TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/30 2002/18/0031

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Veröffentlicht am 30.11.2004
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des F, geboren 1981, vertreten durch Dr. Günter Zeindl, Rechtsanwalt in 6010 Innsbruck, Schmerlingstraße 4/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 17. Jänner 2002, Zl. III 4033-9/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 17. Jänner 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Z. 1 und den §§ 37, 38, 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. Februar 2001 wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, teilweise in der Begehungsform der Beitragstäterschaft nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2, 130 zweiter Satz, erster und zweiter Fall, 15, 12 dritte Alternative StGB mit einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren, davon zwei Jahre bedingt, belegt worden. Der Sachverhalt könne dem dem Bescheid in Ablichtung beigefügten Spruch des genannten Urteils entnommen werden. (Diesem ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als Mitbeteiligter in der Zeit von Juli bis Oktober 2000 durch eine Vielzahl von Einbrüchen vorwiegend in Geschäftsräumlichkeiten Mobiltelefone, technische Geräte, Uhren, Schmuck, Bargeld, Kleider uä in einem Gesamtwert von ca. 1,2 Millionen Schilling erbeutet bzw. zu erbeuten versucht hat.) Das Strafgericht habe erschwerend das professionelle Vorgehen durch längere Planung, das arbeitsteilige Vorgehen, die Begehung der Taten in Gesellschaft von Mittätern, die Sachschäden bei den Einbruchsdiebstählen sowie die mehrfache Qualifikation des schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahles angeführt. Als mildernde Umstände habe es das umfassende und reumütige Geständnis, die Unbescholtenheit, die teilweise nur versuchten Taten, das Alter von unter 21 Jahren sowie die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung und Schadenersatzzahlung gewertet.

Das aus dem Urteil ersichtliche Gesamtfehlverhalten zeige die negative Einstellung des Beschwerdeführers zur Rechtsordnung. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall FrG sei erfüllt. Durch das Aufenthaltsverbot werde im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Seine Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, mache die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen; Schutz des Eigentums) dringend geboten. Der Beschwerdeführer halte sich seit 1992 rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Seit 8. November 2000 arbeite er behördlich erlaubt als Hilfsarbeiter. Es bestehe eine intensive familiäre Bindung zu seinen Eltern und Geschwistern, die im Bundesgebiet gut integriert seien und mit denen der Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Haushalt lebe. Der Vater des Beschwerdeführers sei schwer lungenkrank und arbeitsunfähig. Der Beschwerdeführer erziele gemeinsam mit seiner Mutter das "Familieneinkommen". Seine Schwester besuche die Handelsakademie. Sein Bruder sei 1996 geboren. Das Gewicht der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers werde durch seine Volljährigkeit sowie durch die Beeinträchtigung der sozialen Komponente seiner Integration durch seine schweren Vermögensstraftaten verringert. Diese wögen - im Hinblick auf seine Neigung zu den genannten Straftaten - höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, weshalb dieses auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.

Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 FrG und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes (der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ruhe und Sicherheit) sei das Verstreichen von fünf Jahren notwendig. In Anbetracht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von mehr als zwei Jahren sei eine besondere Begründung der Ermessensentscheidung des § 36 Abs. 1 FrG entbehrlich. Ein Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund gemäß §§ 35 und 38 FrG komme nicht zum Tragen. Der Beschwerdeführer sei erst 1992, sohin als Zehnjähriger, nach Österreich gekommen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund der unstrittigen rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers bestehen gegen die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt, keine Bedenken.

2. Der Beschwerdeführer ist wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, teilweise in der Begehungsform der Beitragstäterschaft, zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren, davon zwei Jahre bedingt, verurteilt worden. Die Diebstähle umfassten fremde bewegliche Sachen in einem S 500.000,--

übersteigenden Wert. Der Beschwerdeführer hat die schweren Diebstähle und die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begangen, sich durch deren wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Dieses Verhalten gefährdet in hohem Ausmaß das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität. Der seit der Begehung der Straftaten im Zeitraum von Juni bis Oktober 2000 verstrichene Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr ist viel zu kurz, um auf einen Wegfall oder auch nur eine erhebliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr schließen zu können. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass für das künftige Verhalten des Beschwerdeführers keine positive Prognose erstellt werden könne. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die oben genannten Erwägungen des Strafgerichts betreffend die Höhe der Strafe und auf deren (teil)bedingte Nachsicht verweist, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts und unabhängig von den erwähnten gerichtlichen Erwägungen zu treffen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 2001/18/0204). Die Ansicht der belangten Behörde, die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, begegnet keinen Bedenken.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit 1992, also seit etwa zehn Jahren, seine Beschäftigung als Hilfsarbeiter, die intensive familiäre Bindung zu seinen mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern und Geschwistern sowie den Umstand berücksichtigt, dass der Vater des Beschwerdeführers schwer lungenkrank ist.

Den daraus ableitbaren gewichtigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet steht jedoch die dargestellte, vom Beschwerdeführer ausgehende große Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber. Von daher kann - auch unter Berücksichtigung des Alters des Beschwerdeführers von 21 Jahren - die Ansicht der belangten Behörde, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2003/18/0339). Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass seine Familie ihr Heimatland auf Grund des Krieges in Bosnien habe verlassen müssen, dass sie keine Möglichkeit mehr hätten, nach Bosnien zurückzukehren, und dass er dort keinerlei verwandtschaftliche Verbindungen mehr habe, ist entgegenzuhalten, dass durch § 37 FrG nicht die Führung eines Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs gewährleistet wird und es für die Frage der Rechtsmäßigkeit des Aufenthaltsverbotes ohne Bedeutung ist, ob und gegebenenfalls in welchem Staat der Fremde im Sinn des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht ist, weil mit einem Aufenthaltsverbot nicht darüber abgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 98/18/0243, mwN). Die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat stellt sich im Verfahren betreffend ein Aufenthaltsverbot nicht (vgl. das zu einer Ausweisung ergangene, aber gleichermaßen für ein Aufenthaltsverbot zutreffende hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0149).

4. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002180031.X00

Im RIS seit

30.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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