TE Vwgh Erkenntnis 2005/1/18 2004/18/0419

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Veröffentlicht am 18.01.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §179a Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §37 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des I, (geboren 1978), vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. August 2004, Zl. SD 1183/04, betreffend Erlassung einer Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. August 2004 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Den eigenen unbestätigten Angaben zufolge sei der Beschwerdeführer am 28. April 2002 unter Umgehung der Grenzkontrolle in einem Pkw in das Bundesgebiet eingereist und habe am 10. Mai 2002 beim Bundesasylamt - Ausstelle Eisenstadt einen Asylantrag gestellt, welcher mit erstinstanzlichem Bescheid vom 5. November 2002 unter gleichzeitiger Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "in die Bundesrepublik Jugoslawien, Provinz Kosovo, zulässig" sei, gemäß § 7 des AsylG abgewiesen worden sei. Eine dagegen eingebrachte Berufung sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenats vom 22. Mai 2003 abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei daraufhin unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben und sei von der Erstbehörde wegen des illegalen Aufenthalts mittels Strafverfügung nach den Bestimmungen des FrG (rechtskräftig mit 3. Oktober 2003) bestraft worden.

Im Zug eines von der Erstbehörde eingeleiteten Ausweisungsverfahrens sei amtsbekannt geworden, dass der Beschwerdeführer etwa drei Monate nach dem rechtskräftigen negativen Abschluss seines Asylverfahrens beim Bezirksgericht Donaustadt einen Antrag auf außerstreitgerichtliche Genehmigung seines mit einer namentlich genannten österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Adoptionsvertrages gestellt hätte. In der Berufung sei der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers unbestritten geblieben. Er habe jedoch auf seine familiären Bindungen zu dieser Adoptivmutter verwiesen. Zuletzt, nämlich mit Strafverfügung der Erstbehörde vom 27. Juli 2004 (rechtskräftig mit 19. August 2004), sei der Beschwerdeführer neuerlich wegen unrechtmäßigen Aufenthalts bestraft worden.

Da sich der Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund seit weit mehr als einem Jahr unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, seien zweifelsfrei die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer einerseits zum Zeitpunkt seiner Einreise nicht mit einem legalen Aufenthalt im Bundesgebiet habe rechnen dürfen und andererseits der Ausgang des Adoptionsverfahrens nicht vorhersehbar gewesen sei.

Der Beschwerdeführer sei ledig und weise keine Sorgepflichten auf. Nach der Aktenlage schienen an der Meldeadresse des Beschwerdeführers vier verschiedene Personen auf, nicht jedoch die Adoptivmutter des Beschwerdeführers. Eigenen Angaben vom 21. März 2003 zufolge wohne der Beschwerdeführer bei seiner (namentlich nicht genannten) Schwester und würde von Zuwendungen seiner Schwester und seines Schwagers leben. Im Asylverfahren habe der Beschwerdeführer allerdings angegeben, vier Schwestern sowie zwei Brüder zu haben, welche sich ebenso wie seine (leibliche) Mutter in seinem Heimatland befänden. Im Übrigen seien keine der im Asylverfahren angeführten Verwandten an seinem inländischen Wohnsitz aufrecht gemeldet. Selbst wenn man vor diesem Hintergrund und unter weiterer Bedachtnahme auf den seit etwas mehr als einjährigen illegalen Aufenthalt überhaupt von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers ausgehen wollte, wäre dieser Eingriff jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier:

zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - als dringend geboten zu erachten. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer gravierend missachtet worden. Zu seinen Ungunsten falle neben der Dauer seines unrechtmäßigen Aufenthalts weiters ins Gewicht, dass er seiner Ausreiseverpflichtung trotz zweier rechtskräftiger Bestrafungen nach dem FrG (die übrigens den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. erfüllten) nicht nachgekommen sei. Auch hätte der Beschwerdeführer den Ausgang des Adoptiverfahrens vom Ausland abwarten können, um nach allfälliger Genehmigung durch das Gericht erneuert einzureisen und dann einen entsprechenden Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu stellen.

Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchen Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und allenfalls doch bestehenden familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Daran könne auch sein Vorbringen, dass er auf einen Verhandlungstermin in seinem Adoptionsverfahren warten würde, nichts ändern, zumal zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Adoptionsverfahren unbestritten noch nicht abgeschlossen sei. Zudem verschaffe dem Beschwerdeführer die bloße Antragstellung im Außerstreitverfahren für sich allein noch keine Niederlassungsfreiheit, sei doch auch nach Vorliegen der Adoption noch nicht von vornherein davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich den Status eines begünstigten Drittstaatsangehörigen erwerben würde.

Es stehe mit einem geordneten Fremdenwesen in unvereinbarem Widerspruch, einem unrechtmäßig in Österreich aufhältigen Fremden den Weiterverbleib im Bundesgebiet so lange zu ermöglichen, bis dieser zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft möglicherweise Niederlassungsfreiheit genießen würde.

Da sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde angesichts des vorliegenden Sachverhalts von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können, zumal auf Grund der Aktenlage kein Grund ersichtlich sei, weshalb der Ausgang des Adoptionsverfahrens nicht im Ausland abgewartet werden könne. Überdies sei der Beschwerdeführer zum gegenwärtigen Zeitpunkt rechtens nicht in der Lage, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde wird nicht in Abrede gestellt, dass der Beschwerdeführer nach der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben sei, und ferner nicht behauptet, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel (vgl. § 7 FrG) erteilt worden sei. Vor diesem Hintergrund begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung im Grund des § 33 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FrG gegeben seien, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde bringt vor, dass die Ausweisung dem § 37 FrG zuwiderlaufe. Diesbezüglich verweist der Beschwerdeführer zunächst auf das anhängige Adoptionsverfahren, welches "aufgrund der engen familiären Bindung" (gemeint wohl: zu der im angefochtenen Bescheid genannten österreichischen Staatsbürgerin) eingeleitet worden sei. Dazu komme der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei seiner Schwester und bei seinem Schwager in Österreich lebe, sodass (auch) auf Grund dieser Nahebeziehung von "engen familiären Bindungen" auszugehen sei, zumal "selbst nahe Verwandte" unter den "Familienbegriff der EMRK" fielen, "wenn sie in einem gemeinsamen Haushalt leben, finanzielle Abhängigkeit oder andere enge praktische Bindungen vorliegen" würden. Der bloße Hinweis, dass nach dem FrG der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. erfüllt sei, stelle lediglich eine Scheinbegründung dar, weil selbst das Vorliegen dieser Tatsachen für sich allein keinesfalls automatisch eine Ausweisung rechtfertige.

2.2. Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer die behördliche Beurteilung, dass die Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, nicht zu erschüttern. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2004/18/0304, mwH). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen unstrittig rechtswidrigen Aufenthalt in der Dauer von etwa 14 Monaten (gerechnet von der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages) gravierend beeinträchtigt. Dieses Fehlverhalten wiegt umso schwerer, als der Beschwerdeführer seinen rechtswidrigen Aufenthalt trotz der beiden im angefochtenen Bescheid genannten rechtskräftigen Bestrafungen wegen unerlaubten Aufenthalts (die als schwerwiegende Verwaltungsübertretungen im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG einzustufen sind, vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 99/18/0227, mwH) fortgesetzt hat. Zudem werden die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich erheblich dadurch relativiert, dass diese auf seinen unberechtigten Aufenthalt bzw. auf einen Asylantrag zurückzuführen sind, der sich letztlich als unbegründet erwiesen hat. Dies gilt insbesondere auch für das von ihm ins Treffen geführte persönliche Interesse am Verbleib in Österreich in Anbetracht seiner unstrittig gerichtlich noch nicht bewilligten Adoption (weshalb auch die Möglichkeit einer Versagung der Genehmigung nicht ausgeschlossen werden kann, vgl. § 179 a Abs. 1 zweiter Satz ABGB).

2.3. Auf dem Boden des Gesagten erweist sich die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe (mit Blick auf § 37 Abs. 1 FrG) den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt und den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet, als nicht zielführend.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. Jänner 2005

Schlagworte

Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004180419.X00

Im RIS seit

16.02.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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