TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/24 2004/07/0022

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Veröffentlicht am 24.02.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VStG §22 Abs1;
WRG 1959 §137 Abs2 Z1;
WRG 1959 §137 Abs2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des E in R, vertreten durch Draxler & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Reichsratsstraße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 11. Dezember 2003, Zl. KUVS-K2- 1350/4/2003, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W (BH) vom 25. November 1986 wurde dem Beschwerdeführer gemäß den Bestimmungen der §§ 27, 38, 98, 111, 112 und 117 WRG 1959 nach Maßgabe des vorgelegten Projektes und unter Einhaltung nachstehender Bedingungen und Erfüllung folgender Vorschreibungen die Bewilligung zur Errichtung einer Wasserkraftanlage und Wasserentnahme aus dem S-Bach erteilt.

Die Vorschreibungen 3 und 4 dieses wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides hatten folgenden Wortlaut:

"3. Die Pflichtwassermenge wird mit mindestens 50 l/s vom 1. November bis 31. März und mit 110 l/s vom 1. April bis 31. Oktober festgesetzt.

4. Zur Kontrolle der festgelegten Pflichtwassermenge sind bei der Wehranlage entsprechende Marken anzubringen."

Anlässlich einer Überprüfung durch die technische Gewässeraufsicht des Amtes der Kärntner Landesregierung, Abteilung 15, Umweltschutz und Technik - Umweltschutzlabor - akkreditierte Prüfstelle, am 12. Februar 2003 wurde eine Pflichtwassermenge beim Kraftwerk "Toni-M" von 19,4 l/s festgestellt.

Mit Schreiben vom 31. März 2003 forderte die BH den Beschwerdeführer zur Rechtfertigung auf und legte ihm als Verwaltungsübertretung zur Last, er habe es unterlassen, für die Einhaltung der Pflichtwassermenge laut Punkt 3 des Bescheides der BH vom 25. November 1986 zu sorgen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 WRG 1959 und Punkt 3 des Bescheides der BH vom 25. November 1986 begangen.

Der Beschwerdeführer, dem diese Aufforderung zu eigenen Handen zugestellt wurde, gab keine Stellungnahme ab.

Mit Straferkenntnis der BH vom 19. Mai 2003 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, als Inhaber der mit Bescheid der BH vom 25. November 1986 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung habe er es unterlassen, für die Einhaltung der Pflichtwassermenge des S-Baches laut Punkt 3 dieses Bescheides zu sorgen; wie von einem Organ der technischen Gewässeraufsicht im Zuge der Überprüfung der Pflichtwassermenge des S-Baches beim Kraftwerk Wehr ("Toni-M") in R festgestellt worden sei, habe die Abflussmenge am 12. Februar 2003 um 9.00 Uhr lediglich 19,4 l/s anstatt der im angeführten Bescheid für die Zeit vom 1. November bis 31. März eines jeden Jahres vorgeschriebenen Pflichtwassermenge vom 50 l/s betragen. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 137 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 WRG 1959 in Verbindung mit dem Bescheid der BH vom 25. November 1986 verletzt und es werde wegen dieser Verwaltungsübertretung über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 2.500,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 115 Stunden verhängt. Der Beschwerdeführer habe neben dem gemäß § 64 VStG anfallenden Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens im Ausmaß von EUR 250,-- auch den Ersatz der Barauslagen (Analysegebühren) laut Prüfbericht vom 18. Februar 2003 in der Höhe von EUR 204,-- zu begleichen.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen die Berufung vom 4. Juni 2003, die er zum einen darauf stützte, dass die Behörde laut § 8 des Maß- und Eichgesetzes vom 5. Juli 1950, BGBl. Nr. 152 (MEG), verpflichtet sei, eichfähige Geräte zur genauen Messung zu verwenden. Laut Auskunft des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien handle es sich bei der vorgenommenen Vermessung mit der Methode "Tracer" um eine nicht eichfähige Methode, die von ihm nicht anerkannt werde. Auch die extra ausgeworfenen Analysegebühren erkenne er nicht an.

Das Amt der Kärntner Landesregierung, Abteilung 15, nahm in einem Schriftsatz vom 2. Juli 2003 zur Probenahme dahingehend Stellung, dass gemäß telefonischer Auskunft von Univ. Prof. Dr. F. (Physikalisch technischer Prüfdienst, Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, Fachgebiet Durchfluss Wasser) sich der § 8 MEG nicht auf das gegenständlich angewendete Messverfahren beziehe. Richtig sei die Aussage, dass das Messverfahren nicht eichfähig sei, gemäß MEG seien aber nur die in § 8 Abs. 1 angeführten Messgeräte bei der Verwendung im amtlichen Verkehr eichpflichtig. Bezüglich des Einwandes des Beschwerdeführers, die Salzverdünnungsmessmethode sei zur Bestimmung der Wassermenge im offenen Gerinne nicht anerkannt und nicht Stand der Technik, werde auf die Ö-Norm "Durchflussmessung in offenen Gerinnen" B 2401 vom 1. Mai 1996 verwiesen. Dort werde in der Tabelle 3 "übliche Einsatzbereiche" für Gewässer mit einer Breite < 20 m, einer Gewässertiefe < 1 m, mit turbulenter Strecke und einem Durchfluss von < 10 m3/s die Salzverdünnungsmessung empfohlen.

Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung über die Berufung am 23. September 2003 durch. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, er fühle sich nicht schuldig, er habe die vorgeschriebene Restwassermenge ständig zur Verfügung gestellt. Das Messergebnis mit 19 l/s sei ihm unerklärlich und es könne nur im Zuge des Messvorganges ein Fehler des Messorganes in der Art eingetreten sein, als nicht an allen Stellen, an denen Restwasser ausfließen könne, gleichzeitig gemessen worden sei. Der Messvorgang hätte nach diesen Austrittsstellen vorgenommen werden müssen. Er lege einen Schnitt- und Übersichtsplan für seine Wehranlage vor, woraus zu ersehen sei, dass auf Höhe der Regulierungsklappe und des Grundrechens im S-Bach das Grundwasser links flussabwärts zwischen Grundrechen und Steuerkabine ungehindert und unbeeinflussbar ausfließe. Über diese Rinne würden die geforderten 50 l/s auf Dauer garantiert. Es könne der vom Amtssachverständigen festgestellte Abgang von immerhin rund 31 l/s nur durch eine mangelhafte Messung ermittelt worden sein.

Der als Sachverständiger vernommene Ing. W., ein Beamter des Amtes der Kärntner Landesregierung, Abteilung 15, gab an, wenn er die Restwassermenge feststellen wolle, gebe er im Bereich der Fischtreppe NaCl/Salz in das Fließwasser. Zuvor habe er eine Kalibrierung durchgeführt; er habe aus dem Fließgewässer eine Wasserprobe in ein Messglas (500 ml) entnommen und diesem zehn definierte Mengen an Kochsalzlösungen zugesetzt. Daraus ergebe sich eine Kalibriergerade. Durch die Beigabe von Kochsalzlösung werde die Leitfähigkeit des Wassers erhöht. Die Leitfähigkeit erhöhe sich proportional zur Durchflussmenge und der beigegebenen Salzmenge. Daraus ergebe sich die Restwassermenge.

Die Quelle im Bachbett habe eine Schüttung von etwa 1 l/s; die übrigen vom Beschwerdeführer genannten Zuflüsse seien in seiner Messung mitberücksichtigt. Wenn der Beschwerdeführer auf die Vereisung der Überlaufstrecke zur Fischtreppe verweise und er mit einem Rechenstoß die Durchflussmenge schlagartig erhöhen könne, so sei dies für ihn unerheblich. Er habe die Restwassermenge festzustellen gehabt. Für das Funktionieren der früher geschilderten Methode sei ein Mindestwasserstand Voraussetzung. Das Messergebnis betreffend die Durchflussmenge werde vom Gerät ermittelt. Menschliches Versagen bei der Berechnung sei daher auszuschließen. Ein Fehlergebnis könne durch eine zu kurze Messstrecke oder beim Eingeben der Salzmenge ins Berechnungsprogramm erzeugt werden; im gegenständlichen Fall könne er derartige Fehler ausschließen, er habe ähnliche Messvorgänge unter Verwendung eines Färbemittels dokumentiert. Unter den gegebenen Verhältnissen, d.h. ohne zusätzliche bauliche Maßnahmen, käme nur die von ihm dargestellte Messmethode in Betracht. Eine sogenannte Flügelmessung hätte die Errichtung einer genormten Messstrecke zur Voraussetzung.

Der Beschuldigte erklärte dazu, dass unter den gegebenen Umständen, d.h. ohne bauliche Veränderungen, nur die Tracer-Methode in Frage komme. Er lehne sie aber ab, weil es sich um kein geeichtes System handle. Die Messpunkte seien nicht definiert. Der S-Bach sei ein Wildbach und komme aus diesem Grund die Errichtung eines Venturikanals bzw. die Errichtung eines Messwehrs nicht in Betracht, weil sich daraus eine Gefährdung der Anrainergrundstücke ergeben könnte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Dezember 2003 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG habe der Beschwerdeführer als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens weitere 20 % der verhängten bestätigten Geldstrafe, sohin EUR 500,--, dem Land Kärnten innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu leisten.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer zur Tatzeit Betreiber der Wasserkraftanlage in R gewesen sei. Mit dem Betrieb dieser Anlage sei auch die Berechtigung zur Wasserentnahme aus dem S-Bach verbunden. Mit Bescheid der BH vom 15. November 1986 sei dem Beschwerdeführer die Bewilligung zur Errichtung der genannten Wasserkraftanlage verbunden mit der Berechtigung der Wasserentnahme aus dem S-Bach erteilt und unter Auflage 3 bestimmt worden, dass die Pflichtwassermenge zumindest 50 l/s in der Zeit vom 1. November bis zum 31. März jedes Jahres zu betragen habe. Der technische Amtssachverständige des Amtes der Kärntner Landesregierung habe am 12. Februar 2003 um 9.00 Uhr die Restwassermenge (Pflichtwassermenge) gemessen und im Ausmaß von lediglich 19,4 l/s festgestellt. Der Sachverständige habe über die von ihm durchgeführte Messung einen Prüfbericht angefertigt.

Nach Darstellung der Messmethode und nach Wiedergabe der Stellungnahme des Sachverständigen vom 2. Juli 2003 und seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung stellte die belangte Behörde fest, der Beschuldigte weise eine einschlägige sowie eine nicht einschlägige Verwaltungsstrafvormerkung auf und beziehe ein monatliches Einkommen von ca. EUR 1.000,-- und sei für zwei Kinder sorgepflichtig. Die getroffenen Feststellungen hinsichtlich der festgestellten Restwassermenge stützten sich auf die Ausführungen des Amtssachverständigen, welcher in seiner Anzeige vom 18. Februar 2003 in Verbindung mit dem angeschlossenen Prüfbericht, in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Juli 2003 sowie anlässlich seiner Aussage vor der belangten Behörde schlüssig und nachvollziehbar die von ihm angewandte Messmethode dargelegt habe. Der Amtssachverständige habe im Einzelnen dargelegt, dass die von ihm angewandte Messmethode dem Stand der Technik (geltende Ö-Norm) entspreche und dass eine Fehlmessung seinerseits auszuschließen sei. Der anders lautenden Verantwortung des Beschwerdeführers sei nicht zu folgen, zumal sich diese im Wesentlichen darauf stütze, dass er die vom Sachverständigen angewandte Methode (Tracer-Methode) deswegen ablehne, weil es sich dabei um kein geeichtes System handle, das dem Stand der Technik entspreche. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten sei dessen Angaben zu folgen gewesen.

Nach Wiedergabe des §§ 9 Abs. 1 und  137 Abs. 2 Z. 1 WRG 1959 und Auflagenpunkt 3 des Bescheides der BH vom 25. November 1986 stellte die belangte Behörde fest, die Restwassermenge habe am 12. Februar 2003 lediglich 19,4 l/s betragen, weshalb das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers erwiesen sei.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 19 Abs. 1 und 2 VStG aus, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm (Schutz Wasserberechtigter) sowie auf den Umstand, dass die Mindestpflichtwassermenge in einem erheblichen Ausmaß unterschritten worden sei, der objektive Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nicht unerheblich sei. Auch das Verschulden des Beschwerdeführers sei nicht gering, weil er als Betreiber der Wasserkraftanlage verpflichtet gewesen wäre, dafür Sorge zu tragen, dass die vorgeschriebene Mindestpflichtwassermenge eingehalten werde. Im Übrigen sei eine einschlägige Verwaltungsstrafvormerkung als straferschwerend zu werten. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er anerkenne die Analysegebühren nicht, sei entgegenzuhalten, dass die der Behörde erwachsenen Barauslagen gemäß § 64 Abs. 3 VStG dem Beschuldigten aufzuerlegen seien, sofern sie nicht durch das Verschulden einer anderen Partei verursacht worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer rügt den Umstand, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einem Verstoß gegen § 137 Abs. 2 Z. 1 WRG 1959 ausgegangen sei, weil keiner der drei dort genannten Tatbestände verwirklicht worden wäre. Weiter irre die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung, wenn sie hinsichtlich der angewandten Messmethode den Angaben des Amtssachverständigen folge. Es sei hinsichtlich der Kalibrierung nämlich auf § 7 MEG zu verweisen, wonach die angewandte Salzverdünnungsmethode nur nach einer in einem eigens vorgesehenen Kalibrierinstitut vorgenommenen Kalibrierung ein relevantes Messergebnis erbringen könne.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nennt der Beschwerdeführer den Umstand, dass die Behörde die von ihm vorgelegten Urkunden nicht berücksichtigt, Messungen an den falschen Stellen vorgenommen, keine Feststellungen über die Leitfähigkeit des gemessenen Gewässers getroffen, keine Erhebungen hinsichtlich der korrekten Messmethode gepflogen und auch nicht berücksichtigt habe, dass mit außerordentlichen Ereignissen z.B. einer Vereisung nicht habe gerechnet werden können. Derartige außerordentliche Ereignisse könnten dem Beschwerdeführer aber nicht zugerechnet werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 137 Abs. 2 Z. 1 und Z. 7 WRG 1959 hatten im Tatzeitpunkt folgenden Wortlaut:

"§ 137. (1) ...

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu EUR 14.530,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer

1. ohne gemäß § 9 Abs. 1 oder 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Tagwässer benutzt oder der Benutzung dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt;

2.

...

7.

die gemäß § 105 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Nebenbestimmungen oder die gemäß § 21a in Bescheiden nachträglich vorgeschriebenen anderen oder zusätzlichen Auflagen nicht einhält;

              8.       ..."

§ 9 Abs. 1 und 2 WRG 1959 lauten:

"§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. Auf Antrag hat die Behörde festzustellen ob eine bestimmte Benutzung eines öffentlichen Gewässers über den Gemeingebrauch hinausgeht.

(2) Die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluss geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann."

Eingangs der Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, § 137 Abs. 2 Z. 1 WRG 1959 nenne drei Tatbestände, von denen kein einziger in seinem Fall verwirklicht worden sei, sollte er das vorgeschriebene Ausmaß der Restwassermenge tatsächlich unterschritten haben.

§ 137 Abs. 2 Z. 1 WRG 1959 wäre in Verbindung mit dem zitierten Bescheid der BH vom 25. Jänner 1986 im vorliegenden Fall (u.a.) dann verwirklicht, wenn der Beschwerdeführer über eine Bewilligung gemäß § 9 Abs. 1 oder 2 WRG 1959 verfügte und entgegen einer solchen der Benutzung dienende Anlagen errichtet (Tatbestand 1), geändert (Tatbestand 2) oder betrieben (Tatbestand 3) hätte.

Im gegenständlichen Fall wurden keine der Benutzung von Tagwässern dienenden Anlagen entgegen einer Bewilligung errichtet oder geändert. Die belangte Behörde stützte die Subsumierung der Tat unter diese Bestimmung auf die Verwirklichung des dritten Tatbestandes, dass nämlich entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung eine der Benutzung von Tagwässern dienende Anlage (Wasserkraftwerk) betrieben werde. Das Betreiben der Anlage erfolge deshalb entgegen der wasserrechtlichen Bewilligung, weil die Auflage hinsichtlich der Restwassermenge nicht eingehalten worden sei.

Damit wird aber bereits das Spannungsverhältnis zum Straftatbestand des § 137 Abs. 2 Z. 7 WRG 1959 aufgezeigt. Nach dieser Bestimmung verwirklicht nämlich derjenige eine Verwaltungsübertretung, der die gemäß § 105 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Nebenbestimmungen nicht einhält.

Trotz der irreführenden Bezeichnung "Bedingungen und Vorschreibungen" im Spruch des Bescheides der BH vom 25. November 1986 ist davon auszugehen, dass es sich bei den in den Punkten 1. bis 26. des Bescheides genannten Vorschreibungen um Auflagen handelt. Macht der Beschwerdeführer von der wasserrechtlichen Bewilligung Gebrauch, so muss er sich an die Auflagen des Bewilligungsbescheides halten. Davon, dass es sich dabei um Bedingungen handelt, die eintreten müssen, damit der Konsenswerber von seiner Bewilligung überhaupt Gebrauch machen kann, kann hier nicht gesprochen werden. Punkt 3 des Bescheides der BH vom 25. November 1986 stellt daher eine Auflage des Bewilligungsbescheides dar.

Zu überprüfen war weiter, ob es sich dabei um eine Auflage gemäß § 105 WRG handelt oder nicht. Dass diese Auflage eine rein im privaten Interesse erfolgte Vorschreibung einer Pflichtwassermenge sei, geht aus dem Bewilligungsbescheid nicht hervor und wird auch sonst nicht behauptet. § 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959, eingefügt in das WRG 1959 durch die WRG-Novelle 1985, BGBl. Nr. 238/1985, nennt als ein öffentliches Interesse ausdrücklich die Vermeidung "einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer". Dass die Vorschreibung einer Restwassermenge jedenfalls auch dazu geeignet ist, die ökologische Funktionsfähigkeit der Gewässer zu gewährleisten, liegt auf der Hand. Auflage 3 des Bewilligungsbescheides ist daher eine Auflage nach § 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959.

Damit hätte der Beschwerdeführer bei Zutreffen des ihm gemachten Vorwurfes eine in einem Bescheid gemäß § 105 WRG aufgenommen Auflage nicht eingehalten und verletzte demnach auch die Bestimmung des § 137 Abs. 2 Z. 7 WRG 1959.

Der Beschwerdeführer verwirklichte also sowohl den Straftatbestand des § 137 Abs. 2 Z 1 als auch den des § 137 Abs. 2 Z 7 WRG 1959. Dies wirft die Frage des Verhältnisses dieser Normen auf.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Fall einer unechten (scheinbaren) Idealkonkurrenz vor. Eine solche scheinbare Idealkonkurrenz ist dann gegeben, wenn sich das Verhalten des Täters mehreren Deliktsbegriffen unterstellen lässt, aber schon durch die Unterstellung unter einen der beiden Begriffe in ihrem Unrechts- und Schuldgehalt vollkommen gewürdigt ist. Scheinbare Idealkonkurrenz wegen Spezialität ist dann gegeben, wenn mehrere Deliktstypen, die auf die Handlung des Täters zutreffen, zueinander im Verhältnis von Gattung und Art stehen, dh. der eine Deliktstyp bereits sämtliche Merkmale des anderen enthält und noch ein oder mehrere Merkmale dazu (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, E 75 f zu § 22 VStG).

Der dargestellte Tatbestand der Z. 1 des § 137 Abs. 2 leg. cit. hat alle möglichen Sachverhaltskonstellationen vor Augen, in denen ein Täter ohne oder entgegen einer wasserrechtlichen Bewilligung eine Anlage betreibt. Dieser konsenslose Betrieb kann, aber muss nicht in der Missachtung einer Auflage liegen.

§ 137 Abs. 2 Z 7 WRG 1959 beinhaltet demgegenüber nur den Fall, dass der konsenslose Betrieb in der Nichteinhaltung einer Auflage nach § 105 WRG 1959 besteht. Beide Strafbestimmungen stehen daher im Verhältnis des besonderen ( Z 7) zum allgemeinen (Z 1) Tatbestand. Zu bestrafen ist bei einer solchen Konstellation aber nur nach dem besonderen Tatbestand (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1990, 89/03/0026, vom 22. März 1999, 98/17/0134, ua.); dies führt dazu, dass eine Bestrafung nach § 137 Abs. 2 Z 1 WRG 1959 dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach § 137 Abs. 2 Z 7 WRG 1959 strafbar gemacht hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Angesichts dessen erübrigte sein ein näheres Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die vom Amtssachverständigen vorgenommene Messmethode dem Stand der Technik entsprach und das Messgerät einer akkreditierten Prüfstelle wie des Umweltschutzlabors der Kärntner Landesregierung gemäß § 8 Abs. 7 Z 3 MEG nicht der Eichpflicht unterlag. Eine Vereisung stellte schließlich kein außerordentliches Ereignis dar und entbände den Kraftwerksbetreiber nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Auflagen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 24. Februar 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004070022.X00

Im RIS seit

22.03.2005

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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