TE OGH 1954/12/15 1Ob932/54

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Veröffentlicht am 15.12.1954
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Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten Dr. Fellner, die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hohenecker und Dr. Kralik sowie den Rat des Oberlandesgerichtes Dr. Zierer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Katharina K*****, vertreten durch Dr. Hubert Winkler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Josef G*****, 2.) Hertha G*****, vertreten durch Dr. Raimund Mittag, Rechtsanwalt in Wien, wegen 40.000 S sA infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. September 1954, GZ 1 R 615/54-25, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 26. Juni 1954, GZ 11 Cg 1023/53-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit 875,25 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 3 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Zweitbeklagte war Pächterin eines Lebensmittelgeschäftes in *****. Sie erhielt die Lebensmittel von der USIA-Firma „B*****" zum kommissionsweisen Verkauf geliefert. Da sich Ende 1952 und anfangs 1953 Zahlungsrückstände ergaben, wurde das Geschäft von der genannten Firma gesperrt. Um die Weiterführung des Geschäftes zu erreichen, suchten die Beklagten einen Geldgeber und fanden ihn in der Person der Klägerin. Diese gab den Beklagten anfangs Mai 1953 einen Betrag von 40.000 S zu folgenden Bedingungen: Die Klägerin sollte zur Hälfte am Gewinn beteiligt sein. Später wurde anstatt dieses Betrages ein monatliches Fixum von 1.700 S vereinbart. Eine Beteiligung am Verluste war vertraglich nicht vorgesehen. Der Gatte der Klägerin sollte im Geschäfte mitarbeiten. Die Klägerin hatte das Recht, in die Geschäfts- und Kassagebarung Einsicht zu nehmen. Der übergebene Betrag sollte beiderseitig sechsmonatlich gekündigt, im Falle einer neuerlichen Sperrung des Geschäftes jedoch sofort fälliggestellt werden können. Zur Sicherung der Klägerin wurde von beiden Beklagten ein auf sie gezogener Wechsel in bianco akzeptiert, der von der Klägerin zurückgestellt hätte werden sollen, wenn die Beklagten den erhaltenen Betrag auf den Namen der Klägerin bei der „B*****" erlegt hätten. Die Beklagten zahlten den Betrag zwar ein, jedoch nicht auf den Namen der Klägerin. Diese verweigerte deshalb die Rückgabe des Wechsels. Das Geschäft wurde sodann tatsächlich wiedereröffnet, jedoch nach ca sechs Wochen endgültig seitens der „B*****" gesperrt. In rechtlicher Hinsicht beurteilten die Untergerichte übereinstimmend diesen Sachverhalt dahin, dass es sich nicht um eine Einlage der Klägerin zwecks Beteiligung an dem Unternehmen der Zweitbeklagten, sondern um ein den beiden Beklagten gewährtes, sogenanntes partiarisches Darlehen handelte. Die Rückzahlungspflicht sei daher ohne Rücksicht auf den Verlust des Darlehensbetrages durch den Darlehensnehmer gegeben. Der Vertragsentwurf spreche von einem Darlehen. Die Kontrollrechte der Klägerin seien gerade bei einem derartigen Darlehen üblich. Das Verlangen der Klägerin, dass der Betrag bei der „B*****" auf ihren Namen einzuzahlen sei, habe nur den Zweck ihrer Sicherung, nicht aber den der Mitbeteiligung als Gesellschafterin verfolgt.

Die von den Beklagten im Berufungsverfahren erhobene Einwendung des Wuchers sei wegen der im Wechselverfahren geltenden Eventualmaxime und wegen des im Berufungsverfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich. Die Beklagten haben es unterlassen, die weiteren Tatbestandsmerkmale des Wuchers zu behaupten. Aus der Höhe des Anteiles am Gewinn allein könne nicht auf ein wucherisches Geschäft geschlossen werden, weil dem gegenständlichen Geschäft ein Spekulationscharakter innewohnte und das Darlehen ohne wesentliche Sicherheit gegeben worden sei.

Das Erstgericht hat demgemäß den Wechselzahlungsauftrag lautend auf den Betrag von 40.000 S aufrecht erhalten. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Die Beklagten fechten das Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung an und beantragen, es dahin abzuändern, dass der Wechselzahlungsauftrag aufgehoben werde. Die Revision ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerber meinen, aus dem Zusammenhalte der Vertragsbestimmungen über die Beteiligung am Gewinn je zur Hälfte, die Mitarbeit des Gatten der Klägerin und das Kontrollrecht der Klägerin, und des Umstandes, dass die beiderseitigen Geschäftseinlagen ungefähr gleich hoch waren, sowie aus der Verpflichtung, den von der Klägerin geleisteten Betrag in bestimmter Weise zu verwenden, ergebe sich die zwingende Schlussfolgerung, dass ein Gesellschaftsverhältnis vorliege. Es ist richtig, dass diese Umstände, wie ja auch die Untergerichte ausführen, in die Richtung eines Gesellschaftsverhältnisses weisen. Dass aber trotzdem ein solches nicht vorliegt, ergibt sich vor allem aus dem Umstand, dass die Rückzahlung des von der Klägerin geleisteten Betrages vorgesehen war. Eine derartige Möglichkeit widerspricht dem Wesen der Erwerbsgesellschaft, die auf die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks gerichtet ist und daher eine festere Bindung des Kapitals, als sie hier gegeben ist, erfordert. Die Ansicht der Revisionswerber, die Gesellschaftseinlage hätte im Falle der Auflösung der Gesellschaft nach Maßgabe des vorhandenen Liquidationserlöses zurückbezahlt werden sollen, ist verfehlt. Da eine Kündigungsmöglichkeit des übergebenen Betrages vorgesehen war, kann die Rückzahlungsverpflichtung nicht durch die Auflösung der Gesellschaft oder durch das Vorhandensein eines Liquidationserlöses bedingt gewesen sein. Denn diese Bestimmung setzt geradezu voraus, dass die Rückzahlungsverpflichtung nicht in eine Relation zum Geschäftserfolg gebracht wird. Auch der weitere vom Berufungsgericht festgestellte Umstand, dass die Klägerin am Verluste nicht beteiligt war, spricht gegen die Annahme des Abschlusses eines Gesellschaftsvertrages, wenn ihm auch nicht jene Bedeutung wie dem ersten Umstande zukommt. Die rechtliche Beurteilung der Untergerichte, dass die Vereinbarung als eine besondere Art eines Darlehensvertrages mit Elementen des Gesellschaftsvertrages zu werten sei, erscheint daher zutreffend. Im Übrigen ist aber die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil auch bei Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses (sei es Erwerbsgesellschaft oder stille Gesellschaft) die hinsichtlich der Rückzahlung getroffene Vereinbarung zufolge des Grundsatzes der Vertragsfreiheit gültig und daher bindend wäre.

Bezüglich der in der Revision nur am Rande gestreiften Frage des Wuchers ist auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen. Hinzuzufügen ist, dass die Nichtigkeit wegen Wuchers nur eine relative ist und daher vom Bewucherten eingewendet werden muss (1 Ob 522/54, SZ X/148, ZBl 1928/120, Ehrenzweig, Schuldrecht 2. Aufl. § 316 II, Gschnitzer in Klangs Kommentar 2. Aufl. zu § 879, S 207). Von Amts wegen kann also darauf nicht Bedacht genommen werden, von den Beklagten wurde die Einwendung nicht rechtzeitig erhoben. Aus diesen Erwägungen war der Revision der Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E85932 1Ob932.54

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0010OB00932.54.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19541215_OGH0002_0010OB00932_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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