TE OGH 1950/12/20 3Ob663/50 (3Ob664/50)

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Veröffentlicht am 20.12.1950
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Norm

ABGB §191
ABGB §194
ABGB §211
Außerstreitgesetz §16

Kopf

SZ 23/392

Spruch

Die Mutter ist nur dann nach § 194 ABGB. zur Berufung und zur Ausschließung eines Vormundes berechtigt, wenn sie selbst Vormunderin ist und als solche einen Nachfolger bestimmt, nicht aber, wenn ein Mitvormund bestellt werden soll.

Entscheidung vom 20. Dezember 1950, 3 Ob 663, 664/50.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Infolge Ablebens des bisherigen Mitvormundes und Vermögensverwalters Hans H., wurde vom Vormundschaftsgericht Herbert H. zum Mitvormund bestellt und diesem gemäß § 214 ABGB. die Verwaltung des Vermögens des mj. Johann H. aufgetragen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof wies den von der Mutter und Vormunderin des Minderjährigen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Was die Bestellung des neuen Mitvormundes und Vermögensverwalters anlangt, so vermag der Revisionsrekurs selbst keine offenbare Gesetzwidrigkeit bei Auslegung des § 211 ABGB. zu behaupten. Die Ausführungen des Revisionsrekurses gehen lediglich dahin, daß die Untergerichte bei Auswahl des Mitvormundes auf die Vorschläge der Kindesmutter nicht "Rücksicht genommen", sondern diese offensichtlich übergangen haben. Wie sich aus den Vormundschaftsakten ergibt, hat das Vormundschaftsgericht eingehende Erhebungen über die von der Vormunderin und von den Mitgliedern der Familie H. zur Bestellung als Mitvormund vorgeschlagenen Personen gepflogen; auch haben beide Instanzen in ausführlicher Weise die Ergebnisse dieser Erhebungen einer gewissenhaften Würdigung unterzogen, insbesondere haben sie sich auch mit der Frage beschäftigt, ob zwischen der Vormunderin und Herbert H. eine Feindschaft besteht, die dessen Bestellung zum Mitvormund ausschließen würde. Damit sind aber die Gerichte in weitgehender Weise ihrer im § 211 Abs. 2 ABGB. ersichtlichen Verpflichtung bei Bestellung eines Mitvormundes nachgekommen. Das Gericht hat unter den ihm vorgeschlagenen Persönlichkeiten den ihm nach der Aktenlage und den gepflogenen Erhebungen am meisten als geeignet erscheinenden Herbert H. zum Mitvormund bestellt, der ein Bruder des verstorbenen Mitvormundes und Vermögenskurators ist, seit dem Jahre 1940 seinem Bruder als Gutsinspektor zur Seite stand und dem seitens der zuständigen Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft eine ausgezeichnete Beschreibung zuteil wurde; eine Überprüfung dieser Mitvormundsbestellung im Wege eines außerordentlichen Revisionsrekurses ist daher unzulässig, da von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit - nur eine solche käme nach der ganzen Sachlage überhaupt als Überprüfungsgrund gemäß § 16 AußstrG. in Betracht - keine Rede sein kann.

Wenn auch, abgesehen von den instruktionellen Vorschriften des § 211 ABGB., für die Frage der Tauglichkeit zum Mitvormund dieselben Regeln, die für die Tauglichkeit zum Vormund gemäß §§ 191 und 194 ABGB. bestehen, heranzuziehen sind, so kann, soweit es sich um eine Mitvormundsbestellung handelt, das Recht der Mutter und Vormunderin nicht so weitgehend angenommen werden, daß sie in der Lage wäre, jegliche Mitvormundsbestellung durch das Gericht gemäß § 211 Abs. 1 Z. 3 ABGB. ohne Nachweis triftiger Gründe zu verhindern. Denn § 194 ABGB. ist so zu verstehen, daß die Mutter nur dann zur Berufung und zum Ausschluß eines Vormundes berechtigt ist, wenn sie selbst Vormund ist und als solche einen Nachfolger bestimmt, nicht aber kann aus dieser gesetzlichen Bestimmung abgeleitet werden, daß sie die Möglichkeit hätte, jeden ihr nicht genehmen Mitvormund auszuschließen.

Anmerkung

Z23392

Schlagworte

Mitvormund, keine Berufung und Ausschließung durch Mutter, Mutter, Berufung und Ausschließung eines Vormundes, Vormund, Berufung und Ausschließung durch Mutter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0030OB00663.5.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19501220_OGH0002_0030OB00663_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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