SZ 27/291
Judikatenbuch Nr. 62 (neu).
Wenn bis zur Umwandlung der einverständlichen Scheidung von Tisch und Bett in eine Scheidung im Sinne des Ehegesetzes über den Unterhalt keine rechtswirksame Regelung getroffen wurde, so bestimmt das Gericht im nachfolgenden Unterhaltsstreit den Unterhalt nach billigem Ermessen. Eine Prüfung des Verschuldens darf auch in diesem Verfahren nicht stattfinden. Auch ein Urteil über den Unterhalt, das auf Grund der bewilligten einverständlichen Scheidung von Tisch und Bett vor deren Umwandlung nach § 115 EheG. - sei es vor, sei es nach dem Inkrafttreten des Ehegesetzes - ergangen ist, stellt eine Regelung im Sinne des § 115 Abs. 3 EheG., erster Satz dar. Plenarbeschluß des OGH vom 13. November 1954, Präs 442/53.
Begründung:
§ 114 EheG. bestimmt, daß die Wirkung der Scheidung einer Ehe von Tisch und Bett durch das Inkrafttreten des Ehegesetzes nicht berührt wird.
§ 115 EheG sieht die Umwandlung einer solchen Scheidung in eine Scheidung im Sinne des Ehegesetzes auf Antrag im außerstreitigen Verfahren ohne Prüfung des Verschuldens vor. Er bestimmt ferner, daß es in Ansehung der Vermögensverhältnisse bei der anläßlich der Scheidung von Tisch und Bett getroffenen Regelung bleibt daß jedoch für die Leistung des Unterhaltes der nicht einverständlich von Tisch und Bett geschiedenen Ehegatten, wenn darüber nichts vereinbart worden ist, für die Zukunft die Vorschriften des Ehegesetzes gelten, wobei der im Scheidungsurteil enthaltene Schuldausspruch zugrunde zu legen ist, und daß ein vor Inkrafttreten des Ehegesetzes ergangenes Urteil einer neuen Regelung des Unterhaltes nicht entgegensteht. Hinsichtlich der Unterhaltsfrage enthält somit § 115 EheG. Vorschriften für die Umwandlung der einverständlichen Scheidung von Tisch und Bett, wenn der Umwandlung eine Unterhaltsregelung vorausgegangen ist, sowie für die der nicht einverständlichen Scheidung mit und ohne eine solche Regelung, nicht aber für den Fall der einverständlichen Scheidung ohne eine wirksame Regelung. Massfeller (Das neue Ehegesetz, 1. Aufl., S. 268) und Palandt - Lauterbach (Kurzkommentar zum BGB., 4. Aufl., S. 2126) meinen hiezu, bei der einverständlichen Scheidung von Tisch und Bett sei die Ordnung der vermögensrechtlichen Ansprüche Voraussetzung für die Bewilligung der Scheidung gewesen und bedürfe es daher im Falle des Abganges einer gültigen Vereinbarung keiner Regelung. Dies ist jedoch nicht richtig.
Das Josefinische Ehepatent vom 16. Jänner 1783 (Sammlung der Gesetze Josef II. im Justizfache in den ersten vier Jahren seiner Regierung Nr. 117) gestattete den Ehegatten eine einverständliche Sonderung von Tisch und Bett, "wenn sie übereingekommen seien, getrennt zu wohnen, und wenn dazu noch beide über den Anteil, den jeder zu behalten oder zu empfangen habe, sich vorläufig einverstanden hätten" (§ 45) und schrieb ihnen vor, noch vor der Trennung sich bei ihrer Obrigkeit oder Gerichtsstelle persönlich zu melden und da, "ohne daß sie, wessen sie miteinander übereingekommen seien, anzuzeigen nötig hätten", bloß zu versichern, "daß beide zur Trennung freiwillig einstimmten und mit den getroffenen Vorsehungen zufrieden seien" (§ 46). Nach dem Urentwurf des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (§ 106) soll das Gericht den Eheleuten die verlangte Scheidung bewilligen, "ohne die Bewegungsgrunde und Bedingungen zu erforschen". In der Sitzung vom 22. März 1802 kam der Antrag des innerösterreichischen Appellationsgerichtes zur Sprache, am Ende des die nicht einverständliche Scheidung betreffenden § 107 noch folgende Weisung anzuhängen: "Sollten die Teile zwar in Rücksicht der Scheidung, aber nicht auch in Rücksicht der Bedingungen einverstanden sein, so hat die gerichtliche Klage nur in Rücksicht dieser letzteren statt, doch soll die Scheidung vor Austragung dieser Klage nicht verwilligt werden". Das niederösterreichische Appellationsgericht, welches diesen Zusatz ebenfalls vorschlug, glaubte, der Regel, daß die Scheidung vor Austragung der Klage nicht "verwilligt" werden solle, noch die Ausnahme beisetzen zu sollen: "dafern nicht das Leben oder die Gesundheit des einen Ehegatten Gefahr liefen". Man erachtete aber allgemein beide Zusätze für entbehrlich, weil sich beide von selbst verstunden (Ofner, Protokolle, I S. 127). Die in der Sitzung vom 9. September 1805 beschlossene Fassung, "daß die Ehegatten vor Gericht bestätigen sollten, daß sie über ihre Trennung sowohl als über die Bedingung in Absicht auf Vermögen und Unterhalt mit einander verstanden seien, worauf das Gericht ohne weitere Erforschung die verlangte Scheidung zu bewilligen habe" (Ofner, II S. 152), fand mit geringfügigen Abänderungen in das ABGB. Eingang (§ 105). Die Entstehungsgeschichte und der Wortlaut dieser Bestimmungen lassen keinen Zweifel, daß das Gericht sich "weder in eine Erforschung der bloß die wechselseitigen Rechte betreffenden Verabredungen der Ehegatten und noch minder in eine Erforschung der Scheidungsursachen, deren Entdeckung so oft die schonende Absicht des einen oder anderen Gatten vereiteln, die Ruhe mehrerer Familien zerstören und die Wiedervereinigung sehr erschweren würde, einzulassen habe" (Zeiller, Kommentar, I S. 278 und 279). Nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches wurde auch die Ansicht vertreten, daß der Richter zwar nicht über den Inhalt, wohl aber über das Zustandekommen des Übereinkommens einen Nachweis zu fordern habe. Mit den für diese Meinung vorgebrachten Gründen setzte sich Dolliner in der Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzeskunde (Jahrgang 1828, I S. 121 ff.) auseinander. Er verwies darauf, daß sich der Richter eine wirkliche Gewißheit darüber, ob ein Übereinkommen abgeschlossen worden sei, nicht verschaffen könne, weil die Eheleute einen Aufsatz vorlegen könnten, in dem von ihren Vermögensverhältnissen die Rede sei, während sie unter sich aber übereingekommen seien, daß dies alles nicht gelten solle. Dolliners Ansicht, daß die Behauptung einer Vereinbarung genüge, wurde übernommen von Nippel (Erläuterungen des ABGB., II S. 63) und Winiwarter (Das österreichische bürgerliche Recht, I S. 83). Sie blieb bis zur Aufhebung der Vorschriften über die einverständliche Scheidung durch das Ehegesetz herrschend (im gleichen Sinne die Kommentare von Stubenrauch, 8. Aufl., I S. 181, und Kirchstetter, 4. Aufl., S. 98; Krasnopolski - Kafka, Österreichisches Familienrecht, S. 107; Mayr, Familien- und Erbrecht, S. 55; Bartsch, Das gerichtliche Verfahren in Ehesachen, S. 17; Neumann - Ettenreich,
Das österreichische Eherecht, S. 91; Ehrenzweig, Familien- und Erbrecht, 7. Aufl. § 432 II; Lenhoff in Klangs Kommentar zum ABGB.,
1. Aufl., zu § 105, S. 690; Köstler, Das österreichische Eherecht, Ausgabe 1923, S. 87; Pollak, System des österreichischen Zivilprozeßrechtes, 2. Aufl., S. 765). Neumann - Ettenreich gedenkt des Falles, daß die Ehegatten in dem Irrtume befangen waren, eine Einigung erzielt zu haben, während sich bei der Feststellung des Inhaltes dieser Vereinbarung ergeben habe, daß in wichtigen Punkten eine Übereinstimmung nicht erzielt worden sei. Die gegenteilige Meinung, die den Nachweis eines Übereinkommens forderte, wurde nur vereinzelt vertreten (Scharschmid, Von der Alimentation der geschiedenen Ehegattin, § 7 - hiezu ablehnend Grassl in der Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzeskunde Jahrgang 1827, III S. 104 -; Flesch, JBl. 1907, S. 449; Rittner, Österreichisches Eherecht, S. 327).
Das Verbot eines Vorbehaltes weiterer rechtlicher Verhandlungen im § 8 des Hofdekretes vom 23. August 1819 (JGS. Nr. 1595) und im § 7 der Verordnung des Justizministeriums vom 9. Dezember 1897, RGBl. Nr. 283, hatte nur die Bedeutung, daß das Scheidungsgesuch abzuweisen war, wenn ein solcher Vorbehalt gerichtlich eiklärt wurde. Voraussetzung des Scheidungsbeschlusses war aber lediglich die Erklärung der Ehegatten, daß sie sich über die Bedingungen in Absicht auf Vermögen und Unterhalt geeinigt hätten. Daß sie eine solche Einigung nur vortäuschten, war ebensowenig auszuschließen wie, daß die Einigung infolge von Formmängeln, Willensmängeln oder aus anderen Gründen unwirksam war. Der rechtsgestaltende Scheidungsbeschluß wird durch die nachträglich hervorgekommene Änderung seiner Voraussetzungen nicht berührt (Pollak, a. a. O., S. 765, Lenhoff, a. a. O., S. 691, Weinmann, ZBl. 1928 S. 161 ff. u. a.).
Die Meinung, daß der Abschluß eines Übereinkommens über die vermögensrechtlichen Verhältnisse zwischen den Ehegatten die Voraussetzung für die Bewilligung der einverständlichen Scheidung von Tisch und Bett war, ist demnach unrichtig und kann nicht zur Begründung dafür dienen, daß im § 115 EheG. für den Fall einer einverständlichen Scheidung ohne Unterhaltsvereinbarung eine ausdrückliche Regelung unterblieben ist.
Das Unterhaltsproblem bei einverständlich von Tisch und Bett ohne Unterhaltsvereinbarung geschiedenen Eheleuten wurde schon während der Geltung aller einschlägigen Bestimmungen des ABGB. von Schrifttum und Rechtsprechung wiederholt behandelt. Dolliner (a. a. O.) vertrat die Ansicht, daß im Falle des Fehlens eines Übereinkommens die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten durch die einverständliche Scheidung keine Veränderung erfahren. Wenn die Ehegatten von der ihnen durch das Gesetz eingeräumten Freiheit, ihre Vermögensverhältnisse zu regeln, keinen Gebrauch machten, so sei es als ihr stillschweigend erklärter Wille anzusehen, daß es bei den bisher bestehenden Rechtsverhältnissen zu bleiben habe (ebenso Grassl, a. a. O., S. 104). Pachmann (Lehrbuch des Kirchenrechtes, II S. 427) meint, daß das Gesetz nur im Interesse der Parteien ihre Bestätigung, über Vermögen und Unterhalt ausgeglichen zu sein, gefordert habe. Seien sie wirklich nicht ausgeglichen gewesen, so bleibe es bei dem, was bis zur Scheidung Rechtens gewesen sei (im gleichen Sinn Stubenrauch, a. a. O., S. 181, Anm. 3; Krasnopolski - Kafka, S. 120; Köstler, Das österreichische Eherecht, Ausgabe 1923, S. 96; Anders, Familienrecht, S. 150, Anm. 8; Mayr, a. a. O., S. 56). Nach Hussarek (Grünhuts Zeitschrift, Jahrgang 1893, S. 677 ff.) wird durch die Scheidung von Tisch und Bett das eheliche Zusammenleben samt allen unmittelbar darangeknüpften Rechtswirkungen aufgehoben. Die Verpflichtung des Ehemannes, der Frau den Unterhalt zu reichen, sei schlechthin von der Gemeinsamkeit des Haushaltes unabhängig. Daraus ergebe sich die Fortdauer der familienrechtlichen Unterhaltspflicht sogar nach dem Abschluß eines diese regelnden Vertrages. Die Ehefrau könne nicht vollständig und bedingungslos auf die Alimentation verzichten. Hingegen vertraten Nippel (a. a. O., S. 63) und Rittner (S. 327) die Ansicht, daß die einverständlich geschiedene Ehegattin mit einem Unterhaltsanspruch nur dann durchdringen könne, wenn sie diesen auf ein getroffenes Einverständnis stützen könne. Die herrschende Lehre sah die Lösung der Frage darin, beim Abgang eines Übereinkommens in dem Streit über den Unterhalt der einverständlich geschiedenen Gatten die Verschuldensfrage zu. untersuchen (Neumann - Ettenreich, S. 108; Ehrenzweig, a. a. O., § 432 II; Piekarski, Der gesetzliche Unterhaltsanspruch der Ehegatten, S. 34). Die schuldlose Ehegattin habe den Anspruch auf den anständigen Unterhalt in sinngemäßer Anwendung der Vorschrift des § 1264 ABGB. Bei beiderseitigem Verschulden hätten die Vorschriften des Hofdekretes vom 4. Mai 1841, JGS. Nr. 531, zur Anwendung zu kommen. Weinmann (ZBl. 1928, S. 171), Lenhoff (Auflösung der Ehe und Wiederverehelichung, S. 158 ff., und in Klangs Kommentar zum ABGB.,
1. Aufl., zu § 105, S. 691) und Krämer (ZBl. 1928, S. 244, Anm. 12) begrunden die Zulässigkeit der Aufrollung der Verschuldensfrage damit, daß diese Frage mangels eines Übereinkommens nicht geordnet worden sei und daher im Unterhaltsstreit nicht übergangen werden könne. Von Ohmeyer (JBl. 1928, S. 502 ff.) wird der Rechtssatz aufgestellt, daß die einverständlich geschiedene Ehegattin beim Abgang eines Übereinkommens den Unterhaltsanspruch mangels eines ihn betreffenden Erlöschungsanspruches behält, daß aber dem Ehegatten vorbehalten bleibt, ihn dadurch zu entkräften, daß er das Verschulden seiner Gattin an der durchgeführten Scheidung nachweist. Ob die Ehefrau auf den Unterhalt ganz verzichten könne, war zunächst strittig (vgl. Ehrenzweig, a. a. O., § 436 II 3 a). Der Oberste Gerichtshof hat mit dem Judikat Nr. 244 entschieden, daß der Verzicht der Frau auf den Unterhalt anläßlich der einverständlichen Scheidung die gesetzliche Unterhaltspflicht des Ehemannes beseitige. Nicht einheitlich war auch die Rechtsprechung zu der Frage, was beim Abgang eines Übereinkommens anläßlich der einverständlichen Scheidung rechtens sei. Der Oberste Gerichtshof gab in der Entscheidung vom 21. September 1859 (GZ. 1860, S. 26) der Meinung Ausdruck, daß die Ehegattin ihres Anspruches nach § 91 ABGB. nicht verlustig werde, wenn das der Scheidung zugrunde liegende Übereinkommen nachträglich für unwirksam erklärt werde. Auf die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft könne sich der Ehemann nicht berufen, weil er zu dieser seine Zustimmung erklärt habe. In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 13. März 1894, GlU. 15.056, wird ausgesprochen, daß das Unterhaltsübereinkommen anläßlich der Scheidung das Gericht von der ihm sonst nach § 1264 ABGB. und dem Hofdekret vom 4. Mai 1841, JGS. Nr. 531, obliegenden Verpflichtung enthebe, in eine Erörterung der Verschuldensfrage einzugehen. Die Entscheidung vom 12. März 1902 GlUNF. 1807, hält die sinngemäße Anwendung des § 1264 ABGB. für gerechtfertigt, wenn die Ehefrau anläßlich der einverständlichen Scheidung auf den Unterhalt nicht verzichtet hat. In der Entscheidung vom 28. Feber 1906, GlUNF. 3340, wird ausgesprochen, daß im Falle einer einverständlichen Scheidung von dem Verschulden eines Eheteiles keine Rede sein könne. Die Unterhaltsansprüche der Ehegattin seien so zu behandeln, als ob ungeachtet bestehender Scheidungsgrunde eine Scheidung gar nicht stattgefunden hätte. Hingegen beschränken die Entscheidungen vom 17. März 1908, Amtl. Slg. 1160, und vom 20. April 1915, GlUNF. 7412, die Unterhaltsansprüche der einverständlich geschiedenen Ehegattin auf das Übereinkommen. Habe sie einen Unterhaltsanspruch weder gefordert noch zugesagt erhalten, so habe sie stillschweigend auf ihn verzichtet. Diese Rechtsansicht wird zuletzt in der in SZ. VIII/2 erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 25. August 1925, Ob I 721/25, vertreten. Mit der Entscheidung vom 16. Juni 1925, ZBl. 1925 Nr. 130, beginnt die nur durch die erwähnte Entscheidung Ob I 721/25 unterbrochene Reihe der Entscheidungen (vom 5. Jänner 1926, SZ. VIII/2, vom 19. September 1928, SZ. X/225, vom 14. Dezember 1928 GH. 1929, S. 57), die unter Berufung auf Weinmann, Ettenreich, Ehrenzweig, Lenhoff und Krämer beim Abgang eines Übereinkommens aus Billigkeitsgrunden die Aufrollung der Verschuldensfrage verlangen. In der Entscheidung vom 11. Dezember 1928, GH. 1929, S. 57, wird diese Rechtsansicht als dem letzten Stand der Rechtsprechung entsprechend erklärt. Keinen Widerspruch mit dieser Rechtsprechung bedeutet die Entscheidung vom 31. Mai 1927, SZ. IX/108, da sie lediglich in dem Rechtsstreit gegen einen Dritten die Überprüfung der Verschuldensfrage nach der einverständlichen Scheidung ablehnt (vgl. Ohmeyer, a. a. O.). Könnte in dem einverständlichen Ansuchen um die Scheidung, ohne daß ein Übereinkommen in der Unterhaltsfrage getroffen wurde, immer schon ein zumindest stillschweigender Verzicht der Ehefrau auf eine Unterhaltsleistung ihres Gatten erblickt werden - ein Unterhaltsverzicht der Frau für den Fall der Scheidung von Tisch und Bett ist, wie schon erwähnt nach dem Judikat 244 (alt) an sich zulässig -, so wäre allerdings eine Bestimmung über den Unterhalt für den Fall der Umwandlung einer einverständlichen Scheidung ohne Unterhaltsvereinbarung im Sinne des § 115 EheG. überflüssig. Dies trifft aber nicht zu. Vor allem kann von einem stillschweigenden Verzicht in jenen Fällen keine Rede sein, in denen sich der Mann zur Leistung eines Unterhaltes an die Frau für den Fall der Scheidung verpflichtete und dieses Übereinkommen aus irgendwelchen Gründen der Rechtswirksamkeit entbehrte. Ein endgültiger Unterhaltsverzicht kann aber auch dann nicht angenommen werden, wenn etwa die Frau ausdrücklich erklärte, solange keinen Unterhalt zu verlangen, als sie sich aus den Erträgnissen einer Erwerbstätigkeit oder ihres Vermögens selbst zu erhalten vermag. In einem solchen Falle handelt es sich vielmehr bloß um einen bedingten Verzicht, der beim Wegfall dieser Bedingung hinfällig wird und den Unterhaltsanspruch der Frau für die auf den Verlust ihrer Selbsterhaltungsmöglichkeit folgende Zeit unberührt läßt. Mag auch in einer großen Zahl von Fällen in dem einverständlichen Ansuchen um Scheidung mit der Erklärung, sich hinsichtlich des Vermögens und Unterhaltes geeinigt zu haben, ohne daß tatsächlich eine Vereinbarung getroffen wurde, im Hinblick auf hinzutretende weitere Umstände ein stillschweigender endgültiger Unterhaltsverzicht im Sinne des § 863 ABGB. gelegen sein, so bleiben doch Fälle übrig, in denen die Annahme eines wenigstens stillschweigenden endgültigen Verzichtes nicht möglich ist. Der Mangel einer Regelung der Unterhaltsfrage im § 115 EheG. für die Fälle einer einverständlichen Scheidung ohne Unterhaltsregelung kann demnach mit der generellen Annahme eines Unterhaltsverzichtes nicht begrundet werden.
Schwind meint in seinem in der ÖJZ. 1954, S. 499 ff., veröffentlichten Vortrage vom 17. März 1953 "Einige Unterhaltsfragen im Eherecht", der Unterhaltsanspruch der einverständlich geschiedenen Ehegattin bleibe, wenn keine Vereinbarung getroffen sei, nach der Umwandlung der Scheidung gemäß § 115 EheG. im vollen Ausmaße des § 91 ABGB. aufrecht, es werde im § 115 EheG. eindeutig ausgesprochen, daß es im Falle der einverständlichen Scheidung von Tisch und Bett bei der bisherigen Regelung zu verbleiben habe und daß nur bei der nicht einverständlichen Scheidung die Vorschriften des Ehegesetzes anzuwenden seien. Die Unterhaltspflicht des Ehemannes finde nach dem ABGB. durch die richterliche Feststellung des Verschuldens der Ehefrau, aber nicht durch die Scheidung ihr Ende. Die von der früheren Rechtsprechung für den Unterhaltsstreit nach einverständlicher Scheidung ohne Unterhaltsvereinbarung aus bloßen Billigkeitserwägungen zugelassene Verschuldensprüfung habe keine gesetzliche Grundlage, § 115 Abs. 2 EheG. lehne eine Verschuldensprüfung ausdrücklich ab.
Abgesehen von der Frage der Verschuldensprüfung muß diesen Ausführungen Schwinds entgegengehalten werden, daß die Unterhaltspflicht des Ehemannes nach § 91 ABGB. nicht nur mit der Feststellung des Verschuldens der Frau, sondern auf jeden Fall auch mit der völligen Beseitigung des Ehebandes endet (vgl. die Gründe des Judikates 32 (neu), SZ. X/62). § 1266 ABGB. gab der schuldlosen Ehefrau im Falle der Trennung, die nach dem Eherecht des ABGB. im Gegensatz zur Scheidung von Tisch und Bett allein mit der Beseitigung des Ehebandes verbunden war, nur einen Anspruch auf volle Genugtuung und damit einen solchen auf Ersatz des ihr bei aufrechtem Bestande der Ehe gebührenden anständigen Unterhaltes, nicht aber einen Unterhaltsanspruch. Da die Umwandlung der Scheidung von Tisch und Bett nach § 115 EheG. das Eheband beseitigt, erlischt damit im Gegensatz zur bloßen Scheidung von Tisch und Bett notwendig auch der Unterhaltsanspruch nach § 91 ABGB. Es kann daher Schwind, wenn er aus der weiteren Geltung der anläßlich der Scheidung in Ansehung der Vermögensverhältnisse getroffenen Regelung die Anwendbarkeit der das Bestehen des Ehebandes voraussetzenden Unterhaltsbestimmungen des ABGB. (§ 91) auch auf Fälle, in denen eine Regelung unterblieben ist, ableiten will, nicht beigepflichtet werden; denn schon aus dem Zusammenhange aller Bestimmungen des § 115 Abs. 3 EheG., insbesondere aber aus der amtlichen Begründung zum Ehegesetz, ist eindeutig zu entnehmen, daß unter der getroffenen Regelung nur ein Übereinkommen zwischen den Ehegatten, allenfalls auch ein vor der Umwandlung ergangenes Urteil, keineswegs aber die Bestimmungen der §§ 91, 1264, 1266 ABGB. zu verstehen sind (vgl. Volkmar - Antoni, Eherecht, S. 352 und 492). Kann aber aus dem ersten Satz des § 115 Abs. 3 EheG. eine weitere generelle Anwendbarkeit der bisherigen Unterhaltsvorschriften des ABGB. über die Scheidungsumwandlung hinaus nicht abgeleitet werden, so liegt unbestreitbar im Fehlen einer Vorschrift über den Unterhalt bei umgewandelter einverständlicher Scheidung von Tisch und Bett ohne Unterhaltsregelung eine Lücke, die nach § 7 ABGB. geschlossen werden muß.
Die der Gesamtregelung des § 115 EheG. zugrunde liegende Absicht der Gesetzgebung ergibt sich aus der amtlichen Begründung zum Ehegesetz, die hiezu wörtlich ausführt: "Hinsichtlich des Unterhalts bleibt es bei den alten Vereinbarungen; ist nichts vereinbart, so gelten die Bestimmungen des neuen Gesetzes" (vgl. Volkmar - Antoni, a. a. O., S. 492).
§ 115 EheG. beruht also auf dem Gedanken, daß beim Fehlen einer Vereinbarung ganz allgemein, also auch im Falle einer einverständlichen Scheidung ohne Unterhaltsregelung für die Zukunft die Grundsätze des Ehegesetzes, nicht aber die Bestimmungen des ABGB. anzuwenden sind.
Auch Prey scheint dieser Meinung gewesen zu sein, da er in seiner 1938 erschienenen Schrift "Das neue Eherecht in Österreich" (S. 9) ausgeführt hat, wenn für die Leistung des Unterhaltes zwischen den von Tisch und Bett geschiedenen Ehegatten nichts vereinbart sei, seien die neuen Vorschriften anzuwenden. Es erschiene natürlich, es auch in der Unterhaltsfrage beim alten Recht zu belassen und, wenn sich die Notwendigkeit einer Änderung der Unterhaltsleistung ergebe, dabei in Ansehung dieser vor der Wirksamkeit des neuen Gesetzes geschlossenen Ehen auch die Anwendung der alten Unterhaltsvorschriften vorzusehen. Das würde aber, da die neuen Unterhaltsvorschriften sich von den alten sehr wesentlich unterscheiden, dazu führen, daß es in den alten und neuen Ehen verschiedene Unterhaltsansprüche gäbe und noch dazu für lange Dauer. Habe man einmal erkannt, daß die Unterhaltsansprüche anders geregelt sein sollen als bisher, dann sei es ein Gebot der Gerechtigkeit, immer das neue Unterhaltsrecht anzuwenden. Die allgemein gehaltenen Darlegungen Prey's erfassen jedenfalls umgewandelte einverständliche und nicht einverständliche Scheidungen. Köstler (Österreichs Eherecht, 4. Aufl. S. 43) und Rilk (Das neue Eherecht, S. 309) bejahen die Anwendbarkeit der Unterhaltsbestimmungen des Ehegesetzes für die Zukunft bei umgewandelten Scheidungen ohne Differenzierung. Aus der früher zitierten Stelle der amtlichen Begründung zum Ehegesetz ergibt sich jedenfalls, daß der Gesetzgeber von dem Grundsatz ausgegangen ist, die Wirksamkeit der alten Unterhaltsvereinbarungen werde durch die Umwandlung nicht berührt; sei jedoch nichts vereinbart, so gelten die Grundsätze des Ehegesetzes, nicht aber die Vorschriften des ABGB. Nach diesem Prinzip sind auch die Bestimmungen der §§ 111 Abs. 1 und 122 Abs. 2 EheG., insbesondere aber des § 2 Abs. 4 der 4.
Durchführungsverordnung zum EheG. vom 25. Oktober 1941, DRGBl. I S. 654, gestaltet. Nach der somit dem Ehegesetz zugrunde liegenden Tendenz können daher die §§ 91 und 1264 ABGB. auf umgewandelte einverständliche Scheidungen ohne Unterhaltsregelungen für die Zeit nach der Umwandlung nicht herangezogen werden, zumal sie auch ein Fortbestehen des Ehebandes voraussetzen. Aber selbst eine analoge Anwendung des § 1266 ABGB. würde dem bezeichneten Grundsatz des § 115 EheG. widersprechen. § 1266 ABGB. gibt, wie schon erwähnt, der schuldlosen Gattin nur einen Anspruch auf volle Genugtuung und in diesem Rahmen einen solchen auf Ersatz des bei aufrechtem Bestande der Ehe gebührenden anständigen Unterhaltes, nicht aber einen Unterhaltsanspruch, weil eben nach dem ABGB. mit der Beseitigung des Ehebandes die Unterhaltspflicht des Ehemannes gegenüber seiner Frau überhaupt wegfällt. Das Ehegesetz gewährt dagegen grundsätzlich einen Anspruch auf Unterhalt nach völliger Auflösung der Ehe. Überdies setzen die §§ 1264 und 1266 ABGB. eine Prüfung des Verschuldens voraus. § 115 Abs. 2 EheG. schließt dagegen eine solche ausdrücklich aus. Dieser Ausschluß der Verschuldensprüfung bezieht sich nicht nur auf das Umwandlungsverfahren nach § 115 EheG., sondern gilt ganz allgemein, also auch für den Unterhaltsstreit. Daß § 111 Abs. 2, § 122 Abs. 2 und § 127 EheG. eine Verschuldensprüfung im Unterhaltsstreit in den dort bezeichneten besonderen Fällen zulassen, spricht keineswegs für die Zulässigkeit einer solchen Untersuchung nach der Umwandlung einer einverständlichen Scheidung, die ohne Unterhaltsvereinbarung bewilligt wurde, sondern geradezu dagegen; denn wäre grundsätzlich beim Fehlen einer Verschuldensfeststellung im Eheauflösungsverfahren die Verschuldensfrage im folgenden Unterhaltsstreit zu prüfen, so hätte es der angeführten Sonderschriften überhaupt nicht bedurft. Überdies betrifft § 111 Abs. 2 EheG. die vollstreckbar erklärten kirchlichen Dispensverfügungen, § 122 Abs. 2 EheG. die Dispensehen ohne gerichtliche Scheidung der früheren Ehen und § 127 EheG. die für nichtig erklärten Dispensehen, die nachträglich durch das Ehegesetz in der Unterhaltsfrage gültig geschlossenen und geschiedenen Ehen gleichgestellt wurden. In den ersten beiden Fällen gab es aber überhaupt kein gerichtliches Auflösungsverfahren und daher auch keine Verschuldensfeststellung in einem derartigen Verfahren. Im Ungültigkeitsverfahren war schließlich nur ein etwaiges Verschulden der Gatten am Abschluß der ungültigen Ehe, das bei Dispensehen vermöge der zugrunde liegenden behördlichen Bewilligung kaum angenommen werden konnte, nicht aber das Vorliegen von Verfehlungen während des faktischen Bestandes der Dispensehe zu prüfen. Dagegen stand dem schuldlosen Gatten im Falle der Scheidung von Tisch und Bett die Wahl frei, die Scheidung aus dem Verschulden des anderen Teiles mit Klage zu begehren oder von einer gerichtlichen Verschuldensfeststellung abzusehen und sich mit der einverständlichen Scheidung ohne Schuldspruch zufrieden zu geben. Der Gesetzgeber des § 115 EheG. ist wohl davon ausgegangen, daß die Ehegatten, die einverständlich eine Form der Scheidung wählten, bei der eine Prüfung und Feststellung des Verschuldens unterbleibt, damit auch darauf verzichten, Ansprüche aus dem Verschulden des anderen Teiles geltend zu machen (vgl. Volkmar - Antoni, a. a. O., S. 351). § 115 EheG. sollte eben die Aufrollung des alten Streitstoffes endgültig und generell ausschließen, weil eine solche nur Gerichte und Parteien belasten und, im großen gesehen, ohne befriedigende Wirkung sein würde (vgl. amtl. Begründung bei Volkmar - Antoni, S. 492). Auch Schwind (a. a. O., insbesondere S. 502) lehnt daher eine Verschuldensprüfung in dem auf die Umwandlung folgenden Unterhaltsstreit ab und weist hiebei darauf hin, daß sie gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Ein solcher Verstoß könnte darin erblickt werden, daß sich der schuldlose Gatte trotz Verfehlungen des anderen Teiles bereit fand, an Stelle einer Scheidung mit Verschuldensausspruch auf Grund einer Klage einverständlich mit dem anderen die Bewilligung der Scheidung ohne Verschuldensprüfung beim Außerstreitrichter zu beantragen, ohne auch nur auf dem vorherigen Abschluß einer dem Verschulden Rechnung tragenden Vereinbarung über den zu leistenden Unterhalt oder auf einem Unterhaltsverzicht zu bestehen. Im Hinblick darauf kann nicht einmal ohneweiters angenommen werden, daß das nachträgliche Aufrollen der Verschuldensfrage im Unterhaltsstreit der Billigkeit entsprechen würde.
§ 115 Abs. 2 EheG. muß somit dahin ausgelegt werden, daß die Verschuldensprüfung und -feststellung nicht nur im Umwandlungsverfahren, sondern auch im folgenden Unterhaltsstreit ausgeschlossen ist.
Da somit im Falle der Umwandlung weder die Bestimmungen des ABGB. über den Unterhalt gelten und auch nicht analog herangezogen werden können noch generell ein Unterhaltsverzicht anzunehmen ist und schließlich auch eine Verschuldensprüfung nicht in Frage kommt, muß nun untersucht werden, nach welchen Grundsätzen den Ehegatten ein Unterhaltsanspruch zuzuerkennen ist. Das Ehegesetz sieht für bestimmte Fälle der Eheauflösung ohne Ausspruch, daß dem einen oder anderen Teile ein Verschulden angelastet wird, einen Unterhaltsanspruch, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht, vor. So verfügt § 69 Abs. 2 EheG. dies für die Scheidung ohne Schuldanspruch, § 111 Abs. 1 EheG. in Verbindung mit § 69 Abs. 2 EheG. für die gemäß § 109 EheG. als Scheidung geltende Trennung nach früherem Recht ohne Verschuldensausspruch (Judenehe) bzw. mit dem Ausspruch, daß kein Teil schuldig sei, und schließlich § 111 Abs. 1 EheG. für die Trennung auf Antrag beider Teile, wenn beide für schuldlos erklärt wurden.
Der Tendenz des Ehegesetzes in Verbindung mit § 7 ABGB. entspricht es daher, auch den Ehegatten, denen die einverständliche Scheidung von Tisch und Bett ohne rechtswirksamen Abschluß eines Übereinkommens über den Unterhalt bewilligt und deren Unterhalt bis zur Umwandlung nach § 115 EheG. nicht geregelt worden ist, einen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Billigkeit zuzuerkennen. Der Unterhaltsanspruch der Ehegattin nach § 91 ABGB., aber auch jener nach § 1264 ABGB. ist grundsätzlich ein anderer als der Unterhaltsanspruch nach dem Ehegesetz. Insbesondere gilt dies auch für den Anspruch im Rahmen der Billigkeit, der den Ehegatten, wie ausgeführt wurde, nach der Umwandlung einer einverständlichen Scheidung von Tisch und Bett ohne Unterhaltsregelung zusteht. Der Unterhaltsanspruch der Gattin nach den §§ 91, 1264 ABGB. erlischt, wie ebenfalls schon ausgeführt wurde, mit der vollständigen Auflösung der Ehe, also mit der Beseitigung des Ehebandes. Ein vor dem Wegfall des Ehebandes ergangenes rechtskräftiges Urteil, das der Ehefrau einen Unterhalt nach § 91 bzw. § 1264 ABGB. zusprach, wird durch die Beseitigung des Ehebandes nicht in seiner Rechtskraftwirkung berührt; es wird jedoch, abgesehen von Unterhaltsrückständen, zufolge des mit der Beseitigung des Ehebandes verbundenen Erlöschens des Unterhaltsanspruches materiell bedeutungslos (vgl. Entscheidung vom 14. März 1951, SZ. XXIV/75). Daraus folgt, daß ohne die Bestimmungen des § 115 Abs. 3 EheG. eine vor der Umwandlung getroffene Unterhaltsregelung, die nur einen Unterhaltsanspruch im Sinne des ABGB. betroffen haben kann, gleichgültig, ob es sich um eine Regelung durch Parteierklärungen oder durch gerichtliche Entscheidung handelt, durch die Umwandlung der Scheidung in ihrer Wirksamkeit an sich zwar nicht berührt würde, daß aber die Umwandlung - abgesehen von dem Fall, daß sich die Vereinbarung nach dem Willen der Parteien von vornherein auch auf den Fall der Beseitigung des Ehebandes erstreckt - den Unterhaltsanspruch nach dem ABGB. zum Erlöschen bringen würde und daher eine neue Vereinbarung geschlossen oder ein Urteil über den Unterhalt für die Zeit nach der Umwandlung auf Grund des Ehegesetzes erwirkt werden müßte. Diese Rechtslage hat § 115 Abs. 3 EheG. 1. Satz grundlegend geändert, indem er verfügt, daß es in Ansehung der Vermögensverhältnisse bei der anläßlich der Scheidung von Tisch und Bett getroffenen Regelung bleibt. Schon aus dem Zusammenhange mit den folgenden Sätzen des Abs. 3, insbesondere dem letzten Satz ergibt sich, daß unter getroffener Regelung nicht nur eine Regelung durch Parteierklärungen, sondern auch eine solche durch Urteil zu verstehen ist. Da zwar eine Regelung durch das Inkrafttreten des Ehegesetzes und die erfolgte Scheidungsumwandlung in ihrer Wirksamkeit an sich nicht berührt wird, jedoch ein Unterhaltsanspruch nach dem ABGB. durch die Beseitigung des Ehebandes, die mit der Scheidungsumwandlung verbunden ist, sonst zum Erlöschen gebracht würde, kann die Bestimmung des ersten Satzes des § 115 Abs. 3 EheG. bezüglich des Unterhaltes nur bedeuten, daß damit der Umwandlung die sonst der Beseitigung des Ehebandes zukommende materiellrechtliche Wirkung auf den Unterhaltsanspruch nach dem ABGB., soweit er Gegenstand einer vor der Umwandlung getroffenen Regelung war, genommen werden sollte.
Es bleibt demnach im Rahmen der getroffenen Regelung bei den Unterhaltsansprüchen nach dem ABGB., das heißt, die auferlegte Unterhaltspflicht bleibt weiter bestehen, ein ausgesprochener endgültiger genereller Unterhaltsverzicht schließt auch einen Unterhaltsanspruch nach dem Ehegesetz aus. Daß ein noch auf dem ABGB. beruhender Anspruch geregelt wurde, ist im Falle der Anwendbarkeit der clausula rebus sic stantibus in einem Erhöhungs- oder Herabsetzungsverfahren in der Weise zu berücksichtigen, daß eben insoweit noch die Unterhaltsvorschriften des ABGB. anzuwenden sind. Eine Neubemessung des Unterhaltes nach den Grundsätzen des Ehegesetzes hat in einem solchen Falle nicht stattzufinden (vgl. Volkmar - Antoni, a. a. O., S. 352, 3 a). Der Grundsatz der materiellrechtlichen Bedeutungslosigkeit der Umwandlung nach Satz 1 des § 115 Abs. 3 EheG. gilt für die vor der Umwandlung getroffenen vermögensrechtlichen Regelungen im Zusammenhang mit Ehepakten und dergleichen, also soweit es sich nicht um die Unterhaltsfrage handelt, generell für alle Scheidungen von Tisch und Bett. Nur hinsichtlich der vor der Umwandlung getroffenen Regelungen des Unterhaltes durch Urteil bei nicht einverständlichen Scheidungen ordnen die Sätze 2 bis 4 des § 115 Abs. 3 EheG. an, daß für die Zukunft die Vorschriften des Ehegesetzes gelten, daß dabei der im Scheidungsurteil enthaltene Schuldausspruch zugrunde zu legen ist, und daß ein vor Inkrafttreten des Ehegesetzes ergangenes Urteil einer neuen Regelung des Unterhaltes nicht entgegensteht. Dies kann aber nicht heißen, daß der im Satz 1 enthaltene Ausschluß der materiellrechtlichen Wirkung, der mit der Beseitigung des Ehebandes bei der Scheidungsumwandlung verbunden ist, für Unterhaltsregelungen durch Urteil auf Grund nicht einverständlicher Scheidungen überhaupt nicht gelten sollte. Denn dies hätte nämlich zur Folge, daß der urteilsmäßig geregelte Unterhaltsanspruch nach dem ABGB. durch die Scheidungsumwandlung auf jeden Fall erlöschen würde und daher ein vor der Umwandlung, gleichgültig, ob vor oder nach Inkrafttreten des Ehegesetzes ergangenes Urteil auf keinen Fall einer neuerlichen Entscheidung über den Unterhalt unter Anwendung der §§ 66 ff. EheG. entgegenstehen könnte. Daraus folgt aber, daß vielmehr der Unterhaltsanspruch nach altem Recht im Rahmen der Regelung immer aufrecht bleibt. Nur kann im Falle einer urteilsmäßigen Regelung auf Grund einer nicht einverständlichen Scheidung jeder Teil eine neue Entscheidung in der Unterhaltsfrage unter Anwendung der Unterhaltsbestimmungen des Ehegesetzes erwirken (vgl. Volkmar - Antoni, a. a. O., S. 353, 4 b). Dem Inkrafttreten der neuen Unterhaltsvorschriften des Ehegesetzes wurde damit unter der Voraussetzung der Umwandlung ex lege dieselbe Bedeutung zuerkannt wie sie sonst einer Änderung der Verhältnisse bei der clausula Rebus sic stantibus zukommt (vgl. Volkmar - Antoni, a. a. O., S. 353). Nur im Zusammenhang damit wird der letzte Satz des § 115 Abs. 3 EheG. verständlich. Die von dem Bestehen des Ehebandes abhängigen Unterhaltsansprüche nach dem ABGB., das eine Unterhaltsleistung nach der Beseitigung des Ehebandes durch Richterspruch, wie sich auch aus § 1266 ABGB. ergibt, überhaupt nicht vorsah, und die von der Auflösung der Ehe abhängigen, aber auch sonst Unterschiede aufweisenden Unterhaltsansprüche nach dem Ehegesetz und insbesondere die früher behandelten Ansprüche im Rahmen der Billigkeit können wegen der verschiedenen Voraussetzungen und Beschaffenheit nicht als ident angesehen werden. Die Rechtskraft eines während des Bestandes des Ehebandes ergangenen Urteiles vermag schon deshalb nicht einer Entscheidung über die nach der Auflösung der Ehe zustehenden Unterhaltsansprüche im Wege zu stehen, sodaß es gar nicht darauf ankommen könnte, ob das erstere Urteil vor oder nach dem Inkrafttreten des Ehegesetzes ergangen ist. Die Bestimmung des letzten Satzes des § 115 Abs. 3 EheG. wäre daher einerseits bezüglich der vor dem Inkrafttretene Ehegesetzes ergangenen Urteile überflüssig und anderseits hinsichtlich der Einschränkung auf diese Urteile unrichtig, wenn nicht dem Ausschluß der materiellrechtlichen Wirkung der Umwandlung nach dem ersten Satz des § 115 Abs. 3 EheG. auch für urteilsmäßig geregelte Unterhaltsansprüche nach dem ABGB. auf Grund nicht einverständlicher Scheidungen grundsätzlich Geltung zustunde. Demnach bleiben auch derartige Ansprüche auf Grund nicht einverständlicher Scheidungen, selbst wenn sie Gegenstand eines vor der Umwandlung ergangenen Urteiles und nicht einer Vereinbarung waren, nach dem ersten Satze des § 115 Abs. 3 EheG. regelmäßig bestehen. Der Sinn des letzten Satzes des § 115 Abs. 3 muß daher jedenfalls der sein, daß solche Urteile auf Grund nicht einverständlicher Scheidungen aus der Zeit vor der Umwandlung Unterhalt unter Anwendung der Bestimmungen des Ehegesetzesgesetzes ergangen sind, eine neuerliche Entscheidung über den Unterhalt unter Anwendung der Bestimmungen des Ehegesetzes auch für die Zukunft ausschließen, während dies bei den vor Inkrafttreten des Ehegesetzes ergangenen Urteilen nicht zutrifft.
Somit kommt die materiellrechtliche Bedeutungslosigkeit der Scheidungsumwandlung nach dem ersten Satz des § 115 Abs. 3 EheG. grundsätzlich den vorher getroffenen Regelungen ohne Rücksicht darauf zu, ob sie auf einverständlichen oder nicht einverständlichen Scheidungen beruhen und ob sie durch Parteierklärungen oder durch gerichtliche Entscheidungen bewirkt wurden, auch wenn sie den Unterhalt zum Gegenstande haben. Eine Ausnahme macht lediglich der letzte Satz des § 115 Abs. 3 EheG. in Verbindung mit den Sätzen 2 und 3 für die vor dem Inkrafttreten des Ehegesetzes ergangenen Urteile auf Grund nicht einverständlicher Scheidungen, indem den Parteien die Möglichkeit eingeräumt wird, in diesen Fällen eine neue Entscheidung unter Anwendung der Bestimmungen des Ehegesetzes zu begehren.
Aus diesen Erwägungen wurden die oben wiedergegebenen Rechtssätze in das Judikatenbuch unter Nr. 62 (neu) eingetragen.