Norm
ABGB §141Kopf
SZ 27/17
Spruch
Eine nach § 142 ABGB. zugunsten des ehelichen Vaters ergangene Entscheidung über die Pflege und Erziehung eines Kindes bildet die Voraussetzung für sein Begehren, den Unterhalt im eigenen Hause, also durch Naturalverpflegung, leisten zu können.
Entscheidung vom 27. Jänner 1954, 2 Ob 1007/53.
I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht hat über Antrag der ehelichen Mutter Hilda K. den ehelichen Vater Friedrich K. zum Unterhalt des mj. Harald und der mj. Helene K. ab 3. Mai 1948 bis 31. Dezember 1948 zur Zahlung eines monatlichen Betrages von 232.60 S für jedes Kind und ab 1. Jänner 1949 zur Zahlung eines monatlichen Betrages von 250 S für jedes Kind bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Minderjährigen verhalten, das Mehrbegehren auf Zuspruch eines höheren Betrages für das Jahr 1948 jedoch abgewiesen. Die Entscheidung über die Anträge auf Übergabe der Kinder in Pflege und Erziehung eines der beiden Elternteile wurde vorbehalten.
Dem dagegen vom ehelichen Vater Friedrich K. erhobenen Rekurs wurde Folge gegeben und der erstrichterliche Beschluß vom Rekursgericht dahin abgeändert, daß der Antrag der ehelichen Mutter Hilda K. den ehelichen Vater Friedrich K. ab Mai 1948 zur Unterhaltsleistung für die mj. Kinder Harald und Helene K. zu verhalten, abgewiesen wird.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der ehelichen Mutter Folge, hob die Entscheidung des Rekursgerichtes auf und wies dieses an, neuerlich zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Wie das Rekursgericht in Anlehnung an die oberstgerichtliche Judikatur (GlUNF. 1782, 3866) zutreffend ausführt, folgt aus § 141 ABGB. noch nicht, daß die Pflicht, den Unterhalt seiner ehelichen Kinder zu bestreiten, den ehelichen Vater auch dann trifft, wenn die Kinder gegen seinen Willen außerhalb seines Hauses untergebracht wurden. Dies ergibt sich daraus, daß das Korrelat der väterlichen Gewalt, insbesondere der väterlichen Erziehungspflicht in dem auch gerichtlich verfolgbarem Recht gelegen ist, zu verlangen, daß die Kinder die Wohnung des Vaters teilen (§ 145 ABGB.), der Unterhalt der Kinder daher, soweit besondere Umstände es nicht als untunlich erscheinen lassen, im väterlichen Haus, d. h. durch Naturalverpflegung, zu leisten ist. Von dieser Rechtsmeinung abzugehen, besteht für den Obersten Gerichtshof kein Anlaß. Dieses Recht des ehelichen Vaters erfährt allerdings bei geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten durch § 142 ABGB. insofern eine Einschränkung, als das Gericht unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Falles nach eigenem Ermessen zu entscheiden hat, ob alle oder welche Kinder dem Vater oder der Mutter in Pflege und Erziehung zu überlassen sind. Eine solche zugunsten des ehelichen Vaters ergangene Entscheidung bildet sohin auch die grundlegende Voraussetzung dafür, daß der eheliche Vater gerechtfertigter Weise das Begehren stellen kann, den Unterhalt der ehelichen Kinder im eigenen Hause, also durch Naturalverpflegung, zu leisten. Nun lagen jedoch bei Fassung des erstrichterlichen Unterhaltsbeschlusses bereits der in Rechtskraft erwachsene Beschluß vom 22. März 1949, hinsichtlich der Belassung der mj. Helene K. in Pflege und Erziehung der Mutter, sowie der in Rechtskraft erwachsene Beschluß vom 21. Februar 1950 hinsichtlich der angeordneten Übergabe des mj. Harald K. in Pflege und Erziehung des ehelichen Vaters vor. Lediglich auf Grund dieser bereits rechtskräftig getroffenen Regelung über die Belassung der beiden Minderjährigen in Pflege und Erziehung bei dem einen und anderen Elternteil kann jedoch, insolange eine Neuregelung nicht erfolgt ist, bei Entscheidung über den am 3. Mai 1948 gestellten Unterhaltsantrag die Vorfrage gelöst werden, ob der eheliche Vater gerechtfertigterweise das Begehren stellen kann, den Unterhalt der ehelichen Kinder im eigenen Hause, also durch Naturalverpflegung, zu leisten. Da mit dem rechtskräftigen Beschluß vom 21. Februar 1950 hinsichtlich der Überlassung des mj. Harald K. in Pflege und Erziehung die Entscheidung zugunsten des ehelichen Vaters ergangen ist, wäre daher nur zu prüfen, ob seit dem Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses der Minderjährige gegen den Willen des ehelichen Vaters bei der Kindesmutter zurückgehalten wird. Dies muß jedoch bejaht werden, da die Kindesmutter mit ihrem neuerlichen Antrag vom 29. April 1950 auf Übergabe des mj. Harald K. in ihre Pflege und Erziehung als neue Tatsache lediglich den Erwerb der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft seitens des mj. Harald K. geltend macht, also einen Umstand, den sowohl das Erstgericht bei Fassung des Beschlusses vom 21. Februar 1950 als auch das Rekursgericht in seiner Entscheidung OZ. 47 in Anbetracht des Erwerbes der österreichischen Staatsbürgerschaft seitens des Minderjährigen laut Verleihungsurkunde vom 6. Dezember 1946 nicht für maßgebend erachtet haben, da eine Entlassung aus dem österreichischen Staatsverband jedenfalls nicht erfolgt sei und der Erwerb der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft schon deswegen nicht anerkannt werden könne, weil hiezu die Einwilligung des Vaters und des Pflegschaftsgerichtes mangle. Der neuerlich gestellte Antrag der Kindesmutter auf Überlassung des minderjährigen Harald K. in ihre Pflege und Erziehung kommt daher einer Weigerung der Ausfolgung des Minderjährigen an den ehelichen Vater trotz der mit Beschluß vom 21. Februar 1950 vom österreichischen Pflegschaftsgericht getroffenen gegenteiligen Anordnung gleich. Da jedoch, insolange eine rechtskräftige Entscheidung über die Belassung des Minderjährigen in Pflege und Erziehung bei dem einen oder dem anderen Elternteil noch nicht ergangen war, mangels einer einverständlichen Regelung der eheliche Vater auch nicht gerechtfertigter Weise das Begehren stellen konnte, den Unterhalt des Minderjährigen im eigenen Hause zu leisten, kann der Rechtsansicht des Rekursgerichtes nur insoweit beigepflichtet werden, als erst ab Rechtskraft des Beschlusses vom 21. Februar 1950 eine Verpflichtung des ehelichen Vaters Friedrich K. zur Unterhaltsleistung an dem minderjährigen Harald K. in Geld nicht besteht. Es war jedoch auch insoweit in der Sache selbst eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht möglich, weil zufolge Fehlens der Rückscheine der Rekursentscheidung der Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Beschlusses nach der Aktenlage derzeit nicht feststellbar ist. Aber auch hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung des ehelichen Vaters gegenüber der minderjährigen Helene K. kann der Rechtsansicht des Rekursgerichtes nicht gefolgt werden. Da die mit Beschluß vom 22. März 1949 getroffene Regelung hinsichtlich der Belassung der minderjährigen Helene K. in Pflege und Erziehung der ehelichen Mutter gleichfalls in Rechtskraft erwachsen und eine Neuregelung bisher nicht erfolgt ist, war auch nur dieser Beschluß bei Entscheidung über den Unterhaltsantrag vom 3. Mai 1948 für die Lösung der Vorfrage maßgebend, ob der eheliche Vater die Unterhaltsleistung für die Minderjährige außerhalb seines Hauses abzulehnen berechtigt ist. Dies ist jedoch im Hinblick auf die Belassung der Minderjährigen in Pflege und Erziehung der ehelichen Mutter zu verneinen und trifft daher, insolange es bei dieser Regelung bleibt, den ehelichen Vater jedenfalls die Verpflichtung zur Leistung des Unterhaltes an die Minderjährige in Geld. Sämtliche im angefochtenen Beschluß gewürdigten Umstände, die das Rekursgericht zu einer Abweisung des Unterhaltsantrages hinsichtlich beider Minderjährigen führten, betreffen lediglich die Frage der Belassung der beiden Minderjährigen in Pflege und Erziehung des einen oder anderen Elternteiles und werden nur im Zusammenhang mit der noch vorbehaltenen Entscheidung über den neuerlich gestellten Antrag der ehelichen Mutter auf Überlassung des minderjährigen Harald K. in ihre Pflege und Erziehung, sowie über den Antrag des ehelichen Vaters auf Überlassung der minderjährigen Helene K. in seine Pflege und Erziehung zu prüfen sein. Die über diese Anträge zu treffende Entscheidung wird allerdings als Vorfrage für die den ehelichen Vater in Zukunft treffende Unterhaltspflicht von Bedeutung sein, falls eine unterschiedliche Regelung hinsichtlich der Frage der Belassung der beiden Minderjährigen in Pflege und Erziehung des einen oder anderen Elternteiles getroffen werden sollte.
Anmerkung
Z27017Schlagworte
Eheliches Kind Naturalunterhalt, Naturalunterhalt für eheliches Kind, Unterhalt in natura für eheliches Kind, Vater, ehelicher, Naturalunterhalt durch -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0020OB01007.53.0127.000Dokumentnummer
JJT_19540127_OGH0002_0020OB01007_5300000_000