TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/22 2002/10/0023

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Veröffentlicht am 22.11.2004
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §4 Abs1;
ForstG 1975 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Bundes (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 13. Dezember 2001, Zl. 18.342/05-IA8/01, betreffend Waldfeststellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit die Waldeigenschaft des Grundstückes Nr. 318 EZ 546 und eines näher bezeichneten Teils des Grundstückes Nr. 319 EZ 67, je KG N, festgestellt wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Antrag, dem Bund den Ersatz der Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird abgewiesen.

Begründung

Mit einer unter anderem an den Bund als Eigentümer bzw. Miteigentümer der in Rede stehenden Grundstücke gerichteten Verständigung vom 10. August 1998 teilte die Magistratsabteilung 49 des Magistrates der Stadt Wien mit, dass betreffend die "Grundstücke Nr. 318, Teil von 315, 316, 317/1 und 319" der KG N in Wien, Z-Straße, von Amts wegen ein Waldfeststellungsverfahren eingeleitet werde.

Mit Bescheid des im Devolutionsweg zuständig gewordenen Landeshauptmannes von Wien vom 30. Jänner 2001 wurde gemäß § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 2 und § 170 Abs. 1 ForstG festgestellt, dass es sich bei der Grundfläche in Wien, Z-Straße, die in der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden planlichen Darstellung ausgewiesen ist, hinsichtlich des Grundstückes Nr. 318, EZ 546 KG N, zur Gänze (1.460 m2), hinsichtlich des Grundstückes Nr. 319, EZ 67 KG N, teilweise (200 m2), somit in einem Gesamtausmaß von

1.660 m2, um Wald und bei den Grundstücken Nr. 315, 316, beide EZ 972, und Nr. 317/1, EZ 171, nicht um Wald im Sinne dieses Gesetzes handle. Begründend wurde nach Zitierung der anzuwendenden Vorschriften des Forstgesetzes dargelegt, der Bund als Eigentümer bzw. Miteigentümer der in Rede stehenden Grundstücke habe beantragt festzustellen, dass es sich bei der vom amtswegigen Feststellungsverfahren betroffenen Grundfläche nicht um Wald im Sinne des Forstgesetzes handle. Gegenstand des Waldfeststellungsverfahrens sei eine zusammenhängende Grundfläche, die das Grundstück Nr. 318 EZ 546 zur Gänze sowie Teile der Grundstücke Nr. 315 und 316, beide EZ 972, sowie der Grundstücke Nr. 317/1 EZ 171 und Nr. 319 EZ 67 umfasse. Die von der Waldfeststellung betroffenen Grundflächen seien ursprünglich nicht Wald gewesen; durch Naturverjüngung habe sich eine Bestockung mit forstlichen Gewächsen entwickelt. Der forstliche Amtssachverständige habe nach Überprüfung näher genannter Luftbilder aus Befliegungen in den Jahren 1938, 1956, 1966, 1975 und 1997 in seinem Gutachten vom 16. März 1999 ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Grundfläche um eine ehemalige Obstkultur handle, die nach Kriegsende nicht mehr als solche genutzt worden sei. In den Luftbildern sei die zeitliche Abfolge der zunehmenden Verwilderung der Grundfläche deutlich erkennbar. Der Bildflug des Jahres 1938 zeige die räumliche Gliederung der Obstkultur mit dazwischen vereinzelt höherwüchsigen Individuen ohne räumliche Ordnung. Forstliche Gehölzkerne entsprechend den heute ältesten Bestandsteilen seien im nördlichen, südlichen und östlichen Bereich (schmaler Gehölzstreifen) der Feststellungsfläche aus dem Bildflug 1966 ersichtlich. Der Bildflug 1975 zeige eine allmähliche Auflösung der räumlichen Struktur der Obstkultur mit verstreut stockenden forstlichen Gehölzen. Im Bildflug 1997 seien die heute gegebenen inhomogenen Bewuchsverhältnisse erkennbar. Auf einem Teil der zu beurteilenden Flächen der Grundstücke Nr. 315, 316 und 317/1 habe der Amtssachverständige eine genaue Auswertung durch 34 Stichprobenpunkte vorgenommen, wobei allerdings keine Kronenablotung erfolgt sei, sondern in Anlehnung an die "Instruktion für die Feldarbeit der österreichischen Waldinventur 1992/96" der forstlichen Bundesversuchsanstalt der Schlussgrad und die durchschnittlichen Pflanzenzahlen nach Pollanschütz zur Beurteilung der Überschirmung verwendet worden sei. Dabei sei eine Überschirmung dieses Teiles der Grundfläche von sechs Zehntel festgestellt worden. Dies decke sich teilweise auch mit den Ausführungen im Gutachten des allgemein gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H. vom 20. November 1998 (beigebracht vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten), wonach der Bewuchs der gegenständlichen Feststellungsfläche sehr unterschiedlich sei. Zum Teil seien die vom Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 49 angeführten Bäume vorhanden, zum Teil gebe es Blößen, Unkrautbewuchs, Dornengestrüpp, hohes Gras, sehr viele Müllablagerungen, altes Gras und alte Bäume. Im Westen der Fläche auf dem Teil des Grundstückes Nr. 319 und zur Gänze auf dem Grundstück Nr. 318 sei die Bestockung hoch und es könne hier von einem Überschirmungsgrad von 0,7 bis 0,8 ausgegangen werden. Auf dem Grundstück Nr. 317/1 sowie auf den Grundstücken Nr. 315 und 316 stünden auf den von der Magistratsabteilung 49 ausgewiesenen Flächen keine geschlossenen Baumbestände, sondern nur einzelne Bäume oder kleine Baumgruppen bzw. etwas Anflug. Dazwischen breiteten sich Unhölzer, Dornengestrüpp etc. aus, sodass hier eine Überschirmung von höchstens 0,2 bis 0,3 angenommen werden könne. Aus dem (ebenfalls vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten beigebrachten) Gutachten der ÖBf Consulting gehe hervor, dass zum Zwecke der Verifizierung der vom Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 49 durchgeführten Erhebung des Überschirmungsgrades in der Südostecke (Teil des Grundstückes Nr. 315) der von der Waldfeststellung betroffenen Grundfläche an der Z-Straße eine flächendeckende Vollaufnahme durchgeführt worden sei. Zur kontrollweisen Bestimmung der Überschirmung seien auf dieser 35 x 25 m großen Fläche die Kronen aller zum forstlichen Bewuchs zählenden Pflanzen abgelotet, mittels Fluchtstangen abgesteckt, vermessen und in einer Skizze eingetragen worden. Dabei seien zur Vereinfachung Einzelindividuen zu Gruppen zusammengefasst worden. Diese Gruppen seien als mit zehn Zehntel beschirmt angenommen worden, obwohl auch innerhalb dieser Gruppen immer wieder Lücken ohne Beschirmung vorgefunden worden seien. Das Ergebnis dieser Vollaufnahme eines Teiles der vom Waldfeststellungsverfahren betroffenen Grundfläche habe einen durch die Kronenablotungen ermittelten Überschirmungsgrad von 0,48 ergeben.

Unter Hinweis auf näher genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führte die Behörde erster Instanz sodann aus, der Überschirmungsgrad sei grundsätzlich bezogen auf die zusammenhängend bestockten Teile der Feststellungsfläche zu ermitteln. Ein Ergebnis, demzufolge die dem Waldfeststellungsverfahren unterzogene Fläche zum Teil Wald und zum Teil nicht Wald sei, sei nicht ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall hänge das Ergebnis der Waldfeststellung von der Frage der Neubewaldung ab, deren Eintritt zwischen 1975 und 1997 erfolgt sei. Der Amtssachverständige der Magistratsabteilung 49 habe zunächst die zulässige Methode der Taxation angewendet. Dem Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H. liege offenbar ebenfalls diese Methode zugrunde. Weiters habe der forstliche Amtssachverständige einen Teil der zu beurteilenden Grundfläche auf den Grundstücken Nr. 315, 316 und 317/1 einer genauen Auswertung durch 34 Stichprobenpunkte unterzogen. Dabei sei keine Kronenableitung erfolgt, sondern in Anlehnung an die Instruktion für die Feldarbeit der österreichischen Waldinventur 1992/96 der forstlichen Bundesversuchsanstalt der Schlussgrad und die durchschnittlichen Pflanzenzahlen nach Pollanschütz angewendet worden. Der vom Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 49 aufgrund der nachträglich vorgenommenen Auswertung von 34 Stichprobenpunkten auf den Grundstücken Nr. 315, 316 und 317/1 zunächst durchschnittlich festgestellte Überschirmungsgrad von sechs bis sieben Zehntel sei aufgrund einer Berechnung aus den Pflanzenzahlen je 100 m2 nach den Kennwerten von Pollanschütz erfolgt. Nach den Ausführungen des forstlichen Amtssachverständigen handle es sich bei der Definition des Schlussgrades nach Pollanschütz um ein in der Zukunft liegendes Ereignis. Dabei werde von jenen Verhältnissen ausgegangen, die sich bei Erreichen des Dickungsstadiums des Bewuchses erwarten ließen. Das vom Amtssachverständigen zur Auswertung herangezogene Verfahren lasse also keine gesicherte Aussage über den tatsächlich vorhandenen Überschirmungsgrad im Zeitpunkt der Antragstellung zu. Da § 5 Abs. 2 ForstG auf den Zeitpunkt der Antragstellung im Feststellungsverfahren abstelle, könnten diese Schlussfolgerungen in die rechtliche Beurteilung nicht einfließen. Der durch Taxation vom forstlichen Amtssachverständigen ermittelte Überschirmungsgrad von 0,7 bis 0,8 für das Grundstück Nr. 318 und den Teil des Grundstückes Nr. 319 decke sich jedoch mit der Darstellung im Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H. über den Überschirmungsgrad dieses Teiles der Feststellungsfläche. Den soeben erwähnten beiden Gutachten sei gemeinsam, dass die Schlussfolgerungen aus den ermittelten Sachverhalten betreffend die Überschirmungsgrade unterschiedslos auf die gesamte zu beurteilende Feststellungsfläche bezogen worden seien. Die ÖBf Consulting habe eine flächendeckende Vollaufnahme in einem begrenzten Bereich von 875 m2 des Grundstückes Nr. 315, der ca. 20 % der verfahrensgegenständlichen Feststellungsfläche darstelle, durchgeführt. Zur kontrollweisen Bestimmung der Beschirmung seien auf dieser 35 m x 25 m großen Fläche die Kronen aller zum forstlichen Bewuchs zählenden Pflanzen abgelotet und dabei ein durchschnittlicher Überschirmungsgrad der untersuchten Fläche von 0,48 festgestellt worden. Diesem Gutachten käme keine Aussagekraft für die nicht untersuchte Feststellungsfläche zu. Die Behörde sei ausgehend von den von den jeweiligen Sachverständigen ermittelten Sachverhalten, wobei der genaueren Ermittlungsmethode oder übereinstimmenden Sachverhaltsfeststellungen der Vorzug gegeben worden sei, zu dem Ergebnis gelangt, dass nur ein Teil der vom Waldfeststellungsverfahren betroffenen Fläche Wald im Sinne des Forstgesetzes sei. Sowohl aus den Erhebungen des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H. als auch aus den Feststellungen des forstlichen Amtssachverständigen vom 16. März 1999 gehe übereinstimmend hervor, dass auf der vom Waldfeststellungsverfahren betroffenen Teilfläche des Grundstückes Nr. 319 EZ 67 KG N und auf dem gesamten Grundstück Nr. 318 EZ 546 KG N eine Überschirmung von mehr als fünf Zehntel der Fläche vorliege. Dem Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. H, der diesen Bereich genau beschrieben habe, sei zu entnehmen, dass die Bestockung auf dem von der Waldfeststellung betroffenen westlichen Teil des Grundstückes Nr. 319 und dem Grundstück Nr. 318 hoch sei und einen Überschirmungsgrad von 0,7 bis 0,8 aufweise. Auf den Grundstücken Nr. 317/1, 316 und 315 stünden auf den von der Magistratsabteilung 49 ausgewiesenen Flächen keine geschlossenen Baumbestände, sondern nur einzelne Bäume oder kleine Baumgruppen bzw. etwas Anflug. Dazwischen hätten sich im Zeitpunkt der Befundaufnahme Unhölzer, Dornengestrüpp etc. ausgebreitet. Hier könne eine Überschirmung von höchstens 0,2 bis 0,3 angenommen werden. Der Nordteil des Grundstückes 314 sowie der Nord- und Nordostteil des Grundstückes Nr. 316 seien im Zeitpunkt der Befundaufnahme unbestockt gewesen. Die von Stichprobenpunkten ausgehenden Auswertungen des forstlichen Amtssachverständigen würden dem Bescheid nicht zugrunde gelegt, da sich diese auf einen in Zukunft zu erwartenden Überschirmungsgrad bei Erreichen des Dickungsstadiums des Bewuchses bezögen.

Der Bundesminister erhob gegen den die Waldeigenschaft bestimmter Grundflächen feststellenden Teil dieses Bescheides Berufung. Die Berufungsgründe sind wie folgt zusammenzufassen:

Es werde die Meinung der Behörde, dass es für die zusammenhängend bestockten Teile der Feststellungsfläche übereinstimmende Sachverhaltsfeststellungen gebe, nicht geteilt. Lediglich Dipl. Ing. H. habe einen Überschirmungsgrad von 0,7 bis 0,8 für das Grundstück Nr. 318 und einen Teil des Grundstücks Nr. 319 ermittelt. Der Amtssachverständige hingegen habe einen Überschirmungsgrad von 0,8 für die gesamte Feststellungsfläche ermittelt. Es könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob der Amtssachverständige bei seiner oberflächlichen Erhebung überhaupt auf den Grundstücken Nr. 318 und 319 gewesen sei. Der Bund sei daher der Meinung, dass das Gutachten des Amtssachverständigen aufgrund seiner viel zu ungenauen Befundaufnahme von falschen Tatsachen ausgehe und zur Gänze für die Beurteilung auszuscheiden sei. Im Übrigen könne bei einer dermaßen unterschiedlichen Beurteilung auf einem Großteil der Feststellungsfläche auch dann, wenn das detailliertere Gutachten in einem Teilbereich sich der Globaleinschätzung des anderen annähere, nicht von übereinstimmenden Sachverständigenfeststellungen ausgegangen werden, sondern eher von einem Zufallstreffer. Somit verbleibe als einzig relevantes Gutachten, welches sich auch auf die zu beurteilende Fläche beziehe, das Gutachten von Dipl. Ing. H. Gerade zu dem nunmehr in Rede stehenden Bereich gebe dieser keine sehr ausführliche Beschreibung, sondern nur die Aussage, dass die Bestockung hoch sei. Dies bedeute nicht zwingend eine "weitreichende forstlich relevante Überschirmung". Dennoch müsse aufgrund der örtlich differenzierten Erhebungen dieses Sachverständigen davon ausgegangen werden, dass die Bestockung und Überschirmung im Osten der Feststellungsfläche deutlich höher sei. Die Schlussfolgerung dieses Sachverständigen sei jedoch, dass aufgrund der Flächenverteilung insgesamt die Überschirmung von fünf Zehntel nicht erreicht werde. Im Vertrauen auf diese sachverständige Äußerung sei der Bund bisher der Meinung gewesen, dass es für die Frage der Neubewaldung auf den Überschirmungsgrad der gesamten Feststellungsfläche ankäme und in Anbetracht der geringen Überschirmung der Restfläche eine genaue Untersuchung der Grundstücke 318 und 319 nicht erforderlich sei. Nunmehr seien neue entscheidungswesentliche Fragen aufgetaucht. Insbesondere stelle sich die Frage, wie der Sachverständige bei seiner ohne Geräte vorgenommenen Befundaufnahme durch Taxation in der Natur festgestellt habe, wo genau das Grundstück ende. Es fehlten Aussagen des Sachverständigen darüber, ob und wie er die Grenzen der Grundstücke in der Natur festgestellt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges wurde die Auffassung vertreten, es stehe aufgrund der Luftbildaufnahmen fest, dass eine Auflösung der räumlichen Struktur der ehemals vorhandenen Obstkultur mit verstreut stockenden forstlichen Gehölzen bereits im Bildflug 1975 feststellbar sei. Im Bildflug 1997 seien bereits die heute gegebenen inhomogenen Bewuchsverhältnisse erkennbar. Aus den örtlichen Erhebungen des forstfachlichen Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 49 sowie des gerichtlichen beeideten Sachverständigen ergebe sich für die Behörde schlüssig und nachvollziehbar, dass auf dem noch verfahrensgegenständlichen Teil des Grundstückes Nr. 319 und auf dem Grundstück Nr. 318 forstlicher Bewuchs mit einer Überschirmung von 0,7 bis 0,8 vorhanden sei. Dies werde auch durch das Gutachten der ÖBf Consulting nicht widerlegt, weil die Bestockung durch Größenschluss ermittelt worden sei, wobei als Ausgangsfläche ein geringer bestockter Teil des Grundstückes Nr. 315 herangezogen worden sei. Es stehe somit aufgrund der forstfachlichen Erhebungen fest, dass sich die Fläche im Ausmaß von 1.660 m2 mit einem Überschirmungsgrad von nunmehr 0,7 bis 0,8 naturverjüngt habe und somit die Waldeigenschaft zum jetzigen Zeitpunkt vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Bundes, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die Beschwerde macht insbesondere - mit ins Einzelne gehender Begründung - geltend, es lägen keine hinreichend konkreten Ermittlungsergebnisse vor, die die Annahme der Behörde tragen könnten, dass das Grundstück Nr. 318 und der der Waldfeststellung unterzogene Teil des Grundstückes Nr. 319 im Gesamtausmaß von

1.660 m2 zusammenhängend bestockt und mit 0,7 bis 0,8 überschirmt seien. Die vom Amtssachverständigen angewendete Methode der Taxation führe nicht zu einem hinreichend exakten Ergebnis. Die gegenständliche Fläche sei ein extrem verwilderter, sehr stark mit hohem nicht forstlichem Gewächs überwucherter Baugrund. Die Einschätzung der Überschirmung durch Taxation sei offenbar zu stark von dem Dschungel an dichtem und hohem Bewuchs beeindruckt, selbst wenn man sich bemühe, nicht forstliche Gewächse auszunehmen. Dies sei nicht nur bei der Beurteilung der Taxation durch den Amtssachverständigen zu beachten, sondern auch bei jener des Sachverständigen Dipl. Ing. H. Dieser meine zum strittigen Teil der Feststellungsfläche, dort müsse von einer hohen Überschirmung ausgegangen werden. Im Gutachten führe er lediglich aus, dass dort die Bestockung hoch sei. Es werde aber nicht ausgeführt, womit dieser Teil überwiegend bzw. zusammenhängend bestockt sei. Außerdem habe der Sachverständige die gesamte Feststellungsfläche beurteilt und für diese einen für die Neubewaldung der gesamten Fläche nicht ausreichenden Überschirmungsgrad ermittelt. Es sei problematisch, dies ohne ergänzende Erhebung als Grundlage für eine Waldfeststellung bloß auf den Grundstücken Nr. 318 und 319 heranzuziehen. Es sei auch anzunehmen, dass der Sachverständige, wenn er nicht die gesamte Feststellungsfläche, sondern nur den zusammenhängend bestockten Teil beurteilt hätte, dessen Grenzen genauer und möglicherweise anders definiert und die strittige Fläche genauer untersucht hätte. Dies hätte nicht zum selben Ergebnis führen müssen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 ForstG 1975 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 59/2002) sind Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

Nach § 4 Abs. 1 leg. cit. unterliegen Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, im Fall der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von zehn Jahren ab deren Durchführung, im Fall der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von fünf Zehnteln ihrer Fläche den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

Nach § 5 Abs. 2 erster Satz leg. cit. hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei einer Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt, wenn sie feststellt, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen 15 Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war.

Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist der angefochtene Bescheid im Umfang seines Ausspruches, dass es sich beim Grundstück Nr. 318 EZ 546 KG N zur Gänze (1.460 m2) und einem näher dargestellten, eine Fläche von 200 m2 umfassenden Teil des Grundstückes Nr. 319 EZ 67 KG N um Wald im Sinne des Forstgesetzes handle. Zu diesem Ergebnis gelangte die belangte Behörde aufgrund der von ihr übernommenen Auffassung des Landeshauptmannes, wonach auf der der Waldfeststellung unterzogenen Fläche durch Neubewaldung eine Überschirmung mit forstlichen Gewächsen von mehr als fünf Zehnteln ihrer Fläche entstanden sei.

Die belangte Behörde übernahm die entsprechende Feststellung des Bescheides des Landeshauptmannes mit der Begründung, es ergebe sich aus den örtlichen Erhebungen des forstfachlichen Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 49 sowie des gerichtlich beeideten Sachverständigen schlüssig und nachvollziehbar, dass auf dieser Grundfläche forstlicher Bewuchs mit einer Überschirmung von 0,7 bis 0,8 vorhanden sei. Dem Bescheid des Landeshauptmannes ist insoweit folgende Beweiswürdigung zu entnehmen:

"Sowohl aus den Erhebungen des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H. (Seite 2 des forstlichen Gutachtens vom 20. November 1998) als auch aus den Feststellungen des forstlichen Amtssachverständigen vom 16. März 1999 geht übereinstimmend hervor, dass auf der vom Waldfeststellungsverfahren betroffenen Teilfläche des Grundstückes Nr. 319, EZ 67, KG N, und auf dem gesamten Grundstück Nr. 318, EZ 546, KG N, eine Überschirmung von mehr als fünf Zehntel der Fläche vorliegt. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. H., der diesen Bereich genau beschrieben hat, ist zu entnehmen, dass die Bestockung auf dem von der Waldfeststellung betroffenen westlichen Teil des Grundstückes Nr. 319 und dem Grundstück Nr. 318 hoch ist und einen Überschirmungsgrad von 0,7

bis 0,8 aufweist. ... Zusammenfassend ist daher auszuführen, dass

aufgrund der beiden vorliegenden Gutachten des forstlichen Amtssachverständigen und des Herrn Dipl. Ing. H. auf dem Grundstück Nr. 318 und auf einem Teil des Grundstückes Nr. 319 ein zusammenhängender forstlicher Bewuchs mit einer entsprechenden Überschirmung festzustellen ist, während die restliche Feststellungsfläche (Grundstücke Nr. 315, 316 und 317) nur einzelne Bäume und Baumgruppen und daher keine zusammenhängende Bestockung aufweist."

Diese Darlegungen beruhen in der Frage der Überschirmung einer aus dem Grundstück Nr. 318 und einem Teil des Grundstückes Nr. 319 gebildeten Fläche auf der Annahme, es bestehe insoweit Übereinstimmung zwischen den Angaben des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H. im Gutachten vom 20. November 1998 und den "Feststellungen des forstlichen Amtssachverständigen vom 16. März 1999". Diese Annahme hält jedoch einer näheren Überprüfung nicht stand.

Mit dem Hinweis auf "Feststellungen des forstlichen Amtssachverständigen vom 16. März 1999" bezog sich die Behörde offenbar auf die mit Schreiben der Magistratsabteilung 49 dem Bundesminister vorgehaltenen Ergebnisse der Beweisaufnahme. Dieser Vorhalt wird nach Hinweisen auf ergänzende Erhebungen des forsttechnischen Amtssachverständigen auf der Liegenschaft mit folgenden Darlegungen eingeleitet:

"Die Erhebungen waren aufgrund der auf wesentlichen Teilen der gegenständlichen Liegenschaft unterschiedlich festgestellten Überschirmung erforderlich, da die Waldeigenschaft im Falle des § 4 Abs. 1 zweiter Halbsatz ForstG 1975 erst bei einer Überschirmung von fünf Zehntel der Fläche eintritt und die Überschirmung seitens des Gutachters Dipl. Ing. H. für die Grundstücke 317/1, 316 und 315 mit zwei Zehntel bis drei Zehntel, seitens des forsttechnischen Amtssachverständigen jedoch für die gesamte Liegenschaft mit acht Zehntel taxativ festgestellt wurde. Die vom forsttechnischen Amtssachverständigen festgestellte Überschirmung von acht Zehntel wurde seitens des Gutachters Dipl. Ing. H. lediglich für den Teil des Grundstückes 319 sowie zur Gänze Grundstück 318 mit sieben Zehntel bis acht Zehntel weitestgehend bestätigt. Die ergänzenden Erhebungen des forsttechnischen Amtssachverständigen waren daher auf eine Klärung der strittigen Überschirmung für die Grundstücke 317/1, 316 und 315 auszurichten."

Der im letzten Satz des soeben wiedergegebenen Textteiles enthaltenen Ankündigung entsprechend beschäftigen sich die folgenden, auf Darlegungen des Amtssachverständigen zurückgehenden Ausführungen ausschließlich mit der Frage der Überschirmung der Grundstücke 317/1, 316 und 315. Nach näheren Hinweisen auf die gewählte Methode wird dargelegt, dass auf dem letztgenannten Teil der der Waldfeststellung zu unterziehenden Fläche 34 Stichprobenpunkte eingemessen und hinsichtlich ihrer Überschirmung beurteilt worden seien. Nach Auswertung der 34 Stichprobenpunkte ergebe sich - gemeint offenbar: für den zuletzt angeführten Teil der Feststellungsfläche - eine durchschnittliche Überschirmung von sechs Zehntel; unter Einbeziehung des "unstrittigen westlichen Teiles der Liegenschaft, Teil von Grundstück 319 und Grundstück 318 gesamt", sei eine durchschnittliche Überschirmung von sechs bis sieben Zehntel auf der gesamten vom gegenständlichen Waldfeststellungsverfahren betroffenen Grundfläche anzunehmen.

Es trifft somit nicht zu, dass den "Feststellungen des forsttechnischen Amtssachverständigen vom 16. März 1999" ein konkreter Befund betreffend die Überschirmung der Grundstücke Nr. 318 und 319 zu entnehmen wäre; vielmehr hat sich der forsttechnische Amtssachverständige dort ausschließlich mit der Überschirmung der Grundstücke 317/1, 316 und 315 beschäftigt. Die Überschirmung der Grundstücke 318 und 319 wurde hingegen lediglich in Form eines Hinweises auf die Ausführungen des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H. behandelt. Dem ist hinzuzufügen, dass sich der Amtssachverständige auch vor Erstattung der von der Behörde bezogenen, im Schreiben vom 16. März 1999 festgehaltenen Äußerung - dem Inhalt der Verständigung vom 10. August 1998 zufolge - ausschließlich zur Frage der Überschirmung einer aus den Grundstücken "318, Teil von 315, 316, 317/1, 319" gebildeten Grundfläche geäußert hatte. In den nach der Äußerung vom 16. März 1999 erstatteten Gutachtensergänzungen und in dieser selbst setzte sich der Amtssachverständige ausschließlich mit Fragen der angewendeten Ermittlungsmethoden im Zusammenhang mit der Überschirmung der aus den Grundstücken 315, 316, und 317/1 gebildeten Grundfläche auseinander; seinen Darlegungen ist zu entnehmen, dass die detaillierten Erhebungen insbesondere das Grundstück Nr. 315 betrafen. Es trifft somit nach der Aktenlage die Annahme des Bescheides des Landeshauptmannes nicht zu, dass der forstliche Amtssachverständige "für das Grundstück Nr. 318 und einen Teil des Grundstückes Nr. 319 einen Überschirmungsgrad von 0,7 bis 0,8 ermittelt" hätte. Die auf der Grundlage der Auswertungen von Stichprobenpunkten durch den Amtssachverständigen getroffenen Annahmen erklärte die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung als ungeeignet, "in die rechtliche Beurteilung einzufließen"; sie vertrat mit näherer Begründung die Auffassung, dass dieses Verfahren keine gesicherte Aussage über den tatsächlich vorhandenen Überschirmungsgrad im Zeitpunkt der Antragstellung zulasse.

Angesichts dieser Umstände trifft die Auffassung der Behörde nicht zu, es gehe aus den Feststellungen des forstlichen Amtssachverständigen vom 16. März 1999 (übereinstimmend mit den Erhebungen des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H.) hervor, dass auf der Teilfläche des Grundstückes Nr. 319 und auf dem gesamten Grundstück Nr. 318 eine Überschirmung von mehr als fünf Zehntel der Fläche vorliege. Eine ausdrückliche, allein auf die Überschirmung einer aus dem Grundstück Nr. 318 und dem verfahrensgegenständlichen Teil des Grundstückes Nr. 319 gebildeten Fläche bezogene Beurteilung des Amtssachverständigen und entsprechende Befundfeststellungen liegen nicht vor; aber auch in den anderen, auf eine größere (die Feststellungsfläche einschließende) Fläche bzw. benachbarte Flächen bezogenen Darlegungen des Amtssachverständigen liegt weder eine solche Feststellung noch könnte Entsprechendes daraus mit Sicherheit abgeleitet werden.

Als in die letztgenannte Richtung gehendes Ermittlungsergebnis liegt ausschließlich die nicht von konkreten Befundfeststellungen getragene Äußerung im Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. H. vor, wonach "im Westen der Fläche auf dem Teil des Grundstückes 319 und zur Gänze auf dem Grundstück 318 die Bestockung hoch (ist) und es hier von einem Überschirmungsgrad von 0,7 bis 0,8 ausgegangen werden". Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht beurteilen, ob die Behörde diese sprachlich unvollständigen und kursorischen Darlegungen alleine - die im Übrigen in einem auf eine Gesamtbetrachtung der Überschirmung der gesamten Feststellungsfläche bezogenen, die Überschreitung einer Überschirmung von fünf Zehntel verneinenden Gutachten enthalten sind - als ausreichend angesehen hätte, darauf eine ihren Bescheid tragende Feststellung zu gründen, hätte sie erkannt, dass keine damit übereinstimmende Befundfeststellung des Amtssachverständigen vorliegt.

Diese gegen die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung im Bescheid des Landeshauptmannes sprechenden Umstände hat die belangte Behörde nicht aufgegriffen, obwohl sie - wenigstens im Ergebnis - in der Berufung geltend gemacht worden waren. Darin liegt eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Ein Ersatz der Aufwendungen kommt nicht in Betracht, weil § 47 Abs. 1 VwGG voraussetzt, dass obsiegende Partei (hier: der - beschwerdeführende - Bund) und unterlegene Partei (hier: der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde) verschiedene Personen sind; dies ist hier nicht der Fall.

Wien, am 22. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002100023.X00

Im RIS seit

04.01.2005

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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