TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/23 2001/08/0126

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Veröffentlicht am 23.02.2005
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §1297;
ASVG §33;
ASVG §34;
ASVG §67 Abs10;
AVG §45 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des K in R, vertreten durch Dr. Jürgen Amann und Dr. Alexander Jehle, Rechtsanwälte in 6830 Rankweil, Brisera 12a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 30. Mai 2001, Zl. IVb-69- 49/1999, betreffend Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 6850 Dornbirn, Jahngasse 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist seit 24. Februar 1995 handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten GmbH. Mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 20. März 1998 wurde über das Vermögen dieser GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Im Konkursverfahren wurde ein Ausgleichsantrag angenommen und gerichtlich bestätigt. Demnach erhalten die Konkursgläubiger eine Quote von 22,755 %.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nahm am 16. April 1998 eine Beitragsprüfung bei der GmbH vor. Mit Nachverrechnung vom 29. August 1998 wurden der GmbH Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 152.083,15 vorgeschrieben.

Mit Bescheid vom 22. Juli 1999 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GmbH zur Zahlung der auf Grund der Nachverrechnung vom 29. August 1998 aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum Jänner 1996 bis Jänner 1998 im Betrag von S 69.355,04, der Verzugszinsen berechnet bis 27. Juli 1999 in Höhe von S 8.132,08 und für weitere 6,87 % Verzugszinsen aus S 89.785,80 seit 23. Juli 1999. In der Begründung wurde der eingangs dargestellte, unstrittige Sachverhalt angeführt und daraus gefolgert, dass die Forderung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse an rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen im Ausmaß von 77,245 % als uneinbringlich anzusehen sei. Der Beschwerdeführer hafte als Vertreter der GmbH neben dieser für diese aushaftenden Beiträge insoweit, als die Beiträge durch sein Verschulden nicht hereingebracht werden können. Fest stehe, dass im haftungsrelevanten Zeitraum (Jänner 1996 bis Jänner 1998) jedenfalls mehrere Gläubiger zur Gänze befriedigt worden seien und die in diesem Zeitraum fällig gewordenen Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr zur Gänze beglichen worden seien. Damit sei eine Ungleichbehandlung zu Lasten der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse im Hinblick auf die auf diesen Beitragszeitraum nicht mehr zur Gänze bezahlten Sozialversicherungsbeiträge gegeben.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch. Darin machte er - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - geltend, er habe keine schuldhafte Verletzung der "Beitragspflichten" zu verantworten. Bis zum 20. März 1998 habe die GmbH sämtliche von der Steuerberatungskanzlei errechneten und vorgeschriebenen Beiträge zur Sozialversicherung bezahlt. Er habe sich als Geschäftsführer zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge eines renommierten Steuerberatungsbüros bedient. Dieses habe die zu bezahlenden Beiträge errechnet und fristgerecht überwiesen. Allfällige Rechtsirrtümer oder Fehler in der Ermittlung der zu bezahlenden Beiträge seien von ihm als Geschäftsführer weder verursacht noch in irgend einer Weise verschuldet worden. Fehler des Steuerberaters könnten ihm als Geschäftsführer keinesfalls als Verschulden zugerechnet werden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge gegeben und den bekämpften Bescheid bestätigt. In der Begründung wurde zunächst das Verwaltungsgeschehen und der unstrittige oben ausgeführte Sachverhalt dargestellt. Sodann wurde ausgeführt, die Haftung des nach § 67 Abs. 10 ASVG Verantwortlichen sei ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die daran anknüpfe, dass die gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen zur rechtzeitigen Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen verletzt worden seien. Leichte Fahrlässigkeit des Vertreters reiche für die Haftung aus und sei schon dann anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe anzugeben vermöge, aus denen ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen, unmöglich gewesen sei. Es sei somit Sache des Vertreters der juristischen Person, jene Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Bei den Pflichten, deren Verletzung eine der Voraussetzungen für die Haftung des Vertreters sei, handle es sich um die Pflicht zur rechtzeitigen Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge namens des Beitragsschuldners und aus dieser Verpflichtung allenfalls resultierende Nebenpflichten.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge eines renommierten Steuerberatungsbüros bedient, könne ihn nicht von seiner Haftung entschuldigen. Wenn der Vertreter eine ihn treffende Verpflichtung an dritte Personen übertrage, habe er sich durch geeignete Kontrollmaßnahmen von der Einhaltung der ihn treffenden Verpflichtungen durch den Dritten auch dann laufend zu überzeugen, wenn er meine, auf ein pflichtgemäßes Verhalten des Dritten vertrauen zu können. Dass der Beschwerdeführer eine ausreichende und effektive Kontrolle ausgeübt hätte, werde von ihm nicht einmal ansatzweise behauptet.

Hinsichtlich der Beitragsnachverrechnung betreffend "regelmäßig geleistete Überstunden im Urlaubsentgelt" habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er hätte diesbezüglich eine von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse abweichende, aber dennoch vertretbare Rechtsauffassung gehabt. Der Beschwerdeführer sei jedoch darauf hinzuweisen, dass einen Meldepflichtigen grundsätzlich eine Erkundigungspflicht treffe, sofern er seine - objektiv unrichtige - Rechtsauffassung nicht etwa auf höchstgerichtliche (und erst später geänderte) Rechtsprechung oder bei Fehlen einer solchen auf eine ständige Verwaltungsübung zu stützen vermöge. Insbesondere werde ein solcher Meldepflichtiger gehalten sein, sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtsauffassung bei der Behörde und/oder einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person Gewissheit zu verschaffen. Erhalte er dann allerdings von ihr trotz ausführlicher Darlegung des maßgeblichen Sachverhaltes eine ausdrückliche Auskunft in einer bestimmten Richtung und gehe er danach vor, so liege trotz einer objektiven Unrichtigkeit keine Sorgfaltsverletzung vor.

Der Beschwerdeführer habe in keiner Weise behauptet, er hätte eine ausdrückliche Auskunft bei einer Behörde und/oder einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle unter ausführlicher Darlegung des maßgeblichen Sachverhaltes eingeholt. Auch habe er sich offensichtlich mit der in diesem Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung oder dem Schrifttum nicht im erforderlichen Ausmaß gewissenhaft auseinander gesetzt. Vielmehr weise er selbst auf die in diesem Zusammenhang bestehenden rechtlichen und faktischen Probleme und Unklarheiten hin. Ausgehend davon wäre er gehalten gewesen, eine Klärung bei der zur Vollziehung der beitragsrechtlichen Normen des ASVG zuständigen Gebietskrankenkasse herbeizuführen. Da er dies nach Maßgabe des vorliegenden Sachverhaltes unter Verletzung der gehörigen Sorgfalt jedoch unterlassen habe, sei ihm diesbezüglich ein Verschulden anzulasten. Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang weiters festzuhalten, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der weiteren Gründe, die für die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Beitragsnachverrechnung maßgeblich gewesen seien, nicht geltend gemacht habe, dass er auch diesbezüglich eine vertretbare gegenteilige Rechtsansicht gehabt habe. Diesbezüglich sei auf das Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 21. Jänner 2000 zu verweisen, deren Ausführungen vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden seien.

Es sei unbestritten, dass die aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge nicht bei Fälligkeit entrichtet worden seien. Werden die Beiträge im Sinne des § 59 Abs. 1 ASVG nicht fristgerecht eingezahlt, so sei die Beitragsschuldnerin auch zur Entrichtung von Verzugszinsen verpflichtet. Gemäß § 83 i.V.m. § 67 Abs. 10 ASVG sei davon auszugehen, dass der Haftung für die Kapitalforderung die Haftung für die Zinsen folge.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 2000, 98/08/0191, 0192, festgestellt, dass die Judikatur in Bezug auf die Gleichbehandlung der Sozialversicherungsträger mit anderen Gläubigern nicht mehr aufrecht erhalten werde. Eine Haftung im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG sei daher nur noch für nicht abgeführte, aber einbehaltene Dienstnehmeranteile bzw. für Beitragsausfälle, die auf schuldhafte Meldepflichtverletzungen zurückzuführen seien, möglich. Es sei daher in diesem Verfahren nicht mehr darauf einzugehen, inwieweit die vorgelegten Unterlagen eine Gegenüberstellung im Sinne der früheren Judikatur darstellten. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Meldepflichtiger bei gehöriger Sorgfalt Angaben bzw. Änderungsmeldungen als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen, sei davon auszugehen, dass er sich alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen müsse und deren Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten habe. Da sich der Beschwerdeführer die zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse nicht verschafft habe und überdies den ihn treffenden Kontrollpflichten nicht nachgekommen sei, seien ihm die darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzungen als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zuzurechnen.

Als weitere Voraussetzung für die Haftung des Geschäftsführers sehe § 67 Abs. 10 ASVG die Uneinbringlichkeit der Sozialversicherungsbeiträge bei der Primärschuldnerin vor. Der Beschwerdeführer habe die Uneinbringlichkeit der geltend gemachten Beiträge nicht bestritten.

Werde ein infolge einer schuldhaften Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Haftungspflichtigen nicht entrichteter Beitrag in der Folge uneinbringlich, spreche die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit durch die Pflichtverletzung und damit für den erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe keine der in den §§ 33, 34 und 111 ASVG genannten Meldepflichten verletzt. Alle gesetzlich vorgeschriebenen Meldungen, insbesondere die monatlichen Beitragsmeldungen auf Grund der Selbstberechnung, seien durch den beauftragten steuerlichen Vertreter fristgerecht erfolgt. Die dabei errechneten Beiträge seien bis zuletzt in voller Höhe beglichen worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften (u.a.) die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. Dezember 2000, 98/08/0191, 0192 (Slg. Nr. 15.528/A), vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass unter den "den Vertretern auferlegten Pflichten" im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG in Ermangelung weiterer, in den gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich normierter Pflichten des Geschäftsführers im Wesentlichen die Melde- und Auskunftspflichten, soweit diese in § 111 ASVG i.V.m. § 9 VStG auch gesetzlichen Vertretern gegenüber sanktioniert sind, sowie die in § 114 Abs. 2 ASVG umschriebene Verpflichtung zur Abfuhr einbehaltener Dienstnehmerbeiträge zu verstehen sind. Ein Verstoß gegen diese Pflichten durch einen gesetzlichen Vertreter kann daher, sofern dieser Verstoß verschuldet und für die gänzliche oder teilweise Uneinbringlichkeit einer Beitragsforderung kausal ist, zu einer Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG führen. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Die Feststellung einer Haftung des Beschwerdeführers für Verzugszinsen ist im Sinne des zitierten Erkenntnisses verfehlt. Die Haftung für die von der mitbeteiligten Partei geltend gemachten Verzugszinsen im Sinne des § 83 ASVG trifft den Beschwerdeführer nur im Rahmen des § 67 Abs. 10 ASVG. Für die Entrichtung der von der Beitragschuldnerin geschuldeten Nebengebühren fehlt es aber an einer spezifisch sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtung des Geschäftsführers (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 27. Juli 2001, 2001/08/0061, und vom 26. Mai 2004, 2001/08/0209). Soweit daher die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Haftung für Verzugszinsen der Beitragsschuldnerin herangezogen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Verzugszinsen aus dem Grunde der nicht rechtzeitigen Entrichtung des Haftungsbetrages können aber erst frühestens mit dessen Fälligkeit zu laufen beginnen, d.h. nicht früher als mit Ablauf der Leistungsfrist.

Die belangte Behörde geht offensichtlich von Verstößen des Beschwerdeführers gegen die ihn treffenden Meldeverpflichtungen aus. Sie führt aus, dass den Beschwerdeführer, soweit die Beitragsnachverrechnung "regelmäßig geleistete Überstunden im Urlaubsgeld" betreffe, ein Verschulden an diesem Meldeverstoß betreffe. Im Übrigen verweist die belangte Behörde auf das Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 21. Jänner 2000, worin die weiteren Gründe für die Beitragsnachverrechnung dem Beschwerdeführer bekannt gegeben worden seien. Der Beschwerdeführer habe diese Ausführungen nicht bestritten.

Für die Geltendmachung einer Haftung des Beschwerdeführers wegen eines Meldeverstoßes wäre zunächst von der belangten Behörde festzustellen, welche Umstände zu welchem Zeitpunkt im Sinne der §§ 33 ff ASVG hätten gemeldet werden müssen und dass diese Meldungen unterblieben sind. Erst wenn dies feststünde, läge es beim Meldepflichtigen darzutun, dass ihn aus bestimmten Gründen kein Verschulden an der Unterlassung der Meldungen trifft. Das für eine solche Haftung erforderliche Verschulden kann dem Beschwerdeführer erst dann und nur insoweit angelastet werden, als er demnach verpflichtet gewesen wäre, bestimmte konkret zu bezeichnende Meldungen zu erstatten, und das Wissen um diese Meldepflicht entweder als vom Grundwissen des Geschäftsführers einer GmbH umfasst anzusehen oder das Nichtwissen von ihm zu vertreten wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Juli 2001, 2001/08/0069, und vom 4. August 2004, 2002/08/0145).

In dem von der belangten Behörde verwiesenen Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 21. Jänner 2000 wird insoweit Folgendes wörtlich ausgeführt:

"...

In Wirklichkeit jedoch liegen dem Nachtrag zum überwiegenden Teil die Forderungsanmeldungen bestimmter Dienstnehmer der ...

GmbH beim Insolvenz-Ausfallgeldfonds zu Grunde.

     Es trifft dies für die im Nachtrag genannten (7) Dienstnehmer

... zu.

     Diese Anträge der genannten Dienstnehmer auf Insolvenz-

Ausfallgeld legen wir bei. Daraus ist zu ersehen, welche Ansprüche diese Dienstnehmer geltend gemacht haben. Welche der in den einzelnen Anträgen geltend gemachten Forderungen in die Nachverrechnung einflossen, ist daraus ersichtlich, dass diese Forderungen unter der Rubrik Rang und ON mit NV bezeichnet sind und mit gelbem Leuchtstift markiert sind.

Es handelt sich bei diesen Ansprüchen entweder um die im Kollektivvertrag für Mühlen vorgesehene, aber nicht gewährte Dienstalterszulage sowie nicht abgerechnete Überstunden in den Monaten Jänner und Februar 1998. Der Nachtrag für Frau K. ist auch darauf zurückzuführen, dass diese in der Beitragsgruppe N 14 abgerechnet wurde, die richtige Beitragsgruppe jedoch A 6x gewesen wäre ...

Bei Lukas F. sowie Andreas B. resultiert die Nachverrechnung daraus, dass jeweils die Urlaubsentschädigung bei Auflösung des Dienstverhältnisses nicht gemeldet wurde. Diese Urlaubsentschädigungen unterlagen ab 1.5.1996 der Beitragspflicht.

Bei der Dienstnehmerin Sonja H. ist die Nachverrechnung darauf zurückzuführen, dass bei Austritt der Genannten die ihr gebührende Sonderzahlung 02/97 nicht mit der Vorarlberger Gebietskrankenkasse abgerechnet wurde.

Bei Andreas M. verhält es sich wie folgt: Bei seinem Austritt

aus der ... GmbH wurden einige noch offene Ansprüche aus dem

Dienstverhältnis zusammen mit der Urlaubsabfindung abgerechnet. Dadurch wurde die Höchstbeitragsgrundlage überschritten. Auf Grund des Umstandes, dass die Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage aus Hinzurechnung einiger beitragspflichtiger Ansprüche zur Urlaubsabfindung resultierte, war diesbezüglich eine Nachverrechnung vorzunehmen.

Schließlich ist Kurt G. der einzige Dienstnehmer, bei dem regelmäßig geleistete Überstunden im Urlaubsentgelt nachverrechnet wurden. Richtig ist, dass eine Einbeziehung von regelmäßig geleisteten Überstunden in das Urlaubsentgelt nicht zu erfolgen hat, wenn die Überstunden wegen einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles nicht oder nur in geringerem Ausmaß zu leisten gewesen wären. Die Änderung des Arbeitsanfalles muss bei Urlaubsantritt bzw. Auszahlung des Urlaubsentgeltes bekannt sein (Adametz/Basalka/Mayr/Stummvoll, Kommentar zum UrlG 1976, Z 21 f; zu § 6 UrlG, S 91). Die Ausführungen des (Beschwerdeführers), dass im Nachhinein nicht mehr eindeutig beantwortet werden kann, ob im entsprechenden Urlaubszeitraum überhaupt Überstunden angefallen wären, sodass der Urlaub dem Dienstnehmer einen Ausfall gebracht hätte, belegen, dass dies - was für eine Nichtberücksichtigung erforderlich gewesen wäre - jedenfalls vor Urlaubsantritt noch nicht feststand."

Nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes wurde dieser Schriftsatz der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse dem Beschwerdeführer zugestellt und von ihm darauf mit Schreiben vom 29. März 2000 geantwortet. Darin führte er aus, dass die ihm nunmehr übermittelte Aufstellung der Nachforderungen bisher nicht zur Verfügung gestanden sei. Er habe weiters keine Einwände gegen die Höhe der Nachforderung erhoben.

In dem weiters von der belangten Behörde genannten Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 9. April 2001 führte diese unter Hinweis auf die Ausführungen im Schreiben vom 21. Jänner 2000 aus, Meldepflichtverletzungen lägen hier deshalb vor, weil bestimmten Dienstnehmerinnen ein nach dem jeweiligen Kollektivvertrag zustehendes Entgelt nicht geleistet und die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt worden seien. Für bestimmte Dienstnehmerinnen seien Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindung nicht korrekt gemeldet und die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt worden. Gleiches gelte für bestimmte Sonderbeiträge. Schließlich sei auch noch auf die nicht korrekte Meldung und die Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen wegen geleisteter Überstunden zu verweisen.

In seiner Stellungnahme zu diesem Schreiben führte der Beschwerdeführer im Schreiben vom 9. Mai 2001 aus, die Höhe der Nachforderung und deren Rechtsgrundlagen seien auch zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Verfahrens gewesen. Diese hätten in einem eigenen Verfahren beeinsprucht werden müssen.

Die belangte Behörde hat somit dem Beschwerdeführer die ihm vorgeworfenen Meldeverstöße vorgehalten und ihm Parteiengehör gewährt. Der Beschwerdeführer hat dazu kein substanziiertes Vorbringen erstattet. Wenn die belangte Behörde insoweit von verschuldeten Meldeverstößen ausgegangen ist, ist dies nicht als rechtswidrig anzusehen.

Der angefochtene Bescheid war aber schon wegen der rechtswidrigen Inanspruchnahme des Beschwerdeführers für Verzugszinsen der Beitragsschuldnerin wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das auf Ersatz der Beschwerdegebühr gerichtete Begehren war im Hinblick auf die auch vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende sachliche Gebührenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am 23. Februar 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001080126.X00

Im RIS seit

15.04.2005

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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