisse des Beweisverfahrens einfach übergangen. Wenn diese ausführe, dass die in Frage stehenden Stoffe von der Deponie G angenommen worden wären, und sich dabei auf die dezidierten Aussagen der Zeugen Dr. E, E und L. stütze, so könne dies aus der Aussage des Zeugen Dr. E nicht abgeleitet werden. Wenn die Angaben des Zeugen K. damit abgetan würden, dieser hätte "etwas verwechselt", und sich die belangte Behörde nicht mit den Widersprüchlichkeiten im Beweisverfahren auseinander setze, so handle es sich dabei um eine Scheinbegründung.

Diese mit der Aussage des Zeugen K. begründete Beweisrüge ist bereits deshalb nicht zielführend, weil, selbst wenn die belangte Behörde den insoweit von den Aussagen der übrigen vernommenen Zeugen abweichenden Angaben des Zeugen K. im Verwaltungsverfahren gefolgt wäre, sich aus diesen Angaben nicht ergeben hätte, dass der Beschwerdeführer - wie von ihm behauptet - gezwungen gewesen wäre, den Müll zur Deponie R-Berg zu bringen. So hat der Zeuge K. bei seiner Vernehmung in der Berufungsverhandlung angegeben, er habe ein- oder zweimal vom Deponieleiter E die telefonische Anweisung erhalten, dass diese Art der Abfälle auf der Deponie (G) nicht erwünscht sei. Dennoch habe er (der Zeuge K.) nochmals einen Container voll hinführen lassen, worauf gesagt worden sei, man würde dieses Material nur gutmütigerweise dalassen, aber das nächste Mal nicht mehr annehmen, worauf derartige Transporte nach R-Berg durchgeführt worden seien. Aus diesen Angaben des Zeugen K. lässt sich jedoch nicht ableiten, dass das vom Zeugen K. vertretene Unternehmen gezwungen gewesen sei, den Müll zur Deponie R-Berg zu transportieren, ergibt sich doch aus seinen Angaben nicht, dass er auf die neuerliche Übernahme des Mülls (so im Hinblick auf das Abfallwirtschaftskonzept) bestanden habe oder dass die Annahme des Mülls tatsächlich zurückgewiesen worden sei.

Abgesehen davon, vermag die genannte Beweisrüge die Feststellungen der belangten Behörde jedoch aus folgenden Gründen nicht zu erschüttern:

Der Zeuge Dr. E hat bei seiner Vernehmung am 23. November 2000 über Vorhalt der Aussage des Beschwerdeführers vom 29. März 1999 - danach sei diesem vom Zeugen Dr. E etwa im Jahr 1997 mitgeteilt worden, dass "ein derartiger Abfall in dieser Zusammensetzung" von der Deponie G nicht übernommen werden könne - angegeben, dass er sich an eine solche Äußerung nicht erinnern könne und es so gewesen sei, dass der Beschwerdeführer und er in mehreren Fällen sowohl persönlich als auch telefonisch gesprochen hätten. Er (der Zeuge Dr. E( habe bei diesen Gesprächen eine derartige Aussage (wie ihm vorgehalten) nicht getätigt, denn sie hätten ja eine Übernahmeverpflichtung für derartige Abfälle gehabt. Mit dieser Aussage hat der Zeuge Dr. E unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, keine Erklärung gegenüber dem Beschwerdeführer in dem von diesem behaupteten Sinn abgegeben zu haben. Der Beschwerdeeinwand, "ein Sich-nicht-erinnern-Können" bedeute nicht, wie vom Unabhängigen Verwaltungssenat gleichgesetzt worden sei, dass "eine derartige Aussage nicht getätigt wurde", geht daher ins Leere.

Im Übrigen spricht für die Darstellung des Zeugen Dr. E auch die Aussage des Zeugen L., eines Arbeitnehmers der "Firma H", der in der Berufungsverhandlung angab, fast täglich zur Deponie G gefahren zu sein, und zwar fünf bis sechs Jahre hindurch, solange die Deponie offen gewesen sei, und sich nicht daran erinnern zu können, dass einmal Abfälle nicht angenommen worden seien. Die anders lautende Darstellung des Beschwerdeführers wurde lediglich durch die obzitierte Aussage des Zeugen K. gestützt. Eine solche Äußerung, wie vom Zeugen K. behauptet, wurde jedoch von dem hierauf in der Berufungsverhandlung vernommenen Zeugen E in Abrede gestellt. Wenn nun die belangte Behörde den Aussagen der Zeugen Dr. E und E gefolgt ist und dabei weiters von der Überlegung ausgegangen ist, dass außerdem ein wirtschaftliches Interesse an der Übernahme von Abfällen bei der Deponie G bestanden habe, so kann diese Beweiswürdigung nicht als unschlüssig und mit den Denkgesetzen in Widerspruch stehend beurteilt werden.

Somit lag - entgegen dem Standpunkt des Beschwerdeführers - keine Zwangslage für das von ihm vertretene Unternehmen vor, die Abfälle nicht zur Deponie G, sondern zur Deponie R-Berg zu verbringen, sodass bereits deshalb von einer schuldausschließenden Notstandssituation im Sinn des § 6 VStG (vgl. dazu etwa Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren II2, § 6 VStG E 1 ff) - darauf zielt das Vorbringen des Beschwerdeführers offensichtlich ab - keine Rede sein kann.

Bei der Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs. 1 lit. b TAWG handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem zufolge § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG das Verschulden des Täters vermutet wird, sofern er nicht glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. dazu etwa die in Walter-Thienel, aaO, zu § 5 VStG E 102 ff zitierte hg. Judikatur). Wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorsätzliches Handeln - dafür genügt bereits die Form des bedingten Vorsatzes (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2002, Zl. 2001/07/0091, mwN) - anlastet, so ist diese Beurteilung nicht als rechtswidrig zu erkennen, wird doch vom Beschwerdeführer nicht behauptet, dass ihm die mit dem Abfallwirtschaftskonzept normierte Verpflichtung, die gegenständlichen betrieblichen Abfälle zur Deponie G zu verbringen, nicht bekannt gewesen sei. Abgesehen davon spricht auch der nicht bestrittene Umstand, dass er vor dem gegenständlichen Tatzeitraum Abfälle zu dieser Deponie verbringen ließ, dafür, dass ihm diese Verpflichtung bekannt gewesen ist.

Welches Motiv diesem vorsätzlichen Handeln zu Grunde gelegen ist, vor allem, ob die Verbringung zur Deponie R-Berg lediglich aus finanziellen Gründen erfolgt sei, ist hiebei nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, sodass auf die weitere in der Beschwerde erhobene Rüge, eine derartige Annahme entbehre jeder beweismäßigen Grundlage, nicht weiter eingegangen zu werden brauchte.

Im Hinblick auf die vorsätzliche Begehungsweise der Verwaltungsübertretung lagen - entgegen der Beschwerdeansicht - die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) nicht vor, kann doch davon, dass das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben sei, keine Rede sein (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, Zl. 2002/07/0155, mwN).

Entgegen der Beschwerdeansicht stellt es auch keinen Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG dar, wenn die belangte Behörde die Tat in zeitlicher Hinsicht durch Angabe des Zeitraumes vom 4. Jänner 1999 bis 26. Februar 1999, in dem die Abfälle (wiederholt) zur Deponie R-Berg verbracht wurden - vgl. etwa die obzitierten, an die BH übermittelten Rechnungen der L GmbH über eine Reihe von Lieferungen von Sortierabfällen in der Zeit vom 4. Jänner 1999 bis 26. Februar 1999; der Beschwerdeführer hat im Übrigen die Verbringung während des genannten Zeitraums nicht in Abrede gestellt -, somit in einer kalendermäßig eindeutig präzisierten Art, umschrieben hat.

Wenn die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde die Berufungsverhandlung zur Vernehmung des Beschwerdeführer nicht erstreckt habe, so zeigt sie damit bereits deshalb keinen Verfahrensmangel auf, weil der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in dieser Verhandlung - wie aus dem diesbezüglichen Verhandlungsprotokoll hervorgeht - auf die "ursprüngliche" Aussage des zur Verhandlung nicht erschienen Beschwerdeführers verwiesen, keine weiteren Beweisanträge gestellt und einer Verlesung der Verwaltungsakten - der Beschwerdeführer wurde bereits im erstinstanzlichen Verfahren vernommen - zugestimmt hat.

Schließlich bestand auch keine Veranlassung zur Einleitung des in der Beschwerde angeregten Vorabentscheidungsverfahrens, wird doch in der Beschwerde nicht konkretisiert dargelegt, inwiefern die im TAWG iVm dem Tiroler Abfallwirtschaftskonzept normierte Verpflichtung den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen im Einzelnen zuwiderlaufe. Dies ist auch nicht ersichtlich.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. November 2004

Schlagworte

Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002070083.X00

Im RIS seit

20.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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