TE Vwgh Erkenntnis 2005/1/28 2004/01/0250

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Veröffentlicht am 28.01.2005
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Index

25/01 Strafprozess;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs2;
AVG §67g Abs1;
SPG RichtlinienV 1993 §4;
SPG RichtlinienV 1993 §8 Abs1;
StPO 1975 §140;
StPO 1975 §45 Abs1;
StPO 1975 §88 Abs3;
StPO 1975 §97 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde 1. des B und

2. der K, beide in L, beide vertreten durch Winkler - Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 14. April 2004, Zlen. 2-06 und 07/03/E1, 3-51- 07 und 08/03/E1, betreffend § 67a Abs. 1 Z 2 AVG und § 89 SPG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid, der in den Punkten 2., 3.a) (soweit er den Erstbeschwerdeführer betrifft) und 3.b) unbekämpft geblieben ist, wird einschließlich der darauf bezugnehmenden Kostenzusprüche an den Bund im Punkt 1. (Hausdurchsuchung) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und - soweit er die Zweitbeschwerdeführerin betrifft - in seinem Punkt 3.a) (§ 8 Abs. 1 Richtlinien-Verordnung) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 23. September 2003 schritten Gendarmeriebeamte gegen die beiden Beschwerdeführer ein. Deren in der Folge erhobene Beschwerde nach § 67a Abs. 1 Z 2 AVG und nach § 89 SPG erledigte die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. April 2004 - unter wechselseitigem Kostenzuspruch an die Beschwerdeführer und an den Bund - wie folgt:

"1.) Gemäß § 67c des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) wird die Beschwerde wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Hausdurchsuchung vom 23.9.2003 als unzulässig zurückgewiesen.

2.) Gemäß § 67c AVG wird die anlässlich der Hausdurchsuchung erfolgte Beschlagnahme von Munition und Waffen für rechtswidrig erklärt.

3.) Gemäß § 89 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) wird festgestellt,

a) dass der § 8 Abs 1 der Richtlinien-Verordnung (RLV) dadurch verletzt wurde, dass der Erstbeschwerdeführer von seinem Recht auf Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes nicht in Kenntnis gesetzt wurde; eine solche Richtlinien-Verletzung hat gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin nicht stattgefunden .

b) dass der § 5 Abs 2 RLV gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin dadurch verletzt wurde, dass sie nicht mit "Sie" angesprochen wurde."

Die belangte Behörde stellte folgenden Sachverhalt fest: Die beiden Beschwerdeführer seien verdächtig gewesen, in einem Waldgebiet mehrere Bäume gefällt und eine "Hanfplantage" für Cannabispflanzen angelegt zu haben. Im Hinblick darauf habe am 23. September 2003 ein namentlich genannter Gendarmeriebeamter mit dem zuständigen Staatsanwalt und dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Feldkirch telefonisch Rücksprache wegen einer Hausdurchsuchung gehalten. Der Untersuchungsrichter habe zur Vornahme einer solchen seine Zustimmung erklärt und dem Beamten aufgetragen, zuvor die Beschwerdeführer zu fragen, ob sie einer freiwilligen Nachschau zustimmen würden. Gegen 13.00 Uhr des 23. September 2003 hätten sich drei Gendarmeriebeamte zur Wohnung der Beschwerdeführer begeben. Die Beamten hätten zunächst um Eintritt ersucht, was ihnen gestattet worden sei. In der Folge habe der den Einsatz leitende Beamte dann dem Erstbeschwerdeführer erklärt, dass es um eine Erhebung im Zusammenhang mit einer "Suchtmittelplantage" in Verbindung mit einer Sachbeschädigung gehe. Der Beamte habe daraufhin die Beschwerdeführer gefragt, ob sie mit einer (freiwilligen) Nachschau einverstanden seien. Erst als er den Beschwerdeführern über weitere Nachfrage erklärt habe, dass er ohnehin eine gerichtliche Genehmigung für eine Hausdurchsuchung habe, hätten diese einer Nachschau zugestimmt. Dabei hätten die Beamten einerseits geringe Mengen an Cannabis und andererseits Waffen und Munition vorgefunden; Waffen und Munition seien vorläufig sichergestellt worden. In der Folge seien auf dem Gendarmerieposten Bregenz "bzw" dem Landesgendarmeriekommando mit den Beschwerdeführern separate Niederschriften aufgenommen worden. Den Erstbeschwerdeführer habe man dabei nicht auf sein Recht auf Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes hingewiesen; eine entsprechende Belehrung der Zweitbeschwerdeführerin, die wie schon zuvor im Verlaufe der Hausdurchsuchung auch bei ihrer Einvernahme von dem die Niederschrift aufnehmenden Beamten nicht mit "Sie" sondern mit "Du" angesprochen worden sei, sei hingegen erfolgt.

Diesen Sachverhalt erachtete die belangte Behörde als "im Wesentlichen unstrittig". Sie führte rechtlich aus, dass es sich bei der gegenständlichen Durchsuchung der Wohnung der Beschwerdeführer - entgegen dem Standpunkt der vor ihr belangten Bezirkshauptmannschaft Bregenz - nicht um eine freiwillige Nachschau gehandelt habe, weil den Beschwerdeführern letztlich nicht freigestellt worden sei, die Durchsuchung durchführen zu lassen oder nicht. Sie seien zwar formal nach ihrer Zustimmung gefragt worden, hätten diese aber erst gegeben, nachdem und weil ihnen klargemacht worden sei, dass ohnehin eine gerichtliche Genehmigung für eine Hausdurchsuchung vorliege und dass eine Hausdurchsuchung jedenfalls - unabhängig von ihrer formalen Zustimmung - vorgenommen werden würde. Dazu komme noch, dass sich zum Zeitpunkt der Frage nach der Zustimmung bereits drei Gendarmeriebeamte in der Wohnung der Beschwerdeführer befunden hätten, was den Eindruck habe verstärken müssen, die Durchführung der Durchsuchung nicht mit Erfolg abwenden zu können. Die gegen diese - demnach als Hausdurchsuchung zu qualifizierende -

Maßnahme erhobene Beschwerde sei jedoch ungeachtet dessen zurückzuweisen, weil vom Vorliegen eines gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehls auszugehen sei. Dieser Hausdurchsuchungsbefehl habe allerdings nicht die Beschlagnahme von Waffen und Munition gedeckt; die Beschlagnahme falle daher - anders als die Hausdurchsuchung als solche - in die Kognition der belangten Behörde und sei mangels gesetzlicher Deckung für rechtswidrig zu erklären gewesen.

Weil der Erstbeschwerdeführer anlässlich seiner Einvernahme auf dem Landesgendarmeriekommando nicht über sein Recht auf Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes in Kenntnis gesetzt worden sei, sei festzustellen - so die belangte Behörde zu den geltend gemachten Verletzungen der Richtlinien-Verordnung -, dass hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers § 8 Abs. 1 der Richtlinien-Verordnung verletzt worden sei. Bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin habe wegen der Verwendung des "Du-Wortes" eine Verletzung von § 5 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung vorgelegen.

Über die erkennbar nur gegen die nicht stattgebenden Aussprüche dieses Bescheides erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde - erwogen:

1. Zur Hausdurchsuchung:

In ihrer Beschwerde an die belangte Behörde hatten die Beschwerdeführer u.a. vorgebracht, die in ihrer Wohnung durchgeführte Hausdurchsuchung sei ein rechtswidriger Akt behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewesen, da kein "rechtsgültiger" richterlicher Hausdurchsuchungsbefehl vorgelegen habe. Dem hatte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als im Verfahren nach § 67a Abs. 1 Z 2 AVG belangte Behörde, wie schon oben erwähnt, entgegengehalten, dass es sich bei der gegenständlichen Amtshandlung gemäß dem Bericht des Gendarmeriepostens H (vom 25. September 2003) nicht um eine Hausdurchsuchung, sondern um eine freiwillige Nachschau gehandelt habe. Erklärend war beigesetzt, es könne davon ausgegangen werden, dass den einschreitenden Organen bewusst gewesen sei, welche Voraussetzungen für eine Hausdurchsuchung erforderlich seien.

Im bekämpften Bescheid wird dargelegt, dass nicht (bloß) eine freiwillige Nachschau stattgefunden habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die einschreitenden Beamten eine Hausdurchsuchung durchgeführt hätten, die jedoch durch einen gerichtlichen Befehl gedeckt gewesen sei.

Dem Standpunkt, es habe sich gegenständlich nicht nur um eine freiwillige Nachschau in der Wohnung der Beschwerdeführer gehandelt, kann am Boden der unstrittigen Feststellungen über das Auftreten der Gendarmeriebeamten an Ort und Stelle nicht entgegengetreten werden (zu einem vergleichbaren Fall siehe VfSlg. 8248/1978). Die im Hinblick darauf entscheidungswesentliche Feststellung, der Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Feldkirch habe seine Zustimmung zur Durchführung einer Hausdurchsuchung erteilt, die im Ergebnis in der Beschwerde bestritten wird, wäre allerdings zu begründen gewesen. Der bekämpfte Bescheid enthält sich diesbezüglich einer näheren Darlegung und geht offenkundig davon aus, (auch) das Vorliegen eines gerichtlichen Befehls sei "im Wesentlichen unstrittig".

Richtig ist, dass der die Amtshandlung leitende Gendarmeriebeamte in der Verhandlung vor der belangten Behörde aussagte, der Untersuchungsrichter habe auf seine telefonische Anfrage hin die Zustimmung zur Durchführung der Hausdurchsuchung erteilt. Richtig ist weiter - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hinweist -, dass sowohl in der (vom erwähnten Gendarmeriebeamten verfassten) "Vollanzeige" des Gendarmeriepostens H vom 11. Dezember 2003 als auch in der Sachverhaltsmitteilung des Bezirksgendarmeriekommandos Begrenz gemäß § 89 Abs. 2 SPG vom 6. Jänner 2004 auf einen gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehl Bezug genommen wird und dass beide Beschwerdeführer in der Verhandlung bestätigten, der leitend einschreitende Gendarmeriebeamte habe sich auf einen gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehl berufen. Dass ein solcher "unstrittig" vorgelegen habe, kann ungeachtet dessen in Anbetracht der von den Parteien des verwaltungsbehördlichen Verfahrens eingenommenen Standpunkte (siehe oben; der Hinweis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, es könne davon ausgegangen werden, dass den einschreitenden Organen bewusst war, welche Voraussetzungen für eine Hausdurchsuchung erforderlich seien, lässt klar erkennen, dass sie von der Nichterfüllung dieser Voraussetzungen ausgegangen ist) nicht gesagt werden. Insoweit ermangelt es daher der Feststellung über das Vorliegen eines gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehls bzw. der untersuchungsrichterlichen Zustimmung zur Durchführung einer Hausdurchsuchung an einer schlüssigen Begründung, die - wie der Vollständigkeit halber erwähnt sei - nach den bisherigen Verfahrensergebnissen erst nach Einsicht in den Gerichtsakt oder nach Einvernahme des zuständigen Untersuchungsrichters zu erbringen sein wird.

2. Zum die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Ausspruch nach § 8 Abs. 1 der Richtlinien-Verordnung:

§ 8 Abs. 1 Richtlinien-Verordnung (RLV) lautet wie folgt:

"Informationspflichten

§ 8. (1) Sofern das Gesetz einem Menschen ein Recht auf Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes einräumt, haben ihn die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von diesem Recht in Kenntnis zu setzen

1. bei Festnahmen, Hausdurchsuchungen und Durchsuchungen nach § 40 Abs. 4 SPG;

2. sobald abzusehen ist, dass die Amtshandlung länger als eine Stunde dauern wird."

Die in der genannten Bestimmung normierte Informationspflicht stellt darauf ab, dass ein Recht auf Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes gesetzlich eingeräumt ist. Die belangte Behörde ging - unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2000/01/0325 - davon aus, dass ein derartiges gesetzlich eingeräumtes Recht bezüglich der der Hausdurchsuchung nachfolgenden Einvernahme der Beschwerdeführer bestanden habe und dass die Zweitbeschwerdeführerin (anders als der Erstbeschwerdeführer) im Zuge ihrer Einvernahme von diesem Recht in Kenntnis gesetzt worden sei. Mit der Frage, ob ein gesetzlich eingeräumtes Recht "auf Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes" auch bezüglich der - dem Typus nach schon in der ersten Ziffer des § 8 Abs. 1 RLV genannten - Hausdurchsuchung bestanden habe, hat sich die belangte Behörde im bekämpften Bescheid nicht ausdrücklich beschäftigt. Gesamthaft betrachtet lässt sich ihr Bescheid allerdings nur so verstehen, dass sie die Existenz eines derartigen Rechtes gar nicht in Erwägung zog; in der Gegenschrift wird der Bestand eines solchen Rechtes explizit verneint. Diese Auffassung entspricht indes nicht der Rechtslage.

Es kann zunächst keinem Zweifel unterliegen, dass die einschreitenden Gendarmeriebeamten - es mag ein gerichtlicher Hausdurchsuchungsbefehl vorgelegen haben oder nicht - im Dienste der Strafjustiz tätig wurden. Dieses - von der RLV erfasste - Tätigwerden ist mithin an Art. V EGVG zu messen (vgl. dazu das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 17. September 2002), wonach die Bestimmungen des VStG über das Verwaltungsstrafverfahren auch auf die Amtshandlungen sinngemäß anzuwenden sind, die von den Verwaltungsbehörden im Dienst der Strafjustiz vorzunehmen sind, sofern sich aus den Vorschriften über das strafgerichtliche Verfahren nicht anderes ergibt. Das VStG kennt keine Hausdurchsuchung. In der demnach allein als Beurteilungsgrundlage in Betracht kommenden StPO - deren Änderungen durch das am 1. Jänner 2008 in Kraft tretende Strafprozessreformgesetz sind hier naturgemäß noch nicht von Belang - ist die Hausdurchsuchung in systematischem Zusammenhang mit Vorschriften über die Voruntersuchung im I. Abschnitt des XII. Hauptstückes (§§ 139 bis 142) geregelt. Dort findet sich keine Bestimmung, die Verständigungs- oder Beiziehungsrechte im Sinn des § 8 Abs. 1 RLV vorsieht. Jedoch sind § 45 Abs. 1 und § 97 Abs. 2 StPO zu beachten. Diese Vorschriften haben folgenden Wortlaut:

"§ 45. (1) Auch während der Vorerhebungen und der Voruntersuchung kann sich der Beschuldigte eines Rechtsbeistandes aus der Zahl der Verteidiger zur Wahrnehmung seiner Rechte bei den gerichtlichen Akten, die unmittelbar die Feststellung des Tatbestandes betreffen und keine spätere Wiederholung zulassen, sowie zur Ausführung bestimmter, von ihm angemeldeter Rechtsmittel bedienen.

...

§ 97. (1) ...

(2) Untersuchungshandlungen nimmt der Staatsanwalt bei sonstiger Nichtigkeit des Aktes nicht vor. In der Regel darf weder der Ankläger noch der Verteidiger bei der Vernehmung des Beschuldigten und der Zeugen anwesend sein. Sie sind aber berechtigt, dem Augenscheine, der Hausdurchsuchung und der Durchsuchung von Papieren beizuwohnen und die Gegenstände zu bezeichnen, auf die diese Untersuchungshandlungen auszudehnen sind. Der Untersuchungsrichter soll den Ankläger deshalb in der Regel von der Vornahme dieser Handlungen vorher benachrichtigen, kann sie aber auch, wenn Gefahr im Verzug ist, ohne vorausgegangene Verständigung des Anklägers vornehmen."

Die zitierten Bestimmungen stellen klar, dass dem Beschuldigten das Recht zukommt, bei einer gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung einen Verteidiger (Rechtsbeistand) beizuziehen (Achammer, WK-StPO § 45 Rz 1). Aber auch für eine Hausdurchsuchung ohne richterlichen Befehl (im Dienste der Strafjustiz) kann nichts Anderes gelten, wie sich insbesondere aus § 88 Abs. 3 zweiter Satz StPO ("Augenschein und Hausdurchsuchung kann er (Staatsanwalt) durch sie (Sicherheitsbehörden) nur dann vornehmen lassen, wenn sich in Abwesenheit einer zur Amtshandlung berufenen Gerichtsperson die Notwendigkeit eines unverzüglichen Einschreitens herausstellt; er kann diesen Untersuchungshandlungen, bei denen alle für gerichtliche Akte dieser Art vorgeschriebenen Förmlichkeiten zu beobachten sind, auch selbst beiwohnen.") zufolge des Verweises auf die Regelungen für gerichtlich angeordnete Hausdurchsuchungen ergibt (vgl. ausdrücklich Kranewitter, Sicherheitsbehörden (1990), 129; siehe auch S. Mayer, Commentar zu der Oesterreichischen Strafproceß-Ordnung (1881), 482, Roeder, Lehrbuch des österreichischen Strafverfahrensrechtes2 (1976), 111, Platzgummer, Grundzüge des österreichischen Strafverfahrens8 (1997), 109 und Bertel/Venier, Strafprozessrecht8 (2004) Rz 482, die bezüglich der "Anwesenheitsrechte" nicht zwischen den verschiedenen Arten der strafprozessualen Hausdurchsuchung unterscheiden). Dass dieses Ergebnis mit den grundsätzlichen Überlegungen im genannten Erkenntnis 2000/01/0325 in Einklang steht, sei nur mehr zur Abrundung angemerkt.

Steht nach dem Gesagten fest, dass die Beschwerdeführer bereits der Vornahme der Hausdurchsuchung einen Verteidiger hätten beiziehen dürfen, so wäre schon diesbezüglich auch die Informationspflicht nach § 8 Abs. 1 Z 1 RLV zum Tragen gekommen.

3. Die Beschwerdeführer machen ergänzend geltend, dass die belangte Behörde nicht über die explizit behauptete Verletzung von § 4 RLV abgesprochen habe. Das kann indes nicht die Rechtswidrigkeit eines Spruchpunktes des bekämpften Bescheides zur Folge haben, zumal eine Verletzung des § 4 RLV in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 10. März 2004 nur für den Fall geltend gemacht worden ist, "dass sich die Hausdurchsuchung nicht als rechtswidriger Akt einer behördlichen Befehls- und Zwangsgewaltausübung erweisen sollte". Damit konnte nach den Umständen (die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hatte sich wie erwähnt darauf berufen, es habe lediglich eine freiwillige Nachschau stattgefunden) nur gemeint sein, dass die belangte Behörde bloß bei Annahme von Freiwilligkeit eine Feststellung in Richtung § 4 RLV zu treffen habe. Von einer freiwilligen Nachschau ist die belangte Behörde allerdings ohnehin nicht ausgegangen.

Insgesamt ergibt sich damit, dass der bekämpfte Bescheid (jeweils einschließlich der darauf bezugnehmenden Kostenzusprüche an den Bund) in seinem Punkt 1. (Hausdurchsuchung) gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und - soweit er die Zweitbeschwerdeführerin betrifft - in seinem Punkt 3.a) (§ 8 Abs. 1 RLV) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 28. Jänner 2005

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004010250.X00

Im RIS seit

03.03.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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