TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/13 2001/06/0162

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Veröffentlicht am 13.12.2004
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauRallg;
B-VG Art130 Abs2;
RPG Vlbg 1996 §34;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der H KG in R, vertreten durch Mag. Klaus Tusch, Dr. Günter Flatz und Dr. Ernst Dejaco, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Mühletorplatz 12, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 3. April 2001, Zl. II - 4151.0003/01, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 16. Juli 1999 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. März 1998 um die Erteilung der baupolizeilichen Bewilligung für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf einer im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde gelegenen Grundstück gemäß § 31 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) im zweiten Rechtsgang abgewiesen. Im beantragten Projekt seien 191 PKW-Stellplätze und drei behindertengerechte PKW-Stellplätze im Freien ausgewiesen und keine Garagen bzw. Einstellplätze. Am 17. Dezember 1998 habe die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde eine Verordnung gemäß § 34 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG) erlassen, nach welcher bei der Errichtung eines Bauwerkes, bei Zubauten, wesentlichen Umbauten oder bei Änderung der Verwendung eines Bauwerkes im Bereich der L 52 mindestens ein Drittel der Zahl der erforderlichen Stellplätze nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen als Garagen zu errichten seien. Das Projekt der Beschwerdeführerin sehe nicht vor, dass ein Drittel der Zahl der erforderlichen Stellplätze nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen als Garagen zu errichten sei. Die Beschwerdeführerin habe von der Möglichkeit, ihr Projekt so weit zu modifizieren, dass es mit der angeführten Verordnung übereinstimme, keinen Gebrauch gemacht.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, der letztlich mit dem in Durchführung des Beschlusses der Berufungskommission der Marktgemeinde R vom 7. Dezember 2000 ergangenen Bescheid vom 17. Jänner 2001 keine Folge gegeben wurde. Das Projekt der Beschwerdeführerin sehe die von der anzuwendenden Verordnung geforderte Zahl von mindestens einem Drittel der erforderlichen Stellplätze nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen als Garagen nicht vor. Auch sei die angeführte Verordnung auf gesetzmäßige Weise zu Stande gekommen und ordnungsgemäß kundgemacht.

Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. April 2001 keine Folge gegeben. Dies wurde nach Darstellung des Verfahrensganges sowie der Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit begründet, dass die gegenständliche Verordnung rechtmäßig zu Stande gekommen und ordnungsgemäß kundgemacht worden sei. Die Vorstellungsbehörde sei an ordnungsgemäß kundgemachte Verordnungen gebunden und deren Überprüfung falle nicht in ihre Zuständigkeit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof - mit der Behauptung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung - gerichtete Beschwerde, deren Behandlung dieser mit Beschluss vom 25. September 2001, B 754/01- 8, abgelehnt hat und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die Ablehnung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof im angeführten Beschluss u.a. wie folgt begründet:

"Soweit in der Beschwerde die Gesetzwidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Verordnung (über die Mindestanzahl von Garagen in Teilen des Gemeindegebietes von R) vom 29. Dezember 1998 behauptet wird, lässt ihr Vorbringen angesichts der im Hinblick auf den gebotenen sparsamen Umgang mit Boden sachlichen Rechtfertigung der in Rede stehenden - auch in Bezug auf Art. 18 Abs. 2 B-VG schon im Hinblick auf die Garagenverordnung der Vlbg. Landesregierung, LGBl. 31/1976, iVm § 34 Vlbg. RPG unbedenklichen und verfahrensrechtlich korrekt erlassenen - Verordnung die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

Die beschwerdeführende KG beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes - BauG, LGBl. Nr. 39/1972, lauten:

"§ 12

Garagen und Abstellplätze

(1) Wenn ein Bauwerk errichtet wird, sind auf dem Baugrundstück oder in dessen Nähe (Abs. 3) die erforderlichen Garagen und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten zu schaffen und bei Bedarf, besonders auch im Winter, in benützbarem Zustand zu erhalten. Die Größe und Anzahl der Garagen und Abstellplätze hat sich nach dem voraussichtlichen Bedarf unter Bedachtnahme auf die beabsichtigte Verwendung und die örtliche Lage des Bauwerkes zu richten. ...

(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung unter Berücksichtigung der Größe der Kraftfahrzeuge die Mindestausmaße der Garagen und Abstellplätze und, soweit es erforderlich ist, die Zahl oder den Flächenbedarf der für bestimmte Arten von Bauwerken unter Bedachtnahme auf deren Verwendung und Größe erforderlichen Garagen und Abstellplätze festzulegen. Hiebei können auch Bestimmungen über die Lage von Garagen und Abstellplätzen getroffen werden.

...

§ 31

Baubewilligung

...

(2) Der Bauantrag ist ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen, wenn sich die Unzulässigkeit des Vorhabens schon aus dem Bauantrag und den diesem angeschlossenen Unterlagen ergibt, insbesondere auch, wenn das Vorhaben einem Flächenwidmungsplan oder einem Bebauungsplan widerspricht.

..."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG), LGBl. Nr. 39/1996, lauten:

"§ 29

Verfahren

...

(3) Ein von der Gemeindevertretung beschlossener Bebauungsplan ist vor dessen Kundmachung der Landesregierung in dreifacher Ausfertigung vorzulegen. Ein Bebauungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung, wenn überörtliche Interessen in besonderem Maße berührt werden. Falls ein Bebauungsplan keiner Genehmigung bedarf, ist er der Gemeinde ohne unnötigen Aufschub zurückzugeben.

...

§ 34

Mindest- und Höchstzahl von Einstell- und Abstellplätzen

Die Gemeindevertretung kann, auch ohne dass ein Bebauungsplan erlassen wird, durch Verordnung für das Gemeindegebiet oder für Teile desselben die Mindest- oder Höchstzahl von Einstell- oder Abstellplätzen für Bauwerke festlegen. Bei Festlegung der Mindest- oder Höchstzahl der Einstellplätze können auch die Anteile jener Einstellplätze festgelegt werden, die in Gebäuden mit mindestens zwei gleich großen Geschossen oder die in unterirdischen Garagengeschossen zu errichten sind."

In § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 4.2 der auf Grund des § 12 Abs. 2 BauG erlassenen Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über das Mindestausmaß und die erforderliche Zahl sowie die bautechnischen Erfordernisse von Garagen und Abstellplätzen (Garagenverordnung), LGBl. Nr. 31/1976, ist festgelegt, dass sich für andere Handelsbetriebe als Einzelhandelsbetriebe bis zu 400 m2 Nettoverkaufsfläche die Zahl der zu schaffenden Abstell- und Einstellplätze nach dem voraussichtlichen Bedarf unter Bedachtnahme auf die beabsichtigte Verwendung und die örtliche Lage der Anlage richtet.

Die mit Beschluss der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Dezember 1998 gemäß § 34 RPG erlassene Verordnung über die Mindestanzahl von Garagen in Teilen des Gemeindegebietes von R lautet:

"Bei der Errichtung eines Bauwerkes, bei Zubauten, wesentlichen Umbauten oder bei Änderung der Verwendung eines Bauwerkes im Bereich der L 52 gemäß der im beigefügten Lageplan von 30.10.1998 Nr. III - GA-1 dargestellten Flächen ist mindestens ein Drittel der Zahl der erforderlichen Stellplätze nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen als Garagen zu errichten."

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Mitglieder des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde wären bei Beschlussfassung über die gegenständliche Verordnung über die Mindestanzahl von Garagen in Teilen des Gemeindegebietes von R deswegen befangen gewesen, weil die Gemeindevertretung am 9. Juni 1998 mit 25 gegen fünf Stimmen den Beschluss gefasst habe, dass die Bemühungen des Bürgermeisters "begrüßt und unterstützt" würden, "die im Gespräch befindlichen Projekte mit einkaufsähnlichem Charakter der Betreiber Architekt F, H KG und I GmbH zu untersagen". Die Verordnung sei daher von befangenen Mitgliedern der Gemeindevertretung und damit nicht wirksam erlassen worden. Auch fehle eine - gemäß § 29 Abs. 3 RPG erforderliche - Genehmigung der Landesregierung, die Verordnung berühre nämlich überörtliche Interessen in besonderem Maße, weil der verfahrensgegenständliche Einkaufsmarkt in unmittelbarem Grenzgebiet des Gemeindegebietes der mitbeteiligten Marktgemeinde und der Nachbargemeinde situiert sei.

Mit diesem Vorbringen wiederholt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung über die Mindestzahl von Garagen in Teilen des Gemeindegebietes von R. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch angesichts der bereits vom Verfassungsgerichtshof durchgeführten Prüfung der Gesetzmäßigkeit der angeführten Verordnung nicht veranlasst, seinerseits eine neuerliche Prüfung der Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof anzuregen.

Angesichts des mit § 34 RPG der Gemeindevertretung eingeräumten Planungsermessens ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, dass die im Beschwerdefall angewendete Verordnung unsachliche Regelungen enthielte. Auch kann der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen, dass diese Verordnung in einem gesetzwidrigen Verfahren zu Stande gekommen wäre; hinsichtlich des Vorwurfs der Befangenheit der Mitglieder der Gemeindevertretung bei der Beschlussfassung weist die belangte Behörde bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darauf hin, dass gemäß § 28 Abs. 5 des Vorarlberger Gemeindegesetzes die Bestimmungen über die Befangenheit nicht für die Erlassung von Anordnungen gelten, die sich - wie die gegenständliche Verordnung - an einen unbestimmten Personenkreis richten. Auch ist nicht zu ersehen, inwiefern durch die von der Beschwerdeführerin in Zweifel gezogene Verordnung überörtliche Interessen in besonderem Maße berührt würden, was die Genehmigung der Verordnung - handelte es sich dabei um einen Bebauungsplan - durch die Landesregierung erfordert hätte. Allein dass sich das verfahrensgegenständliche Grundstück in der Nähe der Gemeindegrenze befindet, ist für diese Beurteilung jedenfalls nicht von ausschlaggebender Bedeutung, insofern kann dahingestellt bleiben, ob die Regel des § 29 Abs. 3 RPG, welche nur für Bebauungspläne gilt, auch auf Verordnungen gemäß § 34 RPG anzuwenden ist.

Entgegen der Verordnung der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Dezember 1998 über die Mindestzahl von Garagen in Teilen des Gemeindegebietes i.V.m. § 4 Abs. 2 Z. 4.2 der Vorarlberger Garagenverordnung sieht das Projekt der Beschwerdeführerin unbestritten keine entsprechenden Stellplätze als Garagen vor. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, dass die beschwerdeführende KG durch den auf Grund des § 31 Abs. 2 BauG erlassenen Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Jänner 2001 nicht in Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 13. Dezember 2004

Schlagworte

Ermessen VwRallg8 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001060162.X00

Im RIS seit

05.01.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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