TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/17 2000/02/0074

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Veröffentlicht am 17.12.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
21/03 GesmbH-Recht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs6 lite idF 1997/I/139;
GmbHG §15;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des NN in L, vertreten durch Dr. Reinhard Köffler u.a., Rechtsanwälte in Villach, Moritschstraße 11, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom 27. Jänner 2000, Zl. LGS/Abt. 4/1218/2000, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 2000 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 13. September 1999 auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 12 AlVG mangels Arbeitslosigkeit keine Folge gegeben. Ergänzend stellte die belangte Behörde fest, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 12 Abs. 3 lit. a und b AlVG nicht gegeben sei.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer sei geschäftsführender Gesellschafter einer näher genannten OEG. Über das Vermögen dieser OEG sei mit Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22. Juni 1998 das Konkursverfahren eröffnet und mit Beschluss dieses Gerichtes vom 13. Juli 1998 die Schließung des Unternehmens konkursgerichtlich genehmigt worden. Die Tätigkeit des Masseverwalters beschränke sich auf die Liquidierung, wobei lediglich ein Prozess zur Hereinbringung einer Forderung der OEG anhängig sei. Der Beschwerdeführer übe auf Grund des Konkurses weder die Geschäftsführung der OEG aus, noch beziehe er aus der Gesellschaft irgendein Einkommen. Auch die persönlich haftenden Gesellschafter einer OEG seien im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG nicht als arbeitslos anzusehen. Ein persönlich haftender Gesellschafter einer OEG habe gewisse Aufgaben zu erfüllen, die im Erwerbsgesellschaftengesetz umschrieben seien. Derartige persönlich haftende Gesellschafter seien somit "beschäftigt".

Wenngleich das Gesetz prinzipiell die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit als persönlich haftender Gesellschafter vorsehe, so müsse darauf verwiesen werden, dass diese Tätigkeit, würde sie von einem anderen ausgeübt werden, zu einem Einkommen dieser Person führe, die die so genannte "Geringfügigkeitsgrenze" bei weitem übersteige. Es werde daher der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben, weil er als persönlich haftender Gesellschafter der OEG nicht als arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG angesehen werden könne.

Zu dem Berufungseinwand, die OEG sei insolvent, die Schließung des Unternehmens sei konkursgerichtlich genehmigt und die Tätigkeit des Masseverwalters beschränke sich auf die Liquidierung , werde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen. Dieser habe dargelegt, dass es ohne Bedeutung sei, ob ein Geschäftsführer (einer Ges. m.b.H.) tatsächlich eine Tätigkeit entfalte oder keinerlei Tätigkeiten als Geschäftsführer ausübe, weil der Betrieb nach Konkurseröffnung geschlossen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, es sei im Falle der gerichtlich genehmigten Schließung (des Unternehmens) einer Erwerbsgesellschaft im Konkurs und bei der Verwertung des Gesellschaftsvermögens durch den Masseverwalter eine selbständige Tätigkeit der Gesellschafter im Rahmen der Gesellschaft ausgeschlossen und das von der belangten Behörde angeführte Einkommen eines fiktiven Geschäftsführers eben nur Fiktion. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer nach der Konkurseröffnung eine der Arbeitslosenversicherung unterliegende unselbständige Tätigkeit als Arbeiter bei einem näher genannten Unternehmen angetreten. Auf Grund der Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses stehe dem Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld zu. Die von der belangten Behörde herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs betreffe den Geschäftsführer einer Ges. m.b.H. und sei auf die Erwerbsgesellschaften, deren Geschäfte von den Gesellschaftern unentgeltlich zu führen seien, nicht anzuwenden.

Nach § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

Nach § 12 Abs. 3 lit. b AlVG gilt insbesondere nicht als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2, wer selbständig erwerbstätig ist.

Gemäß § 12 Abs. 6 lit. e AlVG in der Fassung der Novellen BGBl. Nr. 201/1996 und BGBl. I Nr. 139/1997 gilt jedoch als arbeitslos, wer als geschäftsführender Gesellschafter aus dieser Tätigkeit ein Einkommen gemäß § 36a oder einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 v.H. des auf Grund seiner Anteile aliquotierten Umsatzes der Gesellschaft die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 96/08/0391, zu einer Person, die nach der Aktenlage im damals maßgebenden Zeitraum nicht Geschäftsführer jener Ges. m.b.H., als deren Angestellter er die Anwartschaft zum Arbeitslosengeldbezug erworben hat, u.a. ausgeführt, dass die Behörde nicht schon auf Grund des Umstandes, dass der (damalige) Beschwerdeführer im Firmenbuch als Geschäftsführer einer Ges. m. b.H. eingetragen ist, das Vorliegen von Arbeitslosigkeit verneinen dürfe.

Dies kann sinngemäß auch auf den Fall eines Geschäftsführers einer OEG übertragen werden, der als Angestellter eines anderen Unternehmens die Anwartschaft zum Arbeitslosgeldbezug erworben hat.

Zu der Frage, ob der Beschwerdeführer ein der Arbeitslosigkeit entgegenstehendes Einkommen im Sinne des § 12 Abs. 6 lit. e AlVG erzielt hat, hat die belangte Behörde - abgesehen von allgemeinen Ausführungen über ein mögliches fiktives Einkommen einer Geschäftsführungstätigkeit durch einen Dritten offenbar auf dem Boden ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit dieser Art schlechthin Arbeitslosigkeit ausschließe - keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grunde als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Dezember 2004

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2000020074.X00

Im RIS seit

07.02.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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