TE Vwgh Beschluss 2004/12/10 AW 2004/18/0331

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Veröffentlicht am 10.12.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs4;
FrG 1997 §75 Abs5;
MRK Art3;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des F, geboren 1972, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 7. Dezember 2004, Zl. Fr-172/3/04, betreffend Feststellung gemäß § 75 FrG, erhobenen und zur hg. Zl. 2004/18/0406 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2. Gemäß § 75 Abs. 4 FrG darf der Fremde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den (ersten) Antrag in diesen Staat nicht abgeschoben werden. Über Folgeanträge (auch nach einer Entscheidung gemäß § 8 Asylgesetz) mit der Behauptung, dass sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert habe, wäre gemäß § 75 Abs. 5 FrG zu entscheiden, wobei sich der in diesem Fall gegebene Abschiebungsschutz aus § 75 Abs. 5 zweiter Satz ergibt.

Die belangte Behörde hat mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Dezember 2004, die Behörde möge mit Bescheid feststellen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass er in Serbien-Montenegro/Provinz Kosovo gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei, auf Grund des Nichtvorliegens der Antragsvoraussetzungen gemäß § 75 Abs. 2 FrG zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist insofern der Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung zugänglich, als dem Beschwerdeführer damit die Rechtsstellung zukäme, die er vor Erlassung des angefochtenen Bescheides gemäß § 75 Abs. 4 FrG hatte.

3.1. Aus der Beschwerde ergibt sich im Zusammenhalt mit dem angefochtenen Bescheid, dass über den Beschwerdeführer im Jahr 1999 auf Grund seines strafbaren Verhaltens ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden ist. Der Beschwerdeführer hat bisher acht erfolglose Asylanträge gestellt. Er wurde am 7. August 2001, am 15. November 2002 und am 23. September 2004 in den Kosovo abgeschoben. Jedes Mal ist der Beschwerdeführer sogleich illegal in das Bundesgebiet zurückgekehrt, wobei er nach seiner zweiten Rückkehr erneut straffällig wurde. Er wurde deswegen gerichtlich verurteilt und musste eine Freiheitsstrafe verbüßen. Bei den strafbaren Handlungen handelte es sich ua um ein Suchtmitteldelikt. Die letzten strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers erfolgten im Frühjahr 2003. 3.2. Die Mutter und fünf Geschwister des Beschwerdeführers leben in Österreich. Sie haben entweder den Status von anerkannten Konventionsflüchtlingen oder die österreichische Staatsbürgerschaft oder ein dauerndes Aufenthaltsrecht. Seinen Antrag nach § 75 Abs. 1 FrG hat der Beschwerdeführer damit begründet, dass er im Kosovo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Gefahr laufen würde, als staatenlos und fremd behandelt zu werden, fremdenpolizeilichen Maßnahmen unterworfen und in Haft genommen zu werden, "diskriminiert und als Person ohne Rechte behandelt zu werden, sodass der Betroffene dort keinen Zugang zu seinen Rechten und einen gesetzlichen und behördlichen Schutz hätte". Er wäre im Kosovo ohne jedwede Lebensgrundlage, da seine Familie in Österreich leben würde. Im Kosovo würde unter armen Menschen ein brutaler Überlebenskampf herrschen, in welchem Rückkehrer ohne sozialen Rückhalt und ohne Unterstützungs- und Fürsorgemöglichkeiten keine Möglichkeiten hätten, ihre elementarsten Lebens- und Grundversorgungsbedürfnisse wenigstens notdürftig und auf einem solchen (niederen) Niveau abzudecken, dass sie zumindest nicht Hunger leiden würden und nicht unter Obdachlosigkeit im Winter zu leiden hätten.

3.3. Den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begründet der Beschwerdeführer damit, dass "die öffentlichen Interessen dadurch nicht nachträglich tangiert werden und schon gar nicht die Rede davon sein kann, dass zwingende öffentliche Interessen einem Ausspruch ... entgegenstehen würden".

3.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner u.a. zu § 8 AsylG ergangenen Judikatur ausgeführt, dass die bloße Sachverhaltsannahme, ein Fremder hätte derzeit im Fall seiner Rückkehr in die Provinz Kosovo "keine Lebensgrundlage", zu allgemein sein, um eine Beurteilung vor dem Hintergrund des § 57 Abs. 1 FrG zu ermöglichen. Die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mehrfach betonte Exzeptionalität der Umstände, die vorliegen müssten, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalbstaatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat in Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen, erfordere eine ganz besonders detaillierte Darstellung der Verhältnisse der betreffenden Person, und zwar sowohl im Zielstaat der Abschiebung als auch in Österreich (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. August 2001, Zl. 2000/01/0443, und vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059).

4. Der Beschwerdeführer beeinträchtigt durch sein Verhalten das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens. Trotz des bestehenden unbefristeten Aufenthaltsverbotes und trotz der dreimaligen Vornahme von Abschiebungen des Beschwerdeführers in sein Heimatland ist er jedes Mal illegal in das Bundesgebiet zurückgekehrt, wobei er nach seiner zweiten Rückkehr sogar wieder straffällig geworden ist. Unter diesen Voraussetzungen ist der für den Beschwerdeführer mit seiner Rückkehr in den Kosovo verbundene Nachteil nicht unverhältnismäßig.

5. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkungen war gemäß § 30 Abs. 2 VwGG abzuweisen.

W i e n , am 10. Dezember 2004

Dr. Strohmayer

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

Schlagworte

Begriff der aufschiebenden Wirkung Besondere Rechtsgebiete Polizeirecht Unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:AW2004180331.A00

Im RIS seit

30.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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