TE OGH 1952/5/8 4Ob45/52

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Veröffentlicht am 08.05.1952
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Höller als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten Dr. Wahle sowie die Räte des Obersten Gerichtshofes, Dr. Kisser, Dr. Kralik und Dr. Gitschthaler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria A*****, Bedienerin in Wels, L*****, vertreten durch Dr. Franz Zeizinger, Rechtsanwalt in Wels wider die beklagte Partei Maria B*****, Altersrentnerin, Wels, L*****, vertreten durch Dr. Emil Haas, Rechtsanwalt in Wels wegen S 2.825 infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 21. Februar 1952, GZ R 153/52-7, womit der Beschluss des Arbeitsgerichtes Wels vom 30. Jänner 1952, GZ Cr 152/51-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Beklagte im vorliegenden Prozess hat zur Zahl C 151/50 eine Darlehensforderung von S 2.699,35 eingeklagt. Die damalige Beklagte, jetzige Klägerin, hat die Darlehensforderung teilweise bestritten und compensando Gegenforderungen in der Höhe von S 4.553,40 aus Dienstleistungen und Auslagen eingewendet. Das Erstgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben. Es stellte in den Gründen fest, dass die Klägerin von der Beklagten Darlehensbeträge in der Klagshöhe zu fordern habe. Die Gegenforderungen bestünden dagegen nicht zu Recht, weil die Beklagte keine Forderungen gegen die Klägerin habe, insbesondere nicht aus Dienstleistungen und Auslagen. Da die geltend gemachten Gegenforderungen nicht zu Recht bestünden, habe daher dem Klagebegehren Folge gegeben werden müssen. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil unter Hinweis auf die zutreffende Beweiswürdigung des Erstrichters und da er auch die Rechtslage sachlich richtig beurteilt habe, bestätigt.

Die Klägerin hat nunmehr die im Vorprozess in den Gründen des Urteils aberkannte Gegenforderung an Dienstentgelt und Barauslagen und zwar in der Höhe von S 2.825 beim Arbeitsgericht Wels eingeklagt. Die nunmehrige Beklagte hat die Rechtskrafteinrede erhoben; der Erstrichter hat diese Einrede mit der Begründung zurückgewiesen, dass im Vorprozess nur in den Gründen der Nichtbestand der Gegenforderung ausgesprochen wurde, nicht aber im Urteilsspruch. Nur dann aber, wenn über die Gegenforderung im Spruch erkannt worden sei, könne Rechtskraft angenommen werden.

Das Rekursgericht hat dem Rekurs Folge gegeben und die Klage rücksichtlich des Teilbetrages von S 2.699,35, über den im Vorprozess entschieden wurde, wegen Rechtskraft zurückgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, dass § 411 ZPO nicht vorschreibe, dass die Entscheidung in den Urteilsspruch selbst aufzunehmen sei. Im Vorprozess sei rechtskräftig entschieden worden, dass die im Aufrechnungswege geltend gemachte Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, wenn dies auch im Spruch nicht zum Ausdruck kam. Der gegen diesen Beschluss, soweit er den erstrichterlichen Beschluss abändert, erhobene Revisionsrekurs ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Es kann dahingestellt bleiben, ob bereits heute - wie dies § 545 Abs 3 der am 1. 1. 1953 in Kraft tretenden neuen Geo BGBl 264/1951 vorschreibt - im Falle der Entscheidung über eine Gegenforderung der Spruch dreigliedrig zu fassen ist, weil Formverstöße rechtlich bedeutungslos sind, wenn sich nur aus dem Zusammenhalt von Urteilsspruch und Urteilsgründen ergibt, worüber der Richter entscheiden wollte und entschieden hat. Das ist aber, wie der angefochtene Beschluss zutreffend feststellt, aus dem im Vorprozess ergangenen Urteil eindeutig zu entnehmen, da die Entscheidungsgründe ausdrücklich besagen, dass die Gegenforderungen, die nunmehr eingeklagt werden, nicht zu Recht bestehen. Nach § 411 Abs 1 letzter Satz ZPO begründet aber die Entscheidung über den Bestand oder Nichtbestand einer von der Beklagten zur Kompensation geltend gemachten Gegenforderung bis zur Höhe des Betrages, mit der aufgerechnet wurde die Rechtskrafteinrede. Es ist demnach die Gegenforderung in der Klagshöhe rechtskräftig aberkannt worden, auch wenn der Ausspruch darüber formell richtig - was nebenbei bemerkt strittig ist - in den Spruch hätte aufgenommen werden sollen. Auch das weitere Vorbringen des Rekurses, dass das Bezirksgericht Wels nicht berechtigt gewesen sei, über die Gegenforderung zu entscheiden, weil sie vor das Arbeitsgericht gehöre ist nicht stichhältig. Diese Auffassung hat der Oberste Gerichtshof in SZ XXIII/149 zurückgewiesen; er sieht sich nicht veranlasst, von dieser Auffassung abzugehen. Übrigens kommt es im vorliegenden Fall gar nicht darauf an, ob das Gericht im Vorprozess berechtigt war, über die geltend gemachte Gegenforderung zu entscheiden, da es tatsächlich entschieden hat und diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist. Die Rechtskrafteinrede ist aber auch dann begründet, wenn eine von einem unheilbar unzuständigen Gericht gefällte Entscheidung rechtskräftig geworden ist, da § 42 Abs 2 JN auf das Verhältnis von ordentlichen Gerichten und Arbeitsgerichten nicht anwendbar ist. Im Revisionsrekurs wird nur bestritten, dass durch die Erledigung der Aufrechnungseinrede in C 151/50 rechtskräftig über die Gegenforderung entschieden wurde, nicht aber, dass die Forderung, deren Aufrechnung damals abgelehnt wurde, mit der nunmehr geltend gemachten identisch ist oder, dass nunmehr ein Teil der Forderung geltend gemacht wurde, der von der Rechtskraft nicht ergriffen wurde. Es bestehen in dieser Richtung daher keine Bedenken.

Der Revisionsrekurs musste demnach ohne Erfolg bleiben. Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E85247 4Ob45.52

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0040OB00045.52.0508.000

Dokumentnummer

JJT_19520508_OGH0002_0040OB00045_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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