TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/22 2002/10/0028

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Veröffentlicht am 22.11.2004
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Index

L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §35 Abs2;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z3;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der W Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Mag. Dr. Peter Sommerer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Nottendorfer Gasse 11, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. Jänner 2002, Zl. RU5-B-218/001, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid, Spruchteil I, wurde der (nachträgliche) Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft vom 14. November 2000 um Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Werbeanlage auf dem Grundstück Nr. 541 KG L abgewiesen. Mit Spruchteil II dieses Bescheides wurde die beschwerdeführende Gesellschaft verpflichtet, die errichtete Werbeanlage im Ausmaß von 13,5 x 7 m innerhalb eines Monates ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen und den früheren Zustand des Grundstückes wieder herzustellen. Begründend wurden zunächst Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz wie folgt wiedergegeben:

"Befund:

Bereits im erstinstanzlichen Gutachten wurde eine überaus genaue Darstellung und Beschreibung der naturräumlichen Situation durchgeführt und werden daher nunmehr nur die wesentlichsten Aspekte für eine gutachterliche Beurteilung ausgeführt. Die gegenständliche Werbeanlage ist unmittelbar im Böschungsbereich einer Autobahnbrückenzufahrt situiert und überragt auf Grund ihrer Dimension die obere Böschungskante bei weitem. Im Gegensatz zu der für das erstinstanzliche Verfahren maßgeblichen Werbetafel ziert nun eine andere Werbebotschaft die Anlage. Es handelt sich dabei um eine Werbung für Fliesen und Sanitär der Firma N, wobei rote bzw. blaue Schriftzüge auf weißem Untergrund optische Akzente setzen und eine rote Signalleiste mit entsprechender Anschrift das untere Ende der Tafel ergänzt. Unmittelbar neben dieser neuen und konsenslos errichteten Werbetafel befindet sich eine weitaus kleinere, offenbar bewilligte Werbetafel der Firma O Vösendorf. Außerdem ist diese Tafel im oberen Bereich (Schriftzug) durchbrochen und durchsichtig. Auf diesen Umstand wurde auch im erstinstanzlichen Gutachten besonders hingewiesen. Der Böschungsbereich, an dessen Vorderseite beide Werbetafeln angebracht sind, ist Teil einer unverbauten und freien agrarisch genutzten Landschaft, die sich bis zum Ortsrand von L hinzieht und in ihrer Gesamtheit eine offene unverbaute Kulturlandschaft darstellt. Eine markante Zäsur erfolgt erst durch den bereits erwähnten Siedlungsrand und die unmittelbar daran gelegenen und landschaftlich nicht abgeschirmten Wohnbauten (kein Grüngürtel und auch keine Baum - und Strauchgruppen). Wenn man nun die bereits beschriebene O-Werbetafel für sich allein stehend in der Landschaft beurteilt, so ist davon auszugehen, dass diese Tafel auf Grund ihrer geringen Größe und ihrer Gestaltung (durchlässiger oberer Rand) noch kein wesentliches Störelement im ggst. Landschaftsraum darstellt. Mit der Errichtung der neuen Werbeanlage entstehen jedoch ca. 98 m2 zusätzliche Werbeflächen, was nunmehr zu einem Gesamtausmaß von ca. 135 m2 führt.

Gutachten:

Im Rahmen des naturschutzbehördlichen Verfahrens ist nach § 7 des NÖ Naturschutzgesetzes nun zu beurteilen, ob durch die ggst. Werbeanlage eine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, des Erholungswertes oder der ökologischen Funktionstüchtigkeit im betroffenen Gebiet vorliegt bzw. ob dieser Umstand durch entsprechende Vorkehrungen weitgehend abgemindert werden kann. Zu den beiden Beurteilungskriterien Erholungswert und ökologische Funktionstüchtigkeit ist anzuführen, dass durch die ggst. Werbeanlage hier keinerlei nachhaltige Beeinträchtigungen abzuleiten sind, da es sich einerseits um einen intensiv genutzten agrarischen Raum im Nahbereich einer Autobahn handelt und daher in diesem Zusammenhang weder spezifische ökologische Qualitäten noch erholungsmäßige Eignungsmerkmale vorliegen. Dies wurde allerdings auch im erstinstanzlichen Gutachten festgehalten. Daher bleibt als wesentlicher Aspekt das Kriterium Landschaftsbild übrig. Wie bereits im Befund festgestellt, wird die ggst. Werbeanlage auf Grund ihres Flächenausmaßes von 98 m2 (Gesamtwerbefläche nun 135 m2) und der damit verbundenen Situierung mit auffälligem Hinausragen über den Böschungsrand zu einer optischen Dominante in der Landschaft und es entsteht ein weitgehend landschaftsfremdes und störendes Element, das einen besonderen scharfen Kontrast zur umgebenden Landschaft darstellt. Der unterfertigte Sachverständige schließt sich daher den Aussagen der erstinstanzlichen Gutachterin dahingehend an, dass damit der Sachverhalt einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gegeben ist. Was nun mögliche Vorkehrungen zur Verminderung dieser negativen, das Landschaftsbild störenden Auswirkungen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Sinn von Werbeanlagen ja gerade in ihrer Sichtbarkeit und optischen Auffälligkeit begründet ist und daher sämtliche Maßnahmen zur Abschirmung und landschaftlichen Einbindung solcher Anlagen dem Werbeanliegen diametral entgegengesetzt sind und daher auch nicht als zielführend bezeichnet werden können. Die im Aktenverlauf angesprochene mögliche Bepflanzung der Böschungsflächen hinter den Werbetafeln mit Thujen stellt aus naturschutzfachlicher Sicht ebenfalls keinen gangbaren Weg dar, da es sich einerseits um standortfremde Pflanzen handelt und andererseits Bepflanzungen in diesem Böschungsabschnitt sowohl platzmäßig wie auch technisch kaum möglich sind und auf Grund ihrer Anordnung hinter der Werbefläche auch keine Verminderung des landschaftsstörenden Effektes nach sich ziehen würden. Zu den im Rahmen der Berufung vorgebrachten Hinweisen auf bestehende andere Werbetafeln in diesem Geländeabschnitt entlang der Südautobahn kann angemerkt werden, dass auch diese Werbeanlagen konsenslos errichtet wurden und im zweitinstanzlichen Naturschutzverfahren bereits ebenfalls negativ beurteilt wurden.

Abschließend ist in diesem Zusammenhang gerade darauf hinzuweisen, dass die ggst. Werbeanlage nicht nur als Einzelfall gewertet werden kann, sondern in einem Gesamtkonnex zu sehen ist, gleichsam als Beispiel für noch unverbaute landschaftliche Kulturflächen entlang der Südautobahn, die noch einen freien Ausblick auf eine weitgehend unverbaute Landschaft ermöglichen. Gerade der Hinweis in der Berufung, dass es ja auch noch andere Werbetafeln in unmittelbarer Nähe gibt (allerdings unbewilligt), zeigt sehr deutlich, dass dies auch seitens einzelner Konsenswerber offensichtlich so gesehen und als Argumentationshilfe verwendet wird."

In rechtlicher Hinsicht wurde dargelegt, die Errichtung einer Werbeanlage sei gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 Niederösterreichisches Naturschutzgesetz 2000, LGbl. 5500-2 (NÖ NSchG 2000) bewilligungspflichtig. Die Bewilligungspflicht habe auch nach der alten Rechtslage gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 NÖ NSchG, LGBl. 5500-7, bestanden. Die Anwendbarkeit des NÖ NSchG 2000 ergebe sich auch aus den (im Einzelnen wiedergegebenen) Übergangsvorschriften. Die beantragte "mündliche Lokalaugenscheinsverhandlung" sei weder durch das Gesetz vorgeschrieben noch erforderlich gewesen. Der Sachverständige, der auch einen Lokalaugenschein durchgeführt habe, habe in seinem Gutachten herausgearbeitet, dass die gegenständliche Werbeanlage - im Gegensatz zur benachbarten Werbetafel, die weitaus kleiner sowie im oberen Bereich durchbrochen und daher "durchsichtig" sei - auf Grund ihres Flächenausmaßes von ca. 98 m2 und der damit verbundenen Situierung mit auffälligem Hinausragen über den Böschungsrand zu einer optischen Dominanz in der Landschaft führe und ein weitgehend landschaftsfremdes und störendes Element darstelle. Eine Bepflanzung mit Thujen würde keine Verminderung des landschaftsstörenden Effektes nach sich ziehen. Eine negative Einstellung bzw. Befangenheit des Sachverständigen sei nicht ersichtlich. Es liege auch keine Widersprüchlichkeit im Gutachten darin, dass der Sachverständige einerseits auf eine bewilligte Werbetafel und andererseits auf nicht bewilligte Werbetafeln hingewiesen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 7 Abs. 1 Z. 3 NÖ NSchG 2000 bedarf außerhalb vom Ortsbereich die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Veränderung und der Betrieb von Werbeanlagen ... (abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) einer Bewilligung durch die Behörde.

Nach § 7 Abs. 2 leg. cit. ist die Bewilligung nach Abs. 1 zu versagen, wenn 1. das Landschaftsbild, 2. der Erholungswert der Landschaft oder 3. die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden kann.

Nach § 35 Abs. 2 leg. cit. sind unabhängig von einer Bestrafung nach § 36 Personen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Verordnungen oder Bescheiden zuwidergehandelt haben, von der Behörde zu verpflichten, den früheren Zustand wiederherzustellen, oder wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand den Interessen des Naturschutzes bestentsprechend abzuändern.

Die Beschwerde macht geltend, es liege keine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die Werbetafel vor. Die Werbetafel trete nicht besonders auffällig und zur Umgebung im scharfen Kontrast in Erscheinung, weil sie sich in nur 100 m Entfernung zur Autobahntrasse befinde. In der Umgebung befänden sich zahlreiche Werbetafeln, eine davon in unmittelbarer Nähe. Mit diesem Umstand setze sich der Sachverständige nicht in hinreichender Weise auseinander. Im Hinblick auf das Vorhandensein anderer Werbetafeln könne auch nicht von einem besonders scharfen Kontrast zur umgebenden Landschaft gesprochen werden. Es fehlten Feststellungen, wie viele andere optisch vergleichbare Werbetafeln sich in unmittelbarer Nähe befänden bzw. welche sonstigen baulichen Anlagen sich in unmittelbarer Nähe zur verfahrensgegenständlichen Anlage befänden. Ein Lokalaugenschein sei nicht durchgeführt worden. Es fehlten auch Darlegungen, welche Umstände tatsächlich zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes führten. Der Sachverständige habe eine negative Grundeinstellung gegenüber dem Werbeobjekt der Beschwerdeführerin, was sich aus der Textierung "im Gegensatz zu der für das Erstinstanzverfahren maßgeblichen Werbetafel ziert nun eine andere Werbebotschaft die Anlage" klar erkennen lasse. Das Sachverständigengutachten wäre auch aus dem Blickwinkel zu beleuchten gewesen, dass in unmittelbarer Nähe der verfahrensgegenständlichen Werbeanlage "vergleichbare Werbeplakate" bewilligt worden wären. Der Streckenabschnitt entlang der A 2 stelle kein aus naturschutzrechtlicher Sicht besonders zu schützendes Gebiet dar. Aus der Größe des Werbeplakates allein könne nicht auf eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes gefolgert werden.

Den in erster und zweiter Instanz eingeholten Sachverständigengutachten war zu entnehmen, dass die in Rede stehende Werbeanlage auf Grund ihres Flächenausmaßes von ca. 98 m2 und ihrer Situierung, die mit einem auffälligen Hinausragen über den Rand der dahinter befindlichen Böschung verbunden sei, in scharfem Kontrast zu der im Umgebungsbereich gegebenen unverbauten Kulturlandschaft stehe und den Blick auf diese Landschaft beeinträchtige. Diesem Gutachten ist die beschwerdeführende Gesellschaft nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Davon ausgehend - und auch bei Bedachtnahme auf die dem Verwaltungsakt angeschlossenen Lichtbilder - zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit der Auffassung der belangten Behörde, die Werbeanlage stelle eine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar, auf. Die Hinweise der Beschwerde auf in der Umgebung gelegene andere Anlagen übersehen, dass diese nach den selbst von der Beschwerde nicht konkret bestrittenen Annahmen der belangten Behörde - von einer Ausnahme, auf die im angefochtenen Bescheid Bedacht genommen wurde, abgesehen - ohne Bewilligung errichtet wurden und daher bei der Beurteilung des Landschaftsbildes nicht in Betracht zu ziehen waren (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 14. September 2004, Zl. 2001/10/0178, vom 16. Dezember 2002, Zl. 2000/10/0202, und vom 14. Mai 2002, Zl. 2000/10/0026).

Auch der Hinweis der Beschwerde darauf, dass eine in der unmittelbaren Umgebung der gegenständlichen Werbeanlage gelegene andere Werbeanlage von der Behörde bewilligt worden sei, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, dessen Gegenstand allein die von der Beschwerdeführerin errichtete Werbeanlage ist, aufzuzeigen. Selbst aus einer rechtswidrigen Vorgangsweise der Behörde in anderen Fällen könnte kein Anspruch auf eine Bewilligung abgeleitet werden (vgl. auch hiezu z.B. das Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2001/10/0178). Im Übrigen hat die belangte Behörde bei der Beurteilung der Auswirkungen der den Gegenstand des Antrages bildenden Werbeanlage auf das Landschaftsbild auf die in unmittelbarer Nähe bestehende (bewilligte) Werbeanlage im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung Bedacht genommen und auch - von der Beschwerde unwidersprochen - dargelegt, aus welchen Gründen diese Werbeanlage (im Gegensatz zu der beantragten Werbeanlage) keine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes darstelle.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes I des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor.

Eine Rechtswidrigkeit von Spruchpunkt II (Entfernungsauftrag) wird in den Beschwerdegründen nicht geltend gemacht. Eine vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen aufzugreifende Rechtswidrigkeit liegt nicht vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 22. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002100028.X00

Im RIS seit

24.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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