TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/30 2001/18/0249

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2004
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des I, geboren 1975, vertreten durch Dr. Marcus Zimmerbauer, Rechtsanwalt in 4030 Linz, Salzburger Straße 267, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Juni 2001, Zl. St 86/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 27. Juni 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Guinea Bissau, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 sowie den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 4. Juni 1999 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gekommen und habe einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. Jänner 2000 abgewiesen worden sei. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sei für zulässig erklärt worden. Über die dagegen eingebrachte Berufung sei noch nicht entschieden worden. Während der Dauer des Asylverfahrens sei der Beschwerdeführer gemäß § 19 AsylG zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Das Landesgericht Linz habe den Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil vom 6. April 2001 wegen des Vergehens der Bandenbildung nach § 278 Abs. 1 StGB und wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 und 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Am 5. Juni 2001 sei er auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen worden sei. Er habe sich im Juli 2000 mit anderen, darunter auch mit seiner Gattin, mit dem Vorsatz verbunden, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Verbindung in teils wechselnder Zusammensetzung Betrügereien ausgeführt würden. Durch die Vorspiegelung, (angeblich zuvor aus Sicherheitsgründen) geschwärzte US-Dollar-Banknoten in Höhe von 2 Millionen Schilling mittels hochwertiger und teurer Chemikalien wieder "reinzuwaschen", seien andere Personen zur Ausfolgung von Bargeld für den Ankauf der genannten Chemikalien verleitet bzw. zu verleiten versucht worden. Dadurch seien diese Personen jeweils in einem S 500.000,-- übersteigenden Betrag geschädigt worden bzw. sollten geschädigt werden. So habe der Beschwerdeführer am 24. Juli 2000 in Wels, zusammen mit anderen, einen unbekannten Geschädigten zur Ausfolgung von Bargeld in verschiedenen Währungen im Wert von ca. 75.000,-- US-Dollar veranlasst.

Durch die rechtskräftige Verurteilung sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 erster Fall FrG erfüllt. Die Art und Schwere der vom Beschwerdeführer gesetzten Delikte, nämlich schwerer gewerbsmäßiger Betrug im Zusammenhang mit Bandenbildung und einer Schadenssumme, die S 500.000,-- übersteige, rechtfertige die Annahme, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, zumal er nach nur einem Jahr nach seiner Einreise straffällig geworden, sich im Zeitpunkt der Begehung der Tat in Bundesbetreuung befunden habe und somit zumindest existenzieller Sorgen enthoben gewesen sei. Die Ausübung des bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeräumten Ermessens zu seinem Nachteil sei gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer lebe mit seiner Frau und seinem etwa 15 Monate alten Sohn in Österreich. Es sei aber zu bedenken, dass auch seine Ehefrau als Mittäterin verurteilt worden sei. Das Aufenthaltsverbot greife zwar in sein Privat- und Familienleben ein, es sei jedoch zur Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten. Der Beschwerdeführer sei noch nicht so lange im Bundesgebiet aufhältig, um hier als integriert angesehen werden zu können. Er habe sich seinen Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit auf verschiedenen Baustellen und in Linz verdient. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes würden wesentlich schwerer wiegen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf das vom Beschwerdeführer in Österreich geführte Privat- und Familienleben. Auf die behaupteten Gefahren für den Beschwerdeführer in seinem Heimatland komme es nicht an, weil mit einem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen werde, in welches Land sich der Beschwerdeführer zu begeben habe. Das anhängige Asylverfahren stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Da die belangte Behörde zur Auffassung gelangt sei, dass die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, nach zehn Jahren weggefallen sein würden, sei das Aufenthaltsverbot, das auch unbefristet hätte erlassen werden können, auf zehn Jahre befristet worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers kann die - von der Beschwerde nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2.1. Im Grund des § 36 Abs. 1 FrG bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe keine "Rückfallsprognose" angestellt und keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen.

2.2. Der behauptete Mangel liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat sich im Juli 2000 einer Bande von Betrügern angeschlossen. Er hat einen unbekannten Geschädigten zur Ausfolgung von Bargeld in verschiedenen Währungen im Wert von ca. 75.000,-- US-Dollar verleitet, und zwar durch die Vorspiegelung, mittels hochwertiger und teurer Chemikalien geschwärzte US-Dollar-Banknoten in Höhe von 2 Millionen Schilling "reinwaschen" zu können. Durch diese Straftaten hat der Beschwerdeführer das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/18/0451) gravierend beeinträchtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Bedenken dagegen, im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt zu erachten. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass der Beschwerdeführer bisher noch nie in Strafhaft genommen worden ist und er sich - dem Beschwerdevorbringen zufolge - nach seiner Haftentlassung bemühe, sich mit seiner Ehefrau und seinem Kind eine geordnete Existenz aufzubauen. Aus diesen Umständen kann nicht abgeleitet werden, dass vom Beschwerdeführer keine Gefahr mehr ausgehe, zumal auch seine Ehefrau an den strafbaren Handlungen beteiligt war und deswegen mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. April 2001 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden ist.

3.1. Im Grund des § 37 FrG bringt der Beschwerdeführer vor, dass sein Sohn in Österreich geboren sei. "Die Ausweisung seines Vaters - dem Beschwerdeführer - würde daher den Kontakt beenden und demnach zu einem der größten vorstellbaren Eingriffe in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers führen."

3.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Bei der nach § 37 FrG gebotenen Interessenabwägung hat die belangte Behörde die Dauer des bisherigen rechtmäßigen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit Juni 1999, seine daraus ableitbare Integration und seine familiären Bindungen zu seine Ehefrau und seinem Kind berücksichtigt und zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Sie hat aber - unter Bedachtnahme auf seine persönlichen Interessen - ebenso zutreffend den Standpunkt vertreten, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, liegt doch dem Beschwerdeführer - wie schon erwähnt (vgl. oben II. 2.2.) - ein im Licht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität verwerfliches Fehlverhalten zur Last, welches das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten erscheinen lässt.

Im Licht dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren persönlichen Interessen werden in ihrem Gewicht dadurch deutlich gemindert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers lediglich auf einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG beruhte. Zudem hat die daraus ableitbare Integration des Beschwerdeführers in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten eine erhebliche Beeinträchtigung erfahren. Von daher kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ein größeres Gewicht beigemessen hat als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und die seiner Familie.

4. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001180249.X00

Im RIS seit

30.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten