TE OGH 1950/6/3 2Ob547/49

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Veröffentlicht am 03.06.1950
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in der Verlassenschaftssache nach Komm.Rat.Josef P*****, infolge Revisionsrekurses der Verlassenschaft nach Komm.Rat.Josef P*****, vertreten durch die erbserklärte Erbin Josefine P*****, diese vertreten durch die Rechtsanwälte Dr.Max und Dr.Kurt Scheffenegger, in Wien I., Getreidemarkt 2, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25.Oktober 1949, 43 R 1854/49-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 26.September 1949, 8 A 232/49-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs (Revisionsrekurs) wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der zwischen KommRat.Josef P***** und seinem Sohn Ing.Josef P***** am 23.7.1936 mündlich abgeschlossene und in einem Gedenkprotokoll festgehaltene Gesellschaftsvertrag enthält unter anderem die folgende Bestimmung: "Im Ablebensfalle des Herrn Komm.Rates P***** haben die Erben desselben keinen Anspruch auf Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses. Der Gesellschaftsanteil des Herrn Komm.Rat P***** fällt vielmehr dem Gesellschaftsanteil des Herrn Ing.P***** zu. Die Erben nach Herrn Komm.Rat P***** haben als Gegenleistung nur die Hälfte des Hauses ***** S*****gasse *****, welches grundbücherlich auf Herrn Komm.Rat P***** angeschrieben ist, zu erhalten; im übrigen haben die Erben nach Herrn Komm.Rat P***** jedoch keinen Anspruch auf weitere Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen, welchen Saldo immer im Todesfalle das Kapitalskonto des Herrn Komm.Rates P***** ausweisen sollte". Komm.Rat Josef P***** ist am 22. Feber 1949 gestorben. Zu seinem Nachlaß gab die erbl. Witwe Josefine P***** auf Grund eines vorhandenen Testamentes die bedingte Erbserklärung ab, während die erbl. Kinder Ing.Josef P***** und Annemarie H***** erklärten, den gesetzlichen Pflichtteil in Anspruch zu nehmen. Zur Berechnung des Pflichtteiles beantragte die erbl. Witwe auch das Firmenvermögen effektiv zu schätzen und nicht bloß die Bilanzwerte und die Einheitswerte der Liegenschaften der Abhandlung zugrundezulegen. Mit dem Beschluß vom 6. April 1949, ONr. 7 übermittelte das Abhandlungsgericht den Akt dem Gerichtskommissär zur Inventierung und Schätzung des Nachlasses, mit dem Auftrag, der Inventur nicht bloß die Bilanzwerte und Liegenschaftseinheitswerte zu Grunde zu legen, sondern das Firmenvermögen und die Liegenschaft auch effektiv schätzen zu lassen. Gegen die verfügte Inventierung und Schätzung des Firmenvermögens sprach sich der erbl. Sohn Ing.Josef P***** unter Hinweis auf die eingangs erwähnte Bestimmung des Gesellschaftsvertrages aus, wobei er bemerkte, daß die im Gesellschaftsvertrag angeführte Hälfte des Hauses *****, S*****gasse ***** bereits auf Grund der Eigentumsübertragungserklärung vom 10.3.1937 in das bücherliche Eigentum der prot.Firma Josef P***** übertragen wurde und auf Grund des Gesellschaftsvertrages nur diese Haushälfte in den Nachlaß falle.

Mit dem Beschluß vom 26. September 1949, ONr. 10, entschied das Verlassenschaftsgericht, daß der mit Beschluß vom 6. April 1949 dem Gerichtskommissärs erteilte Auftrag zur Inventierung und Schätzung des Firmeninventars (Firmenvermögens), vorbehaltlich der Rechtskraft dieses Beschlusses, aufrecht bleibe und daß es dem erbl. Sohn Ing.Josef P***** überlassen bleibe, die Nichtzugehörigkeit des erbl. Firmenvermögens in den Nachlaß im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. Das Abhandlungsgericht fand die derzeitige Einbeziehung des erbl. Firmenanteils gemäß § 97, Abh.Pat. für zulässig, da durch die Inventierung der strittigen Frage, ob dieser Anteil in den Nachlaß gehört, oder auf Grund des Gesellschaftsvertrages mit dem Ableben des Erblassers dem Gesellschaftsanteil des Ing.Josef P***** zugefallen sei, nicht vorgegriffen werde.

Dem gegen diesen Beschluß gerichteten Rekurs des erbl. Sohnes gab das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht Folge und änderte den angefochtenen Beschluß im ersten Teil dahin ab, daß die Inventierung und Schätzung des Firmenvermögens zu unterbleiben habe, im zweiten Teil hob es ihn auf. Das Rekursgericht vertrat den Standpunkt, daß die eingangs erwähnte Vertragsbestimmung die Einbeziehung des Gesellschaftsanteiles des Erblassers in die Nachlaßabhandlung, bzw. seine Aufnahme in das Inventar, ausschließe (Demelius, das kaufm. Nachlaßverfahren in Österreich S 101 ff). Es könne auch nicht gesagt werden, daß es sich im vorliegenden Fall um eine Schenkung auf den Todesfall handle, welche der Form eines Notariatsaktes zu ihrer Gültigkeit bedürfen würde. Denn abgesehen davon, daß die Erben eine Abfindung in Gestalt der Liegenschaftshälfte erhalten, müsse der Gesellschaftsvertrag als Ganzes betrachtet und müssen demnach auch die Leistungen des erbl. Sohnes an den Erblasser zu dessen Lebzeiten berücksichtigt werden. Der Abhandlung sei daher nur die oben erwähnte Liegenschaftshälfte zu unterziehen.

Dieser Beschluß wird von der erbserklärten Erbin Josefine P***** namens der Verlassenschaft nach Komm.Rat Josef P***** mit Rekurs aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angefochten. Es wird beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, daß der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Komm.Rates Josef P*****, bzw. die Forderung in Höhe des Wertes dieses Gesellschaftsanteiles in die Nachlaßabhandlung einzubeziehen und daß zur genauen Feststellung dieses Wertes die Inventierung und effektive Schätzung des Firmenvermögens vorzunehmen sei. Allenfalls wird beantragt, den erbl. Sohn Ing.Josef P***** zur Durchsetzung seiner aus dem Gesellschaftsvertrag behaupteten Ansprüche auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht begründet.

Gemäß § 92 AußStrG. ist das Inventar über den Nachlaß aufzunehmen. Daraus folgt, daß dasjenige was nicht Nachlaßvermögen ist, nicht Gegenstand der Inventur zu sein hat. Diese negative Voraussetzung trifft im vorliegenden Fall hinsichtlich des erbl.

Gesellschaftsanteiles an dem Vermögen der prot. Firma Josef P***** zu. Nach Inhalt des Gesellschaftsvertrages hat Ing.Josef P***** bereits das Recht unter Lebenden erworben, im Falle des Todes seines Vaters die prot. Firma Josef P***** für sich allein zu übernehmen und zu führen. Mit dem Ableben des Komm.Rates Josef P***** ist dessen Gesellschaftsanteil dem überlebenden Sohn zugewachsen, ohne daß es einer Übernahme oder einer Übertragung einzelner Vermögensstücke bedurfte. Die im Rekurs vertretene Ansicht, daß die bestimmung, wonach der Gesellschaftsanteil im Falle des Ablebens des Komm.Rates P***** dem anderen Gesellschafter (Ing.Jos. P*****) zufallen sollte, um in den Formen eines Notariatsaktes oder einer letztwilligen Verfügung getroffen werden konnte, ist rechtsirrig. Das österreichische Recht unterwirft nur unentgeltliche Verfügungen auf den Todesfall besonderen Beschränkungen (§ 956 ABGB); dagegen unterliegen entgeltliche Verfügungen über Vermögensbestandteile, die mit dem Tod eines Vertragspartners wirksam werden sollen, nur den allgemeinen Beschränkungen für Verträge schlechthin. Ein Gesellschaftsvertrag ist regelmäßig den entgeltlichen Verträgen zuzuzählen; er kann auch dann nicht als unentgeltlicher Vertrag bezeichnet werden, wenn einzelne seiner Vertragsklauseln einem einzelnen Gesellschafter zugute kommen. Es ist daher die Ansicht der Rekurswerberin abzulehnen, daß die Einräumung eines Rechtes, das mit dem Tode eines Vertragspartner beginnt, an die Formvorschriften des § 956 ABGB gebunden sei.

Die Meinung der Rekurswerberin, daß wenn schon nicht der Gesellschaftsanteil des Verstorbenen als solcher, so doch sein Wert als eine Forderung an den überlebenden Gesellschafter der Abhandlung unterliege, ist nicht stichhältig. Dieser Auffassung steht die ausdrückliche Vertragsbestimmung entgegen, derzufolge den Erben an Stelle des dem Erblasser am Firmenvermögen zustehenden Anteiles die mit dem halben Anteil des Hauses in *****, S*****gasse *****, festgesetzte Gegenleistung allein gebührt. Sonst haben die Erben keinen Anspruch auf Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen, welchen Saldo immer im Todesfall das Kapitalskonto des Komm.Rates P***** ausweisen sollte. Ob die im Vertrag vorgesehene "Gegenleistung" an die Erben angemessen ist, ist unerheblich.

Unzutreffend ist auch die Ansicht der Rekurswerberin, daß sich die Zuwendung der gegenständlichen Haushälfte an die Erben als eine Zuwendung des Komm.Rates P***** aus seinem eigenen Vermögen darstelle. Gemäß Punkt 2 des Gesellschaftsvertrages wurden von Komm.Rat P***** vier halbe Hausanteile (darunter auch die Hälfte des *****, S*****gasse *****) in die Firma eingebracht und gehören daher zum Gesellschaftsvermögen. Der mit S 28.300.- vereinbarte Schätzwert dieser Hausanteile wurde auch dem Kapitalskonto des Komm.Rates P***** gutgeschrieben.

Aus diesen Darlegungen ergibt sich, daß weder der dem erbl. Sohn zugewachsene Gesellschaftsanteil des Erblassers, noch auch der Wert desselben zu dem Vermögen gehört, welches den Nachlaß bildet und über welches das Gericht abzuhandeln hat. An Stelle dieses Vermögens ist die vertraglich festgesetzte Abfindung an die Erben, das ist die Hälfte des Hauses *****, S*****gasse *****, getreten. Diese und nicht das Firmenvermögen hat daher gemäß § 92 AußStrG den Gegenstand der Inventierung zu bilden.

Dem unbegründeten Rekurs war demgemäß nicht Folge zu geben.

Anmerkung

E73327 2Ob547.49

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0020OB00547.49.0603.000

Dokumentnummer

JJT_19500603_OGH0002_0020OB00547_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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