TE Vwgh Beschluss 2005/2/17 2004/18/0047

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Veröffentlicht am 17.02.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §14 Abs1;
AsylG 1997 §14 Abs4;
AsylG 1997 §14 Abs5;
FrG 1997 §23 Abs7;
FrG 1997 §28 Abs5;
VwGG §33 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/18/0048 2004/18/0049 2004/18/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, in den Beschwerdesachen

1. der B, geboren 1958, 2. des A, geboren 1955, 3. des K, geboren 1986, und 4. des P, geboren 1985, alle in W, alle vertreten durch Dr. Daniela Altendorfer-Eberl, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Brucknerstraße 6, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 9. Oktober 2003, Zlen. 138.591/3-III/4/03 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin; hg. Zl. 2004/18/0047), 138.591/2-III/4/03 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer;

hg. Zl. 2004/18/0048), 138.591/5-III/4/03 (betreffend den Drittbeschwerdeführer; hg. Zl. 2004/18/0049) und 138.591/4- III/4/03 (betreffend den Viertbeschwerdeführer;

hg. Zl. 2004/18/0050), jeweils wegen Erteilung eines Niederlassungsnachweises, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerden werden als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden je vom 9. Oktober 2003 hat der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Beschwerdeführern gemäß § 23 Abs. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, Niederlassungsnachweise erteilt.

In den - jeweils gleichlautenden - Begründungen dieser Bescheide führte die belangte Behörde aus, dass die Behörde gemäß § 23 Abs. 7 FrG auf Grund einer Mitteilung der Asylbehörde gemäß § 14 Abs. 4 Asylgesetz 1997 - AsylG dem Fremden von Amts wegen einen Niederlassungsnachweis zu erteilen habe. Die Beschwerdeführer seien mit Bescheid der belangte Behörde vom 19. September 1986 als Flüchtlinge anerkannt worden. Ein Aberkennungsverfahren gemäß § 14 Abs. 4 AsylG sei nicht mehr zulässig, weil seit der Asylgewährung bereits fünf Jahre verstrichen seien und die Beschwerdeführer ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hätten. Das Bundesasylamt habe die Niederlassungsbehörde von diesem Sachverhalt verständigt. Für diese bestehe somit die Verpflichtung, einen Niederlassungsnachweis zu erteilen, ohne dass diesbezüglich ein Handlungsspielraum bestehe.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden je mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3.1. Am 20. Dezember 2004 richtete der Verwaltungsgerichtshof an die Beschwerdeführer die Anfrage, inwieweit sie sich nach dem EU-Beitritt Polens und dem damit verbundenen Erwerb der Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates, welcher gemäß § 14 Abs. 5 AsylG zum Außerkrafttreten der Asylbescheide führt, durch die angefochtenen Bescheide noch beschwert erachten.

3.2. Mit Schriftsatz vom 25. Jänner 2005 gaben die Beschwerdeführer bekannt, dass sie sich durch die angefochtenen Bescheide seit dem EU-Beitritt Polens nicht mehr beschwert erachten.

II.

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die vier Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat verbunden.

2. Gemäß § 14 Abs. 1 AsylG ist Asyl von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn (Z. 1) Asyl auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährt wurde und einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist.

Eine Aberkennung des Asyls nach dieser Bestimmung ist jedoch gemäß § 14 Abs. 4 leg. cit. nicht mehr zulässig, wenn seit der Asylgewährung bereits fünf Jahre oder seit Einbringung des für die Asylgewährung maßgeblichen Antrages bereits acht Jahre verstrichen sind und die Fremden ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben. In solchen Fällen hat die Behörde die nach dem Fremdengesetz zuständige Behörde vom Sachverhalt zu verständigen.

Auf Grund einer derartigen Verständigung der Asylbehörde hat die Niederlassungsbehörde gemäß § 23 Abs. 7 FrG dem Fremden ungeachtet des § 28 Abs. 5 leg. cit. wegen Eintrittes eines Endigungsgrundes (Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention) von Amts wegen einen Niederlassungsnachweis zu erteilen. Die Behörde hat darüber einen Bescheid zu erlassen, diesen auch hinsichtlich des Eintritts des Endigungsgrundes zu begründen und mit einem Hinweis auf § 14 Abs. 5 AsylG zu versehen.

Nach der letztgenannten Bestimmung treten die Bescheide, mit denen Asyl gewährt und die Flüchtlingseigenschaft festgestellt wurde, von Gesetzes wegen außer Kraft, wenn Fremde, denen Asyl gewährt wurde, die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union erwerben oder ihnen in den Fällen des § 14 Abs. 4 leg. cit. ein Niederlassungsnachweis gemäß § 23 Abs. 7 FrG erteilt wird.

3. Den Beschwerdeführern wurde unstrittig am 19. September 1986 Asyl gewährt. Sie haben ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet. Die belangte Behörde hat auf Grund einer Mitteilung der Asylbehörde gemäß § 14 Abs. 4 AsylG den Beschwerdeführern gemäß § 23 Abs. 7 FrG einen Niederlassungsnachweis erteilt.

Da bei Erteilung eines Niederlassungsnachweises in einem derartigen Fall nach der dargestellten Rechtslage ex lege der Asylgewährungsbescheid außer Kraft tritt und damit die Flüchtlingseigenschaft des Fremden verloren geht, konnten die Beschwerdeführer - bis zum Beitritt Polens zur EU (siehe dazu unten 4.) - durch die angefochtenen Bescheide in dem (erkennbar geltend gemachten) Recht, die Rechtsstellung als anerkannte Flüchtlinge nicht zu verlieren, verletzt werden.

4. Da die Beschwerdeführer polnische Staatsbürger sind, haben sie mit dem Beitritt Polens zur EU am 1. Mai 2004 die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU erworben. Weil damit gemäß § 14 Abs. 5 AsylG das Außerkrafttreten des Asylgewährungsbescheides ex lege verbunden ist, würde sich die Rechtsstellung der Beschwerdeführer bei einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide nicht ändern, weil sie ihre Flüchtlingseigenschaft jedenfalls durch den Beitritt Polens zur EU verloren haben.

5. Da die Beschwerdeführer somit im Fall einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide durch den Verwaltungsgerichtshof nicht günstiger gestellt wären, war die Beschwerde wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses - ohne dass ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. etwa den die Gegenstandslosigkeit einer Beschwerde gegen die Erteilung einer befristeten Niederlassungsbewilligung nach Erteilung der beantragten unbefristeten Niederlassungsbewilligung betreffenden hg. Beschluss vom 18. März 2003, Zl. 2002/18/0120).

6. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG abgesehen werden.

7. Ein Bescheid gemäß § 23 Abs. 7 FrG, der ex lege den Verlust der Flüchtlingseigenschaft nach sich zieht, ist nach dem letzten Satz dieser Bestimmung auch hinsichtlich des Eintritts des Endigungsgrundes (der Flüchtlingseigenschaft) gemäß Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention zu begründen.

Die angefochtenen Bescheide - die § 23 Abs. 7 FrG insofern unrichtig zitieren, als sie statt des Wortes "Endigungsgrundes" das Wort "Erledigungsgrundes" wiedergeben - begründen mit keinem Wort, warum ein Grund für die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 1 Abschnitt C der genannten Konvention vorliegt. Schon deshalb wären sie mangels diesbezüglicher Überprüfbarkeit durch den Verwaltungsgerichtshof - wären die Beschwerden nicht gegenstandslos geworden - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben gewesen.

Es ergibt sich somit vorliegend ohne unverhältnismäßigen Aufwand, dass die angefochtenen Bescheide infolge des dargestellten Begründungsmangels aufzuheben gewesen wären. Aus diesem Grund hat der Bund den Beschwerdeführern gemäß §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 58 Abs. 2 leg. cit., iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, die im Spruch genannten Aufwendungen zu ersetzen.

Wien, am 17. Februar 2005

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004180047.X00

Im RIS seit

17.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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