TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/23 2002/12/0223

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Veröffentlicht am 23.02.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

ABGB §863;
ABGB §914;
BDG 1979 §47a Z1 idF 1997/I/061;
BDG 1979 §48 Abs1 idF 1997/I/061;
BDG 1979 §48f Abs2;
BDG 1979 §49 Abs1;
GehG 1956 §16 Abs1 idF 1992/873;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des W in V, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Juni 2002, Zl. 122.447/3-II/A/2/02, betreffend Überstundenvergütung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Bundespolizeidirektion Graz, Verkehrsabteilung (kurz: BPD).

Für ihn galten im Jahr 2001 unstrittig Schichtdienstpläne, die überwiegend eine regelmäßige Aufeinanderfolge von grundsätzlich 12-stündigen Diensttouren vorsahen. Die Diensttouren gliederten sich in Tagdiensttouren (von 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr) und Nachtdiensttouren (von 19.00 Uhr bis 07.00 Uhr des folgenden Tages). Für den Beschwerdeführer galt der so genannte Dienstplan B (Erbringung etwa doppelt so vieler Tagdienste wie Nachtdienste).

Zur Flexibilisierung der Dienstplangestaltung und Einsparung von Überstunden sah die belangte Behörde im Einvernehmen mit dem Zentralausschuss für die Bediensteten der Sicherheitswache mit Erlass vom 14. Dezember 2000 vor, dass jeder Sicherheitswachebeamte im Turnusdienst ab 1. Februar 2001 in jedem Quartal eines Kalenderjahres eine Tagdiensttour in die Nacht zu verschieben habe (Dienstzeitverschiebung). Das zweite "Quartal" im Kalenderjahr 2001 wurde mit der Zeit vom 1. Mai bis zum 30. Juni festgesetzt.

Die Umsetzung dieses Erlasses der belangten Behörde erfolgte für den Bereich der BPD durch die im Einvernehmen mit dem zuständigen Dienststellenausschuss getroffene Verfügung der BPD vom 30. Jänner 2001. Danach sollte die zusätzliche Nachtdiensttour an einen Tagdienst anschließen und von einem Mitglied der (dazu vorweg bestimmten) "kommandierfähigen Gruppe" erbracht werden. Durch die Inanspruchnahme einer solchen Dienstzeitverschiebung (kurz: DZV) dürfe der Abteilungsmindestbestand bei Tag jedoch nicht unterschritten werden. Die Dienstkommandierung habe mit dem Zusatz "DZV" zu erfolgen. Eine solcherart gekennzeichnete Kommandierung sei Hauptdienst und dürfe daher nicht gegen Überstunden verrechnet werden. Für die DZV-Nachtdiensttour seien aber das Nachtdienstgeld und eine allenfalls anfallende Sonn- und Feiertagszulage zu verrechnen sowie der "NZG-Zuschlag in Anspruch zu nehmen".

Am 31. Mai 2001 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen der DZV zu einer Nachtdiensttour vom 1. auf den 2. Juni 2001 eingeteilt. Nach dessen Absolvierung stellte er am 2. Juni 2001 folgenden Antrag an die BPD, der inhaltlich als solcher auf Überstundenvergütung zu werten ist:

"Ich beantrage, dass der von mir in der Nacht vom 1.6.2001, 19.00 Uhr bis 2.6.2001 07.00 Uhr, bei der Motorisierten Verkehrsgruppe, in der Dgr. A/1 erbrachte zusätzliche Nachtdienst als Überstundenleistung gem. § 49 BDG gewertet wird und begründe dies wie folgt:

Gemäß Erlass des BmfI vom 14.12.2000, ... wurde unter Punkt 1 Folgendes festgehalten: 'Bei der datumsmäßigen Festlegung der zu entfallenden Tagdiensttour sowie der zusätzlich zu erbringenden Nachtdiensttour sind die Interessen der Bediensteten weitestmöglich zu berücksichtigen.'

In der auf dem o.a. Erlass beruhenden Verfügung der BPD ...

v. 24.1.2001 wird diese Vorgabe nicht erwähnt und wurden die einzelnen Dienststellen auch nicht mit einer Kopie des Erlasses beteilt. Daher wird bei der Festlegung der zusätzlich zu erbringenden Nachtdienste auf die Interessen der Bediensteten keinerlei Rücksicht genommen, sondern es wird die gleiche Vorgehensweise angewendet, wie bei der Anordnung von Überstunden. So wurde der von mir zusätzlich zu erbringende Nachtdienst am 31.5.2001 um 15.20 Uhr schriftlich angeordnet und mir an diesem Tag, in meiner Freizeit, um ca. 16.45 Uhr telefonisch durch einen Dienst versehenden Kollegen meiner Dienststelle zur Kenntnis gebracht. Bei einer solch kurzfristigen Anordnung einer zusätzlich zu erbringenden Dienstversehung kann es sich um keine dienstplanmäßige Dienstzeit im Sinne des § 48 BDG handeln, da meine Interessen, insbesondere das berechtigte Interesse auf Planbarkeit meiner Freizeit, nicht berücksichtigt werden. Dies umso weniger, als auch die Gewährung des durch den zusätzlichen Nachtdienst erworbenen Freizeitausgleichs durch die o.a. Verfügung sehr restriktiv festgelegt worden ist und auch hier nur die Interessen des Dienstgebers, aber nicht die des Dienstnehmers berücksichtigt werden.

Sollte von der ho. Behörde der von mir gestellte Antrag negativ behandelt werden, beantrage ich die bescheidmäßige Absprache."

Mit Schreiben vom 7. Juni 2001 teilte das Referat 2 des Zentralinspektorats der BPD dem "Kommando der Verkehrsabteilung" mit, der Beschwerdeführer sei "für das bestehende Quartal für die zusätzliche Diensttour im Rahmen der DZV noch nicht eingeteilt" gewesen und habe daher damit rechnen müssen, in absehbarer Zeit für einen Nachtdienst herangezogen zu werden. Somit sei die zusätzliche Diensttour im Groben sehr wohl vorhersehbar gewesen, zumal die DZV nur an "kommandierfähigen Tagen" angeordnet werde und dem Beschwerdeführer bekannt sein sollte, an welchen Tagen er kommandierfähig sei. Insgesamt hätte er sehr wohl die Möglichkeit gehabt, seine Freizeit entsprechend zu planen.

Mit dem Bescheid vom 21. Juni 2001 gab die BPD dem Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Juni 2001, die von ihm im Rahmen der DVZ zusätzlich geleisteten Nachtdiensttour vom 1. Juni 2001, 19 Uhr, bis 2. Juni 2001, 7 Uhr, als Überstunde gemäß § 49 BDG 1979 zu werten, nicht statt.

Nach Darstellung der genannten Erlässe, des Verwaltungsverfahrens und der Rechtslage führte sie aus, bei der zusätzlichen Nachtdiensttour pro Quartal im Rahmen der DZV handle es sich nur um die Verschiebung einer Tagdiensttour und nicht um Überstunden gemäß § 49 BDG 1979. Laut seiner Angaben sei der Beschwerdeführer am Vortag (31. Mai 2001) um 16 Uhr 45 von einem Kollegen telefonisch verständigt worden, dass er am 1. Juni 2001 im Anschluss an die dienstplanmäßig vorgesehene Tagdiensttour von 19 Uhr bis 2. Juni 2001 7 Uhr die "DVZ" zu erbringen habe. Auf Grund der erlassmäßig möglichen und von der BPD getroffenen Regelung sei daher unmittelbar nach der Tagdiensttour durch Einteilung zu einer zusätzlichen Nachtdiensttour für den Beschwerdeführer eine Dienstzeitverschiebung angeordnet worden. In diesem Zusammenhang begründete sie (wie im obigen Schreiben vom 7. Juni 2001 bereits dargestellt) die Vorhersehbarkeit der Dienstleistung.

Da es sich bei der zusätzlich geleisteten Nachtdiensttour um DZV (Verschiebung einer Tagdiensttour in die Nacht) und nicht um eine über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinausgehende Dienstzeit gehandelt habe, sei eine Wertung dieser Dienstleistung als Überstunden im Sinne des § 49 BDG 1979 nicht zulässig. Für diese Dienstleistung entfalle die Leistung einer Tagdiensttour im zweiten Quartal 2001.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung mit dem Antrag, den genannten zusätzlichen Nachtdienst "als Überstunden gem. § 49 BDG zu werten". Im Wesentlichen wiederholte er seine Bedenken, dass der Dienstgeber seine Verpflichtung zu einer voraussehbaren Dienstplaneinteilung durch eine kurzfristig vorgenommene Abänderung des Schichtdienstplanes B nicht eingehalten habe und für ihn keine Vorhersehbarkeit des zusätzlichen Nachtdienstes gegeben gewesen sei. Das offenkundige Ansinnen der Dienstbehörde, er habe sich mehrere Monate lang nach jedem zweiten Tagdienst für einen eventuell darauf folgenden zusätzlichen Nachtdienst bereitzuhalten und auf seine Freizeitplanung (in diesem Umfang) zu verzichten, sei nur dann gerechtfertigt, wenn er dafür - wie es bei Überstunden gemäß § 49 BDG 1979 der Fall sei - entsprechend entschädigt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung betreffend Nachtdienst vom 1. Juni 2001 auf den 2. Juni 2001 als unbegründet ab und bestätigte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vollinhaltlich.

Nach zusammenfassender Darstellung des bisherigen Verfahrens führte die belangte Behörde in rechtlicher Würdigung des von der Behörde erster Instanz festgestellten Sachverhaltes aus, gemäß § 49 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 stellten Überstunden über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinausgehende Dienstleistungen dar, die auf entsprechende Anordnung zu erbringen seien. Eine solche Anordnung zur Dienstleistung, die eine Überschreitung der Wochendienstverpflichtung von durchschnittlich 40 Stunden zur Folge gehabt hätte und damit über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden im Sinne des § 49 Abs. 1 leg. cit. hinausgegangen wäre, fehle jedoch im Beschwerdefall. Mit dem Auftrag der BPD sei vielmehr eindeutig eine Verschiebung der dienstplanmäßig vorgesehenen Tagdiensttour auf den verfahrensgegenständlichen Nachtdienst intendiert, nicht jedoch eine Überschreitung der durchschnittlichen Wochenstundenverpflichtung und damit die Erbringung zusätzlicher Dienstleistungen angeordnet gewesen. Allein deshalb komme dem Begehren keine Berechtigung zu.

Darüber hinaus sei der Argumentation mit mangelnder Planbarkeit der Freizeitgestaltung zu entgegnen, dass das Ausmaß der DZV im Regelfall auf eine Diensttour pro Quartal des Kalenderjahres beschränkt sei. Auch folge die Dienstversehung dem jeweils vorgegebenen Dienstplanschema. Eine Vorhersehbarkeit der zu erbringenden Dienstleistungen sei somit grundsätzlich gewahrt. Die kurzfristig mögliche Verschiebung "von dienstplanmäßiger Zeit in dem dargestellten geringen Ausmaß" stellte bei Gesamtwertung keine so gravierende Durchbrechung der Vorausplanbarkeit von Dienst- und Freizeit dar, "dass die Verschiebemöglichkeiten nicht mehr als Bestandteil der dienstplanmäßigen Ablaufregelungen zu qualifizieren wären". Die Berufung erweise sich somit als unberechtigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Überstundenvergütung nach § 16 GehG durch unrichtige Anwendung dieser Norm in Verbindung mit § 49 BDG 1979 sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Die §§ 47a und 48 Abs. 1 bis 5 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) in der gemäß Art. 46 Z. 20 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. Nr. 142/2000, bis 31. Dezember 2001 in Kraft stehenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 61/1997, lauteten:

"2. Unterabschnitt

Dienstzeit

Begriffsbestimmungen

§ 47a. Im Sinne dieses Abschnittes ist:

1. Dienstzeit die Zeit der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden, der Überstunden sowie jener Teile der Bereitschaft und des Journaldienstes, während derer der Beamte verpflichtet ist, seiner dienstlichen Tätigkeit nachzugehen,

2. Tagesdienstzeit die Dienstzeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von 24 Stunden und

3. Wochendienstzeit die Dienstzeit innerhalb eines Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag."

"Dienstplan

§ 48. (1) Der Beamte hat die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist.

(2) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten beträgt 40 Stunden. Die Wochendienstzeit ist unter Berücksichtigung der dienstlichen Erfordernisse und der berechtigten Interessen der Beamten durch einen Dienstplan möglichst gleichmäßig und bleibend auf die Tage der Woche aufzuteilen (Normaldienstplan). Soweit nicht zwingende dienstliche oder sonstige öffentliche Interessen entgegenstehen, sind Sonntage, gesetzliche Feiertage und Samstage dienstfrei zu halten.

(3) Soweit nicht dienstliche oder sonstige öffentliche Interessen entgegenstehen, kann die gleitende Dienstzeit eingeführt werden. Gleitende Dienstzeit ist jene Form der Dienstzeit, bei der der Beamte den Beginn und das Ende seiner täglichen Dienstzeit innerhalb festgesetzter Grenzen (Gleitzeit) selbst bestimmen kann und während des übrigen Teiles der Dienstzeit (Blockzeit) jedenfalls Dienst zu versehen hat. Bei gleitender Dienstzeit ist vorzusorgen, dass die Erfüllung der regelmäßigen Wochendienstzeit im mehrwöchigen Durchschnitt gewährleistet ist.

(4) Bei Schicht- oder Wechseldienst ist ein Schicht- oder Wechseldienstplan zu erstellen. Dabei darf die regelmäßige Wochendienstzeit im mehrwöchigen Durchschnitt nicht über- oder unterschritten werden. Schichtdienst ist jene Form der Dienstzeit, bei der aus organisatorischen Gründen an einer Arbeitsstätte der Dienstbetrieb über die Zeit des Normaldienstplanes hinaus aufrechterhalten werden muss und ein Beamter den anderen ohne wesentliche zeitmäßige Überschneidung an der Arbeitsstätte ablöst. Bei wesentlichen zeitmäßigen Überschneidungen liegt Wechseldienst vor.

(5) Ist im Rahmen eines Schicht- oder Wechseldienstplanes oder eines Normaldienstplanes regelmäßig an Sonn- oder Feiertagen Dienst zu leisten und wird der Beamte zu solchen Sonn- und Feiertagsdiensten eingeteilt, so ist eine entsprechende Ersatzruhezeit festzusetzen. Der Dienst an Sonn- und Feiertagen gilt als Werktagsdienst. Wird der Beamte während der Ersatzruhezeit zur Dienstleistung herangezogen, so gilt dieser Dienst als Sonntagsdienst."

§ 49 Abs. 1 des BDG 1979, BGBl. Nr. 333 in der Stammfassung,

lautet:

"Überstunden

§ 49. (1) Der Beamte hat auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen (Überstunden). Den auf Anordnung geleisteten Überstunden sind - ausgenommen bei gleitender Dienstzeit - Überstunden gleichzuhalten, wenn

1. der Beamte einen zur Anordnung der Überstunde Befugten nicht erreichen konnte,

2. die Leistung der Überstunde zur Abwehr eines Schadens unverzüglich notwendig war,

3. die Notwendigkeit der Leistung der Überstunde nicht auf Umstände zurückgeht, die von dem Beamten, der die Überstunden geleistet hat, hätten vermieden werden können,

und

4. der Beamte diese Überstunde spätestens innerhalb einer Woche nach der Leistung schriftlich meldet; ist der Beamte durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, so verlängert sie sich um die Dauer der Verhinderung."

§ 49 Abs. 2 leg. cit. idF Art. I Z. 3 der Novelle BGBl. Nr. 873/1992 lautet:

"(2) Überstunden sind je nach Anordnung

1.

im Verhältnis 1:1,5 in Freizeit auszugleichen oder

2.

nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten oder

3.

im Verhältnis 1:1 in Freizeit auszugleichen und zusätzlich nach besoldungsrechtlichen Vorschriften abzugelten."

§ 48a (Höchstgrenzen der Dienstzeit), § 48b (Ruhepausen),

§ 48c (tägliche Ruhezeiten), § 48d (Wochenruhezeit) und § 48e

(Nachtarbeit) des BDG 1979, jeweils eingefügt durch BGBl. I Nr. 61/1997, enthalten Sonderregelungen, die jedoch gemäß § 48f Abs. 2 Z. 3 leg. cit. auf Beamte mit spezifischen staatlichen Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit keinen Aufschub dulden, insbesondere im öffentlichen Sicherheitsdienst, insoweit nicht anzuwenden sind, als die Besonderheiten dieser Tätigkeiten einer Anwendung dieser Bestimmungen zwingend entgegenstehen.

§ 15 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54 in der Fassung BGBl. Nr. 214/1972, lautet auszugsweise:

"Nebengebühren

§ 15. (1) Nebengebühren sind

1. die Überstundenvergütung (§ 16), ..."

§ 16 Abs. 1 GehG in der Fassung BGBl. Nr. 873/1992 lautet:

"Überstundenvergütung

§ 16. (1) Dem Beamten gebührt für Überstunden, die

1.

nicht in Freizeit oder

2.

gemäß § 49 Abs. 2 Z 3 BDG 1979 im Verhältnis 1:1 in Freizeit ausgeglichen werden,

eine Überstundenvergütung."

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde setze eine unrichtige Tatsache voraus, indem sie behaupte, "der Bezug habende Dienstauftrag" sei nicht darauf gerichtet gewesen, ihn zu einer Dienstleistung zu verhalten, die eine Überschreitung der Wochendienstverpflichtung herbeiführe. Dies sei auf Grund der Erklärung, dass es sich um einen Dienst handeln sollte, für den ein Freizeitausgleich 1:1 stattzufinden hätte, unrichtig. Da ein solcher Ausgleich nur für eine Dienstleistung in Frage komme, die sich zunächst als Überstundenleistung darstelle, sei implizit eine Überstundenanordnung erfolgt. Für die danach geleisteten Überstunden im Sinn des § 49 Abs. 1 BDG 1979 gebühre nach § 16 GehG ein entsprechender Ausgleich.

Die strittige Nachtschicht sei im Dienstplan nicht vorgesehen gewesen. Ihre Wertung als Hauptdienst könne auch nicht auf den Erlass der belangten Behörde vom 14. Dezember 2000 gestützt werden, weil dieser nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden sei.

Ein "Dienstplan" bedeute die vorhersehbare Einteilung der Dienstzeit. Die Einteilung der Nachtschicht vom 1. auf den 2. Juni 2001 sei nicht vorhersehbar, im Dienstplan nicht vorgesehen und ihm von einem Kollegen erst am Vortag gegen

16.45 Uhr mitgeteilt worden. Eine derartige Vorgangsweise sei, auch wenn sie nur einmal im Quartal erfolge, gesetzwidrig. Die BPD sei sich somit der Anordnung eines Dienstes außerhalb des Dienstplanes auch bewusst gewesen, sodass eine angeordnete Überstundenleistung vorliege und ihm die dafür im Gesetz vorgesehene Vergütung gebühre. Die gegenteilige Entscheidung der belangten Behörde erweise sich als inhaltlich rechtswidrig.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer die behauptete Verletzung im Recht auf Überstundenvergütung nicht darzulegen.

Zeitliche Mehrdienstleistungen begründen nur dann einen Anspruch auf Abgeltung bzw. Ausgleich, wenn sie angeordnet sind oder wenn die Tatbestandserfordernisse des zweiten Satzes des § 49 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen. Dass im Sinne dieser Bestimmung den angeordneten Überstunden gleich zu haltende Überstunden geleistet worden seien, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

Eine anspruchsbegründende Anordnung von Überstunden nach dem ersten Satz des § 49 Abs. 1 BDG 1979 kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur ausdrücklich, etwa unter Verwendung des Wortes "Überstundenanordnung", erfolgen. Vielmehr kommt auch eine konkludente Anordnung von Überstunden in Betracht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, Zl. 97/12/0279, mit weiterem Nachweis der Vorjudikatur).

Eine solche kann in einem Auftrag auf Ausführung von Arbeiten eines bestimmten Ausmaßes innerhalb eines bestimmten Zeitraumes liegen, wenn schon bei der Auftragserteilung (und nicht erst infolge von Umständen, die nachträglich eingetreten sind und daher bei der Erteilung des Auftrages nicht vorhersehbar waren) von vornherein feststeht, dass die Auftragerfüllung die Leistung von Überstunden unumgänglich notwendig macht. Jedoch rechtfertigt allein ein bestimmter Umfang der einem Beamten übertragenen dienstlichen Aufgaben nicht die Annahme, in der Übertragung dieser Aufgaben bereits eine (konkludente) Anordnung von Überstunden zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2002, Zl. 97/12/0188, mit weiteren Nachweisen der Vorjudikatur).

Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa mit den Erkenntnissen vom 23. Juni 1993, Zl. 89/12/0200, und vom 18. März 1994, Zl. 92/12/0217, ausgesprochen hat, sind allgemeine Regelungen über die Wertung von Willenserklärungen in Verwaltungsvorschriften oder in den Verfahrensvorschriften nicht enthalten, sodass zur Lösung dieser Frage die im ABGB normierten Grundsätze heranzuziehen sind.

§ 863 ABGB enthält allgemeine Regeln über die Willensbildung und misst auch den schlüssigen Willenserklärungen Erklärungswert bei. Bei der Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf den rechtsgeschäftlichen Willen des Erklärenden ist ein strenger Maßstab anzulegen. Es darf also kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt (vgl. dazu allgemein die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1994, Zl. 92/12/0217, und vom 21. April 1999, Zl. 94/12/0110).

Für diesen Rechtsfolgewillen kommt es nach § 863 in Verbindung mit § 914 ABGB primär - also selbst vorrangig zu einem allenfalls davon abweichenden objektiven Gehalt der Erklärung - auf das Verständnis an, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen durfte und auch tatsächlich gewonnen hat (vgl. dazu etwa Rummel in Rummel3, Rz. 8 zu § 863 ABGB, mit weiteren Nachweisen aus der Lehre sowie der Judikatur des OGH).

Dieses von ihm gewonnene Verständnis hat der Beschwerdeführer selbst in seiner (oben wörtlich wiedergegebenen) Eingabe vom 2. Juni 2001 klar dargelegt. Es hat - zusammengefasst - darin bestanden, dass die BPD die Leistung von Überstunden zwar nicht (konstitutiv) anordnen wollte, eine Änderung der im Dienstplan vorgesehenen Dienstzeit (durch DZV) jedoch derart kurzfristig (innerhalb eines Tages) unzulässig und der zwischen

1. und 2. Juni 2001 geleistete Nachtdienst daher als Erbringung von Überstunden zu werten sei.

Abgesehen davon, dass diese Ausführungen - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - nicht nur als Tatsachenvorbringen, sondern zu einem erheblichen Teil als Rechtsausführungen zu qualifizieren sind, kann daraus insgesamt kein tatsächlich gewonnenes Vertrauen auf eine vom Willen der BPD getragene konstitutive Anordnung von Überstunden entnommen werden. Vielmehr wird nämlich die vom Beschwerdeführer erkannte (und abgelehnte) gegenteilige Absicht der BPD als dem Gesetz nicht entsprechend dargestellt, woraus die oben im Einzelnen dargestellten rechtlichen Schlüsse gezogen werden.

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer - wie jeder andere redliche Erklärungsempfänger auch - allein aus der unstrittigen Kenntnis des Erlasses der belangten Behörde vom 14. Dezember 2000, von dessen Befolgung durch die BPD (zum erklärten Zweck der Einsparung von Überstunden) er bei der Anordnung der beschwerdegegenständlichen DZV - wie schon in seinem Antrag vom 2. Juni 2001 dargestellt - ausging, den Schluss ziehen musste, dass eine Änderung des Dienstplanes, nicht jedoch eine (individuelle) Anordnung von Überstunden über die im Dienstplan vorgesehenen Dienststunden (entsprechend § 47a Z. 1 und § 48 Abs. 1 BDG 1979) hinaus erfolgen sollte.

Der Gebrauch des Wortes "Freizeitausgleich" ändert daran nach den dargestellten strengen Anforderungen des § 863 ABGB an die Konkludenz nichts, weil damit im Hinblick auf die dem Beschwerdeführer bekannte Weisungslage als Folge des genannten Erlasses vom 14. Dezember 2000 offenbar lediglich die Art seiner Umsetzung durch die BPD und damit der künftige Inhalt des Dienstplanes beschrieben werden sollte.

Eine - im Beschwerdefall zu verneinende - Absicht des Dienstgebers, (zusätzliche) Überstunden anordnen zu wollen, ist jedoch, unbeschadet der Zweckmäßigkeit eines derartigen Vorgehens durch die Dienstbehörde, für die Beurteilung einer Dienstleistung als Überstunden gemäß § 49 Abs. 1 Satz 1 BDG 1979 unverzichtbar (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. April 1999, Zl. 94/12/0110, vom 11. Dezember 2002, Zl. 97/12/0188, und vom 22. Jänner 2003, Zl. 97/12/0279, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die (insbesondere auf Grund der Kurzfristigkeit der Anordnung strittige) Zulässigkeit der von der BPD gewählten einseitigen Vorschreibung von Arbeitszeit ist für die gehaltsrechtlichen Folgen einer solchen Maßnahme ohne Bedeutung. Eine abweichende, den Verfahrensausgang bestimmende Ansicht ist auch dem zur früheren Rechtslage ergangenen, die Gebührlichkeit einer Überstundenvergütung verneinenden hg. Erkenntnis vom 27. November 1996, Zl. 95/12/0090, nicht zu entnehmen.

Schon in dieser Entscheidung wurde jedoch hervorgehoben, dass in bestimmten Bereichen des öffentlichen Dienstes eine langfristige konkrete datums- und zeitmäßige Einteilung des Dienstes nicht möglich ist. Ebenso wurde ausgesprochen, dass es - im Sinne der (heute) erwünschten Flexibilität - rechtlich nicht unzulässig ist, Mischformen des Dienstes im Einvernehmen mit der Personalvertretung vorzusehen.

Das erstgenannte Argument entspricht dem Inhalt des im Juni 2001 zeitraumbezogen anwendbaren § 48f Abs. 2 BDG 1979, durch den die Geltung verschiedener Dienstzeitbegrenzungen (u.a.) für Beamte im öffentlichen Sicherheitsdienst - wie einleitend aufgezeigt - weitgehend eingeschränkt wurde.

Mangels Anordnung von Überstunden war der Beschwerdeführer somit, ohne dass ein Eingehen auf die weitere Argumentation erforderlich wäre, in seinem Recht auf Überstundenvergütung nach § 16 GehG nicht verletzt, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. Februar 2005

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Auslegung Diverses VwRallg3/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002120223.X00

Im RIS seit

01.04.2005

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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