TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/24 2005/07/0008

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Veröffentlicht am 24.02.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3D E03503000;
E6J;
L63006 Rinderzucht Tierzucht Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

31992D0353 Kriterien Zuchtorganisationen Equiden Art2 Abs2 lita;
62002CJ0216 Österr Zuchtverband VORAB;
AVG §8;
EURallg;
TierzuchtG Stmk 1993 §7;
VwRallg;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: 2001/07/0050 B 27. Juni 2002 * EuGH-Entscheidung: EuGH 62002CJ0216 11. November 2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, in der Beschwerdesache des Österreichischen Zuchtverbandes für Ponys, Kleinpferde und Spezialrassen in B, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 31. Jänner 2001, Zl. 8 - 75 Po 1/10 - 01, betreffend Zurückweisung von Anträgen auf Zuerkennung der Parteistellung, auf Zustellung eines Bescheides und auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Anerkennungsbescheides in einem Verfahren nach dem Steiermärkischen Tierzuchtgesetz (mitbeteiligte Partei: Verband der Züchter des Huzulenpferdes in Österreich in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juli 2000 wurde der Verband der Züchter des Huzulenpferdes in Österreich, die mitbeteiligte Partei, gemäß § 7 des Steiermärkischen Tierzuchtgesetzes, LGBl. Nr. 135/1993, als Zuchtorganisation anerkannt.

Mit Schriftsatz vom 10. Jänner 2001 wandte sich der beschwerdeführende Verband an die belangte Behörde und beantragte die Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren betreffend die Anerkennung der mitbeteiligten Partei, die Zustellung des Anerkennungsbescheides und die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Anerkennung der mitbeteiligten Partei.

Diese Anträge wurden damit begründet, dass durch die erfolgte Anerkennung der mitbeteiligten Partei die Rechtsstellung des Beschwerdeführers berührt worden sei und diesem daher Parteistellung zukomme (wird näher ausgeführt). Dem beschwerdeführenden Verband sei bei der Anerkennung der mitbeteiligten Partei in der Steiermark weder das Recht auf Anhörung oder Stellungnahme gewährt noch sei er vom Verfahren in Kenntnis gesetzt worden, obwohl mehrfach in Rechte der beschwerdeführenden Partei eingegriffen worden sei. Die beschwerdeführende Partei bezog sich u.a. auch auf die europarechtlichen Vorgaben, insbesondere auf die Bestimmungen der Richtlinie 90/427/EWG bzw. der Entscheidungen der Kommission 92/353/EWG und 92/354/EWG. Eine anerkannte Zuchtorganisation, nämlich die beschwerdeführende Partei, werde durch die Anerkennung einer weiteren Zuchtorganisation gefährdet, was auch durch die Stellungnahme des Kammeramtsdirektors der Landwirtschaftskammer im Anerkennungsverfahren der mitbeteiligten Partei festgehalten worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 2001 wurde unter Spruchpunkt I der Antrag des beschwerdeführenden Verbandes vom 10. Jänner 2001 auf Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren betreffend die Anerkennung des Verbandes der Züchter des Huzulenpferdes in Österreich gemäß § 8 AVG zurückgewiesen.

Mit Spruchpunkt II wurde der Antrag auf Zustellung des Bescheides der Steiermärkischen Landesregierung, mit dem der mitbeteiligte Verband anerkannt worden sei, mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Mit Spruchpunkt III wurde der Antrag auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Anerkennung des mitbeteiligten Verbandes wegen mangelnder Parteistellung ebenfalls zurückgewiesen.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nach dem Steiermärkischen Tierzuchtgesetz eine Zuchtorganisation von der Landesregierung nach Anhörung der Landwirtschaftskammer anzuerkennen sei, wenn die im § 7 des Steiermärkischen Tierzuchtgesetzes geforderten Voraussetzungen gegeben seien. In § 9 der Tierzuchtorganisationenverordnung 1997 seien die Rechte und Auskunftspflichten der Mitglieder einer Zuchtorganisation festgelegt. Beim Anerkennungsverfahren handle es sich um ein Verfahren, das ex offo von der Landesregierung durchzuführen sei, und stehe dem Beschwerdeführer, nachdem nur ein Stellungnahmerecht der Landwirtschaftskammer im Materiengesetz vorgesehen sei, kein Antragsrecht zu. Der Beschwerdeführer könne nur ein amtswegig durchzuführendes Überprüfungsverfahren anregen.

Auch beim Bewilligungsverfahren im Sinne des § 7 Abs. 4 lit. e Z. 3 leg. cit. komme dem Beschwerdeführer keine Partei- oder Beteiligtenstellung zu, da die dafür notwendigen Erhebungen von Amts wegen durchzuführen seien. Natürlich bestehe die Möglichkeit einer Anregung an die Behörde, tätig zu werden. Durch § 9 Abs. 2 der Tierzuchtorganisationenverordnung 1997 würden die vom Beschwerdeführer angeführten europarechtlichen Vorgaben hinsichtlich anerkannter Tierzuchtorganisationen erfüllt.

Durch § 9 Tierzuchtorganisationenverordnung 1997 könnte die vom Beschwerdeführer befürchtete Möglichkeit einer Doppelmitgliedschaft bzw. von Doppeleintragungen eines Tieres in verschiedene Zuchtbücher ausgeschlossen werden. Auch die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Möglichkeit, über die verwaltungsstrafrechtlich relevante Mitteilungspflicht Parteistellung zu erlangen, sei auf Grund der Melde- und Betriebspflicht des § 9 Abs. 2 der Tierzuchtorganisationenverordnung 1997 nicht möglich. Der vom Beschwerdeführer befürchteten Gefährdung einer bereits bestehenden Organisation durch die Anerkennung einer neuen Zuchtorganisation könne ebenfalls nicht gefolgt werden.

In dem dem Bewilligungsbescheid vom 19. Juli 2000 vorangegangenen Ermittlungsverfahren sei eine eventuelle Gefährdung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Organisation bei der Anerkennung der neuen Zuchtorganisation ausreichend berücksichtigt worden. Die Möglichkeit der Gefährdung einer bestehenden Organisation sei geprüft worden, habe aber seitens der amtlichen Fachstelle nicht bestätigt werden können, da insbesondere die positive Stellungnahme der Fachabteilung für Veterinärwesen im Ermittlungsverfahren zur Anerkennung der neuen Zuchtorganisation bei einer Gefährdung des Funktionierens der bestehenden Zuchtorganisation nicht ergangen wäre. Stellungnahmen von Interessensvertretungen, wie jene, auf die sich der Beschwerdeführer beziehe, könnten die Entscheidung der Behörde - vor allem durch Wissensergänzung in speziellen Fachbereichen, ähnlich dem Gutachten eines Sachverständigen - erleichtern, aber nicht ersetzen. Daraus folge, dass einerseits keine Gefährdung des beschwerdeführenden Verbandes vorliege - dies ergebe sich aus den Vorerhebungen zum Bewilligungsbescheid vom 19. Juli 2000 -, andererseits reiche eine wirtschaftliche Gefährdung nicht zur Begründung der Parteistellung nach § 8 AVG aus und es sei daher spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich des Spruchteils II nennt die Begründung des angefochtenen Bescheides den Umstand, dass mangels Parteistellung dem Beschwerdeführer auch kein Recht auf Zustellung des Bescheides vom 19. Juli 2000 zugekommen sei. Spruchteil III wurde damit begründet, dass ein derartiges Feststellungsverfahren (auf Unwirksamkeit der Anerkennung) mangels rechtlicher Grundlage zurückzuweisen sei. Der Antrag auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Anerkennung werde aber als Anregung zur amtswegigen Überprüfung, ob nach § 7 Abs. 7 leg. cit. die Anerkennung der Zuchtorganisation zu widerrufen sei, gewertet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligte Partei erstattete am 25. Mai 2001 eine Stellungnahme zur Beschwerde; ein Kostenantrag wurde nicht gestellt.

Mit Schriftsatz vom 22. Jänner 2002 ergänzte die mitbeteiligte Partei ihre Stellungnahme vom 25. Mai 2001 und legte das Erkenntnis des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 17. Oktober 2001, Zl. 9c 140/98a-69, vor. Aus diesem Urteil gehe ihrer Ansicht nach hervor, dass der beschwerdeführende Verband seit 1995 keinen legitimierten Vorstand besitze und auch bis dato keine außerordentliche Generalversammlung durchgeführt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof setzte mit Beschluss vom 27. Juni 2002, Zl. 2001/07/0050, das Beschwerdeverfahren bis zur Vorabentscheidung durch den mit hg. Beschluss vom 23. Mai 2002, EU 2002/0002, angerufenen Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aus. Die dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte (unten im Wortlaut wiedergegebene) Frage bilde auch im gegenständlichen Verfahren eine Vorfrage, weshalb gemäß § 62 VwGG in Verbindung mit § 38 AVG das Verfahren ausgesetzt werde.

Die vom Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Fragen wurden mit Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 11. November 2004, C- 216/02, beantwortet.

Das mit dem Beschluss vom 27. Juni 2002 ausgesetzte Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof war daher fortzusetzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Vorbringen der mitbeteiligten Partei, dem beschwerdeführenden Verband mangle es an der Handlungsfähigkeit, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/07/0133, und die diesbezüglichen Entscheidungsgründe zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof stellte schon damals klar, dass der beschwerdeführende Verband am 19. September 1997 und am 14. Juli 2001 eine Generalversammlung abhielt und jeweils einen Vorstand (einschließlich eines Obmannes) wählte. An der Handlungsfähigkeit des beschwerdeführenden Verbandes im Zeitpunkt seiner Antragstellung, der Erlassung des angefochtenen Bescheides und der nunmehrigen Beschwerdeführung bestehen daher keine Zweifel.

§ 7 des Steiermärkischen Tierzuchtgesetzes LGBl. Nr. 135/1993 in der hier noch anzuwendenden Fassung vor den Novellen LGBl. Nr. 58/2002 und 107/2002 hatte folgenden Wortlaut:

"§ 7. Anerkennung

(1) Eine Zuchtorganisation ist von der Landesregierung nach Anhörung der Landwirtschaftskammer anzuerkennen, wenn

a) das Zuchtprogramm geeignet ist, die tierische Erzeugung im Sinne des § 1 Abs. 2 zu fördern,

b) eine für die Durchführung des Zuchtprogramms hinreichend große Zuchtpopulation vorhanden ist,

c) das für eine einwandfreie züchterische Arbeit erforderliche Personal und die hiefür erforderlichen Einrichtungen vorhanden sind,

d) sichergestellt ist, insbesondere hinsichtlich der personellen, technischen und organisatorischen Voraussetzungen, dass

-

die Geschäftsstelle der Zuchtorganisation im Bereich der für den Sitz der Zuchtorganisation zuständigen Landesregierung liegt,

-

die Zuchttiere dauerhaft so gekennzeichnet oder bei Pferden so genau beschrieben werden, dass ihre Identität festgestellt werden kann,

-

das Zuchtbuch oder Zuchtregister ordnungsgemäß geführt wird und in den Zuchtbetrieben die erforderlichen Aufzeichnungen gemacht werden,

-

in allen Unterlagen von züchterischer Bedeutung jederzeit Einsicht genommen werden kann,

-

bei einer Züchtervereinigung jedes Tier, das hinsichtlich seiner Abstammung und Leistungsmerkmale einschließlich des äußeren Erscheinungsbildes die Anforderungen für seine Eintragung erfüllt, auf Antrag in das Zuchtbuch eingetragen wird oder vermerkt wird und eingetragen werden kann; dabei dürfen an die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes verbrachten Tiere keine höheren Anforderungen gestellt werden als an Tiere, die aus dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes stammen, und

              e)              bei einer Züchtervereinigung nach ihrer Rechtsgrundlage jeder Züchter in ihrem sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich, der die Voraussetzung einwandfreier züchterischer Arbeit erfüllt, ein Recht auf Mitgliedschaft hat.

(2) ...

(3) Die Landesregierung hat die Anerkennung einer neuen Zuchtorganisation zu verweigern, wenn sie nicht geeignet ist, die tierische Erzeugung zu verbessern oder wenn sie die Erhaltung einer Rasse gefährden würde.

(4) Der Antrag auf Anerkennung muss enthalten:

a)...

(5) Der Leiter der Zuchtorganisation ist verpflichtet, der Landesregierung Änderungen der Sachverhalte nach Abs. 4 lit. a, b und f Z. 2 unverzüglich mitzuteilen.

(6) Änderungen der Sachverhalte nach Abs. 4 lit. c, d, e und f Z. 1 bedürfen der Bewilligung der Landesregierung.

(7) Die Anerkennung ist zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen hiefür weggefallen ist oder die Zuchtorganisation keine Gewähr für eine einwandfreie züchterische Arbeit bietet.

(8) ..."

Die beschwerdeführende Partei ist eine anerkannte Züchtervereinigung.

§ 7 leg. cit. räumt im Anerkennungsverfahren bestehenden Züchtervereinigungen weder Parteistellung noch Anhörungsrechte ein.

In der Beschwerde wird nun die Auffassung vertreten, der beschwerdeführenden Partei komme auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften ein durchsetzbares Recht darauf zu, dass überprüft werde, ob die Anerkennung der mitbeteiligten Partei die Erhaltung der Rasse oder das Zuchtprogramm einer bestehenden Organisation gefährde und dass diese Anerkennung bejahendenfalls durch die Verwaltungsbehörde abgelehnt werde. Die beschwerdeführende Partei beruft sich dazu auf Art. 2 der Entscheidung der Kommission vom 11. Juni 1992 mit Kriterien für die Zulassung bzw. Anerkennung der Zuchtorganisationen und Züchtervereinigungen, die Zuchtbücher für eingetragene Equiden führen oder anlegen, 92/353/EWG, Amtsblatt Nr. L 192, vom 11. Juli 1992, S. 0063 - 0065. Diese Bestimmung lautet:

"Artikel 2

(1) Die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats sind gehalten, Organisationen oder Vereinigungen, die Zuchtbücher führen oder anlegen, amtlich zuzulassen bzw. anzuerkennen, sofern sie den Kriterien im Anhang genügen.

(2) Die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats, in dem für eine gegebene Rasse bereits eine oder mehrere Organisationen oder Vereinigungen amtlich zugelassen bzw. anerkannt sind, können die Anerkennung einer weiteren Organisation oder Vereinigung jedoch ablehnen,

a) wenn diese die Erhaltung der Rasse gefährdet oder das Funktionieren oder das Rassenverbesserungs- bzw. Selektionsprogramm einer bestehenden Organisation oder Vereinigung in Frage stellt, oder

b) wenn die dieser Rasse zugehörigen Equiden in einem bestimmten Abschnitt eines Zuchtbuchs eingeschrieben oder eingetragen werden können, das von einer Organisation oder Vereinigung geführt wird, die insbesondere hinsichtlich dieses Abschnitts die von der Organisation oder Vereinigung, die das Zuchtbuch über den Ursprung der Rasse führt, gemäß Punkt 3 Buchstabe b) des Anhangs aufgestellten Grundsätze einhält."

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 23. Mai 2002, EU 2002/0002-9 (2001/07/0132) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"1. Räumt Artikel 2 Abs. 2 lit. a der Entscheidung der Kommission vom 11. Juni 1992 mit Kriterien für die Zulassung bzw. Anerkennung der Zuchtorganisationen und Züchtervereinigungen, die Zuchtbücher für eingetragene Equiden führen oder anlegen, 92/353/EWG, Amtsblatt Nr. L 192 vom 11. Juli 1992, S. 0063 - 0065, einer bestehenden Zuchtorganisation (Züchtervereinigung) ein Recht ein, dass die Anerkennung einer weiteren Zuchtorganisation (einer weiteren Züchtervereinigung) von der zuständigen Behörde abgelehnt wird, wenn die Anerkennung der weiteren Zuchtorganisation (Züchtervereinigung) die Erhaltung der Rasse gefährdet oder das Funktionieren oder das Rassenverbesserungs- bzw. Selektionsprogramm einer bestehenden Organisation oder Vereinigung in Frage stellt?

2. Steht Artikel 2 Abs. 2 lit. a der in Frage 1 genannten Kommissionsentscheidung der Anwendung einer nationalen Vorschrift entgegen, welche einer bestehenden Zuchtorganisation oder Züchtervereinigung

a) in einem Verfahren zur Anerkennung einer weiteren Zuchtorganisation (Züchtervereinigung) vor der zuständigen Behörde lediglich ein Anhörungsrecht zugesteht, aber keinen Anspruch darauf, dass die Anerkennung der weiteren Organisation (Vereinigung) wegen Gefährdung der Erhaltung der Rasse oder wegen Infragestellung des Funktionierens oder des Rassenverbesserungs- bzw. Selektionsprogramms einer bestehenden Organisation oder Vereinigung verweigert wird, und

b) der bestehenden Organisation oder Vereinigung nicht das Recht einräumt, die trotz negativer Stellungnahme erfolgte Anerkennung durch die Verwaltungsbehörde beim Gericht (Verwaltungsgerichtshof) zu bekämpfen?"

Diese Fragen wurden mit Urteil des EuGH vom 11. November 2004, C-216/02, wie folgt beantwortet:

"1. Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Entscheidung 92/353/EWG der Kommission vom 11. Juni 1992 mit Kriterien für die Zulassung bzw. Anerkennung der Zuchtorganisationen und Züchtervereinigungen, die Zuchtbücher für eingetragene Equiden führen oder anlegen, ist dahin auszulegen, dass, wenn einer oder mehrere der dort genannten Umstände vorliegen, die bereits für eine bestimmte Equidenrasse anerkannten oder zugelassenen Organisationen oder Verbände gegenüber den zuständigen Behörden keinen Anspruch auf Versagung der Anerkennung oder Zulassung einer neuen Vereinigung oder Organisation haben, die für dieselbe Rasse Zuchtbücher führt oder anlegt.

2. Das Gemeinschaftsrecht steht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegen, die den bestehenden Vereinigungen oder Organisationen, die sich gegen die Anerkennung einer neuen Vereinigung oder Organisation ausgesprochen haben, keinen gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Entscheidung der zuständigen nationalen Behörden über die Anerkennung gewähren."

Der beschwerdeführenden Partei steht also nach Gemeinschaftsrecht kein durchsetzbarer Anspruch auf eine bestimmte inhaltliche Entscheidung im Verfahren zur Anerkennung der mitbeteiligten Partei als Zuchtorganisation zu.

Es ist aber auch nicht zu erkennen, dass sich aus § 7 des Steiermärkischen Tierzuchtgesetzes eine Parteistellung des beschwerdeführenden Verbandes im Anerkennungsverfahren gemäß § 8 AVG ableiten ließe. So nehmen die dort aufgezählten Voraussetzungen für die Anerkennung als Zuchtorganisation bzw. die Gründe für die Verweigerung der Anerkennung keinen ausdrücklichen Bezug auf den Schutz des Zuchtprogrammes bereits anerkannter Zuchtorganisationen (vgl. zur insofern anderen Rechtslage in Salzburg das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, 2001/07/0133).

Die Rechtsansicht der belangten Behörde, der beschwerdeführenden Partei komme keine Parteistellung im Verfahren zu, ist daher beizupflichten.

Die Anhängigkeit eines Verfahrens, für welches Parteistellung begehrt wird, ist verfahrensrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung eines Antrages auf Einräumung der Parteistellung (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Oktober 1991, Zl. 90/05/0214, und das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 2001, Zl. 2001/07/0065). Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung war das Verfahren, in welchem diese begehrt wurde (das Anerkennungsverfahren betreffend die mitbeteiligte Partei), aber bereits rechtskräftig abgeschlossen. Die Zurückweisung des solcherart unzulässigen Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung mit Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides verletzte daher den beschwerdeführenden Verband in keinen Rechten.

Dies trifft auch die übrigen beiden Spruchpunkte im angefochtenen Bescheid zu. Mangels Parteistellung der beschwerdeführenden Partei kam dieser weder ein Recht auf Zustellung des Anerkennungsbescheides noch ein solches auf bescheidmäßige Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der erfolgten Anerkennung der mitbeteiligten Partei zu. Die mit den Spruchpunkten II und III diesbezüglich erfolgten Zurückweisungen solcher Anträge des Beschwerdeführers verletzte diesen daher ebenso nicht in Rechten.

Aus den obgenannten Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Februar 2005

Gerichtsentscheidung

EuGH 62002J0216 Österr Zuchtverband VORAB

Schlagworte

Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungParteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitGemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005070008.X00

Im RIS seit

25.03.2005

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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