TE Vwgh Beschluss 2005/2/21 2005/17/0011

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Veröffentlicht am 21.02.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
BAO §1 lita;
BAO §311 Abs2 idF 2002/I/097;
VwGG §24 Abs2;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, in der Beschwerdesache des AS in S, gegen den Unabhängigen Finanzsenat wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. "Überprüfung von Schulgeldern", den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde und die damit verbundenen Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde sowie den mit ihr vorgelegten Beilagen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hatte am 20. Jänner 2002 an das Finanzamt Wels den Antrag gerichtet, die Gebarung betreffend Schulgemeindegelder der Berufsschule K zu überprüfen.

Unter Punkt b.) eines Antrages des Beschwerdeführers vom 10. März 2002 begehrte dieser die "Überprüfung der Schulgelder" der genannten Berufsschule für den Zeitraum 1970 bis 1980; in der Begründung wird auch die Mitteilung des Ergebnisses in Bescheidform begehrt.

Am 26. Februar 2003 erließ das Finanzamt Wels gegen den Beschwerdeführer einen Bescheid, mit welchem diesem Pfändungsgebühren vorgeschrieben wurden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 3. April 2003 Berufung, welche er an die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich richtete. Neben Berufungsanträgen, mit denen offenkundig die Vorschreibung der Pfändungsgebühr bekämpft wurde, beantragte der Beschwerdeführer in dieser Berufung (Punkt 7. der Berufungsanträge) neuerlich die Überprüfung der Schulgelder sowie die Bekanntgabe der "Höhe der Unterschlagungsgelder".

In einer als "Verbesserung meiner am 3. April 2003 bei der Landesfinanzdirektion Linz eingebrachten Berufung" bezeichneten Eingabe vom 8. April 2004 stellte der Beschwerdeführer sodann den Antrag, der Unabhängige Finanzsenat möge die drei verschiedenen nachdatierten Buchhaltungen der Berufsschule K auf Richtigkeit überprüfen und die Unterschlagungssumme bescheidmäßig darlegen.

In der Sachverhaltsschilderung zu dieser Eingabe führte der Beschwerdeführer u.a. Folgendes aus:

"Mein Begehr auf eine Überprüfung in Gewährung einer Rechtssicherheit richtete sich bereits vor Jahren an FA Wels, danach mit Schriftsatz 28. März 2003 an die Landesfinanzdirektion für OÖ. in Linz. ..."

Gegen die nach Auffassung des Beschwerdeführers vorliegende Säumnis des Unabhängigen Finanzsenates mit der Erledigung seines Antrages vom 8. April 2004 richtet sich die vorliegende Säumnisbeschwerde. Der Beschwerdeführer begehrt neuerlich die Überprüfung von Schulabrechnungen der Berufsschule K von 1970 bis 1980.

Folgende Anträge werden an den Verwaltungsgerichtshof gestellt:

     1.        Der belangten Behörde ein Ergänzungsverfahren in

Überprüfung der Schulgelder aufzutragen;

     2.        die zu lösende Rechtsfrage Überprüfung von

Schulgeldern zu einem Rechtssatz zusammenzufassen und mit

Beschluss gemäß § 26a VwGG "darüber feststellen und unverzüglich

kundmachen";

     3.        hilfsweise ein Ergänzungsverfahren von befassten

Behörden durchführen zu lassen;

     4.        schulbehördliche Verfahren infolge überlanger

Verfahrensdauer einzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 27 VwGG kann die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monate in der Sache entschieden hat.

Der Beschwerdeführer hat nun zwar nach seinem Vorbringen mehrmals Anträge an das Finanzamt Wels gestellt, welche auf eine Überprüfung der Schulgelder der Berufsschule K gerichtet waren und in diesem Zusammenhang auch die "Zustellung des Ergebnisses in Bescheidform" begehrt. Nach seinen Beschwerdebehauptungen sind diese Anträge unerledigt geblieben.

Nach der Lage des Beschwerdefalles hätte der Beschwerdeführer aber, da jede bescheidmäßige Erledigung seines Begehrens unterblieb, vor Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht stellen müssen. Soweit eine Angelegenheit der bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben im Sinne des § 1 lit. a BAO vorlag, bildete die Rechtsgrundlage für einen solchen Antrag § 311 Abs. 2 BAO. Dieser bestimmt in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2002:

"§ 311. ...

(2) Werden Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt der Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekannt gegeben (§ 97), so kann jede Partei, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat, den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragen (Devolutionsantrag). Devolutionsanträge sind bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen."

Insoweit sich die Antragstellung nicht auf eine Angelegenheit des § 1 lit. a BAO bezogen hätte, läge die maßgebliche Rechtsgrundlage für den Devolutionsantrag in § 73 Abs. 2 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002, welcher lautet:

"§ 73. ...

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht

kommende Oberbehörde, ... über (Devolutionsantrag). ..."

Es hätte also - unbeschadet der Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde als Devolutionsbehörde - jedenfalls eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht an die belangte Behörde bedurft, um § 27 VwGG Genüge zu tun. Ein solcher Antrag müsste ausdrücklich gestellt werden (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 9. August 1994, Zl. 94/17/0298). Dies ist hier nicht geschehen:

Die Eingabe vom 8. April 2004 bezeichnet sich als Verbesserung einer am 3. April 2003 eingebrachten Berufung. Der schon unter Punkt 7. dieser Berufung gestellte Antrag liegt ebenso wie der in der Verbesserung der Berufung eingebrachte Antrag außerhalb der "Sache" des Berufungsverfahrens. Die Erledigung der in der Hauptsache erhobenen Berufung ist auch nicht Gegenstand der hier eingebrachten Säumnisbeschwerde.

Zwar bringt der Beschwerdeführer in den genannten Eingaben vor, er habe an das Finanzamt Wels bereits Anträge auf Überprüfung der Schulgelder gestellt. Solche, vom Beschwerdeführer in seinen Eingaben vom 3. April 2003 und vom 8. April 2004 allein behauptete Anträge wären aber nicht auf Erlassung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung, sondern vielmehr auf ein tatsächliches behördliches Verhalten, nämlich auf die Vornahme konkreter Überprüfungshandlungen gerichtet. Das Verlangen nach der Setzung eines tatsächlichen Vorganges löst aber für sich genommen noch keine Verpflichtung der Behörden zur Erlassung einer Sachentscheidung aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 2000, Zl. 97/05/0334). Dass der Beschwerdeführer schon beim Finanzamt Wels die Erlassung eines Bescheides beantragt hat, mag zwar zutreffen, maßgeblich für die Beurteilung der Eingabe vom 8. April 2004 ist jedoch, dass er dort eine solche Antragstellung nicht behauptet hat.

Deshalb - und weil auch kein ausdrücklicher Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde gestellt wurde - rechtfertigt auch der Hinweis auf schon an das Finanzamt Wels gestellte Anträge auf Überprüfung der Buchhaltungen der Berufsschule K (in Ansehung derer, weil auf ein tatsächliches Verhalten gerichtet, ein Devolutionsantrag gar nicht in Betracht käme) nicht die Deutung der Eingabe vom 8. April 2004 als solche gemäß § 311 BAO bzw. gemäß § 73 Abs. 2 AVG.

Aus der Sicht der belangten Behörde lagen daher Anträge auf Vornahme tatsächlicher Handlungen und auf Erlassung eines Bescheides über eine "Unterschlagungssumme" vor, welche neben in der "Sache" der Berufung (Vorschreibung einer Pfändungsgebühr) gelegenen Anträgen im Rahmen eines Berufungsverfahrens an sie herangetragen wurden. Für die Erledigung dieser erstgenannten - außerhalb der Sache des bei ihr anhängigen Berufungsverfahrens gelegenen - Anträge war die belangte Behörde jedenfalls in Ermangelung eines darauf bezüglichen Devolutionsantrages nicht zuständig. Damit bestand für sie zwar allenfalls die Verpflichtung, diese Anträge an die erstinstanzliche Behörde weiterzuleiten, keinesfalls jedoch eine Entscheidungspflicht.

Die Säumnisbeschwerde war aus diesem Grund mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen, wobei ihre Verbesserung durch Einholung einer Anwaltsunterschrift unterbleiben konnte (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Juni 1995, Zl. 95/20/0047).

Auch die mit der Beschwerde verbundenen weiteren Anträge waren zurückzuweisen, weil eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls zu einer von der gegenständlichen Säumnisbeschwerde losgelösten Behandlung dieser Anträge nicht besteht.

Wien, am 21. Februar 2005

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeParteistellung ParteienantragMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinMängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005170011.X00

Im RIS seit

04.07.2005

Zuletzt aktualisiert am

10.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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